E-Book, Deutsch, 272 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
Fröchling / Stuckert Wertschätzende Kommunikation in der Personalarbeit
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-648-17520-0
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine empathische und respektvolle Schreib- und Gesprächskultur im Unternehmen gestalten
E-Book, Deutsch, 272 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
ISBN: 978-3-648-17520-0
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Anke Fröchling ist Diplom-Kulturpädagogin, arbeitet selbstständig als Schreibcoach, Schreibtrainerin, Autorin und Texterin.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Bereichsspezifisches Management Personalwesen, Human Resource Management
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Unternehmenskommunikation
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Unternehmensorganisation, Corporate Responsibility Unternehmenskultur, Corporate Governance
Weitere Infos & Material
2.1 Mit der Gewaltfreien Kommunikation (GfK) wertschätzend kommunizieren
Die gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg (2016) ist für uns ein sehr wertvoller Beitrag zum Thema Wertschätzung. Sie hilft grundlegend dabei, einem Gegenüber mit Respekt, Achtung und Empathie zu begegnen. Damit beugt sie Missverständnissen und Spannungen vor. Sie kann Ihnen Klarheit über die eigenen Gefühle geben und Sie befähigen, Kritik und Konflikte erfolgreich zu bewältigen.
Sie lässt sich in der mündlichen und schriftlichen Kommunikation sehr gut anwenden und führt zu wesentlich friedlicheren Gesprächen, Korrespondenzen und Beziehungen. Auf persönlicher Ebene zeigen wir Ihnen, wie Sie durch GfK wertschätzender mit sich selbst umgehen und mit anderen friedlicher kommunizieren können. In Ihrer Rolle als Personalverantwortliche hilft Ihnen diese Methode, selbst konstruktives Feedback zu geben und andere dabei zu unterstützen. Außerdem können Sie mit der GfK Konflikte leichter analysieren, verstehen und moderieren. Dies führt dazu, dass Sie wesentlich wirksamer arbeiten.
Noch eine Notiz: Wir persönlich finden den Begriff gewaltfrei nicht so günstig gewählt, da er teilweise negativ besetzt ist. Wenn wir das Modell anwenden, bevorzugen wir die Worte wertschätzend, respektvoll oder friedlich. Da wir in diesem Unterkapitel jedoch das Modell der GfK nach Rosenberg vorstellen, verwenden wir hier gewaltfrei.
Erklärung des Modells
Wie können Sie nun gewaltfrei kommunizieren?
Die GfK ist mehr als eine Methode, sie ist eine achtsame, empathische, wertschätzende, selbstverantwortliche, aufrichtige und authentische innere Haltung. Sie geht davon aus, dass Menschen jederzeit versuchen, ihre grundlegenden Bedürfnisse zu erfüllen. In einem wertschätzenden System gibt jeder grundsätzlich sein Bestmögliches. Niemand ist schuld, sondern höchstens verantwortlich. Mit dieser Haltung blicke ich wohlwollend auf mich selbst und auf andere.
Basierend auf diesem Menschenbild und dieser inneren Haltung leitet das Modell der gewaltfreien Kommunikation zu den vier Schritten Beobachtung, Gefühl, Bedürfnis und Bitte an:
Vier Schritte der gewaltfreien Kommunikation:
-
Verhalten beobachten, statt zu bewerten und zu interpretieren.
-
Eigene Gefühle wahrnehmen und ausdrücken, ohne den anderen zu beschuldigen.
-
Eigene Bedürfnisse erkennen und mitteilen.
-
Bitten klar formulieren, ohne den anderen zu manipulieren.
Abbildung 2 veranschaulicht die vier Schritte über eine Grafik. Die linke Figur steht für mich selbst, die rechte für meinen Korrespondenzpartner. Ich kann anhand der vier Schritte klären, was ich selbst wahrnehme, fühle, brauche und um was ich bitten will. Darüber hinaus kann ich mich auch in meinen Korrespondenzpartner hineinversetzen. Was nimmt er wahr? Wie fühlt er sich? Was sind seine Bedürfnisse? Worum bittet er mich, was fordert er?
Abb. 2: Die vier Schritte der gewaltfreien KommunikationWichtig hierbei ist eine innere Haltung von Aufrichtigkeit und Empathie. Einerseits teile ich achtsam und ehrlich mit, was mit mir los ist. Andererseits höre ich aufmerksam zu, um zu verstehen, wie es dem anderen wirklich geht und was er braucht. Dadurch verbinde ich mich mit meinem Gegenüber und ein Dialog entsteht, in dem beide eine Win-win-Situation anstreben.
Auf den folgenden Seiten erklären wir diese Schritte und bereiten sie für eine wertschätzende Kommunikation auf.
Schritt 1: Wertfrei beobachten
Im ersten Schritt der gewaltfreien Kommunikation beschreiben Sie, was sich beobachten lässt. Achten Sie darauf, dass Sie bei einem Feedback nicht subjektiv bewerten, denn ein kritisches Bewerten greift den anderen persönlich an und führt zu Ärger, Abwehr und Konflikten. Ein wertendes Lob löst beim Gegenüber vielleicht kurzfristig Freude aus. Es ist aber ebenfalls ein subjektives Urteil, das auch anmaßend sein kann. Dem anderen fehlen wichtige Informationen darüber, welches konkrete Verhalten Ihnen gefallen und geholfen hat.
Formen von zu vermeidenden Bewertungen sind unter anderem:
-
abwertende oder aufwertende Adjektive benutzen (zum Beispiel langsam, schlecht, arrogant beziehungsweise toll, super, klasse),
-
verallgemeinern (immer, nie, selten),
-
vergleichen (du bist schlechter/besser als …),
-
Schuld zuweisen (du bist schuld an, wegen dir …).
Fragen Sie sich stattdessen: Was habe ich konkret gesehen, wann, wo, wie? Was sind die Tatsachen? Was ist die Realität? Was wurde genau getan oder gesagt? Je genauer Sie das Verhalten schildern, desto besser kann der andere Sie verstehen und desto offener wird er Ihrem Feedback gegenüber sein. Das erhöht die Chance, dass er Ihnen weiter zuhört.
Es kann zunächst ungewohnt und schwierig sein, nicht zu bewerten oder zu interpretieren. Die folgenden Beispiele zeigen den Unterschied:
Beobachten mit Bewertung | Beobachten ohne Bewertung |
Herr Schulze kommt immer zu spät. | In den letzten drei Terminen kam Herr Schulze 15 Minuten nach dem vereinbarten Zeitpunkt. |
Frau Schmidt schiebt die Dinge vor sich her. | Ich habe den Bericht vier Wochen nach dem Termin erhalten. |
Sie haben das Angebot falsch verstanden. | Das Angebot beinhaltet folgende Leistungen: … … ist darin nicht enthalten. |
Ihr Bericht entspricht nicht der Wahrheit. | Herr … hat ausgesagt, dass … |
Sie sind schlecht informiert. | In unserem Schreiben vom … haben wir Sie über … informiert. Diesen Punkt finden Sie auch in Ihrem Vertrag unter § XYZ. |
Frau Müller hat eine tolle Präsentation gehalten. | Frau Müller hat die Punkte so erklärt, dass ich sie sofort verstanden habe. |
Sie sind ein superstrukturierter Texter. | Ihr Text über X war in drei Abschnitte gegliedert: Aufhänger, Infos und Handlungsimpuls. |
Tab. 2: Beobachten mit und ohne Bewertung
Warum ist das ein so deutlicher Unterschied? Wie geht es dem Kommunikationspartner mit den Aussagen der linken Spalte? Und wie mit denen der rechten?
Das Problem an Formulierungen der linken Spalte: Menschen reagieren reflexartig mit Flucht, Totstellen oder Verteidigung, wenn sie sich angegriffen fühlen. Es ist schwer (aber durchaus möglich), auf einen Vorwurf nicht mit Rückzug, Ignorieren oder Rechtfertigung zu reagieren. Bewertendes Lob stillt nicht das Bedürfnis nach authentischer Wertschätzung.
Die Formulierungen der rechten Spalte sind wertfrei, sachlich und respektvoll. Das Gegenüber kann das Gesagte an sich heranlassen und offen, ruhig und positiv reagieren. Dadurch kann ein vertrauensvoller Austausch entstehen. Es wird wahrscheinlicher, dass der andere bereit dazu ist, sein Verhalten zu ändern oder seine Stärken weiterzuentwickeln.
Schritt 2: Gefühle erkennen und benennen
Im zweiten Schritt der GfK geht es darum, kurz zu prüfen, wie ich mich fühle. Darüber hinaus fühle ich mich in mein Gegenüber ein. Dieser Schritt ist äußerst wichtig, da Gefühle in hohem Maße beeinflussen, wie wir etwas wahrnehmen, bewerten und wie wir reagieren.
Was geschieht, wenn wir unsere Gefühle nicht spüren oder wenn wir sie unterdrücken?
-
Wir schneiden uns von unserer Lebendigkeit ab.
-
Wir denken hauptsächlich mit unserer linken, rationalen Gehirnhälfte.
-
Die rechte, emotionale und kreative Gehirnhälfte nutzen wir wenig.
-
Aus unterdrückten Gefühlen werden schlummernde Ladungen, die irgendwann unkontrolliert ausbrechen können – oder die krank machen können.
-
Beziehungen leiden, es bauen sich Spannungen auf.
-
Distanz und Konflikte entstehen.
Was geschieht dagegen, wenn wir unsere Gefühle wahrnehmen und wertschätzend ausdrücken?
-
Wir kommen mit uns selbst ins Reine und sehen klar.
-
Wir können frei von starken Emotionen handeln.
-
Gefühle sind wichtige Signale dafür, ob unsere Bedürfnisse erfüllt werden oder nicht.
-
Wie jeder Mensch möchten wir gehört und verstanden werden.
-
Wenn wir unsere eigenen Gefühle spüren, können wir uns besser in unsere Korrespondenzpartner hineinversetzen.
-
Wir können wertschätzend kommunizieren.
-
Wenn wir unsere Emotionen preisgeben, kann unser Gegenüber uns besser verstehen und öffnet sich auch...