E-Book, Deutsch, Band 06, 342 Seiten
Reihe: REAL Serie
Evans Revenge - Niemand außer dir
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7363-0309-6
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 06, 342 Seiten
Reihe: REAL Serie
ISBN: 978-3-7363-0309-6
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Seit ihrer Kindheit sind Bücher Katy Evans' große Leidenschaft. Gleich mit ihrem ersten eigenen Roman landete sie einen internationalen Bestseller. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder.
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Drei
ER IST BEI MIR Reese Heute ist der allererste Tag meines persönlichen Bootcamps. Nach einem gemeinsamen Tag mit den Tates ist die gute Nachricht, dass es keine verführerischen Schokoriegel gibt. Nur Grünzeug mit Bioetiketten. Alles frisch. Früchte, mageres Fleisch, alles, was ich brauche, um endlich – endlich – die zehn überflüssigen Pfunde zu verlieren, die ich seit ein paar Jahren mit mir herumtrage. Sie bringen Gefühle von Unsicherheit, Unzufriedenheit und Frustration mit sich. Sie sind der Beweis dafür, dass ich überhaupt keine Willenskraft gegenüber meinen Fressattacken oder Begierden besitze. Eine Erinnerung daran, wieso ich weder tanzen gehe noch mich – trotz meiner Liebe zum Strand – im Badeanzug zeige, um mich zu sonnen. Ich habe vor, wie eine Verrückte zu trainieren. Wenn ich wieder nach Hause zurückkehre, werde ich einen Raum mit vielen Leuten mit strahlendem Lächeln und ohne mein riesiges Hinterteil betreten und so hübsch aussehen, dass Miles Morris bei meinem Anblick das Wasser im Mund zusammenläuft. Er wird zugeben, dass ich die Einzige für ihn bin und unsere Freundschaft ihn zu blind gemacht hat, um es zu merken. Und ich werde mit ihm schlafen – das erste Mal, dass ich es überhaupt tue – und mich nicht davon verunsichern lassen, dass er mich nackt sieht, weil ich wunderschön und schlank und vor allem selbstsicher sein werde. So selbstsicher, dass ich es am helllichten Tag tun werde, falls er mich darum bittet. Keuchend ziehe ich mein T-Shirt herunter, als es mir über die Hüften nach oben rutscht und verringere die Geschwindigkeit des Laufbands ein wenig. Wenn ich das nicht tue, werde ich auf allen vieren zur Kinderbetreuung kriechen müssen, um mein kleines Energiebündel abzuholen und nach Hause zu bringen, und das mit heraushängender Zunge. Nein, danke. Ich bin in einem Bootcamp für gesundes Leben. Brooke findet, ich sehe aus wie Jennifer Lawrence, und dass sie mich um meine Sanduhrfigur beneidet. Ich sehe aus, als würde mein Oberkörper in einem Korsett stecken. Kurvig. Doch ich würde sofort Brookes athletischen Körperbau dagegen eintauschen. Meine Sanduhrfigur ist genetisch bedingt, doch ein athletischer Körperbau braucht mehr als Gene; er braucht hartes Training, und das bewundere ich. Ich stelle das Laufband ein wenig schneller ein und schaue mir die anderen in dem betriebsamen Fitnessstudio an. Doch mein Blick wandert zurück zu dem Typen, der hinter mir ins Studio geschlüpft ist. Er ist am anderen Ende des Raums und bearbeitet einen Sandsack. Er sieht völlig konzentriert aus. Er ist der einzige Kämpfer hier, der weder mit irgendjemand anderem noch mit einem Trainer spricht. Zwar wirkt er so, als hätte er keine Freunde, aber nur weil er in Ruhe gelassen werden will und keine Freunde braucht; er hat seine Fäuste. Inzwischen schenken alle im Studio dem attraktiven Kerl Aufmerksamkeit. Vielleicht weil er den Sandsack mit aller Kraft bearbeitet und die Kette, an der dieser aufgehängt ist, zum Rasseln bringt. Doch ich glaube, es liegt vor allem daran, dass er vor Leidenschaft für das, was er tut, geradezu knistert. Und er sieht soooooo gut dabei aus. Rechts von mir entdecke ich eine der Empfangsdamen, die in den Gewichte- und Cardio-Bereich geht. Eine zweite tritt zu ihr. »Keine Mitgliedschaft«, höre ich sie sagen. Die eine kehrt zum Empfang zurück, den man aufgrund der offenen Raumkonzeption von meinem Laufband aus sehen kann, nimmt den Telefonhörer und legt kurz darauf wieder auf. »Sie kommen«, sagt sie, als die zweite Assistentin zu ihr hinter den Empfangstresen tritt. Ich laufe weiter und richte meine Aufmerksamkeit auf den Kerl. Er ist ein knallharter Typ. Ich habe noch nie jemanden einen Sandsack so hart schlagen sehen. Außer dem Sandsack, auf den er einschlägt, scheint nichts für ihn zu existieren. Ich beobachte ihn, als auf einmal zwei uniformierte Wachmänner im Fitnessstudio auftauchen. Die Dame am Eingang zeigt auf ihn. Er scheint die beiden zu spüren und hebt mit finsterer Miene den Blick. Dann geht er langsam auf sie zu. Er bleibt in ungefähr einem Meter Entfernung stehen und nimmt die großspurigste, herausforderndste Haltung ein, die ich je gesehen habe. Fast so, als wartete er darauf, rausgeschmissen zu werden. »Sie müssen mitkommen und Ihre Mitgliedschaft am Empfang bestätigen«, sagt einer der Jungs drohend. Ich halte das Laufband an und steige herunter. »Er gehört zu mir.« Der Typ und der Wachmann drehen sich zu mir um, und ich nicke rasch. »Er ist mit mir hier.« Ich zücke meine Mitgliedskarte. Die Wachmänner kommen zu mir, um sie zu prüfen. Einer holt eine der Empfangsdamen. »Er soll sich beim nächsten Mal als Gast eintragen«, sagt sie schlecht gelaunt zu mir. Ich nicke. Die Wachmänner ziehen sich zurück, und ich merke, dass mich der Typ anschaut. Ziemlich unverblümt sogar. Er hat eine Jogginghose und einen Hoodie an und trägt eine bestimmte Haltung zur Schau. Reglos steht er da, und die Jogginghose mit dem Durchziehband sitzt tief auf den schmalen Hüften, weshalb ein Teil der Hüftknochen und seiner Bauchmuskeln zu sehen ist. Er hat dichtes schwarzes Haar und Augen in der Farbe von Stahl, die das Metall aber auch zum Schmelzen bringen könnten. Er hat den ruhigsten intensiven Blick, den ich je gesehen habe. Und der ist auf mich gerichtet. Mir ist unbehaglich. Und ich bin mir meiner selbst bewusst. Ich trage ein fuchsiafarbenes Trainingstop, und mein honigfarbenes Haar ist zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Ich bin nichts Besonderes, nicht unter den Mädchen im Fitnessstudio und auch nicht unter denen draußen in der Welt. Als er mich ansieht, spüre ich, wie mich die Haarspitzen meines Pferdeschwanzes am Rücken kitzeln, und ich erschauere. Ich finde sein Starren unangenehm, daher verscheuche ich ihn. »Mach einfach weiter«, sage ich. Er rührt sich nicht von der Stelle. Sein Gesicht ist jung und gebräunt und sieht wie gemeißelt aus; seine Augenbrauen sind glatt und sitzen tief wie zwei wütende Striche; seine Nase ist zu perfekt für einen Kämpfer; und sein Kiefer sieht aus, als könnte man ihn nicht brechen. Irritiert von seinem Starren steige ich zurück auf mein Laufband. Der Typ zieht vor Überraschung die Brauen noch ein wenig tiefer herunter. Ich ziehe meine herausfordernd hoch, um ihm zu sagen Willst du mich weiter anstarren? Er deutet ein Lächeln an, eine unerwartet hinreißende Andeutung eines Lächelns. »Geh trainieren«, sage ich. Er nickt mir auf seine überhebliche Art zu, als wollte er damit Danke sagen, kehrt dann zu seinem Sandsack zurück und greift nach seinen Handschuhen. Er zögert ein paar Sekunden mit nachdenklicher Miene, während er den Sandsack anblickt, als hätte ihn etwas verwirrt. Er schüttelt den Kopf, starrt den Sandsack an, und im Bruchteil einer Sekunde – Bumm bumm, paff! – trifft er ihn dreimal und bringt die Kette erneut zum Rasseln. Ich merke, wie die Leute fragend in meine Richtung blicken. Ein paar wirken besorgt, andere scheinen sich zu fragen, ob er wirklich mit mir hier ist. Sie erinnern mich ein wenig an meine Mutter. Reese, versprich mir, dass du auf dich aufpasst. Ich pass schon auf mich auf, Mutter. Lass mich gehen. Gib mir Flügel! Ich habe sie verdient, oder? Ich habe um Zeit für mich selbst gebettelt. Heute ist der erste Tag meines neuen und besseren Selbst. Also nutze ich die verbleibende halbe Stunde, hole dann meine Sachen und mache mich eilig auf den Weg zur Tagesbetreuung, um meinen kleinen Racker abzuholen. Während der ganzen Zeit hat der Typ nicht mehr den Blick von seinem Sandsack abgewandt. »Wie war dein Tag?«, fragt Brooke später am Abend. »Gut.« »Nur gut?« Ich nicke lächelnd. Ich bin nicht sehr gesprächig, und ich fühle mich normalerweise gehemmt und unbehaglich in Gegenwart anderer. Ich glaube, das ist genetisch bedingt. Auch wenn meine Mutter gesprächig ist, gleicht mein Vater einem Eremiten und ist sehr zurückgezogen bis auf gelegentliche väterliche Fragen wie »Kommst du mit dem Geld klar?« oder »Hat deine Mutter mit dir über das Ausgehverbot gesprochen?« Ich bin am liebsten mit meinem Vater zusammen. Im Gegensatz zu meiner Mutter versucht er nicht, mich zum Reden zu animieren. Wir gehören zu der Sorte von Menschen, die Schweigsamkeit zu schätzen wissen. Ich spüre diese Gemeinsamkeit mit Brookes Mann ebenfalls. Ich habe ihn gestern Abend gesehen – umwerfend, blauäugig, stark und schweigsam; er ist wie ein liebenswürdiges Tier – und nach der Begrüßung und einem kurzen Lächeln ist ihm meine Anwesenheit angenehm genug, um mich heute Morgen einfach zu ignorieren, als wir, jeder für sich, gefrühstückt haben. Ich habe dann das Wort ergriffen, bevor wir fertig waren. »Warum trainierst du nicht im Fitnessclub mit ein paar der anderen?«, fragte ich ihn ganz unvermittelt, als ich an den Typen denken musste, dem ich dort begegnet bin. »Ich kann mich allein besser konzentrieren.« Er ließ sein iPad sinken, auf dem er etwas gelesen hatte. »Du kannst mit Brooke und mir zum Training gehen, wenn du möchtest.« »Nein!«, wehrte ich rasch aus Gründen ab, die ich selbst nicht begreife, und als er mich auf väterliche Weise neugierig ansah, fügte ich hinzu: »Ich mag das Fitnessstudio....