Finch | Feuerläufer | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 6, 480 Seiten

Reihe: Mark-Heckenburg-Reihe

Finch Feuerläufer

Thriller
17001. Auflage 2017
ISBN: 978-3-492-97527-8
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Thriller

E-Book, Deutsch, Band 6, 480 Seiten

Reihe: Mark-Heckenburg-Reihe

ISBN: 978-3-492-97527-8
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein perfider Killer macht England unsicher, und Mark Heckenburg ist ihm dicht auf den Fersen. Die Ermittlungen führen den Detective in seine Heimat, die heruntergekommene Industriestadt Bradburn. Doch hier versteckt sich nicht nur der Mörder, ein Brandstifter fackelt Häuser und Menschen ab. Bald findet Heck heraus, dass zwischen den Bossen der Bradburner Unterwelt Krieg herrscht. Und er muss es nicht nur mit gleich zwei Killern aufnehmen, sondern auch mit seiner eigenen Vergangenheit ...

Paul Finch hat als Polizist und Journalist gearbeitet, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Neben zahlreichen Drehbüchern und Kurzgeschichten veröffentlichte er auch Horrorromane und wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem British Fantasy Award und dem International Horror Guild Award. Er veröffentlichte bereits mehrere sehr erfolgreiche Thriller um den Ermittler Mark »Heck« Heckenburg. Seine neue Serie, in der Lucy Clayburn ermittelt, eroberte England im Sturm. Paul Finch lebt mit seiner Familie in Lancashire, England.
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Kapitel


Calum und Dean schritten die King’s Parade entlang, als wären sie die Besitzer der Straße, was in gewisser Weise auch der Fall war. Vor sämtlichen Eingängen der zahlreichen Bars und Nachtclubs standen Türsteher; ruppige, brutal aussehende Typen in Smokings mit Zahnlücken-Grinsgesichtern und verbeulten Nasen. Doch wenn Calum und Dean um Einlass baten, gab es nur eine kleine Handvoll Rausschmeißer, die »Nein« sagen würde. Wenn sie nicht sowieso geschäftlich mit ihnen zu tun hatten, kannten die meisten Türsteher Calum und Dean aufgrund ihres Rufs und jedenfalls gut genug, um zu wissen, dass man in Bradburn schnell genug ernsthafte Schwierigkeiten bekommen konnte, ohne dass man sie auch noch heraufbeschwor.

Nicht dass Calum und Dean auch nur im Entferntesten angemessen gekleidet waren, um zu einer normalen Zeit und an einem normalen Ort in irgendein Nachtlokal gelassen zu werden, das auch nur ansatzweise etwas auf sich hielt.

Ersterer, der ziemlich korpulent war, korpulenter, als es für einen jungen Mann von Anfang bis Mitte zwanzig gut war, trug nur eine graue Softshellhose und dazu grau-orange Nike-Schuhe. Er hatte sich seinen abgetragenen rosafarbenen Pullover ausgezogen, ihn sich locker über die Schultern gelegt und entblößte Berge von schwabbeligem, blassem Fleisch, insbesondere um die Taille herum, ganz zu schweigen von unzähligen geschmacklosen Tattoos. Ob er die abendliche Kälte spürte, war nicht zu sagen. Da sein Körper mit Alkohol und Drogen vollgepumpt war, glaubte er wahrscheinlich, die Kälte nicht zu spüren, doch wenn man es trotz seines Körpergeruchs, den er verströmte, schaffte, sich ihm zu nähern und ihn etwas genauer in Augenschein zu nehmen, würde man sehen können, dass die kleinen, rosa Brustwarzen an seinen herabhängenden Männerbrüsten steif waren.

Dean war für den Anlass nicht weniger schlecht gekleidet. Er trug blau-blutrote Nike-Schuhe, eine smaragdgrüne Trainingshose mit weißen Paspeln an den Seiten und dazu ein mit Flecken übersätes Netzhemd und dicke Goldketten um den Hals. Diese protzigen Klunker waren das am deutlichsten hervorstechende Merkmal an Dean, auch wenn sie billig und hässlich waren. Das galt vor allem für die Sovereign-Ringe an seinen Fingern und die diamantenen Knöpfe in seinen Ohren.

Das Paradoxe war, dass trotz dieses Aufzugs, in dem sie herumliefen, keiner der beiden besonders bedrohlich aussah.

Calum hatte ein rundes, schwammiges Gesicht mit einer kleinen Nase, einem winzigen Mund und knopfartigen Teddybäraugen. Wenn er nicht diese rasierte rötliche Stoppelfrisur gehabt hätte, die seinen Schädel zierte, und wenn sein Gesicht nicht von diversen Einkerbungen und Narben übersät gewesen wäre, hätte man beinahe sagen können, dass er sanft aussah. Dean hingegen war dünn und wieselartig, doch wenn man genauer hinsah, zeigte sich, dass er eher drahtig als knochig war. Jedenfalls war er ganz bestimmt kein Schwächling. Das Gesicht unter seiner fettigen blonden Lockenmatte und zwischen seinen henkelkrugartigen Ohren war ebenfalls voller Narben, seine Gesichtszüge wirkten irgendwie schief, sein Mund war zu einem unheimlichen wölfischen Dauergrinsen verzogen. Dean sah nicht sanft aus, sondern eher sonderbar.

Dennoch stolzierten die beiden großkotzig Seite an Seite durch die Masse der ausgelassen feiernden Samstagnachtschwärmer, die sich auf den Bürgersteigen drängten – die Frauen in Miniröcken, die Männer in Poloshirts und Jeans –, und wann immer die Menge nicht von alleine auseinanderwich, um ihnen eine Gasse zu bilden, bahnten sie sich selbst den Weg. Dafür brauchten sie nur etwas zu schubsen und im Weg Stehende wegzustoßen. Aber es war noch früh, noch nicht einmal Mitternacht.

In der Kellerbar des Juicy Lucy’s, in der eine Lightshow das gerammelt volle, nach Schweiß riechende Kellergewölbe in rot-golden aufzuckendes Stroboskoplicht tauchte, ging es hoch her. Die beiden kippten sich noch ein paar weitere Biere herunter, bis Calum zu dem Schluss kam, dass der Teenager neben ihm einmal zu oft gegen seinen Arm gestoßen war, in dem er sein Getränk hielt. Der Junge machte sich gerade an eine wohlgeformte Platinblondine mit den höchsten Absätzen und dem knappsten, am engsten anliegenden Kleid, das Calum und Dean je gesehen hatten, heran, doch er kassierte trotzdem einen Haken auf die Seite seiner Fresse, und zwar einen, der die Knochen zum Knirschen brachte.

Dean lachte schallend. Er hätte schwören können, dass die blonde Schnitte ihren Mund mit Blut und Zähnen gefüllt hatte, so wie sie den Kopf weggerissen hatte.

Im The Place ließen die Türsteher sie ebenfalls wortlos durch. Sie bahnten sich einen Weg durch die dicht gedrängte Menge zur Theke, wo ein älterer Typ mit eisengrauen Locken stand. Über seinem geblümten Hemd trug er eine Lederweste, und an seinem Ohr baumelte ein einzelner riesiger Ohrring, der an so einem alten Knacker einfach nur lächerlich aussah. Er wagte es, dem Barmädel seine Bestellung lauter zuzurufen als Dean, weshalb Calum den überraschten Kerl an seinem Kragen zu sich herumriss und ihm mit einem heftigen Kopfstoß den Nasenrücken brach. Die Freunde des Kerls, die wie er allesamt grauhaarig und rotwangig waren, bedrängten Calum angriffslustig, weshalb Dean einem von ihnen ein Glas über den Schädel briet.

Dieser Zwischenfall reichte aus, um das Ganze in einen handfesten Tumult ausarten zu lassen. Eine weitere Faust flog, doch diese hatte nichts mehr mit Calum oder Dean zu tun – wie immer, wenn in Bradburn im Laufe einer wilden Nacht eine Rauferei losging, artete sie in eine wüste Massenschlägerei aus. Der Grund, aus dem sie angefangen hatte, spielte keine Rolle.

Die nächste Schlägerei, in die Calum und Dean verwickelt wurden – wenn man sie überhaupt Schlägerei nennen konnte –, brach an der Ecke Westgate Street und Audley Way aus. Dort befand sich ein Taxistand. Es hatte sich eine kurze Schlange gebildet, überwiegend grölende Nachtschwärmer, die es darauf angelegt hatten, sich bis in die frühen Morgenstunden die Kante zu geben. Doch ein junger Kerl, der sich offenbar zu früh zu heftig hatte volllaufen lassen, lehnte an der Stange des Taxistandschilds und reiherte, was das Zeug hielt.

Genau in dem Moment kamen Calum und Dean vorbei. Sie waren zwar mehr als einen Meter entfernt, doch Dean beschloss, dass ein paar Spritzer Erbrochenes auf seiner bereits schmutzigen, mit Bierflecken übersäten Hose gelandet waren. Deshalb knöpften sie sich den Jungen gemeinsam vor. Dean verpasste ihm einen Roundhousekick unters Kinn, Calum trat gegen seinen Kopf, als handelte es sich um einen Fußball, nachdem dieser auf dem Asphalt aufgeschlagen war.

»Braaaavo, Kumpel – Tor!«, brüllte Dean. »Und was für ein geiles Tor!«

Calum und Dean taten all diese Dinge, weil sie sie tun konnten.

Einen anderen Grund gab es nicht.

Sie hatten nichts davon, außer dass es vielleicht dazu beitrug, ihren schlechten Ruf noch mehr zu festigen.

Doch das war Calum und Dean ziemlich egal. Für die beiden war das etwas sehr Persönliches. Es ging ihnen schlicht und einfach darum, so zu sein, wie sie waren – und zwar genau so. Sie wollten sich exakt in der Art und Weise ausdrücken, in der sie sich ausdrücken wollten, ohne dass ihnen jemand dazwischenkam und sie davon abhielt.

Doch schließlich mussten auch sie es irgendwann gut sein lassen. Immerhin tranken sie seit dem Mittag und hatten sich selbst nach ihren Maßstäben komplett volllaufen lassen.

Sie verließen torkelnd die Zone der Nachtclubs, der Samstagnachttrubel verhallte hinter ihnen, die heitere Musik verlor nach und nach jeglichen Sinn und verblasste zu einem dumpfen, fernen, monotonen Gejaule. Im Hof der Pfarrkirche genehmigten sie sich eine kurze Pause.

Tagsüber diente der Hof als Abkürzung zwischen Bürogebäuden und Geschäften, doch um diese Zeit lag er still im schwachen Schein einer einzelnen Straßenlaterne. Das fahle Licht schimmerte schaurig auf den Steinplatten, in die einst eine Vielzahl von Inschriften eingraviert worden waren. Die meisten waren aufgrund ihres Alters schon seit Langem nicht mehr zu entziffern. Die Pfarrkirche von Bradburn beherrschte die friedliche Szenerie, weit oben ragten unzählige Wasserspeier an ihrer Fassade hervor. Nach rechts ging die sogenannte Bank Chambers ab, eine überwölbte Passage, die von einer Reihe Kontore, Maklerbüros und Anwaltskanzleien gesäumt wurde und deren Zugang nun in nächtlichem Nebel lag.

Die beiden begannen zu frösteln. Calum kratzte sich unbewusst seinen juckenden Schwabbelbauch und zog sich seinen Pullover wieder an. Dann ließen sie sich nebeneinander auf den Stufen des Kriegerdenkmals in der Mitte des Hofes nieder. Calum leckte an den frischen, brennenden Prellungen an seinen Knöcheln, und es dauerte nicht lange, bis Deans speichelverschmiertem Mund ein leises Schnarchen entwich.

Er war völlig weg und hatte sich nach hinten gegen die Liste der Kriegshelden gelehnt, deren Namen ordentlich auf Messingtafeln eingraviert waren, die um den Sockel des Obelisken des Kriegerdenkmals herum angebracht waren.

»He, Dean! Verdammt!« Calum verpasste ihm einen Stoß mit dem Ellbogen. »Gib mir mal was zu rauchen!«

Dean murmelte irgendwas und klopfte auf seine rechte Gesäßtasche.

Calum wühlte in der Tasche herum und fand einen einzelnen krummen Joint. Er war bereits zur Hälfte geraucht und hatte einen rechtwinkligen Knick. Calum strich ihn gerade und klemmte ihn sich zwischen die Lippen. Dann wühlte er erneut in der Tasche seines Freundes herum, beförderte allen möglichen krümeligen, klebrigen Dreck zutage und warf ihn weg, bis er schließlich ein Feuerzeug...


Finch, Paul
Paul Finch hat als Polizist und Journalist gearbeitet, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Neben zahlreichen Drehbüchern und Kurzgeschichten veröffentlichte er auch Horrorromane und wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem British Fantasy Award und dem International Horror Guild Award. Er veröffentlichte bereits mehrere sehr erfolgreiche Thriller um den Ermittler Mark »Heck« Heckenburg. Seine neue Serie, in der Lucy Clayburn ermittelt, eroberte England im Sturm. Paul Finch lebt mit seiner Familie in Lancashire, England.



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