E-Book, Deutsch, 285 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
Franke / Hornung / Nobile New Pay - Alternative Arbeits- und Entlohnungsmodelle
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-648-11727-9
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 285 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
ISBN: 978-3-648-11727-9
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
'Experimente wagen und Neuland erkunden', nach dieser Maxime lebt und arbeitet Sven Franke. Er ist Sparringspartner, Autor und Speaker. Den Kern seiner Arbeit bildet die Begleitung von Organisationen bei der kulturadäquaten Entwicklung von Vergütungssystemen. Der betrieblichen Mitbestimmung gilt dabei sein besonderes Augenmerk. Außerdem ist er Vorstand des Inspiring Network e. V. und Jurymitglied des German Equal Pay Award vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Warum wir 'New Pay' brauchen! Eine Einleitung von Prof. Dr. Stephan Fischer
Wie New Pay entstand - eine kurze Geschichte
- New Work trifft auf neue Einstellung zur Arbeit
- Warum New Work oft beim Gehalt aufhört
- Blogparade #NewPay - Beginn einer 'neuen Bewegung'
- Ist leistungsgerechte Vergütung noch zeitgemäß?
- Das Transparenz-Dilemma
- Jenseits des New-Work-Korsetts
Was ist Arbeit? Meilensteine aus den letzten 2000 Jahren
- Wie Philosophie, Soziologie und andere Wissenschaften Arbeit verstehen
- Wie sich das Verständnis von Arbeit und Vergütung entwickelte
Die gesellschaftlichen Konfliktfelder der Vergütung.
- Gesprächsthema Gehalt - Wie sich der Blick auf das Gehalt verändert
- Mindestlohn - Die Utopie der Armutsbekämpfung
- Grundeinkommen - Revolution oder Notwendigkeit
- Gender Pay Gap - Die Vielschichtigkeit geschlechtergerechter Entlohnung
- Exkurs: Verhandlungsgeschick trifft auf unbewusste Vorurteile.
- Wertigkeit sozialer Berufe - Gesellschaftliche Maßstäbe im Wandel
- Zeit ist das neue Geld - Wie sich Präferenzen und Lebensentwürfe verändern.
- Gehaltstransparenz - Erwartungen und Mehrwert transparenter Vergütung
Wie Motivation und Vergütung zusammenhängen
- Die Wissenschaft als Richtschnur
- Vom Preis des Individuallohns
- Wenn Motivation Leistung hemmt
- Wenn aus Wertschätzung Mehrwert entsteht
- Der stille Motivationskiller
- Identifikation mit Sinn
- Googles 'Don't be evil!'
- Von der Möhre und dem inneren Antrieb
- Motivation und die Selbstbestimmungstheorie
- Ausblick auf New Pay
New Pay: Versuch einer (Anti-)Definition
- Die Taylor-Falle: Wunsch nach klaren Vorgaben
- (Anti-)Definition entlang der Grundgedanken von New Work
Unternehmen im Porträt: Von Einheitsgehalt bis Wunschgehalt
- Die zehn Organisationen im Überblick
- Die Wirtschaftsdemokraten - Einheitsgehalt bei CPP Studios
- Die Partizipativen - auf Augenhöhe mit den Mitarbeitern entwickeltes Gehaltsmodell bei elobau
- Ein Konzern, eine Gewerkschaft und ein ganz neuer Weg - EVG-Wahlmodell bei der Deutschen Bahn
- Der Fünfstundentag - das radikale Arbeitszeitmodell bei Rheingans Digital Enabler
- Die kalkulierte Fairness - teambasierte Gehaltsformel bei der Ministry Group
- Die Projekt-Innovatoren - rollenbasiertes Pauschalgehalt, Wir-Prämie und Freiheitsbonus bei M.O.O.CON
- Die Gehaltschecker - gewählte Vertreter entscheiden bei //Seibert/Media über das Gehalt
- Die Buurtzorg-Pioniere - durch selbstverantwortliche Teams zurück zum Sinn der Pflege bei Sander Pflegedienst
- Die Konsultativen Tüftler - freie Gehaltswahl bei Vollmer & Scheffczyk GmbH
- Die Solidargemeinschaft - Wunschgehalt bei der Wigwam eG
New Work - New Pay: Was ist rechtlich möglich?.
- Fixgehalt
- Variable Vergütung
- Beteiligungsmodelle
- Summary
9 Prinzipien und 'Entlohnungsmodelle' für New Pay
- New-Pay-Dimensionen
- Verfahrens- und Verteilungsgerechtigkeit im Wechselspiel mit New Pay
- Dimensionen von New Pay - plus X
- Entlohnungsmodelle für New Pay
New Pay Journey - der Weg zum neuen Gehaltssystem
- Grundgedanken für ein neues Vergütungsmodell
- Sieben Stationen auf dem Weg zum neuen Gehaltssystem
Ausblick: Wofür arbeiten wir eigentlich?
- Gefühlte Ungerechtigkeit führt zu Demotivation
- New Pay: Kit für den sozialen Zusammenhalt
- Auf der Suche nach dem Wofür
Nachwort
Wir sagen Danke!
Die Autoren
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Stichwortverzeichnis
2 Wie New Pay entstand – eine kurze Geschichte
New Work ist Arbeit, die man »wirklich, wirklich will« – so definierte Fritjhof Bergmann einst den Begriff (siehe Kapitel 3.2). Und auch wenn diese Beschreibung intuitiv verständlich ist, so ist der Versuch, den Begriff New Work einzukreisen, ein schwieriges Unterfangen. Denn von der ursprünglichen Idee der »Neuen Arbeit« Frithjof Bergmanns, einer Arbeit, die jeder Mensch »wirklich, wirklich will«, ist heute im praktischen Verständnis nur wenig geblieben. Die Perspektive hat sich von individueller Freiheit hin zu einer organisationalen Notwendigkeit, zu einer Art Überlebensstrategie verschoben.
Belange von Mitarbeitern sind für Arbeitgeber eher selten ein Veränderungsimpuls. Dominanter sind diesbezüglich neue Umweltfaktoren, wie etwa die zunehmende Digitalisierung. Die Kräfte dieser Veränderung erschüttern die Grundfesten der Arbeitswelt. Neue, disruptive Player mischen fast alle Branchen auf: Organisationen begreifen, dass sich die Marktentwicklung in einer durchdigitalisierten Welt nicht mehr einfach planen lässt. Permanenter Wettbewerb erfordert laufend neue Lösungen. Die Umwelt ist kompliziert, gar komplex und wandelt sich immer schneller. Entscheidungen müssen daher nah am Kunden fallen. Starre Hierarchien und »Command and Control« sind dabei hinderlich. New Work ist ebenso wie das agile Unternehmen die Verheißung, um in dieser unsicheren, sich schnell ändernden Umwelt eine bessere Anpassungsfähigkeit zu entwickeln.
2.1 New Work trifft auf neue Einstellung zur Arbeit
Die Erfolgsgeschichte von New Work fußt gleichwohl nicht ausschließlich auf einer dynamischen Marktlage. Auch die Menschen richten sich neu aus: Insbesondere nachrückende Generationen, aber auch viele erfahrene Fachkräfte, haben inzwischen andere Vorstellungen von ihrer Arbeit. Sinnstiftung, Verantwortung und eine gute Vereinbarkeit mit dem Privatleben werden wichtiger. So lässt sich auch erklären, warum ein bedingungsloses Grundeinkommen in aller Welt immer mehr Fans gewinnt. In einer Situation von akutem Fachkräftemangel suchen viele Menschen den Weg in die Selbständigkeit. Für Fach- und Führungskräfte hat frei verfügbare Zeit einen hohen Stellenwert – entweder um sich sozial zu engagieren oder um mehr Zeit für Familie und Freunde zu haben. Die gesellschaftliche Debatte um flexible Arbeitsmodelle, die der Tarifkonflikt mit der IG Metall Anfang 2018 exemplarisch verdeutlichte, ist ein weiterer Mosaikstein dieser Werteverschiebung.
So gewinnen die Vorstellungen und Wünsche der Mitarbeiter in den Organisationen mehr Gewicht. Schon lange ist von einem Arbeitnehmermarkt die Rede: Die veränderten Vorstellungen und Wünsche werden bereits dann spürbar, wenn es ans Rekrutieren neuer Mitarbeiter geht. Doch auch im Innern vieler Organisationen ist einiges im Gange: Die Leistung der Akteure wird neu verteilt und bewertet.
2.2 Warum New Work oft beim Gehalt aufhört
Folglich erscheint es logisch, neue Ansätze in der Arbeitswelt, wie sie etwa im New-Work-Umfeld oder in agilen Organisationen entstehen, auch bei der Vergütung konsequent weiter zu denken und zu übertragen. Doch oftmals machen selbst innovativste Unternehmen vor diesem Thema lieber halt. Es gilt als gewagt, an den Grundfesten der Gehaltspfründe zu rütteln. Konkret darüber zu sprechen, wer wieviel verdient, ist im deutschsprachigen Raum noch immer ein Tabu. Vergütungsfragen sind ein heißes Eisen, das auch New-Work-Pioniere nicht unbedingt gerne anfassen.
Immer mehr Unternehmen geben ihren Mitarbeitern mehr Selbstverantwortung, setzen auf Hierarchieabbau oder Transparenz – und sprechen dabei von New Work. Aber nur wenige Vorreiter wagen sich bislang auf das noch unsichere und weitgehend unbekannte Terrain »Gehalt«. Umso spannender ist es, zu beobachten, dass sich in letzter Zeit die Experimente mehren und mehr Mut zur Veränderung erkennbar wird (siehe Unternehmensbeispiele in Kapitel 7).
2.3 Blogparade #NewPay – Beginn einer »neuen Bewegung«
Um mehr darüber zu erfahren, inwiefern verschiedene Akteure in der Arbeitswelt die bisherige Gehaltsfindung als verkrustet empfinden und wie sie sich anders gestalten könnte, riefen wir, als Autorentrio, im Herbst 2017 eine Blogparade aus. Der Hashtag #NewPay war naheliegend und zu dem Zeitpunkt noch ungenutzt. Wie sehr wir dadurch einen Nerv trafen, hat uns selbst überrascht: Verschiedene Berater vereinnahmten daraufhin den Begriff auf Kongresspodien und erweckten den Anschein, schon längst das Thema New Pay zu betreiben.
Auch die Teilnehmer der Blogparade nahmen den Begriff wie eine natürliche Folge von New Work auf. Innerhalb von sechs Wochen steuerten 50 Autorinnen und Autoren 55 Beiträge bei. Dabei entstanden vielschichtige Einblicke in die Wertedimension einer neuen Gehaltsfindung. Sie reichten vom persönlichen Umgang mit dem eigenen Gehalt bis hin zu Lösungen in Organisationen. Ebenso umfassend waren die angesprochenen Themen, wie zum Beispiel agile Zielsetzungssysteme, Abkehr von Bonuszahlungen, Lohngerechtigkeit, Transparenz, nicht-monetäre Entlohnung wie Zeit, Sinn oder Weiterbildung, Verteilungs- und Verfahrensgerechtigkeit, Tabu Gehaltsrückschritte und der Zusammenhang von Bezahlung und Macht.
Die meisten Beiträge beschäftigten sich nicht mit einer Begriffsdefinition. Die Autoren hinterfragten gar nicht, was der Begriff bedeuten soll. Vielmehr schien er bei den meisten Bloggern intuitiv einen Nerv zu treffen. Die Assoziationen zu New Pay in unserer Blogparade sind somit oft nicht eindeutig, aber zeichnen in ihrer Gesamtheit ein spannendes Bild. Einige Zitate aus der Blogparade:
»New Pay ist für mich Projekte zu machen, bei denen am Ende die Teilnehmer*innen strahlende Augen haben und die Welt jedes Mal ein kleines bisschen gerechter wird. Mir doch wurscht, ob mein Jahresgehalt dabei nur fünfstellig ist oder nicht.« Daniel Wunderer9
»Auch New Pay muss die ungeklärte Frage beantworten, die es schon heute beim Thema Vergütung gibt: Wie gelingt endlich eine Kopplung an den wirklichen Wertbeitrag zum Unternehmenserfolg?« Shiran Habekost10
»Das Gebiet (New Pay) ist sozusagen frisch und noch nicht besetzt – genau richtig um frei denken zu können.« Manuela Bach11
»Eine […] Erkenntnis ist […], dass im Rahmen von New Pay die Grundvergütung im Verhältnis zur variablen Vergütung wieder eine stärkere Bedeutung einnimmt und mithin eine Renaissance erfährt, um die Jobdesigns der Arbeitswelt 4.0 auszugestalten.«12 Markus Gunnesch
»In […] Fällen, in denen sich […] eher starre Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen aufweichen und individuelle Wünsche und Gestaltungen bedient werden, bedarf es weiterer vielfältigerer Lösungen für das Thema Gehalt. […] Wir können nicht über Augenhöhe, Auflösung von Arbeitsorten, Arbeitszeiten, Arbeitsaufgaben sprechen und dabei die Vergütung so lassen wie sie ist. Auch Vergütung muss im Sinne von New Work »agil« werden.« Britta Redmann13
»Es wird […] nicht ein Modell geben, das alle Unternehmen anwenden können. […] Allerdings: Wer sich New Work wünscht, wünscht sich oft auch mehr Freiheit. Und Freiheit kommt im Tandem mit (Selbst-)Verantwortung und hat Sicherheit nicht immer auf dem Gepäckträger.« Gaby Feile14
»Hier ›Moral‹ und ›Würde‹, da ›Leistung‹ und ›Nutzen‹. Und dazwischen die ›Gerechtigkeit‹: Wir können in Unternehmen Moral und Würde mit New Work realisieren, dauerhaft aber nicht mit New Pay im Sinne eines von Leistung und Nutzen entkoppelten Systems.« Sabine Kluge15
»Ist es nicht klug, wenn wir all die armen Vorstände, Geschäftsführer und Manager von dem Anreiz erlösen, solche Positionen allein deswegen anzustreben, weil sie ihnen als Menschen finanzielle Vorteile bringen? Daraus kann folgende #NewPay-Idee hervorgehen: Umso mehr jemand im Unternehmen zu sagen und zu bestimmen hat, umso schlechter sollte er verdienen.« Ardalan Ibrahim16
»Wenn wir eine […] Wirtschaft wollen, die wirklich neu ist, brauchen wir Modelle wie das Bedingungslose Grundeinkommen.« Monika Jiang17
»New Pay = Old Pay: Viele – zum Teil als revolutionär – dargestellte Beispiele von New Pay gibt es, seit es Menschen gibt. Es gibt nicht die eine Lösung, das eine Geschäftsmodell, die eine reine Lehre!« Franz-Peter Staudt18
»Es gibt viel zu viele Menschen, für die das Thema New Pay wahrscheinlich nicht ansatzweise wertschöpfend sein wird, wenn wir den dazugehörigen gesamtgesellschaftlichen Diskurs, wenn auch meist unbewusst, umschiffen.« Anna-Marie...