E-Book, Deutsch, 192 Seiten
Fälbl / Formanek / Frankl PAPA m.b.H.
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-902862-73-0
Verlag: Amalthea Signum
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wie Man(n) sein Kind richtig verzieht
E-Book, Deutsch, 192 Seiten
ISBN: 978-3-902862-73-0
Verlag: Amalthea Signum
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Christoph Fälbl, geboren 1966 in Wien, nahm Schauspielunterricht bei Herwig Seeböck und war gleich danach 1991 im Kult-Musical 'Watzmann' von Wolfgang Ambros auf der Bühne zu sehen. Es folgten Rollen in bekannten österreichischen Fernsehserien. Gemeinsam mit Ciro de Luca ist er das aktuelle Testimonial der ÖBB. Er ist Vater von zwei Kindern und spricht und schreibt aus Erfahrung. Niko Formanek, Comedian, geboren 1966, hat 2 Kinder, 1 großen Vogel (Papagei) und liebt seit mehr als 25 Jahren dieselbe Frau. Seine beiden Kinder lassen keine Gelegenheit aus, seine Fähigkeiten als Vater zu beweisen. Roman Frankl, Mag., geboren in Polen. Seit 1984 in Österreich. Schauspieler, Regisseur, Komponist und Autor. Dutzende Sketche und Texte für Kabarett Simpl, Christoph Fälbl, Steinböck und Rudle, Elke Winkens, Reinhard Nowak, Ciro de Luca. 2013 erstes Theaterstück in Zusammenarbeit mit Michael Niavarani für die Festspiele Berndorf.
Autoren/Hrsg.
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Regenschirm & Sexspielzeug
Weil eine der unangenehmsten Erfahrungen wenn man plötzlich Kinder hat, ist die Tatsache, dass jegliches Liebesleben der Eltern zu einem komplexen Projekt wird. Vorbei sind die Zeiten der freien Liebe in den eigenen vier Wänden. Keine Chance mehr für spontane Liebesakte in jedem Winkel der Wohnung. Kaum entwickelt sich zwischen Mann und Frau auch nur ein Hauch erotischer Spannung, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit, meldet sich auf wundersame Weise sofort das Kind. Zuerst, bevor es laufen kann, durch unbarmherziges Brüllen aus dem Kinderbett, später dann, viel unangenehmer und peinlicher, durch überraschende Besuche und oscarreife Auftritte im elterlichen Schlafzimmer.
Richtig unangenehm wird es, wenn die Tante Hertha mit der vierjährigen Tochter überraschend zwei Stunden früher vom Ausflug zurückkommt, ausgerechnet während meine Frau und ich gerade Technik 34 aus dem Buch »Kamasutra für Eheleute« auf dem Küchentisch ausprobieren. Sowohl Tante Hertha als auch Tochter Rita begreifen nicht alles sofort, außer vielleicht, dass Mami und Papa zwar gerade eine Art Nudelgericht zubereiten, dieses aber rein gar nichts mit italienischer Küche zu tun hat.
Um solche Momente der Scham und des Entsetzens zu vermeiden, müssen Eheleute mit Kindern ihre Schäferstündchen so akribisch planen wie eine Rucksacktour durch den Jemen oder Afghanistan. Klar, ganz am Anfang sind die kleinen Rabauken angeblich immer »das Schönste, das in unserem Leben bisher passiert ist«. Dieses Gefühl hält im Durchschnitt bis zu 72 Stunden an, nachdem Mama und ihr kleiner Schatz frisch aus dem Krankenhaus entlassen nach Hause gekommen sind.
Dann holt uns die Realität schnell ein. Fütterungsintervalle, Futterzubereitung, völlig irrationales Schlafverhalten und andere, von der Natur aus irgendeinem sadistischen Grund entwickelte, Realitäten prüfen schnell, wie groß die Liebe der Eltern zum Kind ist. Für die Eltern gibt es aber – und zwar in allen Zeiten der Kindererziehung – einen großen Rettungsschirm. Quasi den heiligen Gral des Familienlebens, der immer in Momenten größter Verzweiflung aus dem Altar geholt wird. Es ist kein Gefäß, kein Pokal und kein Relikt. Es ist die verzweifelt gestöhnte gegenseitige Aufmunterung und verbalisierte letzte Hoffnung: »Das ist nur eine Phase. Das geht vorbei, wenn sie älter sind!«
Rein technisch ist das sogar wahr, aber das Problem ist immer, dass, wenn die aktuelle Foltermethode der Kinder plötzlich nicht mehr im Trend und damit vorbei ist, sofort – und ohne jede Übergangszeit – das nächste Werkzeug aus dem Schrank der Grausamkeiten ausgepackt wird. Eine der härtesten Foltermethoden – und damit erfolgreichsten – ist dann eben die beinharte Verhinderung jeglicher erotischer Aktivitäten der Eltern.
Fast unbeherrschbar wird das Problem vor allem dann, wenn die Kinder lernen, auf eigenen Beinen aus dem Bett zu kriechen und zu laufen. Bis dahin völlig unüberwindbare Barrieren werden plötzlich zu lässig belächelten Fehlversuchen der Eltern, das eigene Schlafzimmer zu verbarrikadieren.
Ich verstehe Eltern nicht, die sich so unglaublich freuen, wenn ihre Kleinen möglichst früh zu laufen anfangen. Ich, als erfahrener Vater, der schon mit Sohn Emil alles durchgemacht hatte, wusste genau, was zu tun war. Als unsere Tochter Rita Anstalten machte, die ersten Male selbst aufzustehen und erste wackelige Schritte zu tun, habe ich alles versucht, um den Moment zu verzögern. Ich habe den Parkettboden gewachst und mich diebisch gefreut, als sie minutenlang probierte aufzustehen, aber ihre kleinen Füße – an denen ich die rutschfesten Socken mit Wollsocken ausgetauscht hatte – immer wieder wegrutschten. Wie ein junges Reh, das versucht auf einem zugefrorenen Teich zum ersten Mal aufzustehen, fiel sie immer wieder in ihre Ausgangsposition zurück. Irgendwann gab sie dann entnervt auf und zog es vor, weiter zu krabbeln.
Ich hatte wieder ein paar Tage gewonnen. Allerdings keinen Sex, denn meine Frau kam mir auf die Schliche und erklärte mir brutal: »Sex gibt’s erst wieder, wenn die Marita auf eigenen Beinen stehen und mindestens drei Schritte gehen kann.«
Es ließ sich also nicht verhindern und irgendwann konnte Rita nicht nur aufstehen, sondern auch gehen, völlig egal wie rutschig der Untergrund war oder welche Hindernisse es zu überwinden galt. Schnell wurde dann auch meiner Frau klar, dass das zwar schön für Rita, aber der Todesstoß für unser Liebesleben sein würde. Mit unglaublicher Präzision wählte unsere Tochter immer genau jene Momente, um Angst vor Monstern, Einhörnern und Peter Pan zu haben, in denen Papi gerade versuchte für Mama das Einhorn zu spielen. Schnell wurde uns klar, dass, wenn meine Frau und ich auf erotische Abenteuer Wert legten, wir diese generalstabsmäßig planen mussten.
Aber, wie immer im Leben, selbst die besten Pläne werden regelmäßig vom realen Leben überrollt und obsolet gemacht. Wir dachten damals, alles wird perfekt. Emil war bei einem Freund und sollte dort auch übernachten. Wir waren mit Rita schon am Vormittag bei einer Geburtstagsparty einer Kindergartenfreundin in einem Indoor-Spielplatz. Die Kinder tobten herum und fanden kaum eine ruhige Minute. Das Mittagessen zogen wir zu einem eineinhalbstündigen Event hinaus, der nach einer kurzen Gesichtsbemalungsaktion gleich in die Jause überleitete. Wir hatten nur ein Ziel: Den Nachmittagsschlaf verhindern und den unausweichlichen körperlichen Zusammenbruch unserer Tochter bis in die frühen Abendstunden hinauszuschieben. Dann noch das Versprechen auf die unglaublichsten Süßigkeiten zum Abendessen, aber nur unter der Voraussetzung, dass sie wach bleiben würde. Als abschließendes Highlight eine Barbie-DVD.
Unsere Tochter war immer eine Kämpferin. Sie tat alles, um es zu schaffen. Als sie dann um halb sechs mit Barbie-Haarklammern versuchte ihre Augenlider an die Augenbrauen zu klammern, hatten wir Erbarmen. Mit einer Schaumrolle in der Hand schlief sie selig vor dem Bildschirm ein.
Wir triumphierten. Ein grandioser Abend voller Erotik und Liebestaumel stand uns bevor. Als Mann muss ich zugeben, dass dieser ganze Projektaufwand einen Vorteil hatte. Ein lieber Freund hatte mich überredet einmal was – seiner Meinung nach – wirklich Cooles zu probieren. Das war der perfekte Abend dafür. Ja, ich gebe es zu, es geht um die berühmten blauen Pillen. So sind wir Männer. Man muss das mal probieren. Und ja, einmal habe ich es getan, also gut vielleicht auch zweimal oder dreimal ... ist doch nicht so wichtig jetzt. Man muss nur wissen, dass man diese Pillen in einem bestimmten Zeitfenster nehmen sollte. Also mindestens circa 60 Minuten vor dem großen Moment. Da war es natürlich perfekt, den erotischen Höhepunkt des Abends wegen der Kinder vorab planen zu müssen.
Die Wirkung des pharmazeutischen Liebeshelfers hält mindestens 4–6 Stunden, manchmal auch länger an. Man sollte also vermeiden sie zu spät in der Nacht oder gar vielleicht am frühen Morgen zu nehmen. Vor allem wenn man, wie ein guter Freund von mir, seinem 8-jährigen Sohn versprochen hat, ihn am nächsten Vormittag verkleidet zum Faschingsfest in der Schule zu begleiten. Insbesondere dann, wenn das Kostüm vom Papa ein hautenger Batman-Anzug ist. Mein Freund wäre in der U-Bahn auf dem Weg in die Schule beinahe als Kinderschänder gelyncht worden.
An dem von uns so gut geplanten Liebesabend hatte ich die Wunderpille zeitlich perfekt eingeworfen und war für alles bereit. Und es war wunderbar. Meine Frau sexy, verführerisch. Ich männlich und stark, und als wir uns dem lang ersehnten Höhepunkt näherten, passierte das Unglaubliche.
Taps, taps, taps ... kleine Schritte waren im Vorzimmer zu hören. Plötzlich die Stimme unserer Tochter: »Ich muss aufs Klo.«
Panik im elterlichen Schlafzimmer! Ich lebe eine gleichberechtigte Partnerschaft, also sprang ich gleich auf, um meine Tochter vor dem Schlafzimmer abzufangen. Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich auch die Handschellen, mit denen meine Frau ans Bett gefesselt war, nie und nimmer schnell genug aufbekommen hätte. Das Problem, das sich jetzt aber offenbarte, war die Tatsache, dass meine körperliche Zuneigung für meine Frau physiologisch klar ersichtlich war. Das ist bei uns Männern halt so. Vor allem wenn den natürlichen Abläufen pharmazeutisch unter die Arme gegriffen wird. In meiner Panik habe ich mir also einfach einen weiten Bademantel übergeworfen, mich nach vorne gebückt, um das Offensichtliche zu verbergen, und bin zu meiner Tochter raus.
Wir sind gemeinsam Richtung Klo abgezogen. Sie voran, ich gebückt, oder eher gebeugt, hinter ihr her. Sie hat sich auf die Toilette gesetzt und mit Seelenruhe ihr Geschäft erledigt. Ich wollte eigentlich nur möglichst schnell aus der Situation raus und bin gebückt rückwärts aus dem Klo. Leider hatte ich unsere kleine Waschmuschel nicht bedacht und bin voll mit dem Steißbein dagegen geknallt. Der Schmerz schoss mir...




