Gölsdorf / Langner | Verstehen Sie Staat?! | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

Gölsdorf / Langner Verstehen Sie Staat?!

Wie Sie Nachrichten einordnen, politische Debatten begreifen und sich eine eigene Meinung bilden. SPIEGEL-Bestseller zu Wirtschaft, Klima, Rente, Migration
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-98609-550-5
Verlag: FinanzBuch Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Wie Sie Nachrichten einordnen, politische Debatten begreifen und sich eine eigene Meinung bilden. SPIEGEL-Bestseller zu Wirtschaft, Klima, Rente, Migration

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

ISBN: 978-3-98609-550-5
Verlag: FinanzBuch Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wie kann ich mitreden? Wer tritt für meine Positionen ein? Wen soll ich wählen? Ob Bürgergeld, Schuldenbremse oder Haushaltsstreit - das politische Themen-Wirrwarr ist riesig. Bei all den hitzigen Debatten, unterschiedlichen Argumenten und populistischen Versprechen kann man schon mal den Durchblick verlieren. Jule Gölsdorf und Christine Langner bringen mit diesem Buch Ordnung in das Chaos. Das Ziel: Sie wollen Ihnen helfen, sich eine eigene, fundierte Meinung zu den drängendsten politischen Fragen zu bilden. -Wie viele Migranten kann unser Land verkraften? -Ist die Rente noch sicher? -Müssen wir weniger Fleisch essen? -Wie schaffen wir bezahlbaren Wohnraum? -Wie kann die Wirtschaft wieder angekurbelt werden? Leicht verständlich und mit einem Augenzwinkern erklären die Journalistinnen Hintergründe und Zusammenhänge, liefern Fakten und zeigen, was die Parteien wollen. So fällt es Ihnen leicht, Nachrichten einzuordnen, Fake-News zu erkennen und sich aktiv an Debatten zu beteiligen. Für eine bewusste Wahlentscheidung, Spaß am Mitdiskutieren und gelebte Demokratie!

Jule Gölsdorf ist Politikjournalistin und Moderatorin - aktuell präsentiert sie die Nachrichten »:newstime« bei SAT.1, ProSieben und Kabel1, zuvor bei n-tv und NDR Info. Gelernt hat sie ihr journalistisches Handwerk als Gesicht der ZDF-Kindernachrichtensendung »logo!«, wo sie Kindern komplexe Themen aus Politik und Gesellschaft einfach erklärte. Jule veröffentlichte bereits mehrere Sachbücher und Romane und schreibt zudem über gesellschaftspolitische Themen für die Zeitschrift »marie claire«. Christine Langner hat nach einem abgeschlossenen Jura-Studium eine journalistische Laufbahn eingeschlagen und beschäftigt sich mit den Themen Politik und Sport. Seit über 20 Jahren ist sie als Nachrichtenmoderatorin tätig und ist aktuell auf allen Hörfunk-Wellen des WDR zu hören, zuvor bei hr INFO. Im Fernsehen steht sie zurzeit für das n-tv Sportteam vor der Kamera.
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Kapitel 2


»Das Versagen der Ampel hat die Populisten stark gemacht!«

Interview mit Albrecht von Lucke

Albrecht von Lucke ist Politikwissenschaftler, Jurist und Redakteur der renommierten Blätter für deutsche und internationale Politik, außerdem Autor mehrerer politischer Sachbücher.

Das vorzeitige Aus der Ampel mit dem damit verbundenen Politikstil – welche Auswirkungen wird diese Krise langfristig auf das politische Geschehen in Deutschland haben?

Albrecht von Lucke: Die Stillosigkeit des Endes war symptomatisch für diese Koalition. Dass diese drei Parteien, die sich am Anfang selbst pompös als Fortschritts- und Zukunftskoalition bezeichneten und damit große Erwartungen weckten, sich nach drei Jahren nur noch gegenseitig angriffen – und zwar stetig zunehmend –, war natürlich ein Desaster. Eine Eskalation der Kakofonie. Wobei es vor allem die FDP gewesen ist, die von Anfang an als »Opposition in der Regierung« vor allem gegen die Grünen agiert hat. Allerdings hat der Bundeskanzler während dieser drei Jahre die von ihm versprochene Führungskraft vermissen lassen. Und indem er am Ende seinen Finanzminister Lindner hochkant aus der Koalition rausschmiss, trug er maßgeblich dazu bei, dass sich die FDP vom Täter zum Opfer umetikettieren konnte. Bei so einem dramatischen, stillosen Höhepunkt ist die Frustration über ein solches Experiment natürlich groß. Das hat es so in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht gegeben. Der Umgang miteinander, gerade mit diesem krachenden Ende, spricht jedenfalls nicht dafür, dass solche Koalitionen aus Parteien, die eigentlich nicht zusammengehören, künftig die Regel werden sollten. In der Zukunft muss das besser funktionieren oder wir müssen uns davon verabschieden und zu anderen Lösungen kommen.

Welche alternativen Lösungen könnten das sein?

AvL: Beispielsweise Minderheitsregierungen wie auf Landesebene in Sachsen. Dann können Parteien, die besser zueinander passen, sich ihre Mehrheiten suchen. Das ist die Alternative, wenn es auch alles andere als einfach ist. Ich kann mir das durchaus vorstellen, sogar im Bund. Es könnte ja sein, dass es die klassische Mehrheit einer vermeintlichen großen Koalition, die ja schon lange keine große Koalition mehr ist, irgendwann nicht mehr geben wird. In den 1960-ern erzielten CDU/CSU und SPD gemeinsam noch über 90 Prozent der Stimmen, heute ist diese Koalition auf annähernd 50 Prozent geschrumpft. Das ist das fundamentale Neue, sodass man eigentlich gar nicht mehr von zwei Volksparteien sprechen kann. In weiten Teilen des Landes ist die SPD eine Kleinpartei, bei den letzten Landtagswahlen im Osten musste sie Angst haben, überhaupt ins Parlament zu kommen. Wir erleben also eine Zerrüttung unseres alten Wahlsystems. Vor diesem Hintergrund wäre es möglich, dass es nicht mehr für eine Koalition aus CDU/CSU und SPD reicht – vielleicht noch nicht in 2025, aber nach weiteren vier Jahren, in denen die Ränder weiter wachsen und die Mitte schrumpft, die von Rechtsradikalen und Populisten, also von AfD und BSW, in die Zange genommen wird. Dann müssen wir vielleicht schon in nicht so ferner Zukunft auch im Bund, und nicht nur in den Ländern, über die Notwendigkeit einer Minderheitsregierung sprechen.

Vom Ampel-Aus haben zunächst vor allem die Parteien der Ränder profitiert, insbesondere die AfD. Welche Gefahr bringt das mit sich?

AvL: Die AfD hat ja nicht primär vom Ende der Ampel profitiert, sondern von der ganzen Zeit der Ampel-Koalition, das ist das Fatale. Dass die Ampel-Koalition permanent stritt, erzeugte den Sog zu den radikalen Rändern. So wurde die reine Protesthaltung immer stärker, unter dem Motto: »Die Ampel muss weg« (übrigens genauso wie es früher hieß, dass Merkel weg müsse). Aufgrund dieser Unzufriedenheit ist die AfD stetig gewachsen. Nach der Bundestagswahl 2021 lag sie noch bei 10,4 Prozent, jetzt ist der Wert bald doppelt so hoch. Im Kern hat also das Versagen der Ampel die Populisten oder sogar die Rechtsradikalen gestärkt. Wenn wir künftig immer wieder solche Streitkoalitionen haben, werden uns die Ränder explodieren. 2025 mag das noch gut gehen, aber wie wird das 2029 aussehen? Ich habe da große Sorgen.

Man sollte meinen, dass die beteiligten Ampel-Parteien das hätten wissen können …

AvL: Schauen wir zurück auf den Beginn der Ampel-Koalition: Damals hat Finanzminister Lindner gesagt, er sehe die Rolle der FDP in der Ampel als Korrektiv gegen zwei linke Parteien. Als die FDP realisierte, dass das nicht funktionierte, sondern ihre Werte bei Wahlen wie in den Umfragen immer schlechter wurden, hat sie den eigenen Kurs radikalisiert – in der Hoffnung zu wachsen, indem sie die anderen schlecht aussehen lässt. Aber diese Rechnung ist nicht aufgegangen. Am Ende ist Christian Lindner zum Opfer seines eigenen Satzes »Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren« geworden, mit dem er 2017 die Jamaika-Verhandlung hatte platzen lassen. Letztlich wollte fast niemand mehr diese Ampel-Regierung noch haben, was die FDP schließlich veranlasste, gezielt auf das Ende der Ampel hinzuwirken.

Was wir daraus lernen können: Es ist ein großer Trugschluss zu glauben, dass Parteien sich in solchen Koalitionen auf Kosten der anderen profilieren können. Solche Zustände gab es früher in diesen Dimensionen nicht. Gerhart Baum, der ehemalige FDP-Innenminister unter Helmut Schmidt, hat über die Ampel gesagt, er könne sich nicht vorstellen, dass seine FDP damals der SPD so auf der Nase herumgetanzt wäre. Nicht unter einem Kanzler Helmut Schmidt. Aber Olaf Scholz hat nicht interveniert, es gab keine klare Führung, obwohl er sie ja gerade versprochen hatte.

Haben das ständige Gezanke der Ampel und die fehlenden Einigungen auch dazu geführt, dass die Menschen auf populistische Parolen hereinfallen und der Wunsch nach starker Führung und im Extremfall sogar nach autokratischen Machthabern aufkommt?

AvL: Absolut! Wenn die Leute an der Regierungsfähigkeit der Regierenden zweifeln und das Vertrauen in die Regierung verlieren, gewinnen die Randparteien. Das kann man aus der Ampel lernen. Und wenn die Menschen sogar die Machtlosigkeit der Institutionen erleben, sie das Gefühl haben, dass der Staat nicht mehr nach Gesetz und Ordnung funktioniert, dann nimmt der Zug zu einem populistischen, autoritären Führer immer mehr an Fahrt auf.

Das zeigt sich auch unter anderem in der Leipziger Autoritarismus-Studie von 2024: Die Zustimmung zur Demokratie nimmt ab. Gleichzeitig treten wieder mehr Menschen in Parteien ein. Woran liegt das?

AvL: Bei so einem Dreierbündnis ist es für die einzelnen Parteien schwer, die eigenen Konturen deutlich herauszuarbeiten. Und wenn zusätzlich die Regierungsarbeit nicht klappt, ist die Frustration bei den Menschen riesig. Insofern wurde das Ende der Ampel-Koalition auch als eine regelrechte Befreiung empfunden: Weil die Parteien jetzt wieder klarer für etwas stehen konnten, stiegen die Mitgliederzahlen, nahm das Interesse an der Politik schlagartig wieder zu. Die Menschen sehnten sich offensichtlich danach, dass wieder eindeutige Position bezogen werden, dass wieder Tacheles geredet wird.

Müssen Parteien sich eher abgrenzen oder braucht es ein größeres Miteinander? Aktuell scheinen sich die Parteien ja vor allem darauf zu fokussieren, mit wem sie nicht zusammenarbeiten wollen?

AvL: Diese »Ausschließeritis« unter Demokraten ist ausgesprochen schädlich, wie wir gerade in Ostdeutschland sehen, wo Mehrheitsregierungen kaum mehr zustande kommen. Dabei hätte es ja gerade auf Landesebene durchaus die Möglichkeit gegeben, dass beispielsweise die CDU mit Hilfe der Linken eine Regierung bildet. Der Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU hat das aber verhindert. Das kann man zwar aus historischen Gründen verstehen, aber ein linker Ministerpräsident wie Bodo Ramelow hat Thüringen über zehn Jahre lang seriös regiert. Und außerdem ist er christlicher als viele CDU-Leute, trotzdem hat man mit ihm nicht koaliert. Dieses Ausschließen macht Koalitionen unmöglich und führt dann eben zu Minderheitsregierungen. Aber unabhängig davon, ob es jetzt bunte Dreier-Koalitionen oder Minderheitsregierungen sind: Es braucht eine neue Kultur des Kompromisses. Denn auch Minderheitsregierungen müssen sich ja Mehrheiten organisieren. Und dabei geht es darum, das Wohl des Landes über das Parteiinteresse zu stellen. Es geht dann viel mehr um die Sache, um Argumente, um das Gewinnen von Mitstreitern und die Bereitschaft zum Kompromiss. Vielleicht auch jenseits der Fraktionsdisziplin, die ja vorgibt, dass einzelne Abgeordnete genauso abstimmen wie der Rest der Fraktion. Das kann auch eine Chance für die Demokratie sein. Natürlich hatte und hat die Fraktionsdisziplin eine Berechtigung in der klassischen Form einer Mehrheitsregierung, es gab ja Situationen, etwa die erste Bundesregierung unter Konrad Adenauer, da hatte die Regierung nur eine Stimme Mehrheit, da brauchte man alle und damit auch die Fraktionsdisziplin. Auch wenn das natürlich...


Jule Gölsdorf ist Politikjournalistin und Moderatorin – aktuell präsentiert sie die Nachrichten »:newstime« bei SAT.1, ProSieben und Kabel1, zuvor bei n-tv und NDR Info. Gelernt hat sie ihr journalistisches Handwerk als Gesicht der ZDF-Kindernachrichtensendung »logo!«, wo sie Kindern komplexe Themen aus Politik und Gesellschaft einfach erklärte. Jule veröffentlichte bereits mehrere Sachbücher und Romane und schreibt zudem über gesellschaftspolitische Themen für die Zeitschrift »marie claire«.

Christine Langner hat nach einem abgeschlossenen Jura-Studium eine journalistische Laufbahn eingeschlagen und beschäftigt sich mit den Themen Politik und Sport. Seit über 20 Jahren ist sie als Nachrichtenmoderatorin tätig und ist aktuell auf allen Hörfunk-Wellen des WDR zu hören, zuvor bei hr INFO. Im Fernsehen steht sie zurzeit für das n-tv Sportteam vor der Kamera.



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