Greif Coaching und ergebnisorientierte Selbstreflexion
1. Auflage 2008
ISBN: 978-3-8409-1983-1
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Theorie, Forschung und Praxis des Einzel- und Gruppencoachings
E-Book, Deutsch, Band Band 16, 390 Seiten
Reihe: Innovatives Management
ISBN: 978-3-8409-1983-1
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Nicht jede Form der Selbstreflexion ist förderlich: Ziellose kreisende Grübeleien müssen von ergebnisorientierter Selbstreflexion unterschieden werden.
Coaching dient der Förderung der Reflexion und Selbstreflexion sowie der Beratung zur Verbesserung der Erreichung selbstkongruenter Ziele oder zur bewussten Selbstveränderung und Selbstentwicklung. Das Buch beschäftigt sich mit den Kriterien und Merkmalen, an denen sich der Erfolg beim Coaching festmachen lässt.
Es erläutert, wie der Prozess des Einzel- und Gruppencoachings beschrieben und analysiert werden kann. Es werden Methoden und Techniken vorgestellt, die sich im Coaching als erfolgreich erwiesen haben. Weiterhin wird der Frage nachgegangen, welche Fähigkeiten und Kompetenzen Coaches mitbringen und welche motivationalen Voraussetzungen und Fähigkeiten auf Seiten der Klienten vorhanden sein müssen, damit ein Coachingprozess erfolgreich verlaufen kann.
Schließlich wird erörtert, wie Coachingerfolg empirisch nachgewiesen und wie der Stand der Evaluationsforschung aktuell beschrieben werden kann. Das Buch bietet eine theoretische Fundierung zum ergebnisorientierten Coaching, welches Konzepte und Annahmen aus zahlreichen anderen Theorien der Psychologie in ein gemeinsames System integriert.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
1;Inhaltsverzeichnis und Vorwort;6
2;1 Selbstreflexion als Potenzial;20
2.1;1.1 Selbstbild und Selbstkonzept;22
2.2;1.2 Selbstaufmerksamkeit und Selbstreflexion;35
2.3;1.3 Stufen der Selbstreflexion beim Lernen;44
2.4;1.4 Zusammenfassung, Grundannahmen und Folgerungen;49
3;2 Was ist Coaching?;53
3.1;2.1 Anlässe für Coaching;53
3.2;2.2 Coachingbegriff;54
3.3;2.3 Erfolgskriterien;60
3.4;2.4 Abgrenzungen zur Psychotherapie;64
3.5;2.5 Ähnlichkeiten mit Supervision und anderen verwandten Konzepten;65
3.6;2.6 Zusammenfasssung, Grundannahmen und Folgerungen;69
4;3 Ergebnisorientiertes Einzelcoaching;74
4.1;3.1 Theorie der Selbstaufmerksamkeit;77
4.2;3.2 Aktivieren von Selbstreflexionen und Kalibrieren der Affekte;86
4.3;3.3 Methoden zum ergebnisorientierten Coaching;101
4.4;3.4 Coach und Coaching-Kompetenzen;157
4.5;3.5 Motivation, Eigenschaften und Fähigkeiten der Klienten;173
4.6;3.6 Stand der Evaluationsforschung;213
5;4 Mehrebenencoaching als Zukunftsperspektive;288
5.1;4.1 Mehrebenenarbeit und Mehrebenencoaching;289
5.2;4.2 Theorien zum Gruppencoaching;309
5.3;4.3 Zukunftsaufgaben und -perspektiven;354
6;Literatur;360
7;Verzeichnis der Definitionen und Annahmen;380
7.1;Definitionen;380
7.2;Annahmen und praktische Folgerungen;380
8;Stichwortverzeichnis;382
9;Mehr eBooks bei www.ciando.com;0
(S. 34)
Die intuitiven Selbstrepräsentationen des Individuums oder der Mitglieder einer Gruppe, sind nicht alle bewusst. Nach der Motivations- und Persönlichkeitstesttheorie von Kuhl (2001, S. 334 ff.) werden sie von den Personen in ihrem intuitiven Gedächtnis für Erfahrungen gespeichert, das er Extensionsgedächtnis nennt. Diese Selbstrepräsentationen können beiläufig aktiviert werden, ohne dass dies der Person bewusst wird. Diesen intuitiven Prozess bezeichnen wir als Selbstaufmerksamkeit.
Bewusste Selbstreflexion setzt die Aktivierung intuitiver Selbstaufmerksamkeit voraus. Wenn man vor dem Weggehen in den Spiegel schaut, um das eigene Äußere zu überprüfen, wird intuitiv Selbstaufmerksamkeit erzeugt. So ein Blick in den Spiegel kann viel auslösen. Man bemerkt vielleicht, dass man sehr blass und müde aussieht, nachdem man den Abend vorher zu lange gefeiert hat.
Das wiederum kann Nachdenken über Vorsätze anregen, dass man künftig früher Schlafengehen sollte. Manche können nach einem kritischen Blick in den Spiegel sogar beginnen, darüber bewusst nachzugrübeln, dass sie mit sich selbst unzufrieden sind, vielleicht weil sie im Vergleich zu ihren individuellen idealen Selbstkonzept oder zu dem ihrer Bezugsgruppe zu dick, manche weil sie zu dünn, andere weil sie jünger oder älter als gewünscht aussehen.
Ein Spiegel ist eine oft verwendete Metapher für bewusste Selbstreflexion. So wurde in der früheren Hoechst-AG in den 1990er Jahren ein Taschenspiegel an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verteilt. Auf seiner Rückseite stand die Frage „Wer ist für die Qualität zuständig?" Das eigene Bild im Spiegel auf der Vorderseite war die Antwort.
1.2.1 Intuitive Selbstaufmerksamkeit
Die Sozialpsychologen Duval und Wicklund (1972) haben herausgefunden, dass Menschen, die man neben einen Spiegel setzt, unwillkürlich ihre persönlichen Verhaltensstandards wie Ehrlichkeit aktivieren. Andere Auslöser sind Videoselbstkonfrontation oder Feedback (s. Kapitel 3.1 u. 3.2). Selbstaufmerksamkeit ist eine spezielle Form der Aufmerksamkeit einer Person. Die Person fokussiert sich auf ihr Selbstbild, z.B. auf die wichtigen, von ihr übernommenen Standards, mit denen sie eigene Merkmale oder Verhaltensweisen vergleicht.
Wie oben (Abschnitt 1.1.3) dargelegt, kann man annehmen, dass sich Personen mit independentem Selbstkonzept im Allgemeinen bei ihren Standards an individuell festgelegten Normen und Regeln orientieren. Personen mit interdependentem Selbstkonzept übernehmen ihre Standards oder Normen und Regeln dagegen eher von ihren Bezugsgruppen. Intuitive Selbstaufmerksamkeit ist prinzipiell ein individuelles Phänomen. Sie kann allerdings auch in Gruppensituationen bei mehreren Individuen gleichzeitig stimuliert werden (für individuelle Auslöser siehe unten Abschnitt 3.2.1).
Definition Selbstaufmerksamkeit
Selbstaufmerksamkeit ist eine besondere Form der Aufmerksamkeit einer Person, bei der durch äußere oder innere Auslöser beiläufig implizite oder explizite Normen oder Vorstellungen aus dem Selbstkonzept des Individuums oder der Gruppe aktiviert werden.
1.2.2 Ergebnisorientierte Selbstreflexion
Mit seinem berühmten Satz „Cogito ergo sum" – „Ich denke, also bin ich" – stellt der französische Philosoph, Naturwissenschaftler und Mathematiker René Descartes (1596 bis 1650) die bewusste Selbstreflexion ins Zentrum seiner Erkenntnistheorie. Mit seiner Grundannahme, dass der Mensch nicht nur denken, sondern über sich selbst denken und reflektieren kann, hat Descartes zur Überwindung des bis dahin vorherrschenden aristotelischen Welt- und Menschenbilds beigetragen, wie Eckensberger (1998) herausstellt.




