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French Höhenangst


1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-641-24597-9
Verlag: C.Bertelsmann
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

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Verlag: C.Bertelsmann
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Zwischen Leidenschaft und Tod - ein Psychothriller der Extraklasse

Es ist Liebe auf den ersten Blick, als Alice dem Extrembergsteiger Adam begegnet. Erst nach der Heirat kommen Alice Zweifel, denn Adam überschreitet immer wieder Grenzen zwischen Leidenschaft und Gewalt. Als sie beginnt, in Adams Vergangenheit zu forschen, stößt sie auf ein furchtbares Unglück im Himalaya, bei der unter Adams Führung mehrere Teilnehmer auf mysteriöse Weise ums Leben kamen. Ein entsetzlicher Verdacht steigt in Alice auf, da scheint schon alles zu spät.

Nicci French - hinter diesem Namen verbirgt sich das Ehepaar Nicci Gerrard und Sean French. Seit über 20 Jahren sorgen sie mit ihren außergewöhnlichen Psychothrillern international für Furore und verkauften weltweit über 8 Mio. Exemplare. Besonders beliebt sind die Bände der Frieda-Klein-Serie. Die beiden leben in Südengland.
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1. KAPITEL


Alice! Alice! Du bist spät dran!«

Ich hörte ein leises, widerwilliges Grunzen. Erst dann wurde mir bewußt, daß das Geräusch von mir selbst kam. Draußen war es kalt und dunkel. Ich kuschelte mich noch tiefer unter die aufgebauschte Bettdecke und kniff die Augen zusammen, um den schwachen Schimmer des Winterlichts nicht sehen zu müssen.

»Aufstehen, Alice!«

Jake roch nach Rasierschaum. Seine Krawatte war noch nicht gebunden. Ein neuer Tag. Es sind eher die kleinen Gewohnheiten als die großen Entscheidungen, die zwei Menschen zu einem richtigen Paar machen. Jake und ich kannten einander bis ins trivialste Detail. Ich wußte, daß er seinen Kaffee mit mehr Milch trank als seinen Tee, und er wußte, daß ich bloß einen Tropfen Milch im Tee mochte und meinen Kaffee schwarz trank. Er konnte mit sicherem Griff den harten Knoten lokalisieren, der sich neben meinem linken Schulterblatt bildete, wenn ich einen harten Arbeitstag im Büro hinter mir hatte. Ich tat seinetwegen kein Obst in den Salat und er meinetwegen keinen Käse. Was konnte man von einer Beziehung mehr erwarten? Wir waren gerade dabei, uns als Paar einzuspielen.

Ich hatte vorher noch nie mit einem Mann zusammengelebt – zumindest nicht mit einem, mit dem ich eine Beziehung hatte –, und fand es interessant zu sehen, wie beide Partner im Haushalt bestimmte Rollen übernahmen. Als Ingenieur kannte sich Jake unendlich gut mit all den Drähten und Röhren aus, die hinter unseren Wänden und unter unseren Böden verliefen. Ich sagte einmal zu ihm, daß das einzige, was ihn an unserer Wohnung störe, die Tatsache sei, daß er sie nicht eigenhändig auf der grünen Wiese gebaut habe, und er faßte diese Bemerkung nicht als Beleidigung auf. Ich hatte Biochemie studiert, was bedeutete, daß ich fürs Bettenmachen zuständig war und den Mülleimer in der Küche ausleerte. Jake reparierte den Staubsauger, aber ich benutzte ihn. Ich putzte auch das Bad, es sei denn, Jake hatte sich vorher dort rasiert. Da zog ich die Grenze.

Das Seltsame an unserer Aufteilung war, daß Jake die ganze Bügelwäsche erledigte. Er behauptete, heutzutage wüßten die Leute gar nicht mehr, wie Hemden richtig gebügelt würden. Ich hielt das für völlig bescheuert und hätte mit Sicherheit beleidigt reagiert, wenn es nicht so schwer wäre, beleidigt zu sein, wenn man mit einem Drink auf der Couch liegt und fernsieht, während jemand anderer bügelt. Jake holt die Zeitung, und ich lese sie über seiner Schulter, was ihn ziemlich nervt. Wir gehen beide einkaufen, wobei ich aber immer eine Liste mitnehme und alles abhake, während er viel planloser vorgeht und mehr Geld ausgibt als ich. Er taut den Kühlschrank ab, ich gieße die Pflanzen. Er bringt mir jeden Morgen eine Tasse Tee ans Bett.

»Du bist spät dran«, sagte er. »Hier ist dein Tee. Ich gehe in genau drei Minuten.«

»Ich hasse den Januar«, sagte ich.

»Das hast du über den Dezember auch schon gesagt.«

»Der Januar ist wie der Dezember. Bloß ohne Weihnachten.«

Aber er hatte bereits den Raum verlassen. Nach einer schnellen Dusche sprang ich in einen hellbeigen Hosenanzug, bei dem mir die Jacke fast bis an die Knie reichte. Dann bürstete ich mein Haar und drehte es zu einem lockeren Knoten zusammen.

»Du siehst gut aus«, sagte Jake, als ich in die Küche kam. »Ist das neu?«

»Ich habe es schon seit Ewigkeiten«, log ich, während ich mir eine zweite, lauwarme Tasse Tee einschenkte.

Auf dem Weg zur U-Bahn teilten wir uns einen Schirm und versuchten, allen größeren Pfützen auszuweichen. Am Drehkreuz blieben wir kurz stehen. Er klemmte sich den Schirm unter den Arm, nahm mich fest an den Schultern und gab mir einen Kuß.

»Mach’s gut, Schatz«, sagte er. Ich wußte, daß er in einem solchen Moment gern verheiratet gewesen wäre. Jake möchte, daß aus uns ein Ehepaar wird. Mit diesen beklemmenden Gedanken beschäftigt, vergaß ich ganz, seinen Gruß zu erwidern. Zum Glück fiel es ihm nicht auf. Er trat auf die Rolltreppe und fuhr mit einer ganzen Schar von Männern in Regenmänteln nach unten. Er sah sich nicht um. Fast war es, als wären wir schon verheiratet.

Ich wollte nicht in die Besprechung. Auch körperlich fühlte ich mich dazu kaum in der Lage. Am Vorabend waren Jake und ich essen gewesen, um Mitternacht nach Hause zurückgekehrt und dann erst gegen halb drei zum Schlafen gekommen. Wir hatten unseren Jahrestag gefeiert – unseren ersten. Es war kein besonderer Jahrestag, aber Jake und ich haben sonst keinen zu feiern. Obwohl wir uns hin und wieder das Gehirn zermartert haben, können wir uns nicht an unsere erste Begegnung erinnern. Wie zwei Bienen, die denselben Bienenstock umschwirren, halten wir uns schon so lange in derselben Umgebung auf. Wir können uns auch nicht daran erinnern, wann wir Freunde geworden sind. Wir gehörten beide zu einer Clique, die mal etwas kleiner, mal etwas größer war. Jake und ich wußten alles über die Eltern, die Schulzeit und das frühere Liebesleben des anderen. Einmal betranken wir uns ganz schrecklich, weil ihn seine Freundin verlassen hatte. Wir saßen unter einem Baum im Regent’s Park und leerten gemeinsam eine halbe Flasche Whisky. Dabei war unsere Stimmung mal traurig, mal albern, insgesamt aber ziemlich sentimental. Ich erklärte ihm, daß seine Ex schon noch merken würde, was sie an ihm gehabt habe, woraufhin er einen Schluckauf bekam und mein Haar streichelte. Wir lachten über die Witze des anderen, tanzten auf Partys miteinander, solange die Musik nicht zu langsam wurde, schnorrten Geld voneinander, bildeten Fahrgemeinschaften und erteilten uns gegenseitig Ratschläge. Wir waren Freunde.

Wir konnten uns beide noch an den Abend erinnern, an dem wir zum erstenmal miteinander geschlafen haben. Das war am siebzehnten Januar vergangenen Jahres gewesen. An einem Mittwoch. Ein paar von uns wollten sich im Kino eine Spätvorstellung ansehen. Dann konnten plötzlich mehrere nicht kommen, und als wir uns schließlich im Kino trafen, waren nur noch Jake und ich übriggeblieben. Irgendwann während des Films sahen wir uns an und lächelten ziemlich dümmlich, wahrscheinlich, weil uns beiden klarwurde, daß das Ganze nun auf eine Art Rendezvous hinauslief, und wir uns beide fragten, ob das wohl eine gute Idee war.

Hinterher lud er mich auf einen Drink in seine Wohnung ein. Es war gegen ein Uhr morgens. Er hatte eine Packung Räucherlachs im Kühlschrank und selbstgebackenes Brot. Darüber mußte ich im nachhinein lachen, weil er seitdem nie wieder Brot oder sonst was gebacken hat. Wir gehören zu den Paaren, die von Fertiggerichten leben oder sich irgendwo etwas zum Essen mitnehmen. Als ich ihn an diesem Abend zum erstenmal küßte, fand ich das irgendwie komisch, denn schließlich waren wir schon lange gute Freunde. Ich sah sein Gesicht auf mich zukommen, bis es dem meinen so nahe war, daß seine vertrauten Züge plötzlich fremd wirkten. Am liebsten hätte ich losgekichert oder einen Rückzieher gemacht, nur um den plötzlichen Ernst der Situation zu durchbrechen, diese neue Art von Stille zwischen uns. Aber ich fühlte mich sofort wohl, so als hätte ich mein Zuhause gefunden. Wenn es Phasen gab, in denen mich die Vorstellung, seßhaft geworden zu sein, störte (was war aus meinen Plänen geworden, im Ausland zu arbeiten, Abenteuer zu erleben, eine andere Art von Mensch zu sein?) oder ich mich fragte, ob ich mit meinen knapp dreißig Jahren schon an einem Endpunkt angelangt war, nun, dann schüttelte ich diese Gedanken ab.

Mir ist klar, daß Paare an einem bestimmten Punkt die Entscheidung treffen zusammenzuleben. Es ist eine Station auf dem Lebensweg, wie das Austauschen von Ringen oder das Sterben. Bei uns war das nicht so. Es fing einfach damit an, daß ich hin und wieder über Nacht blieb. Jake stellte mir eine Schublade für Slips und Strümpfe zur Verfügung. Gelegentlich hängte ich auch mal ein Kleid in seinen Schrank. Ich fing an, meine Haarspülung und meinen Eyeliner bei ihm im Bad zu deponieren. Nach ein paar Wochen fiel mir auf, daß etwa die Hälfte der Videos meine Handschrift trug.

Eines Tages fragte mich Jake, ob es denn sinnvoll sei, weiter Miete für mein Zimmer zu bezahlen, wenn ich mich nie dort aufhielte. Ich druckste eine Weile herum, konnte mich aber zu keiner Entscheidung durchringen. Im Sommer kam meine Cousine Julie in die Stadt, um dort bis zum Collegebeginn zu jobben. Ich bot ihr als Übergangslösung mein Zimmer an. Um Platz für ihre Sachen zu machen, mußte ich noch mehr von meinen Dingen ausräumen. Ende August – es war ein heißer Sonntagabend, und wir saßen in einem Pub, von dem aus man quer über den Fluß auf St. Paul’s hinüberblicken konnte – fing Julie damit an, uns die Ohren vollzujammern, daß sie sich etwas suchen müsse, wo sie auf Dauer bleiben könne. Ich schlug ihr vor, einfach mein Apartment zu übernehmen. So kam es, daß Jake und ich plötzlich zusammenwohnten und als einzigen Jahrestag unsere erste sexuelle Begegnung zu feiern hatten.

Aber diese Feier hatte ihre Folgen, und wenn man voller Widerwillen zu einer Geschäftsbesprechung geht und befürchtet, sich nicht gut genug präsentieren zu können, sollte man zumindest pünktlich und ordentlich gekleidet dort erscheinen. Das gehört zwar nicht unbedingt zu den zehn Geboten für Manager, aber an jenem dunklen Morgen, an dem mein Magen nichts anderes als Tee vertrug, erschien es mir wie eine Überlebensstrategie. In der U-Bahn versuchte ich meine Gedanken zu ordnen. Ich hätte mich besser vorbereiten sollen, ein paar Notizen machen oder etwas in der Art. Ich setzte mich nicht hin, weil ich hoffte, daß mein neuer Hosenanzug auf diese Weise faltenfrei bleiben würde. Mehrere freundliche Herren boten mir einen Sitzplatz an und wirkten peinlich berührt, als ich...


French, Nicci
Nicci French - hinter diesem Namen verbirgt sich das Ehepaar Nicci Gerrard und Sean French. Seit über 20 Jahren sorgen sie mit ihren außergewöhnlichen Psychothrillern international für Furore und verkauften weltweit über 8 Mio. Exemplare. Besonders beliebt sind die Bände der Frieda-Klein-Serie. Die beiden leben in Südengland.



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