E-Book, Deutsch, Band 65, 229 Seiten
Reihe: Junge Liebe
Falken Familie unterm Regenbogen
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-86361-402-7
Verlag: Himmelstürmer
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
E-Book, Deutsch, Band 65, 229 Seiten
Reihe: Junge Liebe
ISBN: 978-3-86361-402-7
Verlag: Himmelstürmer
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Fortsetzung von: "Papas unterm Regenbogen" Julio hat sich mittlerweile bei seinen Vätern Ricardo und Nicolas gut eingelebt. Nun bringt der pubertierende Teenager eine neue Freundin mit nach Hause, die allerdings um einige Jahre älter ist als er. Erst später wird Nicolas und Ricardo klar, die sich in vielen Erziehungsfragen noch immer nicht einig sind, dass Julios Freundin Lisa einen schlechten Einfluss auf ihn hat. Er begeht seine ersten Jugendsünden, stiehlt, fälscht Unterschriften für die Schule und wird seinen Vätern gegenüber zunehmend unverschämter, bis ein handfester Eklat die Familie vor eine Zerreißprobe stellt und Nicolas an den Streitigkeiten zu zerbrechen droht.
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Nicolas
„Ey, wo ist mein blöder Füller?“ Aufgebracht durchwühlte Julio die Schubladen des Schreibtisches in seinem Zimmer. Ich stand im Türrahmen und schaute aufmerksam zu, wie er weitere Schubladen achtlos ausräumte und Hefte, Stifte und Briefumschläge auf den Boden warf. Ich schmunzelte, da ich in seinem Alter ebenso jähzornig wurde, wenn ich etwas verzweifelt gesucht hatte. Nun ja, in bestimmten Situationen tobte sein Vater Ricardo ebenso, er konnte zum Rumpelstilzchen werden, wenn er bloß den Salzstreuer nicht finden konnte. „Hilf mir doch mal! Ich schreibe morgen Englisch!“ Julio konnte seine Ungeduld nicht verbergen. Nur warum sollte ich ihm helfen, wenn er nicht dazu imstande war, Ordnung zu halten? Vor wenigen Monaten war das noch unser Wohnzimmer, es war aufgeräumt, alles hatte seinen Platz, selbst unsere DVD-Sammlung war alphabetisch geordnet. Nun herrschte hier das typische Teenie-Chaos, man traute sich schon keinen Schritt mehr rein, um nicht irgendwo draufzutreten, denn Julio hatte die Angewohnheit, auch seine Computerspiele auf den Boden zu werfen, von Schulbüchern und seinen Heften ganz zu schweigen. „Ja, das sind diese Sonntagabende, die ich so liebe“, hörte ich plötzlich meinen Mann Ricardo sagen, der sich das Verhalten seines Sohnes mit grimmiger Miene anschaute. „Jeden Sonntag das Gleiche!“ „Glotzt nicht so doof, helft mir lieber!“ „Julio“, ermahnte ich ihn. „Deine Ausdrucksweise!“ „Ihr seid Spießer!“ „Ich geh fernsehen“, meldete sich Ricardo ab und schlenderte ins Schlafzimmer. „Mann, wo ist der Scheißfüller!“, schrie Julio durch den Raum und gab seinem Mathe-Buch, das auf dem Boden lag, einen Tritt, so dass es unters Bett flog. Es war eben Julios Gewohnheit, seine Wut mit Tritten an Gegenständen auszulassen. So, ich hatte ihn lange genug auflaufen lassen. „Wie wär's, wenn du mal auf der Fensterbank nachschaust.“ Mich wunderte, dass er ihn selbst nicht zwischen zwei verwelkten Topfpflanzen dort gesehen hatte, immerhin fiel mir das silberne Ding sofort ins Auge. „Oh ...“, machte Julio. „Danke, Nico. Warum haste mir das nicht gleich gesagt?“ „Du hast mich ja nicht gefragt, hast mich ja nur angemault, dass ich dir helfen soll. Und das zieht bei mir nach wie vor nicht.“ „Ach du Scheiße, jetzt redest du schon wie meine Lehrer. Und wie mein Vater.“ War ich schon soweit? Ich hasste mich, wenn ich den pädagogischen Zeigefinger hob. „Väter sind halt so“, erwiderte ich. „Mein Vater zum Beispiel hat immer ...“ „Was kommt jetzt? Eine Story aus den Achtzigern?“ Nein, mit Julio war heute Abend nichts mehr anzufangen, er war übel gelaunt, wie an jedem Sonntagabend. „Ist ja schon gut, ich will dich nicht langweilen. Aber viel Erfolg darf ich dir für morgen noch wünschen, ja?“ „Ja, jetzt hau ab!“ Ich schloss die Tür seines Zimmers und verschwand in die Küche, wo ich mir einen Kirschtee kochte. Ich pflegte ihn stets mit Kaffeesahne zu trinken, das hatte ich von meinem Vater. Als sich das Aroma des Tees auf meiner Zunge entfaltete, musste ich sofort an ihn denken, an seinen trockenen Humor, an seinen spießigen, dunkelblonden Schnäuzer, nein, wie dämlich er früher aussah! Es war allmählich Zeit, dass Julio meine Eltern, seine neuen Großeltern sozusagen, endlich kennenlernte. Nachdem er fest bei uns eingezogen war und seine Mutter Gabriela ihren großen Traum eines Medizinstudiums verwirklichen konnte, rief ich meine Eltern oft an. Sie fanden es super, dass wir nun eine richtige Familie waren, dass wir die Verantwortung für Julio auf uns genommen hatten. Allerdings vertröstete uns vor allem mein Vater immer wieder, dass es mit einem Besuch bei ihnen zurzeit schlecht sei, da es meiner Mutter nicht so gut gehe und er ja so viel zu tun hätte. Sein Terminplan schien mittlerweile voller als vor drei Jahren, bevor er wegen seines schwachen Herzens in Frührente ging. Manchmal hatte er seine Arbeit als Filialleiter eines Discounters zu ernst genommen und vergessen, dass wiederum sein Vater mit knapp vierzig Jahren an einem Herzinfarkt gestorben war. Meinen Opa väterlicherseits hatte ich bedauerlicherweise nicht kennengelernt. Es kränkte mich, dass meine Eltern Julio noch immer nicht sehen wollten, sie mussten doch neugierig auf ihn sein. Ich zweifelte nicht an ihrer Toleranz, sie hatten mein Coming-out völlig locker hingenommen. Ich erinnere mich noch gut an das Mittagessen. Wir aßen abends auf der Terrasse, meine ältere Schwester Nadja hatte Gulasch mit Nudeln zubereitet, mein Vater hatte den Salat gelesen. Das machte er peinlich genau, seitdem meine Mutter den Salat einmal etwas nachlässig gewaschen hatte. Es traf dann meinen Vater, der einen schmalen, grauen Wurm in seinem Salat entdeckte, uns drehte sich allen der Magen um. „Unser Nachbar steht wieder am Balkon und schaut, was wir essen“, flüsterte meine Mutter und verdrehte ihre Augen. „Dem ist ja vorgestern das Fernglas aus der Hand gefallen, mitten in seinen schönen Teich. Sein Koi dürfte einen Dachschaden haben.“ Ich beobachtete meinen Vater, der wieder mit seiner Lesebrille den Salat begutachtete. „Ich gehe morgen wieder mit Ray shoppen!“, sagte Nadja, als sie sich eifrig ihre Nudeln mit Salz bestreute. Ray kannte ich bereits aus der schwulen Jugendgruppe, zu der er oft kam, obwohl er schon 24 war. „Der gefällt mir!“, bemerkte meine Mutter. „Ein sehr gepflegter junger Mann, der auch auf seine Frisur achtet.“ Sie schaute meinen Vater missbilligend an, dessen dunkelblonde Haare fast in seinen Augen hingen. Am meisten störte sie sein Schnurrbart und das nicht nur, weil er spießig aussah, sondern weil oft nach dem Frühstück Honigtropfen darin hingen. „Ja, mir auch“, schaltete sich nun mein Vater ein. Eigentlich könnte ich mich nun outen, dachte ich. „Schade, dass er nicht mein Schwiegersohn sein kann“, sagte meine Mutter seufzend. „Och, das würde ich nicht völlig ausschließen“, sagte ich. „Ich finde Ray sehr attraktiv.“ Es war mir egal, dass er ein paar Jahre älter war als ich, ich wollte ihnen aber die Hoffnung auf Ray nicht völlig zerstören. „Endlich!“, sagte meine Schwester. „Endlich ist es raus!“ Für einen Moment war ich irritiert, da ich es Nadja noch nicht erzählt hatte, aber da wurde mir klar, dass Ray ihr längst erzählt haben musste, dass er mich in der Jugendgruppe gesehen hatte. Meine Eltern schauten meine Schwester fragend an. „Was ist raus?“, fragte meine Mutter. „Dass er schwul ist! Was denn sonst?“ „Ach“, meinte mein Vater und putzte seinen Schnurrbart ab. „Und du wusstest das schon länger?“ „Ja, seit Monaten. Seitdem ich Ray kenne.“ Ja, ja, Ray, diese Plaudertasche. Er wusste immer alles. Nun, in den Tagen danach regten sich unsere Eltern darüber auf, dass meine Schwester mich ein Stückweit besser kannte als sie. An Ray hatte ich aber nie wirklich Interesse, das heißt, ich konnte mir durchaus ein sexuelles Verhältnis mit ihm vorstellen, keine Beziehung, dazu war er mir zu anstrengend, zu schrill. Natürlich war Ray ein gefundenes Fressen für mich, er führte gerne Newcomer in die Geheimnisse der schwulen Erotik ein. Ich kann auch sagen, das ich das gefundene Fressen für ihn war, ich hatte mich geoutet und meine angestauten Hormone, die nach männlichem Fleisch verlangten, explodierten ihn mir. Im Frühling, als alles zu sprießen begann, bemerkte ich das besonders, ich masturbierte bestimmt acht Mal pro Tag. Sobald ich in der Schule oder in der Stadt oder wo auch immer leicht bekleideten Männern begegnet war, regte sich etwas in mir. Einmal lief ich an einem warmen Apriltag mit einer kurzen Hose durch ein Kaufhaus, wo ich einen jungen Mann beobachtete, der sich eine Badehose kaufte. Meine Phantasie ging mit mir durch wie ein ungezähmtes Pferd, ich sah den Mann in meiner Vorstellung im Freibad auf der Wiese räkeln, ich sah ihn in der Umkleidekabine. So schnell wie man einen Porsche von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde beschleunigen kann, so flink bekam ich einen Steifen, der meine kurze Hose ausbeulte. Vorne waren schon Flecken, ich verdrängte den Gedanken, dass das den Leuten im Kaufhaus aufgefallen sein musste und verschwand auf der Herrentoilette. Dieses Masturbieren kostete mich noch nicht einmal 50 Cent, da die Toilettenfrau gerade auch Bedürfnisse hatte. So schön dieses Gefühl auch war, sobald man leckere Typen zu Gesicht bekam, so anstrengend war meine plötzliche Reifung. Nachts passierte es von ganz alleine, ich träumte ja nur noch von meiner Umkleidekabine im Sportunterricht. Es war sehr unangenehm, wenn ich morgens mit kaltem Sperma auf meinem Oberschenkel aufwachte. Allmählich dachte ich, dass ich sexsüchtig war und wollte schon einen Arzt aufsuchen, da ich offenbar meinen Schwanz nicht mehr unter Kontrolle hatte. Doch der Frühling verging, es kamen regnerische Tage auf und mein Schwanz ließ mich in Ruhe. Im gleichen Jahr lebte ich endlich meine Sexualität mit einem anderen Mann, mit Ray, aus. Es war nur ein Versuch mit ihm und er war es letztendlich, der mich zum ersten Mal richtig rangenommen hatte. Wir unterhielten uns und lachten unbefangen und flirteten auch, was wir vorher nie getan hatten. Kurzerhand holten wir uns ein Päckchen Kondome. Ich hatte es mir allerdings viel schöner vorgestellt, ich wollte es eigentlich nicht abends auf den Toiletten der Jugendgruppe machen, wir waren ja beide nicht mal...