Ernst | Ein Credo | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 385 Seiten

Ernst Ein Credo


1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8496-1184-2
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 385 Seiten

ISBN: 978-3-8496-1184-2
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In dem Werk 'Ein Credo' hat Paul Ernst seine wichtigsten theoretischen Schriften gesammelt: Inhalt: Mein dichterisches Erlebnis Vom Weg meiner Dichtung Tragödie und Erlösungsdrama Zwei Selbstanzeigen Vorwort zum Kaiserbuch Vom deutschen Epos Ein Brief Das tragische Königsideal Bühne und Theater Drama und Zuschauerraum Die Einheit des Ortes und der Zeit Der Krieg und die Tragödie Die Erlöserdichtung Die Entwicklungsrichtung der deutschen Literatur Das Drama als gesellschaftsbildende Macht Epochen der Kunst Die Kunst des Ostens Die deutsche Kunst des Mittelalters Was sollen wir tun? Kierkegaard Zum ethischen Suchen der Zeit Neuer Glauben Der deutsche Gott Glaube und Staatskunst Kultur und Zivilisation u.v.a.

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II. Der Zusammenbruch des Marxismus

Die Bolschewisten behaupten, daß die Menschen durch die Verhältnisse, und die Sozialrevolutionäre behaupten, daß die Verhältnisse durch die Menschen bestimmt werden. Die Bolschewisten und Sozialrevolutionäre sind die beiden großen Parteien in Rußland. Bekanntlich haben die Bolschewisten gesiegt, trotzdem sie zahlenmäßig in der Minderheit waren, weil sie die tüchtigere Führung hatten. Vielleicht ist es ihren Führern für einen Augenblick klar geworden, daß die Tatsache ihres Sieges nicht gerade ein Beweis für ihre Ansichten ist.

Die Ansichten beider Parteien sind wissenschaftlich Unsinn, denn zwischen »Menschen« und »Verhältnissen«, wenn man nun einmal solche Begriffe aufstellen will, findet Wechselwirkung statt. Die Ansichten sind aber im vorliegenden Fall noch in weit höherem Maße Unsinn, denn offenbar können sie nur Gültigkeit haben im Umkreis der Betrachtung. Die beiden Parteien betrachten aber nicht, sondern handeln, und der handelnde Mensch handelt nach Zwecken, und es ist ihm gänzlich gleichgültig, ob ein Gelehrter Untersuchungen darüber anstellt, weshalb und wieso er nun handelt.

Die Ansichten sind also unsinnig, und es ist doppelt unsinnig, sie auf einem Gebiet zu verwenden, wo sie nichts zu suchen haben. Nur in der heutigen Politik, die gänzlich von jedem gesunden Denken verlassen ist, kann eine derartige Narrheit begangen werden, solche Fragen, welche einem gescheiteren, aber noch nicht philosophisch gebildeten Studenten wichtig sein können, in die Mitte des Kampfes der Massen zu stellen. Aber das mag alles sein, wie es will: diese Ansichten sind jedenfalls Ideen. Und eine Idee mag noch so unsinnig sein, sie mag noch so wenig mit der Sache zu tun haben, um die es sich handelt, sie bleibt immer eine Idee und entwickelt die natürliche Kraft der Idee, welche ist: die Menschen so zu begeistern, daß sie Handlungen begehen, Handlungen und Taten, welche über den Erwerb des täglichen Brotes, das Zeitunglesen und bürgerliches Bravsein hinausgehen.

Wir haben in Deutschland seit nun einem Jahr die Revolution, aber eine Idee ist bis heute noch nicht aufgetaucht. Das Ergebnis ist, daß die Menschen ihr tägliches Brot erwerben, ihre Zeitung lesen und brav sind; aber Handlungen geschehen nicht.

Die Menschen glauben ja leicht, wenn sie eine Revolution machen, dann leisten sie etwas. Es ist in Deutschland nichts geleistet. Dieselben Ursachen, welche unseren Zusammenbruch erzeugten, sind auch noch heute lebendig. Herr Ebert ist gewiß weniger klug und weniger gebildet als Herr von Bethmann-Hollweg und ist im übrigen eben so brav; aber er kann eben so wenig handeln. Darauf aber kommt es an, daß das Volk einen Mann an der Spitze hat, der handeln kann. Hat es das nicht, dann löst sich alles auf. Die Auflösung, in der wir uns seit dem Regierungsantritt Kaiser Wilhelms befanden, geht heute schneller vor sich als früher, das ist der ganze Unterschied.

Das Gedankensystem des Bolschewismus ist reiner Marxismus. Auch die deutschen Sozialdemokraten sind angeblich Marxisten. Aber nur die Narren von der Art Liebknechts machten Ernst mit ihrer Lehre; die anderen, die Vernünftigen, haben den Unsinn des Marxismus dumpf gefühlt und sind zu anständig, gegen ihr Gewissen etwas durchzusetzen. Dabei kann denn nichts herauskommen wie Mittelmäßigkeit. Mittelmäßigkeit aber an der Spitze eines Volkes wirkt zerstörend. Wir wollen uns die furchtbare Wahrheit nicht verhehlen: wir sehen heute, daß wir nicht so weiter leben können, wie wir jetzt leben, und doch wissen wir nicht, wie wir unser Leben ändern sollen. Wir sind wie ein Mann, der genau weiß, daß er in drei Tagen den Bankrott ansagen muß, und nun diese drei Tage noch so hinlebt, wie er bis dahin lebte, indem er nichts tut, als den Gedanken verscheuchen: Was werde ich nun tun, wenn die drei Tage verstrichen sind?

Der Bolschewismus ist eine fürchterliche Narrheit, welche sämtliche menschlichen Triebe auf den Kopf stellt, eine völlige Unnatur aller Verhältnisse erzeugt und nur durch rohe Gewalt eingeführt und aufrechterhalten werden kann. Es ist ja fraglich, ob bei einem abendländischen Volk eine so grausige Gewaltherrschaft überhaupt möglich wäre, ob nicht vielleicht nur Orientalen – und die Russen sind Orientalen – sie aushalten können. Nun, der Bolschewismus mag sein, was er will, jedenfalls herrscht er in Rußland, schafft er Ordnung, begeistert er das Volk und hat er ein Heer von einer ganz neuen Art erzeugt, das dem alten russischen Heer überlegen scheint. Bei uns ist überall Zerstörung, bei den Russen ist Aufbau.

Wir haben uns während des Krieges beständig selber belogen. Wir belügen uns auch jetzt wieder, wenn wir nach Rußland sehen. Hätten wir uns die Wahrheit eingestanden, dann wäre unser Zusammenbruch nicht so furchtbar gewesen. Wenn wir nicht endlich die Augen auftun, dann wird uns vom Bolschewismus eine neue Überraschung kommen. Denn das ist jedenfalls klar: Der Bolschewismus hat in Rußland Ordnung gebracht. Wir wollen doch nicht Komödie spielen. Alles, was am Bolschewismus auflösend ist, das haben wir schon längst: die Vernichtung der Vermögen durch die Geldverschlechterung, die Vernichtung der Bildung durch die Entwertung der Gehälter und Einkommen aus geistiger Arbeit, die Herrschaft der rohen Arbeit. Wenn erst die Steuern bezahlt werden müssen, dann wird wohl so leicht niemand mehr weiche Hände haben können. Wir haben noch nicht, was im Bolschewismus aufbauend ist: den allgemeinen Arbeitszwang, die Aufhebung des Streikrechts, die strenge, sofort mit der Todesstrafe vorgehende Manneszucht im Heer, das sofortige Eingreifen des Heeres mit standrechtlichem Erschießen bei jedem Widerstand gegen die Staatsgewalt. Machen wir die Augen auf: wenn wir nicht eine andere Idee finden, die vernünftig ist, dann wird der Bolschewismus vom Osten uns überschwemmen, denn bis heute ist er die einzige Idee, die in dieser Revolution Macht gewonnen hat, und nur durch Ideen können Völker am Leben bleiben. Machen wir uns endlich unsere Feigheit und Gedankenlosigkeit klar: Wenn wir es nicht selber tun, dann wird die rote Armee Trotzkis es tun, dann wird eine Ordnung, wie sie für das Zuchthaus angemessen sein mag, auch in Deutschland herrschen; denn Ordnung muß sein, und wenn nicht eine natürliche, freie und vernünftige Ordnung herrscht, dann muß die einzige Ordnung kommen, die in diesem Zeitalter entstanden ist, die unnatürliche, sklavische und unvernünftige Ordnung des Bolschewismus.

Ich bin nicht Staatsmann, nicht Politiker und nicht Wirtschaftsgelehrter. Aber unsere Staatsmänner, Politiker und Wirtschaftsgelehrten wissen heute keinen Ausweg. Ich glaube, daß ich den Grund dafür eingesehen habe: die falsche Bewertung der Erscheinungen des Lebens. Bei einem solchen Übel kann der Dichter helfen, denn der Dichter teilt mit dem Propheten die hohe Aufgabe: den Menschen zu zeigen, was Gott mit ihnen tun will. Deshalb habe ich mein Buch geschrieben, welches den Ausweg weisen kann, wenn man es recht versteht: indem es nämlich zeigt, daß die Menschen heute deshalb nichts sehen, weil sie sich auf einen falschen Standpunkt gestellt haben, daß sofort alles klar und einfach wird, wenn sie nur ein paar Schritte gehen und von einer anderen Stelle aus schauen. Ich glaube, nachgewiesen zu haben, daß der Bolschewismus nichts als der letzte Verzweiflungsschrei des zusammenstürzenden Kapitalismus, daß er aus derselben falschen Bewertung entsteht; und daß eine Möglichkeit einer neuen Gesellschaftsordnung vorhanden ist, die weder kapitalistisch noch marxistisch ist, die in einer so verzweifelten Lage wie die unsere vorzubereiten wäre; leichter vorzubereiten als der Bolschewismus, dem wir sonst unzweifelhaft verfallen; wenn nur Ruhe, Kaltblütigkeit, Uneigennützigkeit und Überlegung die Ruder des Staates ergreifen, welche sonst der blinde Fanatismus in die Hand nimmt.

Das deutsche Volk ist durch seine ganze Art bestimmt, eine solche Aufgabe zu erfüllen. Es hat die Fügsamkeit des russischen und doch das Freiheitbedürfnis der westlichen Völker, es vereinigt die Ordnungsliebe mit dem Unabhängigkeitssinn. Als die Russen durch die Tataren beherrscht wurden, da haben die Deutschen ihre mittelalterliche Städteverfassung ausgebaut, das wunderbarste politische und gesellschaftliche Kunstwerk, das je geschaffen ist. Die Lage ist heute dieselbe. Wieder muß Deutschland das übrige Europa vor der asiatischen Gewaltherrschaft behüten: es ist doch kein Zufall, daß Lenin Tatar und Trotzki Jude ist. Und wieder kann es das nun nicht bloß durch die Waffengewalt, sondern auch durch eine politische und gesellschaftliche Schöpfung, in welcher Freiheit und Bindung vereinigt sind wie in einem wohlgeschaffenen Kunstwerk.

Vorwort zum Kaiserbuch



(1921)

Ich habe den Plan gefaßt, die deutsche Kaisergeschichte in einem großen Epos darzustellen. Ich meine das Zeitalter der sächsischen, fränkischen und schwäbischen Kaiser.

Bei einem so großen Unternehmen habe ich Recht und Pflicht, meine Gründe und Zwecke darzulegen.

Ungewußt und ungewollt habe...



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