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E-Book

E-Book, Deutsch, 200 Seiten

Geisler Spielend berührt

Essays aus dem Projekt Games Mirror - Digitale Spiele als Repräsentationen von Gesellschaft(en)
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7799-9008-6
Verlag: Julius Beltz GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Essays aus dem Projekt Games Mirror - Digitale Spiele als Repräsentationen von Gesellschaft(en)

E-Book, Deutsch, 200 Seiten

ISBN: 978-3-7799-9008-6
Verlag: Julius Beltz GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Das Buch beleuchtet digitale Spiele als Spiegelbilder gesellschaftlicher Entwicklungen und persönlicher Erfahrungen. Im Mittelpunkt stehen individuelle Reflexionen darüber, welche Assoziationen und Transformationen Spiele bei den Spielenden hervorrufen. Sie folgen der Fragestellung: Was hat das Spiel mit mir gemacht? Es geht dabei nicht zuerst um eine theoretische Abhandlung, sondern um persönliche Einblicke in die soziale, kulturelle und kreative Bedeutung von Spielen. Zielgruppe sind Pädagog*innen, Sozialarbeiter*innen und Spieleentwickler*innen, die die kulturelle und politische Dimension des Gamings reflektieren möchten.

Martin Geisler ist seit Oktober 2011 an der Ernst-Abbe-Hochschule Jena am Fachbereich Sozialwesen Professor für Kultur und Medien. Dort unterrichtet er unter anderem Fotopädagogik für die Soziale Arbeit. Martin Geisler konzipierte und leitet den berufsbegleitenden Studiengang »Spiel- und Medienpädagogik«.
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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Projektbeschreibung „Games Mirror“


Martin Geisler

Computer- und Videospiele erzählen Geschichten, lassen uns in fremde Welten eintauchen und erzeugen Emotionen. Die Spielwelten und -szenarien können fiktiv sein oder sich an realen Gegebenheiten und (historischen) Ereignissen orientieren. Ähnlich wie andere Medien spiegeln die Inhalte von Spielen oftmals Themen, Fragen und Herausforderungen der Gesellschaft wider. Titel wie „This War of Mine“ oder „Papers, Please“, die sich kritisch mit Krieg und Unterdrückung auseinandersetzen, ermöglichen eine Perspektivübernahme und sensibilisieren für gesellschaftliche Missstände. Fiktive Szenarien, wie sie in Fantasy- und Science-Fiction-Spielen zu finden sind, eröffnen ebenfalls soziale und gesellschaftliche Interpretationen, indem sie Vergleiche oder Parallelen zur Realität nahelegen. Darüber hinaus können Spieler*innen Elemente aus Spielen entnehmen und in andere Kontexte (auch außerhalb des Spiels) übertragen, um auf diese Weise Aussagen über aktuelle Geschehnisse zu treffen. So werden Spiele bewusst als Ausdrucksmittel eingesetzt, um gesellschaftliche Prozesse zu bewerten.

Das Projekt „Games Mirror“ betrachtet digitale Spiele als Medium zur Reflexion und zum Ausdruck. Dabei sind nicht nur Serious Games gemeint, sondern Spiele unterschiedlichster Ausrichtung, Technologie und Genres. Das Projekt knüpft an den spielerischen Schutzraum an, in dem sich Menschen ausprobieren und zugleich Bezüge zu gesellschaftlichen Ist-Zuständen erkennen können. Es ruft dazu auf, Spiel- und Medieninhalte sowie die persönliche Rezeption kritisch zu hinterfragen und an gesellschaftlichen Prozessen teilzuhaben. Dies geschieht, indem eigene Darstellungen einer Gesellschaft medial und/oder spielerisch ausgedrückt werden. Wechselwirkungen zwischen Spielinhalten und gesellschaftlichen Prozessen können auf vielen Ebenen entstehen. Entwickler*innen greifen politische, religiöse, ökonomische, soziale und persönliche Aspekte ihres Lebens auf und transportieren Botschaften durch ihre Spiele. Sie nehmen Impulse aus der Gesellschaft auf und geben sie in verarbeiteter Form an die Gesellschaft zurück. Dabei tragen sie eine große Verantwortung: „Entwickler(innen) [müssen] darauf achten, dass real existierende Themen, die in den Spielen behandelt werden, mit Respekt und Einfühlungsvermögen (und keinesfalls reißerisch) umgesetzt werden“ (Grimme Lab 2016). Dass Entwickler*innen Aussagen mit Tiefe und mit persönlichen Motiven in ihren Spielen transportieren, lässt sich an zahlreichen Beispielen belegen. Der israelisch-amerikanische Schriftsteller und Creative Director Neil Druckmann sagte etwa: „In meine Spiele fließt immer auch etwas von meiner Biografie. Ich gehöre zu einer Gruppe von Menschen, die wegen ihrer Religion verfolgt wurde. Und daran denke ich oft. Das gebe ich auch an meine Charaktere weiter“ (Neil Druckmann zu „The Last of Us 2“ im Interview mit der ARD-Sendung titel, thesen, temperamente, 19.7.2020). Die Herausforderung, verschiedene Blickwinkel einzunehmen oder diese zu ermöglichen, kann jedoch auch zu Konflikten führen. Ein Beispiel hierfür ist „Six Days in Fallujah“, das Spiel und dokumentarische Elemente kombiniert, indem Soldaten sowie Zivilisten mit unterschiedlichen Erfahrungen und Meinungen über den Irakkrieg zu Wort kommen. „Die Iraker, mit denen wir für das Spiel gesprochen haben, sind liebenswürdige, herzliche Menschen, deren Leben durch zwei Jahrzehnte Krieg auf den Kopf gestellt wurde. Ich hoffe, dass die Spieler unsere Bereitschaft sehen werden, auch schwierige Themen anzusprechen und irakische Perspektiven im Spiel zu präsentieren“, so Peter Tamte, Chef des Publishers Victura, zu „Six Days in Fallujah“ (Just 2021).

Die Vielfalt der Professionen, die heute an der Entwicklung eines Spiels beteiligt sind, erschwert die Frage nach der Verantwortung für die Inhalte. Es erscheint durchaus nachvollziehbar, Expertisen einzuholen: Sollen die Bewegungen der Spielfiguren (über Motion Capture der Schauspieler*innen) authentisch wirken, ist es nur konsequent, echte Militärangehörige in die Entwicklung einzubeziehen. Ein Berater äußert sich dazu in einem Interview: „Wir wollten uns keinen politischen Hintergrund aufhalsen (…). Ich habe mit den Entwicklern gesprochen. Ich habe ihnen erklärt, wie Soldaten sich bewegen, wie sie miteinander reden, wie sie ihre Waffen tragen, welche Taktiken sie benutzen, was sie über Funk hören. Würde ein Soldat heute in ein solches Szenario versetzt werden, wäre ihm das alles sehr vertraut“ (Hank Keirsey, militärischer Berater, zu „Call of Duty 4: Modern Warfare 2007“). Es lässt sich kaum vermeiden, dass dabei auch politische Perspektiven transponiert und interpretiert werden. Der Studioleiter desselben Spiels schreibt: „Ihr nehmt an einem modernen Konflikt teil. Ihr kämpft in der Rolle eines Soldaten gegen einige der bösesten Menschen der Welt. Ihr kämpft für den Frieden und dafür, dass die Welt ein besserer Ort wird“ (Grant Collier, Studioleiter Infinity Ward). Wer gut und böse ist, bleibt dabei jedoch nicht den Spielenden überlassen. So wird ein Feindbild bestätigt, generiert oder implementiert, das einem bestimmten gesellschaftlichen Muster entspricht.

Spielende benötigen die Fähigkeit, die Wechselwirkungen zwischen realen Bezügen, Spielmechanik und künstlerischem Freiraum zu erkennen. Dabei müssen sie die Botschaften nicht zwangsläufig so entschlüsseln, wie es die Entwickler*innen beabsichtigt haben. Spiele werden oft mit individuellen Assoziationen der Spieler*innen wahrgenommen. So geben sie Einblicke in die Motive der Entwickler*innen und lassen durch die individuellen Spiel- und Lesarten Rückschlüsse auf die Themen und Interessen der Spielenden zu (Kringiel 2009). Diese persönlichen Sichtweisen lassen sich wiederum mit den Auffassungen anderer abgleichen und können die Basis für wertvolle Diskussionen bilden. Im Rahmen eines solchen Projekts gewinnen Teilnehmende sowohl Selbsterkenntnisse in Bezug auf Selbst- und Fremdwahrnehmung als auch eine geschärfte Sensibilität für die Wirkungskraft bestimmter Spielmomente. Zudem kann die Akzeptanz oder Toleranz gegenüber den Ansichten Dritter gestärkt werden. Geht man davon aus, dass digitale Spiele Bildungspotenziale haben, so besteht einer der ersten notwendigen Schritte darin, die Bereitschaft zu entwickeln, Selbsterkenntnis und Inspiration aus Spielen zuzulassen. Dafür müssen Spiele jedoch von Spielenden, Anleitenden und der Gesellschaft tatsächlich als Kulturgüter und nicht nur als Wirtschaftsgüter anerkannt und betrachtet werden.

Wir haben die Analyse der Intentionen der Entwickler*innen und die Interpretation der Spielenden skizziert. Mit diesen Grundlagen lässt sich der Kreis schließen, indem Spielende aufgefordert werden, sich darüber Gedanken zu machen, welches Spiel sie selbst entwickeln würden. Der Einsatz digitaler Spiele in der Aktiven Medienarbeit ermöglicht es, dass Spielende selbst Games oder Bestandteile von Spielen entwerfen und sich dabei fragen, welche Elemente sie einbinden und welche Botschaften sie vermitteln möchten. So werden sie selbst zu Entwickler*innen und Kommunikator*innen. Die Auseinandersetzung mit diesen Prozessen erlaubt es ihnen, das Medium als Gestaltungs- und Ausdrucksmittel zu begreifen. Sie lernen, die nötigen Entwicklungsschritte zu berücksichtigen, die Zielgruppe anzusprechen und zu bedenken, wie ihre persönlich wichtigen Aussagen angemessen transportiert werden können. So werden insbesondere Kreativität, (medien-)gestalterische Kompetenzen und Aspekte der kulturellen Bildung gefördert. Die entstandenen Spiele können schließlich erneut Gegenstand einer Analyse sein, was dem Projekt einen zirkulären Charakter verleiht. Anregungen zur Bearbeitung des Gesamtprojekts können durch folgende Fragen entstehen:

Wie bilden Computer- und Videospiele die Gesellschaft ab? Inwieweit tragen sie zur Meinungsbildung bei? Welche Hintergründe haben die Produzierenden? Was können Games zur gesellschaftspolitischen Bildungsarbeit beitragen?

Das Projekt versteht sich als transdisziplinär und ist von Einflüssen der Spiel-, Sozial- und Medienpädagogik sowie der kulturellen und politischen Bildung geprägt. Es beleuchtet, wie digitale Spiele als Spiegel der Gesellschaft fungieren können, und untersucht, wie sich Spielende in diesem Spannungsfeld positionieren sowie Erfahrungen reflektieren und ausdrücken können. Das Projekt thematisiert...



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