Ernst | Die Spur des Jägers | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 350 Seiten

Reihe: Ein Inge-Vill-Krimi

Ernst Die Spur des Jägers

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, Band 1, 350 Seiten

Reihe: Ein Inge-Vill-Krimi

ISBN: 978-3-95819-053-5
Verlag: Ullstein Midnight
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Eine idyllische Kleinstadt. Jeder kennt jeden. Und einer von ihnen ist ein grausamer Mörder.

Zuerst ist es nur ein Vermisstenfall, in dem die Kriminalkommissarin Inge Vill ermittelt. Doch dann wird die verschwundene Lokalpolitikerin tot aufgefunden - und sie wurde vor der Ermordung offenbar gefoltert, ihre Leiche ist grauenvoll zugerichtet. Wer in der schwäbischen Kleinstadt ist zu so etwas fähig? Als kurz darauf der Rektor des örtlichen Gymnasiums verschwindet, bestätigen sich Inge Vills Befürchtungen: Sie haben es mit einem Serientäter zu tun. Inge und ihr vierköpfiges Team stoßen auf unangenehme Wahrheiten, die alles gefährden, was der Kommissarin wichtig ist: Ihre Freunde, ihre Karriere und ihr Leben.
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Mittwoch, 6. Juni 2012
Polizeidienststelle Feigenbach
08.30 Uhr Der 6. Juni 2012 war ein regnerischer Mittwoch, zu kalt für Anfang Juni. Mich fröstelte, als ich am Parkplatz der Dienststelle aus meinem Alfa stieg. Zum ersten von mehreren Malen an diesem Tag sollte mir der Gedanke kommen, dass ich doch lieber eine wärmere Jacke hätte einstecken sollen. An der Pforte saß Toni. Er grüßte mich mit einem kurzen Nicken. Ich nickte zurück. Keine Weihnachtsfeier ohne Tonis Annäherungsversuche. Was der Alkohol nicht alles aus Menschen machen kann! Ich bog ums Eck und wäre beinahe frontal mit Markus zusammengestoßen, der einen ungeheuren Aktenstapel auf seinen dünnen Ärmchen balancierte. Erschrocken fuhr er zusammen, woraufhin der Stapel sich bedenklich nach links neigte. Ich legte meine Hand auf die obersten beiden Ordner und stabilisierte dadurch den Turm ein wenig. »Puh, das war knapp, Chefin«, murmelte Markus und atmete eine für seine geringe Körpergröße und Fülle erstaunlich große Menge Luft aus. Meine Mundwinkel begannen unwillkürlich zu zucken. An diese Anrede würde ich mich erst noch gewöhnen müssen. Es war erst mein dritter Tag als kommissarische Leiterin des Dezernats für Verbrechen gegen Leib und Leben, kurz DVLL oder Dezernat II genannt, und diese neue Rolle fühlte sich noch äußerst ungewohnt an. »Ich hoffe, du bist damit auf dem Weg von deinem Büro ins Archiv und nicht umgekehrt«, erwiderte ich, Böses ahnend. Er schüttelte den Kopf. »Ich dachte, es könnte Sinn machen, die Vermisstenfälle der letzten zehn Jahre nach Ähnlichkeiten mit dem Fall Annette Rieger durchzusehen«, sagte er und der eifrige Unterton in seiner merkwürdig hohen Stimme deutete an, dass er im Begriff stand, hoch qualifizierte Ermittlungsarbeit zu leisten. Markus liebte es, stundenlang in Akten zu stöbern. Ich klopfte ihm auf die Schulter und sagte: »Na dann, viel Erfolg! Gib mir bitte sofort Bescheid, wenn du irgendetwas findest, was wir an die Pressemeute verfüttern können. Du weißt ja, wie die uns wegen der Rieger ans Bein pinkeln.« »Geht klar, Chefin«, erwiderte Markus und wankte davon. In meinem Büro angekommen, stellte ich zunächst meine Handtasche neben den Schreibtisch und drehte dann die Heizung auf drei, ehe ich mich in voller Montur in meinen ledernen Chefsessel setzte. Vielleicht würde ich mich schneller an die Rolle der kommissarischen Dezernatsleiterin gewöhnen, wenn ich es mir in einem entsprechenden Möbelstück bequem machte? Ich schaltete den PC an, ein Stoßgebet an das Schicksal auf den Lippen, dass es mich doch bitte davor bewahren sollte, eine Mail von Rudi in meinem Posteingang vorzufinden. Doch das Schicksal war, ist und bleibt eine launische alte Dame, denn es lachte mir in Form einer Mail mit dem Betreff »Dringend: Sofort lesen!!!« und dem Absender »Heckenberger, Rudolf« schallend ins Gesicht. Leise seufzend öffnete ich die Datei. Liebe Frau Vill, bitte melden Sie sich sofort nach Dienstantritt bei mir. Es geht um den Fall Rieger. Da muss etwas vorangehen! Die öffentliche Meinung sitzt mir im Nacken. Sie verstehen schon. Mit freundlichen Grüßen Rudolf Heckenberger, Kriminaldirektor,
Leiter der Polizeidienststelle Feigenbach Ich seufzte noch einmal. Das konnte nicht warten. Schweren Herzens erhob ich mich aus dem Sessel und trat aus meinem schon langsam wärmer werdenden Büro hinaus in den zugig-kühlen Gang. Ich nahm den Aufzug in den zweiten Stock und betrat das Vorzimmer des Dienststellenleiters. Eleonore Wiesenbräu, die Chefsekretärin, warf mir mit ihren riesigen, von der unförmigen Brille grotesk vergrößerten Augäpfeln einen unfreundlichen Blick zu. Sie sah aus wie einer dieser Mikrowellenfrösche kurz vor dem Platzen. »Der Chef wartet bereits«, sagte sie und zog dabei das »e« in Chef in die Länge wie geschmolzene Emmentalerfäden auf einem Teller Kässpätzle. Ich nickte ihr zu, ging an ihr vorüber und klopfte an die ledergepolsterte Tür von Heckenbergers Büro. Das hier erinnerte mich stets an eine klassische James-Bond-Kulisse, nur, dass Rudi nicht M war und dass Eleonore Wiesenbräu nicht im Entferntesten Gemeinsamkeiten mit Miss Moneypenny vorzuweisen hatte. Mich selbst ein wenig wie 007 zu fühlen, half jedoch in derartigen Situationen erstaunlich gut. Als ich das geräumige Büro meines Vorgesetzten betrat, stand Rudi Heckenberger an einem der auf die Straße gerichteten Fenster. Mit der riesigen rechten Hand hielt er sein darin beinahe verschwindendes Smartphone ans Ohr, während er mit der Linken wild gestikulierte. »Nein, da bleibe ich hart, den Mercedes bekommst du nicht … Untersteh dich! … Nein! Das ist mein letztes Wort …« Die Tür fiel hinter mir ins Schloss, Rudi fuhr zusammen, wandte sich rasch um, bemerkte mich und sagte barsch: »Ich muss jetzt Schluss machen.« Der enorme Zeigefinger seiner linken Hand bebte, als er versuchte, das rote »Auflegen«-Feld auf dem Touchscreen zu treffen. Nachdem ihm mehrere Anläufe misslungen waren, knurrte er: »Na prima. Jetzt hat sie zuerst aufgelegt. Das Miststück.« Er schob das Smartphone in die Tasche seines Jacketts und reichte mir seine rechte Pranke. »Guten Morgen, Frau Vill. Unangenehme Sache so eine Scheidung. Ich hoffe, das bleibt Ihnen erspart.« Ich erwiderte: »Guten Morgen, Herr Heckenberger, danke, ich bin zwar auch frisch getrennt, aber es hat große Vorteile, wenn man vorher nicht verheiratet war.« Rudi grinste mich an und bemerkte trocken: »Seien Sie froh.« Dann wurde seine Miene schlagartig ernst. Ich kannte ihn seit Jahren und hatte nichts anderes erwartet, aber die Geschwindigkeit des Wetterwechsels erstaunte mich dann doch. »Dieser Vermisstenfall ist eine ungute Sache, Frau Vill. Ich hatte gestern ein kurzes, aber deswegen nicht weniger unerfreuliches Gespräch mit dem Polizeipräsidenten, der wiederum zuvor ein unerfreuliches Gespräch mit dem Landrat zu führen gehabt hatte. Beide erwarten, dass Annette Rieger schnellstmöglich wieder auftaucht. Die Frau ist schließlich nicht irgendwer, sie ist Kreisrätin. Wie kann denn so jemand spurlos verschwinden?« Nun, in erster Linie war Annette Rieger nicht Kreisrätin, sondern ein Mensch und Menschen können nun einmal verschwinden. Doch Klugscheißereien konnte Rudi leiden wie die Pest, weswegen ich diesen Kommentar hinunterschluckte. Glücklicherweise machte ein Klopfen an der Tür jedes weitere Nachdenken über eine politisch korrektere Antwort unnötig. Ich wandte mich um. Ohne Rudis »Herein« abzuwarten, betrat ein gut gekleideter Mann den Raum. Ich schätzte ihn auf Mitte dreißig. Er war hochgewachsen, nicht schlank, aber auch nicht dick, hatte kurze braune Haare. Hinter einer randlosen Brille waren wachsame blaue Augen damit beschäftigt, die Situation zu erfassen. »Ah, Herr Fink, schön, dass Sie es einrichten konnten«, begrüßte Rudi den Mann und an mich gewandt fügte er hinzu: »Herr Fink verstärkt seit Montag das Team der Staatsanwaltschaft.« Also das war der junge, neue Staatsanwalt, über den meine Kollegin Larissa gestern so ausgiebig mit einer der Tippsen vom Schreibbüro getuschelt hatte. Er trat auf mich zu und reichte mir die Hand. Sie war angenehm warm und umschloss meine eiskalten Finger mit einem festen Druck, sodass ich mir beinahe wünschte, er würde mir auch noch die andere Hand geben. »Frau Vill leitet die Ermittlungen im Fall der vermissten Kreisrätin Annette Rieger«, stellte Rudi mich vor. Ich spürte Finks prüfenden Blick auf mir, als er sagte: »Dann sind Sie meine Ansprechpartnerin. Ich habe den Fall zugeteilt bekommen.« »Na dann, auf gute Zusammenarbeit«, erwiderte ich wenig begeistert. Der Kerl sah aus wie frisch von der Uni. Ich arbeitete lieber mit Staatsanwälten zusammen, die Erfahrung hatten. Und der hier war neu. Ich konnte ihn nicht einschätzen, und das ließ meine ohnehin schon beachtliche Nervosität angesichts der Tatsache, dass ich für die Ermittlungen verantwortlich war, weiter wachsen. »Bringen Sie uns bitte auf den neuesten Stand, Frau Vill«, bat Rudi. »Nun, Annette Rieger, zweiundvierzig Jahre alt, geschieden, zwei Töchter im Teenageralter«, begann ich. »Hat die Bäckerei ihres Vaters geerbt und sie zu einem mittelständischen Vorzeigeunternehmen im Bereich Biobackwaren ausgebaut. Sie ist politisch engagiert, sitzt seit zwei Jahren für die Grünen im Kreisrat.« »Und sie ist eine furchtbare Nervensäge«, unterbrach mich Rudi barsch, forderte mich mit einer wedelnden Geste der linken Hand aber sofort auf, fortzufahren. »Frau Rieger wurde zuletzt am frühen Morgen des 30. Mai, Pfingstmontag, gegen sechs Uhr dreißig von einer Joggerin gesehen. Die junge Frau gab an, dass sie den Feldweg am Weidenbach entlanggelaufen sei. Etwa einen halben Kilometer außerhalb der Stadt in der Nähe der kleinen Brücke, über die der Weg in den Wald abzweigt, sei sie an einer Gestalt vorbeigejoggt. Diese habe Blüten von den am Ufer wachsenden Holunderbäumen gepflückt. Sie habe in der Gestalt aufgrund deren verwuschelter Frisur und der feuerroten Brillenfassung sofort Frau Rieger erkannt, die sie von politischen Veranstaltungen her kenne. Man habe einen Gruß getauscht, und das war es dann.« »Holunderblüten?«, fragte Rudi, sichtlich irritiert...


Ernst, Matthias
Matthias Ernst wurde 1980 in Ulm/Donau geboren. Bereits in seiner Jugend begeisterte er sich für Literatur und verfasste Romane und Kurzgeschichten. Nach dem Studium der Psychologie arbeitete er in mehreren psychiatrischen und psychotherapeutischen Kliniken in Süddeutschland. In seinen Kriminalromanen über die Kommissarin Inge Vill verbindet er seine beiden größten Leidenschaften miteinander, das Schreiben und die Psychotherapie.
Matthias Ernst lebt und arbeitet in Oberschwaben. Er ist Mitglied beim SYNDIKAT.

Matthias Ernst wurde 1980 in Ulm/Donau geboren. Bereits in seiner Jugend begeisterte er sich für Literatur und verfasste Romane und Kurzgeschichten. Nach dem Studium der Psychologie arbeitete er in mehreren psychiatrischen und psychotherapeutischen Kliniken in Süddeutschland. In seinen Kriminalromanen über die Kommissarin Inge Vill verbindet er seine beiden größten Leidenschaften miteinander, das Schreiben und die Psychotherapie.
Matthias Ernst lebt und arbeitet in Oberschwaben. Er ist Mitglied beim SYNDIKAT.


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