E-Book, Deutsch, 450 Seiten
G. Lies of Love
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7363-1086-5
Verlag: LYX.digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 450 Seiten
ISBN: 978-3-7363-1086-5
Verlag: LYX.digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Die drei Teile des New-York-Times-Bestsellers in einem E-Book!
Wenn Andrew Hamilton eines hasst, dann sind es Lügner. Seit er vor sechs Jahren auf schreckliche und herzzerreißende Art hintergangen wurde, traut der erfolgreiche Anwalt niemandem mehr. Er hat keine Familie, keine Freunde. Und bei Frauen verfolgt er die eiserne Regel: ein Abendessen, eine gemeinsame Nacht, keine Wiederholung. Die einzige Person, die ihm etwas bedeutet, ist Alyssa, eine Anwältin, die er vor einigen Monaten in einem Jura-Online-Forum kennengelernt hat und der er Ratschläge für ihre Fälle gibt. Zwischen den beiden hat sich so etwas wie Freundschaft entwickelt - auch wenn sie sich noch nie gesehen haben. Doch dann taucht Alyssa in seiner Firma auf - mit anderem Namen und als Praktikantin! Und von einem Moment auf den anderen ändert sich alles ...
(Die Geschichte von Andrew und Alyssa wurde unter dem Titel 'No Doubts' bereits in drei Teilen veröffentlicht. Dies ist die Gesamtausgabe.)
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Meineid (Substantiv, mask.):
Vorsätzliche, eidliche Falschaussage.
Alyssa (na ja, in Wirklichkeit heiße ich »Aubrey« …)
»Die Wahrheit kommt immer ans Licht. Warum macht sich das niemand klar?«, schrieb Thoreau mir am Morgen per SMS.
»Hältst du eine Lüge nicht manchmal für vertretbar?«, simste ich zurück.
»Nein. Nie.«
Ich zögerte.
»Dann hast du mich nie belogen?«
»Warum sollte ich?«
»Weil wir uns kaum kennen.«
»Nur, weil du mich auf Distanz hältst.«
Bevor ich antworten konnte, kam noch eine SMS.
»Wüsstest du gern meinen richtigen Namen und wo ich arbeite?«
»Mir ist unser anonymes Arrangement lieber.«
»Das war mir klar, und ich hab dich nie belogen. Aus irgendeinem seltsamen Grund vertraue ich dir.«
»Ein seltsamer Grund?«
»Sehr seltsam. Wir telefonieren später.«
Seufzend steckte ich das Handy in meine Handtasche, während mich die vertrauten Schuldgefühle überkamen. Ich hatte nie vorgehabt, mich weiter mit ihm zu unterhalten und mich außerhalb von LawyerChat mit ihm anzufreunden, aber ich steckte schon zu tief drin und wollte ihn nicht verlieren.
Als ich vor Monaten die Einladung zu dem exklusiven Netzwerk auf dem Schreibtisch meiner Mutter hatte liegen sehen, hatte ich mir geschworen, es nur für Fragen zu meinem Jura-Vorstudium zu nutzen. Ich loggte mich mit ihrem Zugangscode ein, legte ein Fake-Profil an und achtete darauf, alle Fragen so zu stellen, dass niemandem auffiel, dass ich sie für meine Hausaufgaben brauchte.
Leider war das Jura-Vorstudium an der Duke University anders als an allen anderen Unis im Land. Der Unterricht war praxisorientierter und wurde im Rahmen von Mentorprogrammen durch praktizierende Anwälte erteilt, und für die letzten vier Semester musste sich jeder Studierende einen Praktikumsplatz suchen. Darüber hinaus wurde von uns erwartet, dass wir uns Fallakten durchlasen und sie prüften, als ob wir gestandene Anwälte wären.
Wenn ich geahnt hätte, dass meine vielen fachlichen Fragen an Thoreau zu einer richtigen Freundschaft führen würden, hätte ich unsere Gespräche vielleicht früher beendet. Aber er war mein einziger Freund, genauso wie ich seine einzige Freundin.
Während er bei jedem Gespräch offen und ehrlich zu mir war, konnte ich nur davon träumen – vor allem, da er immer »Ich hasse Lügner« sagte, wenn er von einer der Frauen getäuscht wurde, mit denen er ausging.
Verdammt …
Ich strich den Tüllstoff meines Tutus glatt und atmete mehrfach tief durch. Über meine Freundschaft mit Thoreau konnte ich mir später Gedanken machen, jetzt musste ich mich konzentrieren.
Heute war das Vortanzen für eine Inszenierung von Schwanensee, und ich war mit den Nerven am Ende. Ich hatte kaum geschlafen, das Frühstück ausfallen lassen und war fünf Stunden zu früh im Theater erschienen.
»Bühne bitte räumen!«, rief der Theaterleiter von unten. »Das offizielle Vortanzen beginnt in einer halben Stunde! Bitte alle zur Seitenbühne.«
Bevor ich hinter die Bühne ging, schaute ich ins Publikum. Die meisten Gesichter waren mir vertraut – Kommilitonen, Ausbilder und ein paar Choreografen von der Balletttruppe, bei der ich letzten Sommer gearbeitet hatte. Doch die Gesichter, die ich so sehnlichst zu sehen wünschte, waren nicht dabei.
Das waren sie nie.
Gekränkt suchte ich mir ein stilles Eckchen in der Garderobe und rief meine Mutter an.
»Hallo?« Sie ging nach dem ersten Klingeln ran.
»Warum bist du nicht hier?«
»Wo soll ich denn sein, Aubrey? Wovon sprichst du denn jetzt schon wieder?« Sie seufzte entnervt.
»Mein offenes Casting für Schwanensee. Du hast versprochen, dass du mit Dad kommst.«
»Es ist Aubrey, Schatz!«, rief sie meinem Vater im Hintergrund zu. »Deine Aufführung ist heute?«
»An einer Aufführung habe ich das letzte Mal mit dreizehn teilgenommen.« Ich biss die Zähne zusammen. »Das hier ist ein Vortanzen, eine Gelegenheit, wie man sie nur einmal im Leben bekommt, und ihr solltet dabei sein.«
»Wahrscheinlich hat meine Sekretärin heute Morgen vergessen, es mir zu sagen«, erklärte sie. »Hast du schon einen Praktikumsplatz für dein Hauptfach gefunden?«
»Ich studiere zwei Hauptfächer.«
»Fürs Jura-Vorstudium, Aubrey.«
»Nein.« Ich seufzte.
»Und warum nicht? Glaubst du, es fällt einfach so vom Himmel und landet in deinem Schoß? Liegt es daran?«
»Ich hatte gestern ein Vorstellungsgespräch bei Blaine & Associates«, erklärte ich, während mir das Herz mit jeder Sekunde schwerer wurde. »Und nächste Woche habe ich noch eins bei Greenwood, Bach & Hamilton. Außerdem bin ich im Begriff, für die Rolle meines Lebens vorzutanzen, wenn du also nur fünf Sekunden lang so tun könntest, als würde dich das nicht einen Scheißdreck interessieren.«
»Verzeihung, junge Dame?«
»Ihr seid nicht hier.« Mir standen die Tränen in den Augen. »Ihr seid nicht hier … Wisst ihr eigentlich, wie groß diese Produktion wird?«
»Wirst du dafür bezahlt? Bringt es die New York Ballet Company auf die Bühne?«
»Darum geht es nicht. Ich hab dir immer wieder gesagt, wie wichtig dieses Vortanzen für mich ist. Ich hab dich gestern Abend angerufen und dich daran erinnert, und es wäre sehr schön, wenn meine Eltern zur Abwechslung mal aufkreuzen und an mich glauben würden.«
»Aubrey …« Sie seufzte. »Ich glaube doch an dich. Das habe ich immer getan, aber momentan stecke ich mitten in einer wichtigen Verhandlung, und das weißt du auch, weil es in allen Zeitungen steht. Du weißt auch, dass der Job einer Ballerina keine sichere Berufswahl ist, und so gern ich auch meinen gut zahlenden Klienten sitzen lassen würde, um dir dabei zuzusehen, wie du auf Zehenspitzen über eine Bühne trippelst …«
»Das nennt sich Spitzentanz.«
»Ist doch das Gleiche«, wiegelte sie ab. »Trotzdem, es ist nur ein Vortanzen. Ich bin mir sicher, dein Vater und ich werden nicht die einzigen Eltern sein, die es heute nicht geschafft haben. Wenn du erst mal das College abgeschlossen hast und auf die juristische Fakultät gehst, wirst du das Ballett als das ansehen, was es wirklich ist – ein Hobby, und du wirst uns dankbar dafür sein, dass wir dich dazu gedrängt haben, zwei Hauptfächer zu studieren.«
»Ballett ist schon immer mein Traum gewesen, Mutter.«
»Das ist nur eine Phase, und soweit ich das sehe, bist du längst aus dem besten Alter raus, um eine professionelle Tänzerin zu werden. Weißt du noch, wie du mit sechzehn auf einmal alles hingeworfen hast? Das wirst du wieder tun, und es wird wahrscheinlich auch besser so sein. Eigentlich …«
Ich legte auf.
Ich wollte mir keine weiteren, alle meine Träume zerstörenden Tiraden von ihr anhören, und es ärgerte mich, dass sie das Ballett-Tanzen als eine »Phase« bezeichnete, obwohl ich schon seit meinem sechsten Lebensjahr tanzte und sie und mein Vater zahllose Dollar in Privatstunden, Kostüme und Wettbewerbe gesteckt hatten.
Ich hatte nur deshalb mit sechzehn »hingeworfen«, weil ich mir den Fuß gebrochen hatte und bei keiner Ballettschule mehr vortanzen konnte. Und der einzige Grund, weshalb ich mich ansatzweise für Jura erwärmt hatte, war, dass ich neben meinen Reha-Anwendungen nicht viel anderes tun konnte als lesen.
Meine Leidenschaft hatte immer den Spitzenschuhen gegolten, und das würde sich niemals ändern.
»Aubrey Everhart?«, rief mir ein Mann durch die Garderobentür zu. »Sind Sie das?«
»Ja.«
»Sie sind als Nächste dran. In etwa fünf Minuten.«
»Ich komme.« Ich stopfte meine Tasche in einen Garderobenschrank, doch bevor ich ihn schließen konnte, klingelte mein Handy.
Da ich wusste, dass es meine Mutter war, um sich halbherzig bei mir zu entschuldigen, gab ich mir die größte Mühe, nicht zu schreien, und ging sofort ran. »Erspar mir deine Entschuldigungen. Sie bedeuten mir nichts mehr.«
»Ich rufe nur an, um dir viel Glück zu wünschen«, sagte eine tiefe Stimme.
»Noch zwei Minuten!« Ein Bühnenarbeiter sah mich wütend an und gab mir ein Zeichen, mich endlich auf die Bühne zu begeben.
»Thoreau?« Ich drehte dem Bühnenarbeiter den Rücken zu. »Wozu wünschst du mir Glück?«
»Du hast vor Wochen ein Vortanzen erwähnt. Das ist doch heute, oder nicht?«
»Ja, danke …«
»Im Moment klingst du nicht allzu begeistert von deinem Traum.«
»Wie sollte ich auch, wenn meine eigenen Eltern nicht daran glauben?«
»Du bist siebenundzwanzig«, schnaubte er. »Scheiß auf deine Eltern.«
Ich lachte schuldbewusst. »Ich wünschte, es wäre so einfach …«
»Das ist es. Du verdienst dein eigenes Geld, und obwohl du nicht viel Ahnung von Jura hast, scheinst du eine ganz ordentliche Anwältin zu sein. Deine Eltern können dir den Buckel runterrutschen.«
»Ich werde es mir merken«, sagte ich und versuchte vom Thema abzulenken. »Ich bin überrascht, dass du noch weißt, dass mein...




