E-Book, Deutsch, 334 Seiten
Graham Die Leidenschaft des Earls
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-95885-687-5
Verlag: venusbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Roman
E-Book, Deutsch, 334 Seiten
ISBN: 978-3-95885-687-5
Verlag: venusbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Heather Graham wurde 1953 geboren. Die New-York-Times-Bestseller-Autorin hat über zweihundert Romane und Novellen verfasst, die in über dreißig Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden. Heather Graham lebt mit ihrer Familie in Florida. Von Heather Graham erscheinen bei venusbooks: »In den Händen des Highlanders« »Fieber der Leidenschaft« »Der Lord und die Rebellin« »Die Leidenschaft des Earls« »Das Begehren des Ritters« »Die Gefangene des Freibeuters« »Das Erbe der Liebenden« Die Highland-Kiss-Saga: »In den Armen des Schotten« »Der Highlander und die schöne Feindin« »Gefangen von einem Highlander« »Die Braut des Viscounts« Die Wild-Passion-Saga: »Der Ungezähmte und die Schöne« »Der Laird und die Schöne« »Der Krieger und die Schöne« Die Cameron-Saga: »Der Lord und die ungezähmte Schöne« »Die Geliebte des Freibeuters« Unter dem Autorennamen Shannon Drake veröffentlicht sie bei venusbooks außerdem: »Blutrote Nacht« »Bei Anbruch der Dunkelheit« »Verlockende Finsternis« »Das Reich der Schatten« »Der Kuss der Dunkelheit«
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PROLOG
Das Schicksal und die Schiffe, die nachts vorüberziehen.
Der Palast von Westchester, Juni 1678, während der Regentschaft von Charles II.
Sengende Sonne warf ihre unbarmherzigen Strahlen auf die Pferde und Männer hinab. Kein einziger Dunstschleier versprach erlösenden Regen. Während Warwick Chatham auf seinem nervösen Pferd saß, verfluchte er die Hitze. Von Spielen und Spektakeln hielt er nicht viel. Aber der König hatte dieses Turnier anbefohlen, und Warwick mußte sich eingestehen, daß er die Gelegenheit begrüßte, gegen Lord Hardgrave, den Viscount von Bedford Place, zu fechten. Schon seit der Kindheit waren sie verfeindet. Beide Familien hatten den alten König Charles L unterstützt. Doch die Chathams bekämpften Cromwell, während die Hardgraves ihr Mäntelchen nach dem Wind hängten. Und dann war natürlich immer wieder der Streit um das Grenzland ausgebrochen.
»Ruhig, Dragon, ruhig«, versuchte Warwick seinen Hengst zu beschwichtigen, einen kräftigen Fuchs, der von edlen Arabern abstammte. Er war an richtige Schlachten gewöhnt, nicht an prunkvolle Turniere – ebenso wie sein Herr, der von Jugend an sein Erbe, die nördlichen Ländereien gegen marodierende Schotten verteidigt hatte.
Warwick schaute zur Tribüne hinüber. In der Mittelloge saß der König mit seiner Gemahlin Catherine. Wenn er auch ein Schürzenjäger war und seine Frau betrog, so begegnete er ihr doch freundlich und ehrerbietig. Jetzt neigte er den dunklen Kopf zu ihr, während sie auf ihn einsprach..
Die Bänke füllten sich. Vorn saßen die ranghohen Aristokraten, dahinter die weniger bedeutsamen Lords und Ladies. Bürgerliche fanden keinen Zutritt. Belustigt musterte Warwick das farbenfrohe Publikum. Überall prangten Seide und Samt, sogar Pelze – trotz der Gluthitze. Strahlende Gesichter zeugten von einer heiteren, feierlichen Stimmung. Nach dem Turnier sollte ein Festmahl stattfinden. In dieser Nacht würden sich zahlreiche ärmere Adelige satt essen.
Bringen wir's hinter uns, dachte Warwick. Schweiß rann in Strömen über den Hals seines rastlosen Pferdes. »Ruhig, ruhig«, flüsterte er. Auf Dragons Rücken lag eine Decke mit den blaugoldenen Insignien der Lords von Chatham. Warwicks persönliches Wappen zeigte die ›Waldbestie‹, ein mythisches Wesen, eine Kreuzung zwischen Löwe und Drachen. Das gleiche Bild schmückte auch den Schild, und die Kleidung des Ritters wies dieselben Farben auf wie die Schabracke. Unter der Rüstung trug er eine Hose aus Goldgewebe, das verschwitzte Wams leuchtete königsblau.
Verdammt, wie lange mußte er sich noch gedulden, bis das Turnier begann? Endlich hob Charles die Hand, Trompetenfanfaren erklangen. Der Turniermeister stand auf und erklärte, was den Grafen von North Lambria und den Viscount von Bedford Place entzweit hatte. Dann beorderte er beide zur Königsloge. Warwick und Hardgrave stiegen von den Pferden, knieten vor Charles nieder und murmelten: »Für Gott und unseren Herrscher!«
Sie wurden gefragt, ob es ihnen genehm sei, wenn der Disput bei diesem Turnier entschieden würde. Eindringlich fügte der Turniermeister hinzu, ein Kampf auf Leben und Tod sei untersagt. Warwick schaute den König an, der boshaft grinste, zuckte die Achseln und klappte sein Visier herunter.
Vor dem Turnier traten einige Gaukler auf. Unterdessen schwang sich Warwick in Dragons Sattel und ritt zu einer schönen blonden Dame, die in vorderster Reihe saß. Ermutigend lächelte er ihr zu. Da erhob sie sich und nahm ihr Kopftuch ab, das sie ihm reichte. Unter dem Jubel des Publikums kehrte er zu seiner Position zurück. Man wußte es zu schätzen, wenn ein Ritter die Farben seiner Dame trug.
Jake – Warwicks Knappe, wenn die Situation es erforderte, und ansonsten sein Kammerdiener oder Kutscher – lief zu ihm und überreichte die Lanze. »Der Allmächtige steht auf Eurer Seite, Mylord.«
»Dann wollen wir hoffen, daß er keinen allzu hohen Blutzoll für sein gerechtes Urteil fordert«, erwiderte Warwick, worauf Jake eine Grimasse schnitt und sich entfernte.
Vor der Königsloge schwang der Turniermeister ein Banner mit dem Stuart Wappen hoch und senkte es. Mit erhobener Lanze galoppierte Warwick in die Arena. Die Gesichter und die Farben ringsum verschwammen vor seinen Augen, das Geschrei der Zuschauer verschmolz mit dem rauschenden Wind, während er seinem Feind entgegenraste. Nur noch ein kurzer Augenblick ...
Mit voller Wucht prallte die Lanze gegen Hardgraves Schild, klirrte ohrenbetäubend, und ein stechender Schmerz durchfuhr Warwicks Arm vom Handgelenk bis zur Schulter. Er schwankte, aber seine Willensstärke, die Erfahrung und die Kraft seiner Schenkel halfen ihm, im Sattel zu bleiben. Heftige Qualen verschleierten seinen Blick.
Erst als er zu seiner Ausgangsposition zurückritt, hörte er den Beifall der Menge und wußte, daß er Hardgrave vom Pferd geworfen hatte. Er schwang Dragon herum, das große Schlachtroß bäumte sich kurz auf. Dann ließ er die zerbrochene Lanze fallen, und Jake reichte ihm das Schwert.
Wieder sprengte der Ritter durch die Arena zu Hardgrave, der jetzt im Sand stand, das Schwert erhoben. Nur wenige Schritte von seinem Gegner entfernt, sprang Warwick vom Rücken seines Hengstes hinab und las helle Wut in Hardgraves wasserblauen Augen.
Dieser Zorn könnte seine Niederlage besiegeln, dachte Warwick und parierte einen wilden Fechthieb des Viscounts. Wieder kreuzten sich die Klingen. »Eines Tages werde ich Euch töten, Chatham«, fauchte Hardgrave.
»Bis jetzt sehe ich keinen Grund, Euch zu fürchten.«
Sie trennten sich, Hardgrave griff überstürzt an, und Warwick nutzte seinen Vorteil. Er wich dem Schwerthieb aus, stemmte seine Klinge gegen die Waffe seines Gegners und schlug sie ihm aus der Hand. Als der Viscount danach zu greifen versuchte, stellte Warwick ihm ein Bein.
Aus dem Gleichgewicht geraten, fiel Hardgrave der Länge nach hin, und Warwick hielt ihm die Spitze seines Schwertes an die Kehle.
»Bravo!« rief der König. Sofort steckte Warwick seine Klinge in die Scheide. Hardgrave sprang auf, die Ritter schüttelten sich widerstrebend die Hände, dann gingen sie zu Charles und knieten nieder. »Gut gemacht!« lobte der Regent. »Lord Chatham, das umstrittene Land gehört Euch. Und Ihr, Lord Hardgrave, habt versprochen, den Ausgang dieses Kampfes anzunehmen. Ich sehe Euch beide beim Bankett.«
Warwick stand auf, verbeugte sich und stieß einen Pfiff aus, der Dragon herbeirief. Statt in sein Zelt zurückzukehren, ritt er in den Wald, wo er Kühlung und Ruhe suchte. An einem Bach stieg er vom Pferd, nahm den Helm ab und trank durstig. Dann befreite er sich von der Rüstung, lag im Gras und genoß den angenehmen Schatten. Nachtigallen sangen, leise raschelte das Laub. Solche friedlichen Momente erlebte er nur selten. Die Augen fielen ihm zu, und er schlief ein.
Plötzlich richtete er sich verwirrt auf. Ein Geräusch am anderen Ufer hatte ihn geweckt. Seine Augen verengten sich, angespannt spähte er in die Abenddämmerung, die mittlerweile hereingebrochen war. Eine zornige Frauenstimme drang zu ihm. »Nein! Niemals! Mörder!«
»Doch, meine schöne Erbin«, entgegnete ein Mann und lachte drohend. »Jetzt ist dein Vater tot, meiner ist dein Vormund und Verwalter deiner Ländereien. Und er kann beweisen, daß du mit deinem Vater ein Komplott geschmiedet hast.«
»Alles Lüge!« würgte sie hervor.
»Die Richter würden anders denken. Nun hast du die Wahl zwischen meinem Schutz und dem Henkerbeil.«
»Fahr zur Hölle! Ich verachte dich!«
Tiefe Stille folgte diesen herausfordernden Worten, und Warwick stand auf, um in den Bach zu waten. Er mußte herausfinden, was dort geschah. Ehe er das andere Ufer erreichte, stieß die Frau einen wütenden Fluch hervor, Zweige knackten, und sie stürmte aus dem Unterholz hervor. Ihr Gesicht sah er im Zwielicht nicht, nur ihre Silhouette. Als sie ihn entdeckte, hielt sie erschrocken inne. Ihr dunkles Haar schimmerte rötlich. Ansonsten konnte er nur erkennen, daß sie jung, groß und schlank war, mit hoch angesetzten, vollen Brüsten. Er streckte eine Hand nach ihr aus. Mit einem halb erstickten Schrei sprang sie ins Wasser und tauchte unter.
»Verdammt, Mädchen, ich will Euch doch helfen!« rief er und rannte zu der Stelle, wo sie verschwunden war. Vergeblich suchte er nach ihr. Hatte sie sich ertränkt?
Schließlich schwamm er ans andere Ufer, wo Dragon wartete, sammelte die einzelnen Teile seiner Rüstung ein und ritt aus dem Wald. Aber er konnte das Mädchen nicht vergessen. Oder war das alles nur ein Traum gewesen?
Als er sich seinem Zelt näherte, lief Jake ihm entgegen. »Ah, Mylord, Ihr habt was verpaßt – einen Anschlag auf das Leben des Königs! Was für eine Aufregung! Glücklicherweise wurde Seine Majestät nicht verletzt. Nach kürzester Zeit war alles vorbei. Ich selber sah nicht viel. Offenbar wollte ein alter Parlamentarier, der schon Charles I. bekämpft hatte, dessen Sohn umbringen. Aber er wurde gerade noch rechtzeitig verdächtigt und niedergestochen. Seine Majestät ist ziemlich traurig, hat jedoch angeordnet, das Festmahl solle trotz dieses Zwischenfalls stattfinden.«
Bestürzt runzelte Warwick die Stirn. Ein Attentat auf den König? Charles Stuart war trotz seiner ehelichen Untreue ein anständiger, kluger, humorvoller Mann – und ein guter Freund.
Warwick wollte sich persönlich vergewissern, daß dem Herrscher nichts zugestoßen war. Und seine Frau Genevieve würde schon voller Sorge auf ihn warten.
Ami späteren Abend betrat er das halbdunkle Zimmer neben dem Schlafgemach, das Reemes, König Charles' Oberhofmeister im Westchester Palace, ihm zugewiesen hatte. Seufzend sank er in einen geschnitzten Stuhl vor dem...




