Funke | Der zwölfte Gast | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 144 Seiten

Funke Der zwölfte Gast

Phantastische Erzählung
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7481-0488-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Phantastische Erzählung

E-Book, Deutsch, 144 Seiten

ISBN: 978-3-7481-0488-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Stellen Sie sich vor: Ein erfolgloser Schriftsteller sitzt in seinem Schreibzimmer und quält sich mit den Gedanken für ein neues Buch. Er schaut die Bücher seiner Bibliothek auf und ab. Wenn ihm doch solche Einfälle kämen wie den Großen der Literatur, denkt er, wie Tolstoi, wie Bulgakow, wie Thomas und Heinrich Mann, wie Stevenson und Emile Zola, wie Oscar Wilde oder Prosper Merimee - und auf einmal geschieht es, es steigen die Helden der bekanntesten Romane dieser Weltschriftsteller zu ihm in sein Schreibstübchen herab: Fürst Oblonski aus "Anna Karenina", Dr. Jekyll von Stevenson, Charlotte Kestner von Thomas Mann, Don Juan von Prosper Merimee, Dietrich Heßling aus Heinrich Manns "Der Untertan", Nana von Emile Zola, Voland, Assasello und der Kater Behemot aus "Der Meister und Margarita" von Michail Bulgakow, Dorian Gray aus "Das Bildnis des Dorian Gray" von Oscar Wilde und schließlich Felix Krull aus "Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" von Thomas Mann. Eine regelrechte Orgie nimmt ihren Anfang. Derbe Späße werden gemacht. Voland zeigt eine Zaubereinlage aus Moskau und köpft dabei nur so zum Spaß den Heßling, der indes die Prozedur ohne Schaden übersteht. Lord Henry, der intime Freund Dorian Grays, erscheint und hält eine lange Rede über die Frauen und wie er sie sieht. Auf dem Höhepunkt des Abends erscheint plötzlich ein übler Geselle.. Es ist Mr. Edward Hyde. Als der sich an Nana vergreifen will und dabei Lord Henry zu Boden schlägt, nimmt Voland die Sache in die Hand. Dr. Jekyll wird im letzten Moment gerettet, Hyde in den Doktor zurückverwandelt. Schließlich löst sich weit nach Mitternacht der ganze Spuk auf und der Schriftsteller sitzt allein und verwirrt in seiner Bibliothek.

Klaus Funke, geboren in Dresden, hat mit dem Hauptkommissar Boehlich eine Art sächsischen Maigret erfunden. Mit großer Menschenkenntnis und psychologischem Gespür geht er zu Werke. Der erste Boehlich-Krimi - Jacek Boehlich und das Gold der Toten - weckte bereits großes Interesse. Weitere Boehlich-Krinmis werden folgen.
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Ach was, sagte Don Juan, versuchte Nana zu beruhigen, solange ich bei dir bin, brauchst du keine Angst zu haben. Es gibt außer dem Teufel keinen, mit dem ich es nicht aufnehmen würde… und selbst der…

Also, erinnerst du dich? fuhr er fort, ich trat in dein Ankleidezimmer, du sprangst hinter deinem Schminktisch auf, warst bis zum Gürtel nackt. Du flüchtetest hinter den Vorhang und stießest dabei einen kleinen Schrei aus. Nicht sehr laut, nicht sehr schrill, ein sanftes Quieken, wie ein Reh, das erschrickt. Das amüsierte mich, denn es erinnerte mich an eine meiner Verflossenen, an Doa Eleonora de Ramirez. Auch sie hatte ich eines Morgens auf ihrer Estanzia in der Nähe von Sevilla völlig unbekleidet überrascht. Als ich die Tür zu ihrem Kabinett öffnete, flüchtete sie zuerst hinter ihren Wandschirm, gab dann diesen Quieklaut ab, kam aber nach ein paar Minuten hervor, weil ihr eingefallen war, dass ihre Kleider, auch die Unterwäsche ganz woanders lag. Wir lagen uns in den Armen und lachten herzlich über das Missgeschick. Ich beteuerte, dass ich keineswegs vorgabt hätte, etwas Unschickliches zu tun, erklärte vielmehr, ich hätte die Zofe gefragt und die hätte mir gesagt, dass die Herrin schon eine ganze Zeit im Ankleidezimmer weilen würde und bestimmt schon fertig angezogen wäre. Wir wollten im Park, der um ihre Estanzia in malerischer Weise angeordnet war, ein wenig spazieren gehen, später dann in die Stadt fahren, in die Kirche St. Trinidad gehen, ins Konzert und einen schönen Tag verleben… das war, wie ich mich erinnere, im späten Frühling des Jahres 1672.

Ja, ja, sagte Nana, und sie wirkte nicht sehr beeindruckt, so mag es damals bei Ihnen gewesen sein in Ihrem Sevilla, außerdem, wer kann das heute noch nachprüfen, die Dame wird wohl kaum noch am Leben sein; – Don Juans rechtes Augenlid zuckte ein wenig. Auf alle Fälle war es blöd, ergänzte Nana schnell, einfach so in mein provisorisches Ankleidezimmer hier hinter der Bühne hereinzuplatzen. Sie hätten doch sehen müssen, dass man nicht so ohne weiteres bei einer Dame, noch dazu einer Bühnenkünstlerin!, eintritt. Das ist nicht üblich… nein, lachen Sie nicht, auch Sie müssen gewisse Regeln einhalten. Ja, aber, verzeih bitte mein Kind, entgegnete Don Juan mit einem Lächeln, Ihr verehrter Marquis de Chouard hat es mir doch ausdrücklich erlaubt, er hat mich sogar noch aufgefordert; und, da er sah wie Nana das Lachen ankam, sagte der Spanier jetzt, glauben Sie mir, ganz besonders mir, Don Juan, mir ist der weibliche Körper nun wirklich nichts Fremdes, ich weiß sehr wohl wie ein weiblicher Körper beschaffen ist, könnte ihn mit verbundenen Augen aufzeichnen, mit allen Details versteht sich. Und gefressen hätte ich dich auch nicht, mein Kind… Sagen Sie nicht andauernd „mein Kind“ zu mir. Das gefällt mir nicht. Ich bin kein Kind mehr, und das Ihre schon gar nicht; auch, wenn Sie ein berühmter Mann sind… und ein Spanier. . Ich bitte Sie darum.

Don Juan antwortete nicht. Er versank in Schweigen, rückte ein wenig von Nana ab und erinnerte sich wie er nach dem Betreten des Ankleidezimmers dieses in Augenschein genommen und wie ihn der Marquis dabei misstrauisch beobachtet hatte. Es war ein nicht sehr großer quadratischer Raum mit einer auffallend niedrigen Decke, ganz mit rotem Stoff bespannt. Der Vorhang aus schwarzem Stoff bildete, von einer Messingstange gehalten, eine Art Nebengelass. Der Raum war fensterlos. Ein großer Ankleidespiegel stand neben dem Toilettentisch, der prächtig mit einer messinggefassten Marmorplatte ausgestattet war. Auf dieser Platte sah Don Juan ein Durcheinander von Flakons und großen sowie kleinen Fläschchen, Kristalldosen und Schachteln für Puder, Öle, Parfüms, verschiedene Schminkfarben. Don Juan besann sich wie er vor den Ankleidespiegel getreten war und dabei hinter sich das finstere, höhnische Gesicht des Marquis entdeckt hatte. Dieser war ihm auf Schritt und Tritt, manchmal sogar in Körpernähe gefolgt. Don Juan hatte ein paar Mal seinen Atem gespürt und er war versucht, diesen Menschen mit seinem Florett niederzustechen, wenn er ihm noch einmal zu nahe käme. Aber er wusste, dass er sich beherrschen würde. Er fühlte die Wärme der kleinen mobilen Heizkörper neben dem Toilettentisch. Und plötzlich roch er auch den durch die Hitze des Zimmers vervielfachten Frauengeruch. Er musste sich setzen und nahm auf eine kleinen gepolsterten Bank Platz. Ihm war heiß geworden.

Der Marquis war vor den Vorhang getreten und flüsterte: Beeile dich doch. Es hat schon zum zweiten Male geklingelt. Nana lachte leise. Bin gleich fertig. Der Vorhang bewegte sich.

Don Juan hörte dem Marquis zu, wie er, nachdem er Nanas Glücksbringer, die Hasenpfote, vom Schminktisch genommen hatte und damit spielte, in wichtigtuerischer Weise erklärte wie man die weiße Fettschminke auftrage und wie man einen Lidstrich zeichne.

Plötzlich steckte der Schauspieler, der auf der Bühne den Mars verkörperte, seinen Kopf zur Tür herein. Er war schon vollständig kostümiert. Der Marquis trat zu ihm hin und sie flüsterten irgendwas. Der Schauspieler nickte und verbarg ein paar Scheine, die ihm der Marquis zugesteckt hatte, hinter seiner gepanzerten Brust. Dann verschwand er…

Und meine Liebe, sagte Don Juan jetzt, da bin auch ich gegangen, ich hatte genug gesehen und wusste, was geschehen würde. Ich hatte euren albernen Trick durchschaut. Deshalb fandest du mich nicht mehr vor, als du Augenblicke später in deinem Zimmer vor den Vorhang tratest. Und du hattest umsonst das kleine Leibchen nur halb zugeknöpft, und den einen Strumpf so lässig angezogen… ich war weg.

Was würde denn geschehen? Haben Sie es herausgefunden? Na los, sagen Sie es. Eine leichte Röte hatte ihr Gesicht verfärbt.

Don Juan nickte. Er sagte: Ich habe es gesehen und der aufmerksame Zuschauer konnte es ebenfalls bemerken. Indes, ich glaube, es ist außer mir niemandem aufgefallen.

Na was denn? Spannen Sie mich nicht auf die Folter. Nana war wieder näher an den Spanier herangerückt, sie spielte Don Juan am Ohrring. Mit der anderen Hand fuhr sie ihm an der seidenen Strumpfhose empor, ihre Fingerspitzen berührten den ein wenig herab gerutschten Gürtel, nestelten an der Gürtelschnalle. Don Juan ließ sich nichts anmerken, er zuckte nicht, er atmete nicht schneller, aber er sagte auch nichts. Er schwieg und hatte die Augen geschlossen.

Na los, bettelte sie. Sagen Sie es mir.

Was soll ich dir verraten, was du ohnehin selber weißt. Vergiss nicht, ich kenne die Weiber, ich kenne ihre großen und kleinen Schwächen, ihre fiesesten Tricks und ich weiß auch wie man sie gefügig macht, wie man ihren Willen bricht.

Sind Sie deshalb zu mir herüber gekommen, haben Ihren Platz neben der alten Deutschen verlassen, um mir zu sagen, welche Schwächen ich habe, ist dies Ihre Art mir Ihren Beifall zu zeigen?

Ja, ich will dir sagen, dass einem Don Juan nichts entgeht, dass man ihm gehorchen muss, wenn man sich ihn nicht zum Feinde machen will.

Gehorchen? Zum Feinde machen? Was reden Sie? Sagen Sie, was Sie gesehen haben oder schweigen Sie. Vielleicht haben Sie ja gar nichts gesehen? Und alles ist nur ein großer Bluff.

Don Juan blufft nicht. Höchstens mal beim Spiel. Doch wir spielen hier nicht. Sag mir, wo dein Marquis jetzt ist. Du weißt es. Wo und unter welcher Maske verbirgt er sich? Ihr steckt unter einer Decke. Er ist dein Liebhaber. Alles andere ist Lüge.

Nana hatte ihre Hände zurückgezogen, eine flammende Röte bis zum Nacken hatte ihr Gesicht überzogen. Dann erbleichte sie. Sie wissen es? fragte sie im Flüsterton.

Don Juan schwieg. Er hatte sich erhoben, rückte den Gürtel zurecht, suchte mit den Augen Degen und Federhut. Mir macht ihr kleinen Sterblichen nichts vor, sagte er in abfälliger Weise. Und, es ist ja auch so verdammt billig, so kindisch und albern.

Nana bedeckte ihr Gesicht mit dem Saum ihres Kleides. Indes, diese Geste war so theatralisch, so die Geste einer Schauspielerin, dass man ihr die Scham oder die Reue kaum glauben konnte.

Don Juan sagte: Genug des Versteckspieles! Fangt es beim nächsten Mal klüger an. Nehmt wenigstens Kostüme, die passen und nicht solche, die gleich verraten, dass sie einem anderen gehören und nur getauscht wurden. Abgesehen, dass so etwas eine unfreiwillige Komik hat. Erotik in klappernden Rüstungen sollte man verbieten.

Ich verstehe ja, setzte er fort, dass dein Marquis solche realistisch naturalistischen Szenen nicht verträgt, wenn du in den Armen eines anderen liegst und dich ihm hingibst. Also gab er dem eigentlichen Darsteller Jaques Bordenave genügend Geld, damit er ihm die Rolle und das Weib auf der Bühne überlässt. Und alles natürlich heimlich und ohne viel Aufhebens. Na, wie viel ist es gewesen, he? Zweihundert alte France? Ach, ich will es gar nicht wissen, Don Juan winkte ab. Und wo ist der Bordenave jetzt? Habt ihr den kleinen Scheißer nach Hause geschickt? Oder lungert er hier noch in irgendeiner Ecke...



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