E-Book, Deutsch, Band 3, 264 Seiten
Reihe: Archiv der Zeitgenossen - Sammlung künstlerischer Vor- und Nachlässe, Krems
Grond-Rigler Zur internationalen Rezeption der Dramen von Peter Turrini
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7065-5851-8
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 3, 264 Seiten
Reihe: Archiv der Zeitgenossen - Sammlung künstlerischer Vor- und Nachlässe, Krems
ISBN: 978-3-7065-5851-8
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Internationale Einblicke in die Rezeption Peter Turrinis
Peter Turrini (geb. 1944) ist einer der bedeutendsten österreichischen Dramatiker der Gegenwart. Seine Werke sind nicht nur im deutschen Sprachraum bekannt, sondern wurden auch in über 30 Sprachen übersetzt und an Theatern in fast allen Ländern Europas, aber auch auf anderen Kontinenten aufgeführt. Der Transfer literarischer Texte in andere Sprach- und Kulturräume bringt eine Übertragung in neue Verständniskontexte mit sich, in denen auch länder- oder regionenspezifische Parameter wirksam sind.
Über die Grenzen hinweg
Die Beiträge des Sammelbandes geben Einblick in die Turrini-Rezeption und die Theaterkultur in neun Ländern (Dänemark, Norwegen, Schweden, Polen, Slowenien, Kroatien, Italien, Spanien, Frankreich) und (mit Englisch) in zehn Sprachen. Diese Untersuchungen sind nicht nur für die Turrini-Forschung interessant, sondern reflektieren zum Beispiel literarische Kanonisierungsprozesse über Sprachgrenzen hinweg und den nicht geringen Einfluss der Literatur auf die Entstehung von Österreichbildern in anderen Ländern.
Ein umfassender Bildteil ergänzt den Band durch den Abdruck von Fotos, Plakaten und Programmheften ausgewählter Theaterproduktionen.
Aus dem Inhalt:
Christine Grond-Rigler
Die internationale Rezeption der Dramen von Peter Turrini
REZEPTIONSANALYSE
Erich Unglaub
Peter Turrinis Theater in Dänemark
Elin Nesje Vestli
Noch nicht angekommen - Die Bühnenrezeption von Peter Turrini in Norwegen und Schweden
Tanja Žigon, Urban Šrimpf
Peter Turrini und seine Rezeption in Slowenien
Rikard Puh
Zur Rezeption von Peter Turrinis Werk in Kroatien von 1970 bis 1990
Silke Felber
"Drammaturgo austriaco di origini italiane" – Zur italienischen Rezeption des Dramatikers Peter Turrini
Juan Antonio Albaladejo Martínez
Die Theaterrezeption Peter Turrinis in Spanien
Malgorzata Leyko
"Die Polen denken anders." Die polnische Rezeption von Tod und Teufel
ÜBERSETZUNGSBERICHTE
Heinz Schwarzinger
Zur Rezeptionsgeschichte Peter Turrinis in Frankreich
Silvia Berutti-Ronelt
Meine Erfahrungen und Probleme beim Übersetzen von Turrini-Texten in die französische Sprache
Renée von Paschen
Peter Turrini’s Plays and Poetry in English Translation
EPILOG
Claude Brozzonti
Ganz einfach das Leben
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
Christine Grond-Rigler
Die internationale Rezeption der Dramen von Peter Turrini
REZEPTIONSANALYSE
Erich Unglaub
Peter Turrinis Theater in Dänemark
Elin Nesje Vestli
Noch nicht angekommen - Die Bühnenrezeption von Peter Turrini in Norwegen und Schweden
Tanja Žigon, Urban Šrimpf
Peter Turrini und seine Rezeption in Slowenien
Rikard Puh
Zur Rezeption von Peter Turrinis Werk in Kroatien von 1970 bis 1990
Silke Felber
"Drammaturgo austriaco di origini italiane" – Zur italienischen Rezeption des Dramatikers Peter Turrini
Juan Antonio Albaladejo Martínez
Die Theaterrezeption Peter Turrinis in Spanien
Malgorzata Leyko
"Die Polen denken anders." Die polnische Rezeption von Tod und Teufel
ÜBERSETZUNGSBERICHTE
Heinz Schwarzinger
Zur Rezeptionsgeschichte Peter Turrinis in Frankreich
Silvia Berutti-Ronelt
Meine Erfahrungen und Probleme beim Übersetzen von Turrini-Texten in die französische Sprache
Renée von Paschen
Peter Turrini's Plays and Poetry in English Translation
EPILOG
Claude Brozzonti
Ganz einfach das Leben
Christine Grond-Rigler
Die internationale Rezeption der Dramen von Peter Turrini
Ich bin immer wieder dort zuhause, wo das Theater ist, die Theaterleute, sie sind meine Heimat, sie sind meine Familie.1 Wenn ein literarischer Text in eine andere Sprache transferiert und als Theatertext in dieser Sprache aufgeführt wird, ist anzunehmen, dass sich auch die Wirkung dieses Textes in seinem neuen kulturellen Umfeld von derjenigen der Ursprungskultur unterscheiden wird. Der Text wird, abgesehen von der jeweils spezifischen Interpretation durch die Beteiligten an der jeweiligen Produktion, auch durch länder- oder regionenspezifische Parameter in einen neuen Verständniskontext übertragen. Am Beispiel des europäischen Kontinents sieht man, dass von einer Lesart zur anderen oft nur ein verhältnismäßig kurzer Weg zurückzulegen ist. Die Rezeption der Dramen von Peter Turrini in nicht-deutschsprachigen Ländern genauer zu betrachten, bringt nicht nur für die Turrini-Forschung, sondern auch im Hinblick auf andere Bereiche der Literaturwissenschaften einen Erkenntnisgewinn und eröffnet weitere Forschungsansätze. Die zitierten Rezeptionsdokumente zu ausländischen Turrini-Produktionen beispielsweise geben Hinweise darauf, welche Vorstellungen von österreichischer Literatur sich außerhalb des deutschen Sprachraums hartnäckig halten oder als Folge von Kanonisierungsvorgängen verbreitet und tradiert werden. Wie stark die Kunstform Literatur im Zusammenspiel mit den Medien auch die Vorstellungen von einem Land mitprägen kann, lässt sich aus diesen Rezeptionsdokumenten ebenfalls ableiten. Der äußerst umfangreiche Vorlass von Peter Turrini im Archiv der Zeitgenossen – Sammlung künstlerischer Vor- und Nachlässe in Krems enthält eine Fülle von Aufführungsdokumenten, die rege Übersetzungs- und Aufführungsaktivitäten in Bezug auf seine Stücke belegen. Im Rahmen einer Tagung im November 2014 – anlässlich Turrinis siebzigstem Geburtstag – sollte diesen Aktivitäten genauer nachgegangen und weitere empirische Fakten gesammelt werden. Ein Call for Papers brachte für ein doch recht spezifisches Thema eine beachtliche Anzahl von Themenvorschlägen von Literatur- und TheaterwissenschafterInnen, TranslationsforscherInnen und ÜbersetzerInnen. Der nun vorliegende Band enthält die Tagungsbeiträge in ausgearbeiteter Form, erweitert um einen zusätzlichen Beitrag aus Slowenien. Insgesamt werden Einblicke in die Turrini-Rezeption und die Theaterkultur in neun Ländern (Dänemark, Norwegen, Schweden, Polen, Slowenien, Kroatien, Italien, Spanien, Frankreich) und zehn Sprachen (diejenigen der neun Länder zuzüglich Englisch) gewährt. An dieser Stelle danke ich den Autorinnen und Autoren, deren Bereitschaft, sich auf das Thema der internationalen Rezeption des Dramatikers Peter Turrini einzulassen, diesen Sammelband überhaupt ermöglicht hat. Der erste Teil des Bandes umfasst Rezeptionsanalysen von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern im Sinne detaillierter Aufführungsgeschichten in einzelnen europäischen Ländern. Welche Stücke wurden aufgeführt? Wie wurden sie in den Theaterkritiken aufgenommen? Welche Besonderheiten in Bezug auf die Aufführungskontexte sind zu beobachten? Für den skandinavischen Raum dokumentieren Erich Unglaub (Dänemark) und Elin Nesje Vestli (Norwegen, Schweden) mit ihren Beiträgen den Umgang mit Turrinis Dramen in Ländern, die nicht vom Katholizismus historisch geprägt sind. Es sind daher jene Stücke, in denen nicht die Auseinandersetzung mit dem katholischen Österreich im Vordergrund steht – wie Turrinis Neudichtung von Goldonis Mirandolina (bei Turrini Die Wirtin) sowie Die Minderleister und Alpenglühen –, die in Skandinavien Eindruck hinterlassen haben. Im südlichen Europa ist die Turrini-Rezeption sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während in Italien das Werk Turrinis noch seiner Entdeckung harrt (Silke Felber), hält Slowenien (Tanja Žigon und Urban Šrimpf), was die Anzahl der Aufführungen betrifft, mit Polen und Frankreich mit. In Kroatien (Rikard Puh) ist vor allem die nachhaltige Wirkung einer erfolgreichen Produktion von Turrinis Die Wirtin beachtenswert. Spanien (Juan Antonio Albaladejo Martínez) hat einige Turrini-Produktionen in Katalonien zu bieten, die in Zusammenhang mit der für Spanien spezifischen Rezeption von deutschsprachiger Literatur zu betrachten sind: Diese wird von Literatur aus Deutschland dominiert, während die österreichische deutlich weniger Wahrnehmung erfährt und gerne mit touristischen Klischeebildern von Österreich und deren Demontage in Verbindung gebracht wird. Malgorzata Leyko zeigt in ihrem Beitrag über die Inszenierung von Tod und Teufel durch den polnischen Regisseur Zbigniew Brzoza in Warschau beispielhaft, welchen Steuerungsmechanismen die Rezeption von Dramenliteratur generell ausgesetzt ist. Ein Stück ist der Veränderung und Interpretation durch den Regisseur und seiner Produktionscrew ausgeliefert – Momente, die immer auch den Erfolg am Theater mitbestimmen. Nicht nur verändert sich der Text selbst durch die Übersetzung, sondern es kommen mit den verschiedenen Ebenen der Inszenierung (Regie, Bühnenbild, Kostüm, Schauspielerleistung, Musik) noch weitere Elemente der künstlerischen Bearbeitung hinzu. Was das Publikum zu sehen bekommt, muss nicht unbedingt der Intention und den Vorstellungen des Autors entsprechen. Das gilt selbstverständlich auch für jede Produktion in der Originalsprache des Werks, jedoch ist in Sprachen, derer der Autor selbst nicht mächtig ist, für diesen selbst eine Beurteilung und somit Einflussnahme schwierig – sein Werk verselbständigt sich also in höherem Ausmaß. Gerade in Polen fand Turrinis Werk starke Verbreitung, die sich nicht nur darin manifestiert, dass bisher zwölf seiner Stücke an Theatern in diesem Land gespielt wurden, sondern auch an seinem Stellenwert an den Germanistik-Instituten der polnischen Universitäten erkennbar ist. Im Oktober 2014 organisierte das Institut für Germanistische Philologie der Universität Wroclaw eine Tagung zu Peter Turrini, an der über zehn der Kurzvorträge allein von polnischen Kolleginnen und Kollegen gehalten wurden. Eine derart hohe Dichte an Turrini-ForscherInnen ist beachtlich und wird in der Publikation der polnischen Kollegen eindrücklich belegt.2 Die Rezeption eines Autors in fremden Sprachräumen profitiert von der Arbeit der literarischen Übersetzer, die im Idealfall auch gedruckt erscheinen sollte, was keine Selbstverständlichkeit ist. Heinz Schwarzinger hat dem Werk Turrinis durch seine Übersetzungen und sein Vermittlungsgeschick in Frankreich einen Stellenwert als Theaterautor verschafft – in seinem Beitrag zeichnet er diese Rezeptionsgeschichte im Kontext der Besonderheiten der an Standardsprache orientierten französischen Theaterkultur nach. Die Übersetzerinnen Silvia Berutti-Ronelt (Deutsch-Französisch) und Renée von Paschen (Deutsch-Englisch) beschreiben in ihren Texten die Herausforderungen der Übersetzungsarbeit. Vor allem durch die Vielzahl an konkreten Textbeispielen im Beitrag von Paschens wird ersichtlich, wie sehr das literarische Werk dabei Gefahr läuft, eine Umdeutung zu erfahren oder Komplexitätsverluste zu erleiden, und worin gerade bei Turrini die Schwierigkeiten der Übertragung liegen können. Der letzte Beitrag dieses Bandes ist weder wissenschaftlich noch analytisch, sondern von der Leidenschaft des Theaterpraktikers geprägt. Der Regisseur Claude Brozzoni verleiht seiner Sympathie für den Dramatiker Turrini Ausdruck und gibt zugleich ein Beispiel für das Funktionieren einer Theaterfreundschaft über Sprachgrenzen hinweg (Turrini spricht kein Französisch, Brozzoni spricht kein Deutsch, ihre Gespräche führen sie auf Englisch). Den Theatertext C’est la vie (Uraufführung 2014) schrieb Turrini für die Compagnie Brozzoni, die im Oktober 2015 die französische Erstaufführung in Annecy herausbrachte. So unterschiedlich die Aufnahme der Turrini-Dramen in den verschiedenen Ländern auch sein möge, lassen sich doch Übereinstimmungen, Parallelen und Wechselwirkungen feststellen. Zum Beispiel ergibt eine Berechnung auf Basis der in diesem Sammelband vorliegenden Daten als meistgespieltes Stück Turrinis allererstes, nämlich Rozznjogd (Uraufführung 1971), gefolgt von Josef und Maria (Uraufführung 1980). Auffällig ist außerdem, dass die Dichte der Produktionen in nicht-deutschsprachigen Ländern mit der Direktionszeit Claus Peymanns am Wiener Burgtheater zwischen 1986 und 1999 deutlich zunimmt. In dieser Zeit gelangten sechs Theaterstücke Turrinis in viel beachteten und teilweise umstrittenen Produktionen auf Bühnen des Burgtheaters zur Uraufführung.3 Diese Ära scheint auch das Bild der österreichischen Literatur im Ausland entscheidend mitgeprägt zu haben, indem Peymann durch seine Vorliebe für Thomas Bernhard, Peter Handke, Elfriede Jelinek und Peter Turrini einer in Bezug auf das eigene Land sehr kritischen Riege von Autorinnen und Autoren internationale Aufmerksamkeit verschaffte. ______________ 1 Peter Turrini: Tagebucheintrag, 1992,...