Göpfert / Helm / Dahl | Arbeitsrechtlicher Umgang mit Pandemien | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 258 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 210 mm

Reihe: Betriebs-Berater Schriftenreihe/ Arbeitsrecht

Göpfert / Helm / Dahl Arbeitsrechtlicher Umgang mit Pandemien

Praxisleitfaden am Beispiel der Corona-Krise

E-Book, Deutsch, 258 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 210 mm

Reihe: Betriebs-Berater Schriftenreihe/ Arbeitsrecht

ISBN: 978-3-8005-9279-1
Verlag: Fachmedien Recht und Wirtschaft in Deutscher Fachverlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Dieser Praxisleitfaden beantwortet die dringenden Fragen, die sich bei Ausbruch einer Pandemie für die Betriebsparteien stellen – konkret am aktuellen Beispiel der Corona-Krise. Dabei werden die Fragestellungen paritätisch jeweils aus Sicht des Arbeitgebers wie auch des Betriebsrats betrachtet.

Übersichtlich und anschaulich aufbereitet gibt der Leitfaden Tipps und Hilfestellungen u.a. zu den Themen:

- Kurzarbeit
- Homeoffice/Mobile Work
- Flexibilisierung der Arbeitszeit
- Entgeltfortzahlung
- Datenschutz
- Rechtliche Grundlagen für Videokonferenzen
- Betriebliche Ordnung
- Restrukturierung
- Zeitarbeit
- Maßnahmen des Gesundheitsschutzes
- Sonderbelastung systemrelevanter Berufe

Das Autorenteam setzt sich aus erfahrenen Rechtsanwälten und Sachverständigen zusammen, jeweils mit langjähriger Erfahrung in der Beratung von Arbeitgebern und Betriebsräten.
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Zielgruppe


Mitarbeiter in Personalabteilungen, Mitglieder des Betriebsrats, Rechtsanwälte, Sachverständige und Richter

Weitere Infos & Material


I. Situation des Arbeitgebers
8 Viele Arbeitgeber fürchten derzeit um ihre Existenz. Es werden Hilfspakete in Billionenhöhe geschnürt, das Insolvenzrecht für durch die Corona-Epidemie geschädigte Unternehmen zeitweise suspendiert.7 Das Arbeitsrecht bleibt hingegen (noch) unverändert in Kraft. Lediglich der Zugang zu dem im Sozialgesetzbuch Arbeitsförderung – SGB III – verankerten Kurzarbeitergeld (dort §§ 95 ff.) wurde bzw. wird gelockert. Bundestag und Bundesrat haben am 13.3.2020 die Voraussetzungen für pandemie- bzw. coronabedingtes Kurzarbeitergeld bis zum 31.12.2021 (so die Befristung der Verordnungsermächtigung in § 109 Abs. 5 Satz 3 SGB III) erheblich gesenkt. Das Gesetz ist am 14.3.2020 im BGBl. verkündet worden und damit nach Art. 3 am 15.3.2020 in Kraft getreten.8 Die Erleichterungen gelten aufgrund der Pressemitteilung des BMAS rückwirkend ab dem 1.3.2020.9 Die Bundesarbeitsagentur tut ein Übriges und verlangt nicht mehr, dass Urlaub für das laufende Kalenderjahr verbraucht werden muss, bevor Kurzarbeit gewährt werden kann.10 Mit der Thematik Kurzarbeit setzen wir uns eingehend in Kapitel 2 auseinander, und zwar in einem Beitrag aus Betriebsratssicht und in einem anderen aus Arbeitgebersicht. Die übrigen Vorschriften und Systeme bleiben bestehen. Arbeitsrecht in der Corona-Pandemie ist „normales Arbeitsrecht“. Eine zentrale Frage für den Arbeitgeber ist, ob und unter welchen Umständen er zur Lohnzahlung verpflichtet bleibt. U.a. das beleuchtet Kapitel 5 unseres Handbuchs. 1. Betriebsschließungen
9 Betriebsschließungen sind naheliegend, wenn nichts mehr zu tun ist oder eine Ansteckungsgefahr für die Belegschaft besteht. Die Entscheidung, den Betrieb aufrechtzuerhalten oder zu schließen, trifft mitunter aber nicht der Arbeitgeber, sondern die Behörde. a) Betriebsschließungen aufgrund behördlicher Anordnung 10 Betriebsschließungen aufgrund behördlicher Anordnungen aus reiner Vorsicht sind zwischenzeitlich Realität. Das betrifft derzeit landesweit Restaurants, Cafés, Kinos etc., ohne dass ein konkreter Verdacht erforderlich war. 11 Schon die Rechtsgrundlage dafür ist allerdings „schwammig“. § 28 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) besagt, dass die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen kann, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden. Ein berufliches Tätigkeitsverbot kann nach § 31 IfSG verhängt werden: „Die zuständige Behörde kann Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten ganz oder teilweise untersagen. Satz 1 gilt auch für sonstige Personen, die Krankheitserreger so in oder an sich tragen, dass im Einzelfall die Gefahr einer Weiterverbreitung besteht.“ Da die Voraussetzungen für eine Schließung in diesen Fällen fehlen, besteht auch kein Anspruch auf Entschädigung gem. § 56 IfSG. Denn die Norm baut auf den gesetzlichen Anforderungen auf und nennt als Anspruchsteller Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern. Außerdem spricht die Vorschrift von Verdienstausfall und definiert diesen in § 56 Abs. 3 Satz 1 IfSG als „das Arbeitsentgelt (§ 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch), das dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechenden Aufwendungen zur sozialen Sicherung in angemessenem Umfang zusteht“. Die Norm bzw. das Gesetz haben den Arbeitgeber als Anspruchsteller also gar nicht im Auge. 12 Dennoch herrscht die Ansicht, dass Arbeitgeber gleichwohl Ansprüche nach § 56 IfSG geltend machen sollten11 und auch verschiedene IHKs raten dazu. Mit Blick auf den Normzweck lasse sich eine erweiterte Auslegung von § 56 IfSG auch in den Fällen vorsorglicher Betriebsschließungen nach § 28 IfSG diskutieren.12 Weil das auf das Kurzarbeitergeld jedenfalls keinen negativen Einfluss nimmt, wie aus § 56 Abs. 9 IfSG hervorgeht,13 sollte dies beherzigt werden. 13 Praxistipp: Bei behördlich angeordneten Betriebsschließungen, beispielsweise von Gaststätten, sollten die Arbeitgeber vorsorglich Ansprüche nach dem IfSG anmelden. Zuständig sind gem. § 64 Abs. 1 IfSG die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden. Es gilt daher die Regelung des § 2 Satz 1 KOVVfG, derzufolge grundsätzlich die Versorgungsämter die zuständigen Behörden sind. Von dieser Regelung kann und wird allerdings durch landesrechtliche Regelung z.T. abgewichen. Denn es handelt sich bei § 2 Satz 1 KOVVfG nicht um eine zwingende gesetzliche Vorschrift. In jedem Fall aber liegen Kriegsopferversorgung und Impfschadensrecht in der Zuständigkeit der gleichen Behörde.14 b) Betriebsschließungen ohne behördliche Anordnung 14 Die Corona-Krise bedeutet zumindest nach derzeitigem Verständnis nicht, dass Betriebsschließungen den Arbeitgeber von der Lohnzahlungspflicht befreien. Gem. § 615 Satz 3 BGB trägt er auch bei Pandemien dieses Ausmaßes das volle Betriebsrisiko.15 Davon kann sich der Arbeitgeber vertraglich wohl nicht lösen: „Eine generelle vertragliche Abwälzung des Betriebsrisikos steht im Widerspruch zum Grundgedanken des S. 3 und ist daher als unangemessene Benachteiligung rechtsunwirksam (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 iVm Abs. 1 S. 1). Möglich ist es auch, mit den Mitteln des Tarifvertrags oder der Betriebsvereinbarung, im Einzelfall aber auch individualvertraglich, in Fällen des S. 3 Kurzarbeit zu vereinbaren und dem Arbeitnehmer so anstelle des Lohnanspruchs einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld zu verschaffen.“16 15 Im Auge behalten sollte man dabei allerdings eine Entscheidung des BAG aus dem Jahre 1975, die andeutet, dass bei Existenzgefährdung andere Grundsätze gelten könnten.17 2. Schutzpflichten nach § 618 BGB
16 Der Arbeitgeber hat gem. § 618 BGB die Pflicht, Räume, Vorrichtungen und Gerätschaften so einzurichten und zu unterhalten, dass der Verpflichtete (der Arbeitnehmer) gegen Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet. Konkretisiert werden die Schutzpflichten des Arbeitgebers nicht nur durch gesetzliche Arbeitsschutzvorschriften, sondern auch durch zahlreiche von den Berufsgenossenschaften erlassene Unfallverhütungsvorschriften.18 „Das Arbeitnehmerschutzrecht ist die Urzelle des modernen Arbeitsrechts.19 […] Das Arbeitnehmerschutzrecht wird durch staatliche Aufsicht, Zwang und Strafe oder Buße durchgesetzt, und zwar unabhängig vom Willen des Arbeitnehmers. Wegen dieser Funktionsweise gehört es zum öffentlichen Recht. […] Für den Gefahrenschutz bildet die in § 618 BGB als Generalklausel verankerte Fürsorgepflicht die Brücke für eine privatrechtliche Einwirkung auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses.“20 17 Der BGH hat das 1978 wie folgt konkretisiert: „Der Arbeitgeber ist nämlich schon nach § 618 BGB gegenüber seinen übrigen Arbeitnehmern und nach § 823 BGB gegenüber jedermann aus Gründen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht verpflichtet, den Betrieb von Ansteckungsgefahren freizuhalten. Er muss von sich aus gegen die Beschäftigung von Ausscheidern, Ausscheidungsverdächtigen und Ansteckungsverdächtigen einschreiten.“21 18 Die aktuelle Situation zeigt, dass es sehr schwierig sein kann, Ausscheidungsverdächtige von nicht Ausscheidungsverdächtigen zu unterscheiden. „Eine Person ist ansteckungsverdächtig i.S. von § 2 Nr. 7 IfSG, wenn die Annahme, sie habe Krankheitserreger aufgenommen, wahrscheinlicher ist, als das Gegenteil. Für die Beurteilung sind die Eigenheiten der Krankheit, epidemiologische Erkenntnisse und Wertungen sowie die jeweiligen Erkenntnisse über Zeitpunkt, Art und Umfang der möglichen Exposition und über die Empfänglichkeit der Person für den Erreger zu berücksichtigen.“22 19 Soll nun jeder Arbeitgeber seinen Betrieb besser gleich schließen, bevor er am Ende noch in Anspruch genommen werden kann? Wie Arbeitgeber damit umgehen können, wird eingehend in Kapitel 7 „Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Pandemie“ behandelt. 7 Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 16.3.2020, https://www.bmjv.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/031620_Insolvenzantragspflicht.html (zuletzt abgerufen: 27.3.2020).
8 BT-Drs. 19/17893 und BGBl. I 2020, S. 493 f.
9 Vgl. https://www.bmas.de/DE/Presse/Meldungen/2020/mit-kurzarbeit-gemeinsambeschaeftigung-sichern.html (zuletzt abgerufen: 27.3.2020).
10 https://www.arbeitsagentur.de/news/corona-virus-informationen-fuer-unternehmenzum-kurzarbeitergeld (zuletzt abgerufen: 1.4.2020).
11 Grimm, Kurzarbeitergeld bei Nichtbeschäftigung und Betriebsstörungen aufgrund Corona (SARS-Covid 19) – Mit vielen Tipps für die Antragstellung und gestaltende Beratung, ArbRB 2020, 100.
12 Z.B....


Dr. Burkard Göpfert ist seit 1996 Rechtsanwalt. Seine Ausbildung absolvierte er in Passau, Genf, München, New York und Berlin; seinen Master of Laws (LL.M.) an der Columbia University, New York. Seit 2017 ist er bei KLIEMT.Arbeitsrecht tätig. Zuvor war Burkard Göpfert tätig für namhafte internationale Wirtschaftskanzleien, darunter Baker McKenzie und Gleiss Lutz; dort u.A. Leitung eines Anwaltsbüros in Warschau; Länderbeauftragter für China und Südostasien. Er begleitete zahlreiche US-amerikanische Gerichtsprozesse als deutscher Co-Counsel, u.a. Diskriminierungsverfahren („Dresdner Bank“) und die Abwehr von Class Actions („Napster“) mit zahlreichen außergerichtlichen Einigungsprozessen. Burkard Göpfert berät vorwiegend in komplexen Transformations-, Integrations- und Umstrukturierungsprojekten sowie bei der Harmonisierung von Arbeitsbedingungen. Er ist Autor und (Mit)-Herausgeber zahlreicher Fachbücher zu den Themen Umstrukturierung und Arbeitsrecht sowie Lehrbeauftragter an der Universität Passau und leitet seit über 10 Jahren die Jahrestagung „Restrukturierung“ des Handelsblatts. Burkard Göpfert ist u.a. Mitherausgeber der ZIP. Er hat zahllose Einigungsstellen und Verhandlungen zwischen Betriebsräten und Arbeitgebern sowie gerichtliche Verfahren betreut.

Dr. Burkard Göpfert ist seit 1996 Rechtsanwalt. Seine Ausbildung absolvierte er in Passau, Genf, München, New York und Berlin; seinen Master of Laws (LL.M.) an der Columbia University, New York. Seit 2017 ist er bei KLIEMT.Arbeitsrecht tätig. Zuvor war Burkard Göpfert tätig für namhafte internationale Wirtschaftskanzleien, darunter Baker McKenzie und Gleiss Lutz; dort u.A. Leitung eines Anwaltsbüros in Warschau; Länderbeauftragter für China und Südostasien. Er begleitete zahlreiche US-amerikanische Gerichtsprozesse als deutscher Co-Counsel, u.a. Diskriminierungsverfahren ("Dresdner Bank") und die Abwehr von Class Actions ("Napster") mit zahlreichen außergerichtlichen Einigungsprozessen. Burkard Göpfert berät vorwiegend in komplexen Transformations-, Integrations- und Umstrukturierungsprojekten sowie bei der Harmonisierung von Arbeitsbedingungen. Er ist Autor und (Mit)-Herausgeber zahlreicher Fachbücher zu den Themen Umstrukturierung und Arbeitsrecht sowie Lehrbeauftragter an der Universität Passau und leitet seit über 10 Jahren die Jahrestagung "Restrukturierung" des Handelsblatts. Burkard Göpfert ist u.a. Mitherausgeber der ZIP. Er hat zahllose Einigungsstellen und Verhandlungen zwischen Betriebsräten und Arbeitgebern sowie gerichtliche Verfahren betreut.


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