Gortner | Die Tudor Fehde | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 384 Seiten

Reihe: Die große Tudor Saga

Gortner Die Tudor Fehde


1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-8412-2908-3
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 3, 384 Seiten

Reihe: Die große Tudor Saga

ISBN: 978-3-8412-2908-3
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



London 1558: Nach Marys blutiger Regierungszeit besteigt ihre Schwester, Elizabeth Tudor, den englischen Thron. So kann auch Elizabeths getreuer Spion, Brendan Prescott, endlich aus dem Exil an den Hof zu seiner großen Liebe Kate zurückkehren. Doch die junge Königin hat einen Auftrag für ihn, der ihn nach Yorkshire führt. Dort ist ihre Hofdame, Lady Perry, nach einem Familientreffen spurlos verschwunden. An der rauen Küstengrafschaft kommt Brendan einer Verschwörung auf die Spur, die nicht nur Elizabeth stürzen, sondern auch das tödliche Geheimnis seiner eigenen Herkunft enthüllen könnte ...



C. W. Gortner wuchs in Südspanien auf. In Kalifornien lehrte er an der Universität Geschichte mit einem Fokus auf starke Frauen inder Historie. Er lebt und schreibt in Nordkalifornien. Im Aufbau Taschenbuch ist bereits sein Roman 'Marlene und die Suche nach Liebe' erschienen.

Mehr Informationen zum Autor unter www.cwgortner.com

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BASEL, 1558

1


In schwarzen Samt gehüllt, das wallende dunkelblonde Haar wirr im Gesicht, stand sie vor mir. Schatten begleiteten sie, als sie sich langsam der Pritsche näherte, auf der ich wie gelähmt lag. Schon griffen ihre langen Finger nach den Bändern ihres Mieders und begannen, sie zu lösen.

Ich war zu keiner Regung fähig, konnte kaum atmen. Begierde brannte in meinen Adern. Ich hörte mich stöhnen; und dieser eine matte Laut brach meinen Widerstand. Sie war so nahe bei mir. Und dann, endlich, griff ich in ihr üppiges Haar, spürte ihre warme Zunge in meinen Mund gleiten und ihre elektrisierende Berührung, als sie an meinen Kleidern zerrte, mir die Hose herunterriss und mein steifes Glied umfasste.

»Ich möchte etwas anderes als Angst kennen«, flüsterte sie. »Ich möchte Sehnsucht spüren, selbst wenn es nur dieses eine Mal ist.« Ihre Robe war vorn geöffnet. Ich starrte sie, mit wild pochendem Herzen, an, obwohl ich in einem dunklen Teil meiner Seele wusste: Wenn ich jetzt fortfuhr, würde es kein Vergessen, kein Entkommen mehr geben; bis ans Ende meiner Tage würde ich mit Gewissensqualen leben müssen, weil ich die Frau betrogen hatte, die ich wahrhaftig liebte und die weit entfernt von mir auf mich wartete, ohne etwas zu ahnen.

Doch als ihre dunkle Samtrobe zu ihren Füßen lag und ich sie in ihrer ganzen Schönheit vor mir sah, ihre makellose Haut, die Brüste mit den rosa Knospen und ihre Rippen, die sich wie die Saiten einer Lyra unter ihrer blassen Haut abzeichneten, konnte ich nicht länger denken. Sie ließ sich auf mich sinken, und ich drang mit einer Wildheit in sie ein, die ihr ein lustvolles Seufzen entlockte. Immer leidenschaftlicher stieß ich zu, bis wir uns gemeinsam im selben Rhythmus bewegten.

Im nächsten Moment ergoss sich mein Samen in sie. Unvermittelt schlang sie die Schenkel um mich, und ich schrie laut auf. Doch während mich noch Wonneschauer überliefen und unsere Glut langsam abkühlte wie der Rauch über einem gelöschten Feuer, legte sich ihre Hand kalt auf meine Brust. Ich blickte auf und ihr direkt in die Augen, gerade als sie ein Messer mit glitzernder Klinge hob und es mir in den Leib jagte, mitten ins Herz …

»Nein!«

Den Schrei immer noch auf den Lippen, schoss ich in meinem schmalen Bett hoch. Keuchend kämpfte ich darum, mich in der Wirklichkeit zurechtzufinden, die sich bruchstückhaft um mich herum abzeichnete. Schließlich schlug ich die Decke zurück, rutschte zur Bettkante und ließ den Kopf auf die Hände sinken. Tief durchatmen, sagte ich mir. Das hat es nie gegeben. Es war ein Traum. Sie ist verschwunden. Tot. Ich stand auf, die Reste des Albtraums immer noch an mir wie Spinnweben, und bemerkte plötzlich, dass mein Nachthemd von Schweiß durchnässt war. Ich riss es mir vom Leib und tappte nackt zur Anrichte, auf der sich die Kupferschüssel und der Wasserkrug befanden. Wie beißend kalt es war, spürte ich erst, als ich das eisige Wasser direkt aus dem Krug trank. Kaum hatte es sich in meinem Magen ausgebreitet, befiel mich ein Zittern.

Hastig kehrte ich zum Bett zurück und wickelte mich in die raue Wolldecke. Mit hochgezogenen Schultern auf der Matratze kauernd, spähte ich durch das schiefe Glasfenster meiner engen Dachkammer, das wie ein nach innen gewölbtes Auge in die Wand eingelassen war. Draußen war es immer noch dunkel, und die Türmchen und Giebel dieser fremden Stadt bildeten vor dem Himmel eine dunkle gezackte Silhouette. Während die Erinnerung an meinen Verrat in die Tiefen meines Bewusstseins zurückwich, in die ich sie verbannt hatte, um überhaupt weiterleben zu können, hellte sich langsam die schwarzblaue Nacht auf, und ein über den Horizont kriechender gold- und rosafarbener Schimmer kündigte den neuen Tag an.

Wie lange war es her? Manchmal vergaß ich es beinahe. Tief musste ich in meinem Gedächtnis danach graben. Es waren nun schon fast vier Jahre. Vier lange Jahre, seit ich vor meinen Feinden geflohen war und alles zurückgelassen hatte, Besitztümer wie Menschen.

Freiwillig hatte ich mich nicht von England abgewandt. Bei meinem letzten, quälenden Auftrag am Hof, der meinen geliebten Junker und fast auch mich selbst das Leben gekostet hatte, war es mir zwar noch mit Mühe und Not gelungen, Elizabeth zu retten, doch ich hatte nicht verhindern können, dass ihre Halbschwester Mary sie in den Tower sperrte. Nach zwei Monaten schrecklicher Kerkerhaft wurde Elizabeth entlassen und unter Aufsicht in ein abgelegenes Schloss verbannt. Meine geliebte Kate blieb an ihrer Seite, doch mir war es nicht gelungen, in ihrer Nähe zu bleiben. Die Königin hatte mich des Hofes verwiesen, und ich suchte auf dem Landsitz meines Mentors William Cecil Zuflucht. Freilich hielten uns Cecils Informanten weiterhin über Elizabeths Lebensumstände auf dem Laufenden, woran sich auch dann nichts änderte, als Mary in ihrem Eifer, Gott und ihrem Gemahl, Prinz Philipp von Spanien, gefällig zu sein, eine grauenhafte Verfolgung ihrer protestantischen Untertanen anzettelte. Als sich dann die Nachricht verbreitete, dass Mary sich guter Hoffnung wähnte, zog sich die Schlinge um meinen Hals zu. Marys vertrauter Ratgeber, der kaiserliche Botschafter Simon Renard, den ich kurz zuvor übertölpelt hatte, hetzte seine Häscher auf mich. Cecil bekam Wind davon und traf im Geheimen Vorbereitungen, mich hierher, in die von Calvinisten beherrschte Schweiz, zu entsenden, wo auch einer seiner Agenten, Francis Walsingham, unmittelbar nach Marys Thronbesteigung Zuflucht gefunden hatte.

Zitternd ließ ich die Luft entweichen. Langsam begann sich der Knoten in meiner Brust aufzulösen. Warum jetzt? Warum hatte ich zum ersten Mal nach so langer Zeit wieder von Sybilla Darrier geträumt? Monatelang hatte ich kaum noch an sie gedacht, und das, obwohl ich jeden Tag, ja, jede Stunde mit den Folgen ihrer Machenschaften leben musste.

Warum verfolgte sie mich immer noch?

Die Minuten krochen dahin. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Schließlich hörte ich unsere Hauswirtin, Gerthe, die Treppe hinunterpoltern, in den Zimmern die Öfen einschüren und den Tisch für das Frühstück decken. Ich schlug die Bettdecke erneut zurück, wusch mich hastig mit dem im Krug verbliebenen Wasser und stieg schlotternd in meine unauffällige Tarnkleidung  – schwarze Strumpfhose, Kniehose und schlichtes Wams  –, die mich als calvinistischen Kaufmannslehrling auswies.

»Schon auf?«, begrüßte mich Gerthe fröhlich auf Deutsch, als ich den kleinen Raum betrat, wo wir unsere Mahlzeiten einnahmen. Gerthe war eine rundliche, geschäftige Person unbestimmbaren Alters, die in keinerlei Hinsicht außergewöhnlich wirkte. Frauen wie sie sah man tagtäglich zu Hunderten auf den Straßen, Bedienstete in Haushalten, die – auf den ersten Blick zumindest – ganz genauso wirkten wie der unsere. Und das war wohl der Grund, warum Walsingham sie ausgesucht hatte. Ihrer Loyalität versicherte er sich vermutlich, indem er sie hin und wieder zu sich ins Bett nahm. So war es gewiss auch in dieser Nacht gewesen; zumindest ließ ihr träges Gebaren das erahnen.

Ich schenkte ihr ein Lächeln und setzte mich an den Tisch. Sogleich trug sie Ziegenkäse, dunkles Brot und warmes Bier auf. »Ist Herr Thorsten schon wach?«, fragte ich zwischen zwei Bissen, sorgsam darauf bedacht, Walsinghams Decknamen zu verwenden.

Sie nickte, während sie sich am Herd zu schaffen machte. »Er hat das Haus aber schon früh verlassen. Ihr sollt in seinem Kontor auf ihn warten, hat er gesagt.« Jetzt blickte sie über die Schulter. »Greift zu. Ihr müsst mehr essen. Ihr seid blass, Herr Johann. Ihr müsst bei Kräften bleiben. Die Winter hier sind kalt, und ich habe das Gefühl, dass uns ein besonders strenger bevorsteht. Gestern Abend hat es schon den ersten Schnee gegeben.«

Mein Alias war lächerlich, doch Walsingham hatte darauf bestanden. Bei einem so gängigen Namen wie Johann, meinte er, würden keine Zweifel aufkommen. Angesichts meiner – wohlwollend ausgedrückt – dürftigen Kenntnisse des Deutschen und des Schweizerischen gab er mich als den Sohn eines Cousins aus, der sein Heimatland wegen der Verfolgung durch die Katholiken hatte verlassen müssen. Wer vor den Häschern der römischen Kirche floh, war in Basel willkommen, ohne dass man ihm Fragen stellte. Inzwischen wusste jeder Protestant auf dem europäischen Festland, welche Gräueltaten Mary Tudor in England unter seinen Glaubensbrüdern anrichtete.

Mit dem Begriff »Kontor« täuschte Walsingham elegant darüber hinweg, dass er mich dort die Feinheiten unseres Gewerbes lehrte. Sobald ich aufgegessen und mich bei Gerthe bedankt hatte, erklomm ich wieder die Treppe, ging vorbei an meinem Gemach den Korridor hinunter und blieb vor der letzten Tür stehen. Sie war verschlossen. Aus der Innentasche meines Wamses zog ich den Schlüssel und sperrte auf. Drinnen wartete Walsingham bereits auf mich.

»Gerthe hat gesagt …«, begann ich, und er nickte.

»Ich weiß. Verschließt die Tür. Ich habe mich ins Haus geschlichen, als sie im Brunnen draußen Wasser schöpfte. Setzt Euch. Es ist höchste Zeit, dass wir anfangen.«

Mit Augen, kalt wie die eines Luchses, starrte er mich an. Sein bohrender Blick vermochte es stets aufs Neue, mich zu verunsichern. Unter den offenen Ärmeln seines schwarzen Wamses lugten seine spinnenartigen Hände hervor. Dürr und feingliedrig, aber mit markantem Gesicht, stets umschatteten Augen und gepflegtem Bart, schien er alterslos zu sein, auch wenn er in Wahrheit noch keine dreißig Jahre alt war. Auf diejenigen, die ihn nicht kannten, wirkte er...



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