E-Book, Deutsch, 316 Seiten
Emde Kommissar Ludwig
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7568-9467-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Frankfurt am Main
E-Book, Deutsch, 316 Seiten
ISBN: 978-3-7568-9467-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Kommissar Ludwig ist meistens genervt - Geduld ist für ihn ein Fremdwort. Wegen seines Aussehens und seiner gelegentlichen cholerischen Anfälle wird er gerne "Mister L" genannt. Warum, ist ihm allerdings ein Rätsel, da er nie Comics gelesen hat. Bei seinen Fällen in und um Frankfurt haben er und sein Team viel zu tun: Wer erschoss den Mann im Westend? Wie kommt ein Toter in den Erlenbach? Wer vergiftet harmlose Bürger - oder sind sie vielleicht gar nicht so harmlos? Das und noch vieles mehr gibt es zu ermitteln. Eine Kriminalgeschichte für Freunde von Frankfurter Lokalkolorit und Wortspielen mit nerdigem Humor - warum wohl heißen zwei Star-Wars-Fans "Kai Loren" und "Anna Kiehn"?
Matthias Emde arbeitet in Frankfurt am Main als Grafikdesigner und schreibt außerdem Geschichten, Sachbücher und Gedichte.
Autoren/Hrsg.
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Donnerstag
„Und was ist das denn nun schon wieder?“ Ludwig seufzte, als er in sein Büro kam und die neue Akte dort liegen sah. Er wollte sie gerade aufschlagen, als Kriminalkommissar Handke an seine Tür klopfte. „JAA?“ „Hallo Herr Ludwig, äh ? es gibt schon wieder einen Gifttoten, wie der damals – Sie erinnern sich?“ „Handke, sehe ich aus, als wäre ich senil?“ Handke schaute kurz verunsichert an Ludwig vorbei, dann sah er die Akte in dessen Hand. „Ähm ja, also nein, meine ich natürlich. Die, äh, die Unterlagen dazu haben Sie ja schon gefunden, wie ich sehe. Wir sind schon drüben zur Besprechung.“ Ludwig gab einen Seufzer von sich. „Ist recht, Handke, ist recht, ich komm‘ ja schon. Ich hole mir nur noch schnell einen Kaffee.“ „Ach, Ludwig, Sonnenschein, Sie auch da, fein. Mit gut gefülltem Kaffee-Eimer. Dann können wir ja endlich anfangen.“ Die Gerichtsmedizinerin Dr. Nicola Tulp begrüßte den Kriminalhauptkommissar mit einem schiefen Grinsen, pustete sich eine silberne Haarsträhne aus der Stirn und zwinkerte ihm zu. Ludwig funkelte sie kurz dezent zornig an, dann setzte er sich ohne weiteren Kommentar neben seinen Vorgesetzten Hartmut Stolpe und nahm einen großen Schluck Kaffee aus seiner blauen Humpentasse. „Hallo, Hartmut. Das dachte ich mir, dass du auch hier bist. Große Nummer, nicht wahr?“ „Es sieht zumindest danach aus. Ich frage mich schon, ob wir da noch zuständig sind.“ „Ja, so geht‘s mir auch. Naja ... Frau Dr. Tulp, wie ist die Lage?“ „Oh, gut, ich dachte schon, ich müsste die Herren in ihrem netten Plausch unterbrechen. Also, der Mann heißt Theo Dehn, wohnte im Gallusviertel und ist vor acht Tagen auf der Frankenallee zusammengebrochen. Zunächst war die Todesursache unklar, aber jetzt haben sich deutliche Parallelen zu dem Vergiftungsfall Wassili Wetzkin ergeben. Der ist schon eine Weile her. Weil wir das damals bearbeitet haben, ist der Fall jetzt hier gelandet. Die Autopsie hat ein Kollege vorgenommen, nicht ich, um gleich etwaigen dummen Fragen vorzubeugen. Die Symptome sind identisch, aber wir wissen nach wie vor nicht genau, was den beiden das Licht ausgeknipst hat. Ein starkes Nervengift, soviel wissen wir immerhin, aber nicht, um welches es sich handelt und wo es herkommt. Wir wissen noch nicht einmal, wie lange vorher das Gift eingenommen wurde. Das kann alles zwischen einer Stunde und drei Tagen vorher sein, das ist bei Nervengiften oft so. Die Substanz ist nichts Bekanntes, es scheint was ganz Neues zu sein.“ Ludwig saß mit verschränkten Armen tief in seinem Stuhl. Eigentlich lag er mehr, als dass er saß. Er nickte seiner Kollegin kaum merklich zu, schnaufte kurz, dann richtete er sich abrupt in seinem Stuhl auf und wandte sich an Handke. „Haben wir irgendwelche Gemeinsamkeiten bei den beiden gefunden?“ „Bis jetzt leider nicht. Nicht im Bekanntenkreis, nicht in der Tätigkeit, nicht in den Orten, in denen sie verkehrten. Wetzkin war Bademeister, Dehn Garten- und Landschaftsbauer.“ „Wo kamen die beiden her? Hier aus Frankfurt?“ „Hmja, also Wetzkin war gebürtiger Frankfurter. Und Dehn kam ursprünglich aus Rödermark, Kreis Offenbach. Er wohnt aber schon seit gut zehn Jahren hier in Frankfurt.“ „Bei welchem Unternehmen hat Herr Dehn denn gearbeitet?“ „Bei Sandro Hahn, Garten- und Landschaftsbau. Ein mittelständisches, schon lange hier ansässiges kleines Unternehmen.“ „Hm, also auch hier nichts Auffälliges. Und sonst noch was?“ „Wir sind bei allem noch dran. Vor allem untersuchen wir die Lebensmittel, die bei den beiden zu finden waren. Bis jetzt aber alles Fehlanzeige.“ „Gibt es weitere Fälle, in anderen Städten?“ „Soweit wir wissen, nicht.“ „Haben Sie das denn geprüft?“ Handke schaut kurz wie ein beleidigter Butler. „Ja, haben wir, selbstverständlich. Auch über unsere Landesgrenzen hinaus. Nichts.“ Ludwig schaute nachdenklich an die Wand und trommelte dabei leise seine Fingerkuppen gegeneinander. „Herrgottsakra, das ist nicht Fisch und nicht Fleisch. Zu wenig für‘s BKA oder noch höhere Sphären, zuviel für uns kleine Ermittler. Aber gut, es hilft ja alles nichts. Machen Sie weiter. Irgendwas Gemeinsames wird es schon geben. Suchen Sie. Und Frau Doktor ? Sie lassen es mich wissen, wenn Sie Genaueres über die verabreichte Substanz wissen, okay?“ Dr. Tulp sagte zunächst nichts und warf ihm stattdessen einen Luftkuss zu. „Da können Sie Gift drauf nehmen!“ Handke war kurz davor zu kichern, doch der ruckartig in seine Richtung gewandte Kopf Ludwigs und dessen stechender Blick ließen ihn schnell die Luft anhalten. „Handke, Sie suchen weiter. Schauen Sie der KTU mit dem Mikroskop in den Nacken, und geben Sie der Infanterie die Sporen! Verstanden?“ „Äh, ja. Der In- Infanterie die ... Sporen. Klar, Chef.“ „Und nennen Sie mich nicht ,Chef‘, Himmelarsch!“ „Äh, ja, ... Herr Ludwig.“ Hartmut Stolpe saß bei gedämpftem Licht und eingeschalteter Schreibtischlampe an seinem großen, fast leeren Schreibtisch. Es war schon spät, und in den Büros um ihn herum war kaum noch jemand da. Er hatte – wie meistens um diese Tageszeit – seine Bürotür weit offengelassen. Von seinen Haaren standen mittlerweile an einigen Stellen wilde Strähnen von seinem Kopf ab, sein Krawattenknoten baumelte lose unter seinem Hals. Er las etwas, was vor ihm auf dem Schreibtisch lag. „Du wolltest mich sprechen?“ Stolpe hob überrascht, aber nicht erschrocken den Kopf und erblickte seinen Kollegen, Kriminalhauptkommissar Bernd Ludwig. Er fuhr sich durchs Haar und legte die widerspenstigen Strähnen auf diese Weise wieder an, was für ein paar Sekunden auch funktionierte. „Ah, Bernd, schön, dass du da bist. Ja, richtig, es gibt etwas zu bereden. Setz dich doch!“ Ludwig saß bereits. „Bernd ...“ Stolpe machte einen konzentrierten Eindruck, als wollte er gleich eine bedeutende Rede halten. „Ich habe das Gefühl, du bist etwas überarbeitet in letzter Zeit, kann das sein?“ „Wie kommst du denn darauf?“ „Du wirkst mitunter etwas gereizt.“ Ludwig gab einen kurzen, aber lauten Lacher von sich. „Gut, noch gereizter als sonst, meinte ich.“ Ludwig schaute einen Moment aus dem Fenster und zog dann kapitulierend die Augenbrauen hoch. „Hartmut, wie immer hast du eine gute Nase. Ja, es stimmt. Aber es ist nicht die Arbeit an sich. Die ist ja wie immer. Es ist ...“ Ludwig zögerte. „Es ist ...“ „Handke“, vollendete Stolpe seinen Satz mit einem väterlichen Lächeln. Ludwig schaute ihn erstaunt an. „Ist das so offensichtlich?“ Stolpe grinste nur dezent und schaute Ludwig über seinen Brillenrand an. „Falls du dich erinnerst, war ich heute Morgen bei Frau Dr. Tulps Briefing anwesend. Und dein Verhalten Handke gegenüber war ja nun wahrhaftig weder untypisch noch das erste Mal.“ Ludwig blies kurz wie ein Schuljunge die Backen auf und schaute neben Stolpe an die Wand. „War‘s so schlimm, wirklich? Hm. Weißt du, Hartmut, es ist ja nicht so, dass er schlechte Arbeit macht. Er macht alle Aufgaben, die man ihm überträgt, sehr ordentlich. Seine miserablen Fahrkünste könnte ich auch noch ertragen – neulich ist er fast in eine Ente gerauscht. Meine Nerven!“ „Das arme Tier hat doch hoffentlich überlebt?“ „Was? Nein, das Auto. Citroën 2CV.“ „Ach, die gibt‘s noch? Sieh an.“ „Selten, aber ja, die gibt‘s noch. Ich bin so eine früher mal gefahren. Grün war sie!“ „Du? Kann ich mir gar nicht vorstellen.“ „Ich heute auch nicht mehr. Aber da war ich ja noch jünger und – ein bisschen schlanker.“ Ludwig grinste bübisch und schaute gedankenverloren an die Wand. Dann setzte er wieder mit seiner markanten Stimme fort. „Aber wir waren ja bei Handke. Er ist halt so, hrm, wie soll ich es sagen ? phantasielos. Wie gesagt, was man ihm aufträgt zu machen, das macht er ordentlich. Aber man muss ihm halt alles sagen. Alles! Null Eigeninitiative. Null eigenes Denken. Man muss ihn zum Jagen tragen, wie man so schön sagt.“ Hartmut Stolpe hörte konzentriert und aufmerksam zu. „Und außerdem: Er hat so was Serviles, Anbiederndes. Das kann ich so gar nicht leiden. Ja, das ist eigentlich das Allerschlimmste an ihm. Wenn jemand vor mir den Diener macht, da kriege ich schon von dem Gedanken einen dicken Hals. Mein Blutdruck steigt schon, wenn ich ihn nur sehe, mit seinem eingezogenen Kopf und seinem hilflosen Lächeln. Er sieht dauernd aus, als hätte er Angst, ich würde ihm jeden Moment eine Backpfeife verpassen....