Frost Kuss der Nacht
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-641-07170-7
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman - Cat & Bones 2
E-Book, Deutsch, Band 2, 368 Seiten
Reihe: Cat & Bones
ISBN: 978-3-641-07170-7
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Cat jagt im Auftrag der Regierung Untote. Ihren ebenso verführerischen wie gefährlichen Exfreund Bones hat sie schon lange nicht mehr gesehen – schließlich ist Bones ein Vampir und damit eigentlich ihre Beute. Doch als ein Unbekannter ein Kopfgeld auf Cat aussetzt, ist Bones ihre einzige Chance, lebend aus der Sache herauszukommen. Aber kaum steht sie ihm gegenüber, lodert das Verlangen wieder in ihr auf – und so wird Cat beinahe zu spät klar, dass Bones ganz eigene Pläne für sie hat ...
Ein fesselnder Vampir-Roman mit einem unwiderstehlichen Liebespaar!
Der neue Shooting Star der Dark Fantasy aus den USA!
Jeaniene Frost ist eine »New York Times«- und SPIEGEL-Bestsellerautorin, ihre Romane erscheinen in 20 Sprachen. Neben dem Schreiben liest Jeaniene gerne, schaut sich Filme an, erkundet alte Friedhöfe und macht Roadtrips. Sie lebt mit ihrem Mann in Florida.
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1
Ich wartete vor Liam Flannerys großem vierstöckigen Anwesen in Manhasset. Unser Treffen sollte kein Kaffeekränzchen werden, das sah man schon an meiner Aufmachung. Meinen Mantel trug ich offen, sodass meine Pistole und das Schulterholster deutlich sichtbar waren, ebenso wie mein FBI-Abzeichen. Hose und Bluse waren weit geschnitten, damit ich das zwanzig Pfund schwere Arsenal an Silberwaffen darunter verstecken konnte, das ich an Armen und Beinen trug.
Auf mein Klopfen hin öffnete ein älterer Herr im Anzug die Tür. »Special Agent Catrina Arthur«, stellte ich mich vor. »Ich möchte Mr. Flannery sprechen.«
Catrina war nicht mein wirklicher Name, er stand nur auf meinem getürkten FBI-Abzeichen. Der Portier schenkte mir ein gekünsteltes Lächeln.
»Ich sehe nach, ob Mr. Flannery im Hause ist. Warten Sie hier.«
Liam Flannery war im Hause, das wusste ich bereits. Auch, dass er kein Mensch war, und der Portier ebenso wenig. Ich war es ja auch nicht, obwohl ich von uns dreien die Einzige war, deren Herz noch schlug.
Kurze Zeit später ging die Tür wieder auf. »Mr. Flannery ist bereit, Sie zu empfangen.«
Fehler Nummer eins. Ginge es nach mir, würde es sein letzter sein.
Als ich Liam Flannerys Haus betrat, dachte ich nur: Wow. Die Wandvertäfelung war handgeschnitzt, der Fußboden aus Marmor und bestimmt ziemlich teuer gewesen, und an allen Ecken und Enden waren antike Stücke geschmackvoll in Szene gesetzt. Auch bei den Toten war anscheinend Klotzen statt Kleckern angesagt.
Meine Nackenhaare sträubten sich, als der Raum sich mit Energie auflud. Flannery wusste nicht, dass ich sie spüren konnte. Ich sah vielleicht aus wie das nette Mädchen von nebenan, doch ich hatte noch einige Tricks auf Lager. Und haufenweise Messer natürlich auch.
»Agent Arthur«, begrüßte mich Flannery. »Gewiss geht es um meine beiden Angestellten. Die Polizei hat mich in dieser Angelegenheit allerdings schon vernommen.«
Er hatte einen britischen Akzent, der nicht zu seinem irischen Namen passte. Wenn ich ihn nur hörte, bekam ich schon eine Gänsehaut. Er weckte Erinnerungen in mir.
Ich drehte mich um. Flannery sah sogar noch besser aus als auf dem Foto in seiner FBI-Akte. Seine bleiche Alabasterhaut hob sich fast leuchtend gegen sein beigefarbenes Hemd ab. Vampire hatten einen makellosen Teint, das musste man ihnen lassen. Liams Augen waren strahlend türkisblau, und sein kastanienbraunes Haar reichte ihm bis über den Hemdkragen.
Ja, er war ein gut aussehender Typ. Mit der Nahrungsbeschaffung hatte er bestimmt keine Probleme. Das Beeindruckendste an ihm aber war seine Aura. Wie prickelnde Wellen aus Energie umgab sie ihn. Er war ganz offensichtlich ein Meistervampir.
»Ja, es geht um Thomas Stillwell und Jerome Hawthorn. Wir möchten Sie um Ihre Unterstützung bitten.«
Das höfliche Geplänkel sollte mir Zeit verschaffen, damit ich abschätzen konnte, wie viele Personen noch im Haus waren. Ich lauschte angestrengt, konnte aber nur Flannery, den Ghul-Portier und mich selbst wahrnehmen.
»Gerne doch. Wenn es Recht und Ordnung dient«, antwortete er mit leichtem Spott.
»Ist es Ihnen recht, wenn wir uns hier unterhalten?«, fragte ich, weil ich mich gerne noch weiter umgesehen hätte. »Oder möchten Sie lieber irgendwo unter vier Augen mit mir sprechen ?«
Er schlenderte auf mich zu. »Agent Arthur, wenn Sie sich privat mit mir unterhalten möchten, nennen Sie mich Liam. Und ich hoffe doch sehr, Sie wollen etwas anderes bereden als diese leidige Angelegenheit mit Jerome und Thomas.«
Oh, wären wir erst allein, würde es kaum bei einer Plauderei bleiben. Er war in den Mord an seinen Angestellten verwickelt, und ich musste mich dringend um ihn kümmern, festnehmen wollte ich ihn allerdings nicht. Der Durchschnittsbürger glaubte weder an Vampire noch an Ghule. Gerichtlich konnte man gegen mordende Untote also nicht vorgehen. Nein, eine geheime Abteilung des Heimatschutzministeriums war dafür zuständig, und mein Boss Don betraute dann mich mit der Angelegenheit. Seit ich den Job machte, kursierten unter den Untoten natürlich wilde Gerüchte über meine Person, doch nur ein einziger Vampir kannte meine wahre Identität. Und den hatte ich seit über vier Jahren nicht gesehen.
»Liam, Sie wollen doch wohl nicht mit einer FBI-Agentin flirten, die Sie wegen eines Doppelmordes vernimmt, oder?«
»Catrina, wer nichts zu verbergen hat, braucht sich keine Sorgen zu machen, wenn er die Mühlen des Gesetzes in der Ferne klappern hört. Schließlich habe ich ja beim FBI ausdrücklich darum ersucht, Sie zum Gespräch zu mir zu schicken, hübsch wie Sie sind. Irgendwie habe ich das Gefühl, Sie zu kennen, aber ich würde mich gewiss erinnern, wenn ich schon einmal das Vergnügen gehabt hätte.«
»Hatten Sie nicht«, bemerkte ich sofort. »Ich würde mich ebenfalls erinnern, glauben Sie mir.«
Das war kein Kompliment gewesen, doch auf meine Feststellung hin gluckste er viel zu anzüglich für meinen Geschmack.
»Gewiss doch.«
Du selbstgefälliges Arschloch. Dein Grinsen wird dir gleich vergehen.
»Zurück zum Thema, Liam. Reden wir hier oder unter vier Augen?«
Er seufzte ergeben. »Wenn es denn unbedingt sein muss, können wir es uns in der Bibliothek bequem machen. Folgen Sie mir.«
Durch eine Reihe ebenso pompös ausgestatteter wie menschenleerer Räume gingen wir in die Bibliothek. Sie war umwerfend und beherbergte Hunderte von neuen und antiquarischen Werken. Sogar Schriftrollen waren in einem gläsernen Schaukasten ausgestellt, doch ein riesiges Kunstwerk an der Wand fesselte meinen Blick.
»Es wirkt geradezu … primitiv«, bemerkte ich.
Dem ersten Eindruck nach schien es aus Holz oder Elfenbein zu bestehen, doch bei näherer Betrachtung war es wohl eher aus Knochen. Menschlichen Knochen.
»Es stammt von den Aborigines, ist fast dreihundert Jahre alt. Ein australischer Freund hat es mir geschenkt.«
Liam kam näher, seine türkisblauen Augen begannen smaragdgrün zu funkeln. Ich wusste, was das zu bedeuten hatte. Sexuelle Erregung und Blutgier zeigten sich bei Vampiren auf die gleiche Weise. Beides ließ die Augen grün leuchten und die Fangzähne sichtbar werden. Liam war also entweder hungrig oder scharf auf mich. Wie auch immer, ich würde ihm in beiden Fällen nicht dienen können.
Mein Handy klingelte. »Hallo«, meldete ich mich.
»Agent Arthur, sind Sie noch mit der Vernehmung von Mr. Flannery beschäftigt?«, erkundigte sich mein Stellvertreter Tate.
»Ja. In einer halben Stunde sind wir durch.«
Sollte heißen: Melde ich mich bis dahin nicht, muss das Team einschreiten.
Tate legte kommentarlos auf. Er hasste es, wenn ich einen Fall allein in die Hand nahm. Pech für ihn. In Flannerys Haus herrschte passenderweise Grabesstille, und ich hatte schon lange mit keinem Meistervampir mehr gekämpft.
»Die Polizei hat Sie sicher davon in Kenntnis gesetzt, dass die Leichen von Thomas Stillwell und Jerome Hawthorn fast blutleer waren. Sie wiesen jedoch keinerlei sichtbare Verletzungen auf, die dazu geführt haben könnten«, begann ich ohne Umschweife.
Liam zuckte mit den Schultern. »Hat das FBI eine Theorie?«
Oh ja, und ob wir eine hatten. Zweifellos hatte Liam die verräterischen Bisswunden an den Hälsen von Thomas und Jerome mit einem Tropfen seines eigenen Blutes schlicht zum Verschwinden gebracht, bevor sie gestorben waren. Schwupps, zwei ausgeblutete Leichen und nichts, was auf einen Vampir hindeuten und die Anwohner aufwiegeln könnte … es sei denn, man wusste, wonach man suchen musste.
Ich drehte den Spieß einfach um. »Sie haben eine Theorie, nicht wahr?«
»Wollen Sie sie hören, Catrina? Meine Theorie lautet, dass Sie so umwerfend schmecken, wie Sie aussehen. Seit Sie durch meine Tür gekommen sind, kann ich an nichts anderes mehr denken.«
Ich wehrte mich nicht, als Liam näher kam und mein Kinn hob. Auf diese Weise musste ich mir wenigstens keine eigenen Ablenkungsmanöver einfallen lassen.
Seine Lippen fühlten sich auf meinen kühl an und vibrierten vor Energie, was ein angenehmes Kribbeln auslöste. Er küsste wirklich gut, wusste, wann er leidenschaftlicher und wann er noch leidenschaftlicher werden musste. Einen Augenblick lang gestattete ich mir, den Kuss einfach nur zu genießen – Gott, vier enthaltsame Jahre blieben offensichtlich nicht ohne Folgen! –, und dann machte ich Ernst.
Ich hatte die Arme um ihn gelegt, sodass er nicht mitbekam, wie ich einen Dolch aus dem Ärmel zog. In diesem Augenblick wanderten seine Hände zu meinen Hüften und ertasteten die harten Konturen unter meiner Hose.
»Was zum Teufel …?«, murmelte er und wich zurück.
Ich lächelte. »Überraschung!« Dann stieß ich zu.
Der Stoß hätte tödlich sein können, aber Liam war schneller, als ich erwartet hatte. Ich hatte schon ausgeholt, da zog er mir die Füße weg, sodass die Silberklinge sein Herz um ein paar Zentimeter verfehlte. Ich versuchte gar nicht erst, mich auf den Beinen zu halten, ließ mich einfach fallen und rollte mich zur Seite, als er nach meinem Kopf trat. Er wollte erneut losschlagen, zuckte aber zurück, als drei meiner Wurfmesser in seiner Brust landeten. Verdammt, ich hatte schon wieder sein Herz verfehlt.
»Verfluchte Scheiße! «, brüllte Liam. Er hatte aufgehört, sich als Mensch zu geben, ließ es zu, dass seine Augen einen smaragdgrünen Glanz annahmen und seine Fangzähne sichtbar wurden. »Du musst die legendäre Gevatterin Tod sein. Was führt den Schrecken aller Vampire in mein Haus?«
Er wirkte fasziniert, aber nicht eingeschüchtert. Allerdings war er jetzt...




