Forster Das Arrangement
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-95576-168-4
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 192 Seiten
Reihe: MIRA Taschenbuch
ISBN: 978-3-95576-168-4
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Jeden Morgen ergreift sie dieselbe eiskalte Panik, dieselbe Ungewissheit: Wer ist sie wirklich? Vor sechs Monaten hatte Millionenerbin Alison einen schrecklichen Unfall. Angeblich ist sie von der Jacht ihres Mannes ins Meer gestürzt. Wie durch ein Wunder wurde sie später an den Klippen gefunden, ihr Gesicht bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Nach einer OP ist Alison wieder so schön wie zuvor, doch wenn sie in den Spiegel schaut, sieht sie das Gesicht einer Fremden. Aus ihrer Familie schlagen ihr Wellen des Hasses entgegen, und auch ihr angeblicher Ehemann Andrew kommt ihr unheimlich vor. Wie soll sie herausfinden, was damals wirklich geschah, wenn sie sich doch an nichts mehr erinnern kann? Und wem darf sie jetzt noch vertrauen?
Schon während ihrer Schulzeit war es Suzanne Forsters Traum Psychiaterin zu werden. Doch sie stammte aus einer Arbeiterfamilie, in der Geldsorgen zum Alltag gehörten. Keiner ihrer Vorfahren hatte ein College besucht und als ihr klar wurde, dass auch ihr dieses Privileg nicht vergönnt sein würde, fügte sie sich den Wünschen ihrer Eltern und heiratete. Obwohl sie mit ihrem Mann wirklich glücklich, bis ans Ende ihrer Tage werden wollte, gelang ihr das nicht und ihre Ehe wurde vier Jahre später geschieden. Durch ihren Umzug nach Kalifornien bekam Suzanne die Chance, ihren Jugendtraum wahr zu machen. Obwohl es als arbeitende, alleinerziehende Mutter eines quirligen Kleinkinds nicht ganz einfach war, studierte sie Psychologie und machte ihren Abschluss mit summa cum laude. Als ein schwerer Autounfall Suzanne Forster völlig aus der Bahn warf, begann sie mit dem Schreiben. Die Heilung zog sich lange hin und Schreiben wurde zu ihrer persönlichen Therapie. Noch bevor sie wieder ganz gesund war, hatte sie ihr erstes Buch veröffentlicht und damit eine neue Karriere begonnen. Heute schreibt sie hauptberuflich, und hat es seitdem aufgegeben, sich an Terminpläne halten zu wollen. Ihre Romane belegen regelmäßig die ersten Plätze der New York Times Bestsellerliste und haben zahlreiche Auszeichnungen bekommen. Gemeinsam mit ihrem Ehemann lebt Suzanne inzwischen in Newport Beach und unterrichtet gelegentlich an der University of California.
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PROLOG
Andrew Villard konnte sich nicht erinnern, wann er seine müden Augen zuletzt für einen Moment geschlossen hatte. Angestrengt starrte er in die tosenden Meereswellen, die mit voller Wucht gegen den Rumpf des zwanzig Meter langen Schiffes schlugen. Das hier war nicht nur ein Sturm auf hoher See. Seine ganze Welt drohte zusammenzubrechen. Er hielt Ausschau nach dem Körper seiner Frau – und konnte nur noch beten, dass er sie wohlbehalten wiederfinden würde.
Für ein Leben, wie Andrew es führte, hätte mancher Mann alles gegeben: wohlhabend und dementsprechend einflussreich, besaß er genug Macht, um gewisse Privilegien genießen zu können. In einer Welt, die in Gewinner und Verlierer eingeteilt wurde, gehörte Andrew Villard ganz eindeutig zu den Gewinnern. Doch seit zweiundsiebzig Stunden schien seine Glückssträhne vorüber zu sein. Er stand unter Mordverdacht. Als Hauptverdächtiger.
Ein Blitz riss den schwarzblauen Himmel über ihm in zwei Hälften. Der Wind peitschte ihm durchs Haar und er umklammerte den Mast, als eine weitere Welle über den Bug schwappte. Um seine Suche fortsetzen zu können, hatte er eine kleine Mannschaft angeheuert. Am Steuer stand ein erfahrener Kapitän, ein Mann aus der Crew hatte bereits das Hauptsegel gerefft und den Sturmklüver getrimmt, um die Jacht zu stabilisieren.
Andrews Frau Alison war vor drei Tagen auf See verschollen. Bei Sonnenuntergang, sie waren bereits auf dem Heimweg in den Hafen gewesen, war plötzlich ein heftiges Gewitter aufgezogen. Während Andrew unter Deck nach den Rettungswesten suchte, die sich nicht wie üblich im Schrank des Cockpits befanden, hörte er einen so heftigen Schlag gegen den Schiffsrumpf, dass er befürchtete, sie würden kentern. Als er wieder nach oben aufs Deck gestürzt kam, tobte der Sturm bereits, und Alison war verschwunden.
Sie zu finden war so gut wie unmöglich gewesen. Er war allein auf der großen Jacht, um ihn herum wütete das Gewitter, und die Dunkelheit drohte hereinzubrechen. Der starke Wind hatte ihn schließlich zurück in den Hafen getrieben, wo er die Küstenwache über Funk alarmiert hatte. Doch auch deren Suche an der Küste entlang war erfolglos geblieben. Obwohl sie ihr Manöver bis in den gestrigen Abend fortgesetzt hatten, bis orkanartige Winde sie letztlich zum Aufgeben zwangen, hatten auch die Männer der Küstenwache keine Spur von seiner Frau gefunden.
Seit Alisons Verschwinden war er jeden Tag draußen auf der stürmischen See gewesen. Trotzdem verhörte man ihn und schien zu bezweifeln, dass es sich tatsächlich um einen Unfall handelte. Man hatte seine Jacht durchsucht und die dabei entdeckten Schäden dem Bezirkssheriff gemeldet. Jeder wusste, dass Andrew Villard leidenschaftlich gern segelte. In seinen Zwanzigern hatte er mit einem Team an Laser-Boot-Rennen bei den olympischen Sommerspielen teilgenommen. Andrew kannte sich in den Gewässern aus, war ein erfahrener Nautiker. Gerade deshalb erschien es manch einem merkwürdig, dass ihm als erfahrenem Segler so etwas passieren sollte.
Auch ein Team der hiesigen Polizei hatte seine “Bladerunner” inzwischen unter die Lupe genommen und ihn wie einen Tatverdächtigen behandelt. Sie waren auf die zerrissene Rettungsleine und das beschädigte Schiffsdeck gestoßen. Es würde nicht lange dauern, bis ihnen die Versicherungspolice in die Hände fiel. Und dann war da noch der tragische Tod seiner Exverlobten. Die Medien hatten damals dafür gesorgt, dass jeder davon erfuhr. Man hatte das Unglück als einen weiteren Beweis für den sogenannten Villard-Fluch betrachtet.
Wenn er Alison nicht fand, würde man ihn des Mordes anklagen. Morgen oder übermorgen. Bald. Dann würde er im Gefängnis landen.
Der Bug wurde nach oben gerissen und stürzte wieder abwärts. Eine Wasserwand schlug Andrew so heftig zu Boden, dass er fast den Mast losgelassen hätte. Als er sich wieder aufrappelte, konnte er niemanden von seiner Mannschaft sehen. Besorgt kroch er zum Cockpit hinüber, wo er den zusammengekauerten Lotsen entdeckte, der sich ans Steuer klammerte. Der andere Mann hatte im Türrahmen des Cockpits Zuflucht gesucht.
“Drehen Sie um!”, rief Andrew und winkte dem Lotsen am Steuer zu. “Wir kehren in den Hafen zurück!”
Er sah die Erleichterung auf den Gesichtern der beiden Männer und wusste, dass er richtig entschieden hatte. Das hier war sein Problem, nicht das ihrige. Er hatte keinerlei Recht, das Leben seiner Mannschaft aufs Spiel zu setzen.
Eine weitere Welle hob sie in die Luft. Sie segelten wie der “Flying Dutchman”, als ein Crewmitglied plötzlich wild gestikulierte. “Dort!”, schrie er und zeigte nach Südosten. “Die Felsriffe! Seht zu den Riffen hinüber!”
Andrew konnte nichts erkennen und wusste nicht, was der Mann meinte. Vor den Felsen lag eine dichte Nebelwand, und bevor er zum Mast zurückgelangte, war die Bladerunner bereits wieder in einem tiefen Wellental versunken. Das Wasser schwappte wie eine hohe Mauer über sie, doch als sie sich auf den nächsten Wellenkamm erhoben, bemerkte er, dass die Gewässer im Südosten ruhiger wurden. Der Sturm schien an ihnen vorübergezogen zu sein, weiter hinaus in den Pazifik.
Inmitten der dunklen zerklüfteten Felsen erblickte er einen hellen Punkt. Andrew dachte nicht an die Gefahr, als sie darauf zu segelten. Die Wellen krachten noch immer heftig über sie herein, doch er war wie gebannt von dem, was sich immer deutlicher als ein menschlicher Körper abzeichnete. Der Schiffsmotor den man zur Verstärkung gegen den Wind angeworfen hatte, um besser wenden zu können, heulte laut auf. Es war nicht nötig, dass Andrew den Lotsen instruierte. Der wusste genau, was zu tun war.
Je näher sie dem Felsen kamen, desto sicherer wurde Andrew, dass es sich tatsächlich um einen Menschen handelte, eine Frau. Entweder tot oder ohne Bewusstsein. Sie lag zwischen den scharfkantigen Steinen im flachen Wasser. Sturm und Wellen hatten ihr offensichtlich die Kleidung regelrecht vom Körper gerissen, sie war fast nackt. Es sah so aus, als habe sie sich an einem riesigen Stück Treibholz verfangen, das sie davor rettete, hinaus ins offene Meer getrieben zu werden.
Sie war schrecklich zugerichtet. Andrew wurde fast übel, als er bemerkte, dass ihr Gesicht nur noch aus einer einzigen blutigen Wunde bestand. Er konnte nur mit Mühe erkennen, wo sich ihr Mund und die Nase befunden hatten. Ihre Gesichtszüge waren nicht mehr auszumachen. Das Treibholz hatte sie zwar über Wasser gehalten, doch nicht davor bewahrt, gegen die Riffe geschleudert zu werden.
Andrew und seine Crew beeilten sich, ein Rettungsboot herunterzulassen. Rasch kletterten sie hinein und fuhren auf die Stelle zu. Auch als er direkt vor ihr stand, konnte Andrew sie nicht identifizieren, so entstellt war sie durch ihre Verletzungen. Wie gebannt starrte er sie an. Plötzlich glaubte er zu sehen, wie sie ihre Hand leicht anhob. Lebte sie?
Während sie den fast leblosen Körper der Frau bargen, bemerkte er, womit sie sich im Treibholz verfangen hatte – ein breites goldenes Armband, ein altes Geburtstagsgeschenk von ihm an Alison. Andrew wusste nicht, ob er vor Erleichterung oder Entsetzen erschauerte. Er hatte seine Frau gefunden.
Andrew war schon fast so weit, das Nichtraucher-Schild von der Wand zu reißen. Jedes Mal, wenn er sich umdrehte, starrte er direkt auf diese Tafel, die ihn daran erinnerte, wie sehr er sich nach einer Zigarette sehnte. Er hatte vor über einem Jahr beschlossen, das Rauchen aufzugeben, ohne sich darüber im Klaren zu sein, wie abhängig er war. Früher hatte er eine Schachtel pro Tag geraucht. So hatte es auch mehrere Monate gedauert, bis die Sucht schließlich etwas nachließ. Jetzt überfiel sie ihn erneut mit aller Macht – und dieses Schild sorgte dafür, dass er sie keine Sekunde vergaß.
Zurzeit war er wohl der einzige Süchtige, der in der VIP-Lounge des Providence Saint Joseph's auf und ab lief. Als Konzertveranstalter kannte Andrew diese Art von Wartezimmer. Den Reichen und Berühmten musste man immer gut ausgestattete Aufenthaltsräume bieten. Das traf auch auf Krankenhäuser zu. In diesem hier arbeitete tagsüber eine Empfangsdame, es gab Kaffee gratis, Gourmetsnacks und Flachbildfernseher. Man hatte ihm als Besucher sogar ein Zimmer angeboten, um sich schlafen zu legen. Doch dafür war Andrew viel zu aufgedreht. Er konnte sich denken, womit er diese Sonderbehandlung verdient hatte. Nicht umsonst hatte er letztes Jahr das Krankenhaus mit zehntausend Dollar unterstützt.
Er sah auf die Uhr. Es war sechs Uhr morgens, und er wartete darauf, Neues über Alisons Zustand zu erfahren. Sie war bereits zwölf Stunden im OP, und Andrew hatte seit drei Uhr nichts mehr gehört. Da hatte man ihm mitgeteilt, dass seine Frau wahrscheinlich fähig sein werde, ein normales Leben weiterzuführen. Allerdings würde es noch ein paar Stunden dauern, ihr Gesicht zu rekonstruieren.
Außerdem hatte man ihn vorgewarnt, dass weitere Operationen nötig sein würden.
Zum Glück hatte er darauf bestanden, dass sie ins Saint Joseph's gebracht wurde. Noch von der Jacht aus hatte er angerufen, sodass sie im Hafen bereits von einer Ambulanz empfangen wurden. Die Sanitäter hatten sie zunächst ins Trauma-Zentrum im San Diego General gebracht, doch nachdem feststand, dass sie unter keinen ernsten inneren Verletzungen litt, hatte Andrew für ihre Verlegung ins Saint Joseph's gesorgt, wo die besten Rekonstruktions-Chirurgen der Welt arbeiteten.
Die Ärzte im Trauma-Zentrum hatten keine Probleme, ihre Knochenbrüche zu versorgen, aber er wusste, dass es wahrer Meister bedürfen würde, um ihr wunderschönes Gesicht wiederherzustellen.
Alisons Gesicht. Andrew sah ihre feinen,...




