Fleming | Silvia-Gold - Folge 029 | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 29, 64 Seiten

Reihe: Silvia-Gold

Fleming Silvia-Gold - Folge 029

Vor Amor auf der Flucht
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7325-4687-9
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Vor Amor auf der Flucht

E-Book, Deutsch, Band 29, 64 Seiten

Reihe: Silvia-Gold

ISBN: 978-3-7325-4687-9
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Christina verschlägt es den Atem, als sie Jorgos zum ersten Mal sieht. Dass es einen solchen Mann wirklich und wahrhaftig gibt! Groß, schlank, leidenschaftlich, schön wie ein griechischer Gott.

Doch als er sie küsst und sie in seine Arme nimmt, merkt sie schnell, dass dieser 'Gott' nur allzu menschlich ist. Wunderbar menschlich. Sie ist glücklich - bis Jorgos sie fortschickt. Denn er glaubt, dass Christina seiner Insel nur Unglück bringen kann ...

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Christina träumte, obwohl sie eigentlich ja keine Zeit zum Träumen hatte. In ihrem Beruf konnte man es sich nicht leisten, die Zeit mit Träumen zu verschwenden. Christina war freie Journalistin.

Dennoch – sie träumte. Sie tippte einen Satz in ihren Computer, hielt inne und verlor sich wieder in ihren Gedanken. Sie sah die Sonne blutrot im Meer versinken, und es roch nach Fisch und Thymian. Sie fühlte den weichen, heißen Sand zwischen ihren Fingern und hörte die schwermütige griechische Musik.

Sie schrieb wieder einen Satz und starrte an die Decke, die trotz allen Starrens weiß blieb und sich einfach nicht in einen tiefblauen, wolkenlosen Himmel verwandeln wollte. Wenn das so weiterging, wurde aus ihrer wissenschaftlichen Abhandlung über Insekten noch eine erotische Bettgeschichte – Griechenland war, ihrer Meinung nach, eines der erotischsten Länder, die es gab. Waren die Statuen griechischer Helden und Götter nicht einfach traumhaft schön?

Christina träumte, sie starrte, nur eines tat sie nicht – arbeiten.

»Hat wohl keinen Sinn mehr, weiterzumachen«, gab sie sich schließlich frei und tat das, was alle lebenslustigen Menschen so gern tun: Sie verschob die Arbeit auf morgen, um schließlich, wenn der Abgabetermin schon überschritten war, in eine Hektik zu verfallen, die Nerven, Gesundheit und Energie kostete und den Ärzten ein Vermögen einbrachte.

Noch stand der Abgabetermin jedoch nicht bevor. Sie stand auf, tauschte die Jogginghose gegen Jeans und ging ins »El Greco«. Das »El Greco« war so etwas wie ihre Stammkneipe. Wahrscheinlich gab es kaum jemanden, der des Essens wegen nach Griechenland reiste. Thomas, ein Freund und Kollege, behauptete sogar: »Die Touristen kommen trotz der griechischen Küche.«

»Warum sind dann die griechischen Lokale hier immer so voll?«, hatte sie ihn gefragt.

»Weil es die einzige Möglichkeit ist, die Urlaubserinnerungen aufzufrischen«, war seine Antwort gewesen.

Und wie recht er hatte. Der Willkommens-Ouzo, den sie nur trank, um Nikos, den Wirt, nicht zu beleidigen, die kitschigen Plastiksäulen, die sich zur Decke streckten, die Fotos an den Wänden und die Sitte, die Gäste in die Küche zu führen, die Nikos lobenswerterweise beibehielt, ließen die Träume von vorhin wenigstens ein bisschen wirklicher erscheinen.

»Ah, Christina!« Nikos drückte ihr die Hand, bis sie wehtat, warf ihr aus feurigen Augen feurige Blicke zu und führte sie an einen Platz, den er »ganz allein für sie« reserviert hatte, wo aber schon etliche andere Leute saßen, alles leicht verruchte Typen.

Da war einmal Yolanda, eine Schriftstellerin, die noch nie etwas veröffentlicht hatte und von der niemand wusste, wovon sie eigentlich lebte. Neben ihr saß Pit, ein Fotograf; Sibylle, eine Malerin, die sogar schon in New York ausgestellt hatte; und Gregor, der Bildhauer, der sich ständig – und je mehr er getrunken hatte – umso weinerlicher beklagte, dass er sich in seinem engen Atelier nicht frei entfalten konnte. Frei entfalten bedeutete für ihn, dass er seine vollbusigen Statuen noch vollbusiger und runder machen konnte. Allerdings musste er sie wegen des Platzmangels schweren Herzens auf Normalmaße reduzieren.

Christina wurde mit lautem Hallo, einem Glas Demestika und einem Ouzo begrüßt. Na, das konnte wieder heiter werden.

Irgendwann, als Krönung des Abends, schaute Raphael vorbei.

»Ich sag nur schnell hallo, Leute.« Sprach’s und zwängte sich zwischen Christina und Yolanda.

Raphael war Musiker, hatte goldene Locken, babyblaue Augen und war hoffnungslos in Christina verliebt. Hoffnungslos, weil sie nun einmal schwarzhaarige Männer mit dunklen Augen bevorzugte.

»Hallo, Tina«, begrüßte er sie. Mehr als das fiel ihm beim besten Willen nicht ein. Also verbrachte er den restlichen Abend damit, sie fast stumm anzuhimmeln. Man musste Christina eines lassen: Sie war eine wirklich schöne Frau.

Sie war groß und schlank und herausfordernd sexy. Ihre Figur war hinreißend, ihre Haut hatte einen warmen Goldton.

»Tina, ich hab für morgen noch eine Konzertkarte. Sie spielen Brahms«, meinte Raphael jetzt schüchtern.

Im selben Moment kam Nikos, um sie in die Küche zu führen.

»Tut mir leid«, antwortete Christina und stand auf. »Morgen muss ich meinen Artikel fertig schreiben.«

Raphael hatte wirklich Pech. Ihr gefielen nicht nur blonde Haare und blaue Augen nicht, sie mochte auch keine klassische Musik. Und in diesem Moment bevorzugte sie ohnehin Nikos und die verlockenden Töpfe in der Küche, in die sie jetzt hineinsehen durfte, um auszuwählen, was sie essen wollte.

Christina entschied sich für Lammlachs, gedünstetes Gemüse und einen Vorspeisenteller.

»Vielen Dank«, sagte sie auf Griechisch.

Als sie zurückkam, spielte eine Band, und es wurde eifrig Sirtaki getanzt. Auch Yolanda, Pit, Sibylle und Gregor tanzten. Nur Raphael war sitzen geblieben und zählte schmachtenden Blickes jeden Bissen, den Christina zum Mund führte.

»Hast du Hunger?«, fragte sie.

»Nein«, stotterte er und wurde rot. »Ich hab nur geschaut.«

»Das hab ich gemerkt. Willst du was?« Sie schob ihm den Vorspeisenteller hin.

»Danke«, antwortete er und probierte. Dann holte er tief Atem und setzte zum Sprechen an: »Tina, ich lie …«

Weiter kam er nicht.

»Ich kann es nicht leiden, wenn man Tina zu mir sagt«, fiel sie ihm ins Wort und beobachtete Nikos, wie er mit einem neuen Gast flirtete. Natürlich war er weiblich und blond, dieser Gast.

»Ach so, entschuldige bitte, ich …«

»Warum entschuldigst du dich eigentlich ständig?«

»Tut mir leid, ich …« Raphael wurde rot.

»Raphael, wie alt bist du?«, fragte Christina jetzt.

»Achtzehn.«

»Und ich bin dreißig.« Sie sah ihn lange an. »Es würde nicht gutgehen.«

»Was würde nicht gutgehen?« Er sah sie groß an.

Meine Güte, irgendwann würden diesem engelsgleichen Knaben tatsächlich Flügel wachsen. Er war einfach zu naiv für diese Welt.

»Wenn wir zwei ein Verhältnis hätten«, antwortete sie und säbelte genüsslich ein Stück vom Lammbraten ab.

»Oh«, machte Raphael nur und sah auf einmal sehr traurig aus.

»Komm, probier mal!«, forderte Christina ihn auf. Im Moment fiel ihr leider nichts anderes ein, als ihn zu füttern. Dabei vergaß sie ganz, dass auch bei ihr Liebeskummer auf den Magen schlug.

Gegen Mitternacht verabschiedete sie sich von ihren Freunden und trat auf die Straße. Es war noch warm, und am Himmel glitzerten unendlich viele Sterne, sie waren nur nicht ganz so hell wie in Griechenland.

Christina schwebte. Wein und Ouzo ließen sie ganz leicht werden und beinahe vom Boden abheben. Was gingen sie eigentlich die blöden Insekten an? Am besten, sie packte ihre Koffer, buchte den nächsten Flug nach Athen und machte erst einmal Ferien.

Urlaub … Ihr Vater würde sich bestimmt freuen, wenn sie plötzlich vor ihm stand – mitten auf einem griechischen Ruinenfeld. Stephan Braun war Archäologe, den es vor drei Monaten auf eine vom Tourismus noch unentdeckte Insel in der Ägäis verschlagen hatte. Normalerweise bevorzugte Christina Inseln wie Mykonos, Rhodos, Kos und Korfu. Dort war wenigstens etwas los, im Gegensatz zu dem Eiland, auf dem ihr Vater Maulwurf spielte, wie sie es liebevoll ausdrückte.

Griechenland. An diesem Tag war es für Christina zum Ziel sämtlicher Sehnsüchte geworden.

***

Manchmal gibt es zwischen Eltern und Kindern, die gut miteinander auskommen, so etwas wie telepathisches Verstehen. Offenbar hatte Stephan Braun die Gedanken seiner Tochter auch über Tausende von Kilometern hinweg erraten, denn am nächsten Morgen läutete das Telefon.

»Hallo?« Christina nahm den Hörer ab.

»Hallo, ich bin’s …« Eine vertraute Stimme klang durch den Draht.

»Papa!«, jubelte sie. »Schön, dass du dich meldest. Wie geht es dir?«

»Fantastisch. Wir haben eine hochinteressante Entdeckung gemacht.« Er machte eine effektvolle Pause. »Ich glaube, wir sind auf ein zweites Atlantis gestoßen.«

»Das ist ja wunderbar!«

»Das ist es. Hast du nicht Lust, zu kommen und drei sehr nützliche Dinge miteinander zu verbinden?«

»Und die wären?«

»Deinen alten Vater besuchen, Urlaub machen und ganz nebenbei die Reportage über unsere sensationellen Funde zu schreiben. Was hältst du davon?«

»Die Idee ist großartig. Ich muss nur noch einen Artikel über Insekten beenden.«

»Was?«

Die Verbindung wurde schlechter, das Rauschen stärker.

»Insekten!« Das Rauschen wurde noch stärker.

»Was?«

»Ich komme!«

»Prima!«

Ein Knacken. Die Verbindung war unterbrochen.

»Ich komme.« Damit war entschieden, dass der langweilige Insektenartikel im Raketentempo fertiggestellt, der Koffer gepackt und ein Ticket besorgt werden musste.

***

Nur eine Woche später saß sie in einem Taxi, das sie von Athen nach Piräus bringen sollte. Das goldene Nachmittagslicht verschönte sogar das triste Hafenviertel. Der Wagen schob sich durch eine undurchdringliche Wand aus Menschen und Fahrzeugen. Der Lärm war kaum auszuhalten.

Lastwagenmotoren dröhnten, Hupen heulten auf, Verladekräne rasselten, Männer brüllten sich gegenseitig an, und die...



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