E-Book, Deutsch, Band 1, 240 Seiten
Reihe: Space Thriller
Feldhoff Space-Thriller 1: Grüße vom Sternenbiest
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-8453-3250-5
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
PERRY RHODAN Space-Thriller - die Verbindung aus realitätsnaher Science Fiction und spannendem Krimi
E-Book, Deutsch, Band 1, 240 Seiten
Reihe: Space Thriller
ISBN: 978-3-8453-3250-5
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Die Erde im 49. Jahrhundert: Ein Kind stirbt beim Sturz aus dem Fenster - ein 'Unfall', der unmöglich ist. Ein Unbekannter ermordet auf scheußliche Weise Diplomaten von anderen Planeten. Und ein geheimnisvoller Schattenmann zieht hinter den Kulissen seine Fäden. Sein wahres Ziel ist unbekannt - aber es droht ein Inferno für Terrania, die Hauptstadt der Zukunft. Sholter Roog, Agent des Terranischen Liga-Dienstes, ist aufgrund 'überdurchschnittlicher Gewaltbereitschaft' auf einen Schreibtischposten abgeschoben worden. Mehr durch Zufall wird er in das Komplott verwickelt. Er übernimmt die Ermittlungen - auf eigene Faust, auf eigenes Risiko und mit höchst eigenen Methoden ...
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1. Kapitel
Das Ekel
»Irgendwann ist es nicht mehr genug, nur zuzusehen. Irgendwann willst du mitspielen. Du kennst ja jetzt die Regeln, kleiner Schelm.«
»Ja, Mama.«
»Du willst doch gewinnen, nicht wahr? Was wirst du dafür tun?«
»Ich tue alles.«
Das Schreien des Kindes kam vermutlich von oben. Auch wenn Cencenza im Augenblick blind war, so funktionierte sein Gehör doch mit großer Präzision. An diesem Tag blies in Terrania ein heftiger Wind. Das Kind weinte gerade laut genug, um die Hintergrundgeräusche der Stadt zu durchdringen.
Cencenza war kein Mensch, sondern er gehörte zum Volk der Antis. Es fiel ihm nicht leicht, die Stimmfarbe eines Menschenkindes zu deuten. Seiner Ansicht nach empfand das Kind Todesangst.
Nach dreißig Sekunden schrie das Kind immer noch. Cencenza neigte lauschend den Kopf. Die Parkbank, so hatte man ihm erklärt, befand sich wenige Meter entfernt von einem Glasturm, einem Wohngebäude für einige hundert Menschen. Wenn das Geräusch von oben kam, so hieß das also, es drang aus einem der Fenster. Cencenza überlegte, ob er etwas unternehmen musste. In dieser Stadt war er ein Fremder. Was sich im achten oder im zehnten Stockwerk eines Wohnturms abspielte, ging ihn nichts an. Von ihm wurden Zurückhaltung und Achtung der lokalen Sitten erwartet. Er hielt das für legitim, gerade in Anbetracht seiner hilflosen Lage, in der er auf die Terraner angewiesen war. Vielleicht, so dachte er, ängstigte sich das Kind wirklich vor einer Gefahr. Vielleicht schätzte es auch nur eine an sich harmlose Situation falsch ein. Ohne Augen konnte er das nicht beurteilen.
Das Kind schrie jetzt eine Minute lang. Von der Straße erreichte der Lärm vorbeihuschender Gleiter seine Ohren. Die gegenüberliegende Straßenseite war fünfzig Meter entfernt. Von dort hörte er keine Details, lediglich Fetzen eines Gespräches, das sich mit den Sprechern entfernte. Menschen besaßen keine sonderlich sensiblen Hörorgane. Er hielt es für ausgeschlossen, dass jemand außer ihm das Schreien wahrnahm.
Nur noch das Kind, das Rauschen des Windes – und dann war plötzlich Stille. Es dauerte zwei Atemzüge lang. Er hörte den Aufprall eines Objektes, zehn Meter von der Parkbank entfernt.
»Ist dort etwas?«, fragte er laut.
Der Anti erhielt keine Antwort.
Cencenza stand von seiner Bank auf, ging in die Knie und tastete sich mit großer Vorsicht nach vorn. Mit den Fingerspitzen glitt er über die ebene, trotz der Jahreszeit feuchte Rasenfläche. Als er ungefähr zehn Meter zurückgelegt hatte, stieß er auf das Objekt. Cencenza ertastete eine Hand, einen offenbar gebrochenen, sehr dünnen Arm und einen Schädel. Die Körpermitte war aufgeplatzt, soviel spürte er durch das getränkte Hemd. Die Genitalien waren noch sehr klein und nicht beschädigt. Ohne innere Beteiligung schätzte er, dass der Körper zu einem drei- bis fünfjährigen männlichen Kind gehörte. Rings um die zerschmetterten Glieder sickerte Flüssigkeit in den Boden, durch das Hemd hindurch. Dass in diesem Körper noch Leben steckte, konnte er sich nicht vorstellen. Jede Möglichkeit der Wiederbelebung schied aus, weil der Schädel gespalten war.
Der Anti erhob sich und fing an, tonlos zu schreien.
Sholter Roog konnte sich tagelang in Arbeit vergraben. Speziell dann, wenn es sich um interessante Arbeit handelte. War die Arbeit nicht hinreichend interessant wie jetzt, starrte er eben tagelang Löcher in die Wand. Dann wanderte sein Blick überallhin, nur nicht auf das Datenmaterial vor seiner Nase. ... GIBT DER ZEUGE AN, DAS VERSCHWUNDENE SCHWEBEFAHRZEUG GEGEN MITTERNACHT DES 1. APRIL 1282 NGZ ZUM LETZTEN MAL BEMERKT ZU HABEN. DER EIGENTÜMER HINGEGEN BEHAUPTET, ER HABE NOCH AM 3. APRIL DES JAHRES EINEN AUSTAUSCH DER ZERFALLSBATTERIE VORGENOMMEN UND DABEI ...
»Pff!«
99 Prozent aller Verwaltungsarbeit wurden von Automaten erledigt. Aber für das restliche Prozent, für die verzwickten Fälle, brauchte es immer noch die Arbeit von Menschen. Roog knüllte die Datenfolie zusammen, mit der er sich herumärgerte, schnippte das Knäuel in Richtung Müllvernichter und sandte einen Fluch hinterher.
»Scheiße. Daneben.«
Die kleine Dunkelhaarige namens Ammanda, am Schreibtisch gegenüber, zog die Brauen hoch; das höchste Zeichen von Missbilligung, das eine Schlaftablette dieser Art von sich geben konnte.
»Was soll das, Roog?«
»Nichts.«
»Denkst du, ich räume das auf? Denkst du das?«
»Halt einfach den Mund, okay?«
»Arrogantes Arschloch«, sagte sie leise.
»Bitte? Ich hör' doch wohl nicht recht?«
»Absolut! Du bist ein zutiefst arroganter und ungehobelter Mensch!«
»Oha.«
Roog nahm sich vor, sie bei Gelegenheit zum Essen einzuladen und dann sitzenzulassen. Er schaute aus dem Fenster. Die Straße war fünfzig Meter breit. Vor dem Glasturm auf der anderen Seite lag ein Rasengürtel. Neben der Gartenbank, die er in den letzten Tagen tausendmal angestarrt hatte, versammelten sich zehn oder fünfzehn Menschen, und es wurden noch mehr. Durch das Fenster klang kein Laut, aber er sah aufgeregte Gesten und Gesichter. In ihrer Mitte schien sich etwas zu befinden, was er nicht erkennen konnte.
»Was ist denn, Roog?«
»Irgendwas ist passiert«, antwortete er unwillig.
»Was denn?«
»Weiß ich auch noch nicht.«
»Du willst es bloß nicht sagen!«, giftete sie. »Vergiss nicht, dass du hier auf deinem Hosenboden zu sitzen und zu arbeiten hast! Dreiundzwanzig Entscheidungen werden fällig. Morgen ist Stichtag! Eine Menge Leute warten darauf, dass ihre Fälle verhandelt werden. – Also, was ist es? Sag!«
Ganz sicher keine Kleinigkeit. Roog stellte sich ans Fenster und drückte sich die Nase platt; bis er es nicht mehr ertragen konnte.
»Stopp! Wo willst du hin?«
Er sagte: »Du hast immer noch Redeverbot«, dann verließ er den Raum, ohne Ammandas Erwiderung abzuwarten.
Hinter ihm wurde die Tür aufgerissen, trippelnde Schritte hallten im Korridor. »Warte, ich komme mit!«, rief die Dunkelhaarige durch den Flur.
»Du hast da unten nichts verloren, Ammanda.«
»Roog! Bitte ...«
»Nein. Denk lieber dran, dass morgen Stichtag ist.« Er drehte sich nicht um. Diesmal meinte er es ernst. Die Dunkelhaarige blieb oben zurück, als er in den Schacht sprang und schwerelos nach unten sank.
Das Haus stand in einer langen Reihe, eingequetscht zwischen einem Hightech-Markt und einer Schwimmbad-Anlage, in der keiner schwimmen wollte. Terrania galt als Stadt der Gegensätze. Drangvolle Enge existierte neben weitschweifigen Turmgefügen. Mittendrin das Bürohaus, zweihundert Jahre alt, aus der Zeit der Dunklen Jahrhunderte. Nicht, dass man Zeichen von Baufälligkeit sah, doch er empfand den antiquierten Baustil als persönliche Beleidigung. Dort, wo er hingehörte, war alles neu und in bestem Zustand. Hier dagegen wies ihn jedes Details darauf hin, dass er unwichtig geworden war. Draußen wehte ein heftiger Wind. Zwanzig Meter über der Straße zogen die Schwebegleiter ihre Bahn. Sie wurden von Terrania Traffic Control, dem Verkehrsverbund der Stadt, unfallfrei durch die Engen geschleust. Und TTC wiederum gehörte zu NATHAN, dem größten und wichtigsten Computer im Sonnensystem. Fußgänger gab es nur wenige.
Als Roog die Straße überquerte, sah er in einem Hologramm seine Gestalt auftauchen. Aber sein kurzgeschorenes blondes Haar erschien nun dunkel. Das kantige grobe Gesicht war zu einer lächelnden Grimasse entstellt. Die Verwandlungsspielerei gehörte zum Hightech-Markt; wer immer vorbeikam, er wurde gefilmt und verfremdet wiedergegeben. Wenn es nach Roog gegangen wäre, hätte man diese Sorte Unfug verboten. »Scheiße. Ich hasse Werbung.« Roog streckte die Zunge heraus und machte eine obszöne Geste. Im Holo lächelte er um so breiter, und die obszöne Geste wurde in ein freundliches Winken umgewandelt. Er ärgerte sich darüber. Gelächelt hatte er seit Wochen nicht, weil es nichts zum Lächeln gab. Das Feld verfolgte ihn ein paar Sekunden lang, bis zur Straßenmitte.
Die Leute an der Parkbank machten keinen guten Eindruck. Er zog es vor, sich zu beeilen.
»Was ist denn los?«
Keiner gab Antwort. Er hob die Stimme, fragte ein zweites Mal, was aber niemanden zu stören schien. Die Leute standen bis zur Häuserwand. Roog drängelte sich durch. Er war sehr viel kräftiger als die meisten. »Was zum Henker passiert hier? He!« Ein Kerl von zwei Metern Größe starrte ihn finster an, als Roog ihn zur Seite schubste. Aber Roog war die empörte Miene völlig egal. Denn im selben Moment sah er, was die Leute so magisch angezogen hatte. Es war ein Kind. Vor der kleinen Gestalt, die reglos am Boden lag, knieten ein paar Leute. Sie hatten alle bleiche Gesichter.
»... bleibt denn bloß der Krankenschweber ...«
»Das wird hier auch nichts mehr ...«
»Ich kann das nicht ansehen, ich halte das wirklich nicht aus ...«
»Dann verschwinde endlich!«
»... nichts gesehen, wenn man nur wüsste, was passiert ist ...«
Roog zog eine der knienden Personen hoch. Die Frau wog soviel wie eine Feder. Sie protestierte nicht, wahrscheinlich wäre sie ohne Hilfe sowieso nicht mehr hochgekommen. Ihre Arme zitterten. Sie hatte ein langes Gesicht, dunkle Augen und dünne, ungepflegte Haare. Roog war sie auf Anhieb unsympathisch. Die ganze Zeit sah sie aus, als ob sie irgendwas sagen wollte, aber ihr Mund öffnete und schloss sich, ohne dass ein Ton herauskam.
Er fragte: »Bist du die Mutter?«
Sie gab keine...




