Gruber | Tiermärchen aus China | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 196 Seiten

Gruber Tiermärchen aus China

Tiermärchen vieler Völker, Band 5
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-86532-640-9
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Tiermärchen vieler Völker, Band 5

E-Book, Deutsch, 196 Seiten

ISBN: 978-3-86532-640-9
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



»›Das silberne Tor ist verschlossen. Keiner kommt hindurch!‹ Er wandte sich um und sah im silbernen Licht neben dem Tor eine kleine weiße Schlange …«

Bauern, Kaiser und Prinzessinnen, Schlangen, Drachen, Füchse und Tiger - ihre Geschichten werden hier in den »Tiermärchen aus China«, dem 5. Band der Reihe »Tiermärchen vieler Völker«, von Alexander Gruber neu erzählt. Zum großen Teil aus mündlicher Überlieferung des einfachen Volkes stammend, erinnert uns die Tierwelt in den vorliegenden 29 Märchen an die wesentliche Lebensgrundlage von uns Menschen. Zudem bringen uns die Märchen das Geisterreich nahe, welches einen integrativen Bestandteil der chinesischen Kultur darstellt. Auch ein bunter Reigen kleiner und großer Märchenheldinnen und -helden erscheint.

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Vorwort

Die Froschprinzessin
Der Leopard
Ein Drachensohn
Die Fuchshöhle
Die Löwen mit den roten Augen
Warum die Bären kurze Schwänze haben
Das brave Maultier
Vom Vogel Pong
Hund und Katz
Der Ameisenkönig
Schi Yungs Heirat
Die Heimkehr der alten Schildkröte
Fischen in der Schwarzdrachenbucht
Der freche Fuchs
Die Tigerschule
Mitleid mit den Tieren
Hündchen, Wölfin und drei Schwestern
Vom Hasen
Das Boot aus Papier
Das Märchen von der Fledermaus
Schildkröte und Schmetterling
Drachenaugen
Mit dem Tiger kämpfen
Drachenkönigs Tochter und Wang Sanlang
Schlangeneier
Das Fuchsloch
Fuchsfeuer
Der kleine Jagdhund

Nachwort


Die Froschprinzessin Seit der Jangtsekiang-Strom und sein Tal durch den gewaltigen Staudamm Ende des vorigen Jahrtausends verwandelt worden ist – sein Wasserspiegel hob sich um sechzig bis siebzig Meter! – hat auch die gebirgige Landschaft an seinen Ufern sich verändert: Straßen, Dörfer, Städte und Tempel wurden hangaufwärts verlegt, neu gebaut, auch Fabriken wurde angesiedelt; vieles Alte blieb stehen und liegt jetzt unter Wasser. In der Zeit unseres Märchens aber war das alles ganz anders. Da wurde am mittleren Verlauf des Stroms der Froschkönig sehr verehrt. Er hatte einen Tempel, der jetzt in den Fluten versunken ist, und dort gab es Frösche zu Tausenden und Abertausenden: kleine Hüpfer, aber auch riesengroße. Wenn ein Mensch den Zorn des Gottes zu spüren bekam, geschahen seltsame Dinge in seinem Haus: Frösche hüpften auf den Tischen und in den Betten herum, glitten an den Wänden auf und ab und aus Truhen und Schränken, Schüsseln und Töpfen, ja, sogar aus den Kesseln und Kasserolen in der Küche kamen sie. Das verkündete Unglück und war schon ein Unglück! Die Hausbewohner gingen und erwarben ein Rind ohne Fehl und brachten es als Opfer im Tempel dar. Und sie hofften, dass nichts weiter geschehen würde. Damals wuchs ein Knabe in dieser Gegend auf, der hieß Siä Kung-Schong. Ein kluger und schöner Junge war das. Und als er sieben Jahre alt war, kam eine Dame, ganz in Grün gekleidet, ins Haus. Sie sagte, sie sei eine Botin des Froschkönigs und wolle kundtun, dass dieser seine Tochter dem jungen Siä zu vermählen gedenke. Der alte Siä war ein ehrlicher, wenn auch etwas beschränkter Mann, und diese Sache passte ihm nicht, also schlug er sie rundweg aus: sein Sohn sei noch zu jung. Aber später wagte man doch nicht, nach einer anderen Frau für den Sohn Ausschau zu halten. Nach einigen Jahren – der Junge war inzwischen herangewachsen – verabredete man doch eine Heirat mit einem Fräulein Giang. Doch da ließ der Froschkönig deren Vater mitteilen: »Der junge Siä ist mein Schwiegersohn. Wie kannst du dich unterstehen, Früchte in fremden Gärten pflücken zu wollen?« Und natürlich fürchtete sich Vater Giang deswegen und nahm sein Wort zurück. Das wiederum betrübte den alten Siä. Er bereitete ein Opfer vor und ging in den Tempel. Dort sagte er im Gebet, er fühle sich unwürdig, mit einem Gott in Verwandtschaft zu treten. Als er sein Gebet beendet hatte, zeigten sich jedoch im Opferfleisch weiße fette Maden, die darin umherwimmelten, und kleine Fliegen im Wein. Voll schlimmer Ahnungen ging er zurück nach Hause. Nun wusste er sich nicht mehr zu helfen; er ließ den Dingen ihren Lauf. Der junge Siä, als er eines Tages über die Straße ging, wurde von einem Boten angehalten, der ihm Bitte und Auftrag des Froschkönigs überbrachte, sofort zu ihm zu kommen. Was blieb ihm übrig? Er musste dem Boten folgen. Der führte ihn durch ein rotes Tor in prächtige Gemächer. Weit hinten im Saal saß, sieben Stufen erhöht, ein weißhaariger Greis, dem sich Siä ehrerbietig nahte, und vor dem er sich auf den Boden warf. Der Alte hieß ihn aufstehen und wies ihm seitwärts einen Platz am Tisch an. Weiber und Mägde drängten herein, den Gast zu betrachten, aber der Alte hieß sie, im Gemach anzusagen, der Bräutigam sei gekommen. Eilfertig drängten die Weibsen wieder hinaus, und nach einiger Zeit trat eine würdevolle Alte aus dem inneren Gemach, die ein Mädchen an der Hand führte, das sechzehn Jahre alt sein mochte und sehr sehr schön war, schön ohnegleichen. Der Greis wies auf das Mädchen und sagte: »Dies ist mein zehntes Töchterchen. Ich dachte mir, ihr beide passt gut zusammen. Doch dein Vater hat uns verschmäht, weil unsere Art verschieden ist. Aber die Heirat ist fürs ganze Leben wichtig, und die Eltern können sie nicht allein bestimmen. Auf dich selbst kommt es am allermeisten an.« Siä sah das Mädchen unentwegt an; sein Herz hüpfte und sagte ›Ja‹. So saß er schweigend. Die Alte sprach: »Ich weiß und sehe: der junge Herr ist einverstanden. So geh nur voraus, wir bringen euch die Braut.« »Ja!«, sagte Siä und ging zu seinem Vater, um’s ihm anzusagen. Der erschrak, dachte sich dann einen Vorwand aus, unter dem er ihn zurückschicken und dankend ablehnen lassen wollte. Doch Siä ging nicht. Während sie noch hin- und her redeten, fuhr der Wagen mit der Braut vor. Eine zahlreiche Schar Grünberockter lief voraus, lief auf beiden Seiten und lief dahinter. Die Braut stieg aus und betrat das Haus. Ungemein höflich verbeugte sie sich vor den Schwiegereltern, die, als sie die schöne und überaus reich gekleidete Braut sahen, hoch erfreut waren. Auf den Abend wurde die Hochzeitsfeier angesetzt, die in Frieden und Freude gehalten wurde. Sternfunkelnd war die Nacht des jungen Paares, und waren die weiteren Nächte. Einträchtig waren die Tage. Häufig auch kamen die Schwiegereltern zu kurzen Besuchen. Trugen sie rote Kleidung, stand ein glückliches Ereignis ins Haus, trugen sie weiß, kündigte das einen sicheren Gewinn an; so wurde die Familie allmählich reich und begütert. Doch wie nicht anders möglich, es gab ein Aber: Seit dieser Verbindung mit der Sphäre der Götter waren im Hause, in allen Zimmern, Räumen und Höfen eine Unzahl von Fröschen: Frösche klein und groß, grün und braun, Frösche überall, und niemand wagte, sie zu verscheuchen, oder ihnen etwas zu tun. Nur Siä, der jung war und ganz und gar unerschrocken, ärgerte sich über sie. War er guter Laune, waren sie ihm egal, war er unmutig und ärgerlich, dann fegte er sie beiseite, ja, trat sie wohl absichtlich tot. Die junge Frau, so fügsam und bescheiden sie war, wurde doch leicht heftig und war mit Siäs Verhalten keineswegs einverstanden. Sie tadelte ihn deshalb, und das ließ ihn aufbrausen. »Denkst du denn«, sagte er, »weil deine Eltern Unglück über die Menschen bringen können, fürchtet sich ein richtiger Mann vor einem Frosch?« Die junge Frau, die den Namen ›Frosch‹ niemals nannte, machte das zornig. Sie sagte: »Seitdem ich in diesem Haus bin, tragen eure Felder das Doppelte, und eure Geschäfte bringen doppelten Gewinn. Das achtest du für Nichts? Jetzt, wo ihr in der Wolle sitzt, wo jeder sich herausgefüttert hat, machst du’s der jungen Eule nach, die der alten die Augen aushackt, sobald sie flügge ist?« Da entflammte Siäs Zorn noch heftiger, noch schärfer: »Ja, ja, ja!«, rief er. »Dieses Zunehmen, diese Gaben widern mich an! Sie sind unrein! Schleimig! Solchen Besitz auf Söhne und Enkel vererben will ich nicht! Besser wär’s, wir trennten uns auf der Stelle!« Sie verließ das Haus stehenden Fußes. Noch bevor es seine Eltern erfuhren, war sie fort. Er hatte sie verstoßen. Vater und Mutter schalten ihn und sagten, er solle auf der Stelle gehen und sie zurückholen, doch er gab nicht nach. Noch in dieser Nacht erkranken Mutter und Sohn, wurden matt, aßen nichts. Der Vater, erschreckt und tief besorgt, eilte in den Tempel und bat um Vergebung – so flehentlich, dass die Kranken nach drei Tagen wieder gesund wurden. Auch die Froschprinzessin kehrte ins Haus zurück, und das junge Paar lebte wieder miteinander so glücklich wie zuvor. Häusliche Pflichten jedoch nahm die junge Frau nicht mehr wahr. Schminke, Zierrat, Schmuck, Haartracht und Kleidung – damit brachte sie den Tag zu. Das ärgerte die Schwiegermutter, und schließlich sagte sie: »Mein Sohn hat eine Frau, aber alle Arbeit hängt an mir. Anderswo dient die Schwiegertochter der Schwiegermutter, aber hier bediene ich die Schwiegertochter!« Das hörte die junge Frau. »Wie jetzt?«, sagte sie. »Jeden Morgen und jeden Abend sehe ich nach Euch, erkundige mich nach Eurem Wohlergehen und ob Euch etwas fehlt. Soll ich putzen und waschen und arbeiten wie eine Magd? Nicht im Traum!« Die Schwiegermutter blieb still, aber weinte. Sie fühlte sich beschämt. Der Sohn kam dazu und bemerkte die Tränen. Er fragte nach dem Grund und erfuhr ihn. Wieder wurde er zornig und schalt seine Frau, die alle Vorwürfe zurückwies, bis er erbost sagte: »Eine Schwiegertochter muss der Mutter ihres Mannes Freude machen, sonst wär es besser, keine Frau zu haben. Was kann der alte Frosch mir schließlich tun? Mir Unglück schicken und das Leben nehmen? Soll er doch!« Und so verstieß er seine Frau zum zweiten Mal. Die Prinzessin verließ das Haus abermals und verschwand. Am nächsten Morgen brach Feuer aus. Vom Wohnhaus sprang es auf die anderen Gebäude über: alles verbrannte. Siä ging in den Tempel und sagte wütend: »Eine Tochter aufziehen, die ihren Schwiegereltern nicht gefällig ist, das zeigt, dass man keine Zucht im Hause hat. Die Götter sind gerecht, heißt es! Ist es gerecht, meine Eltern zu bestrafen, die mit dem Streit zwischen meiner Frau und mir rein gar nichts zu tun hatten? Wenn Strafe, dann bringt sie über mich! Aber weil Ihr nun Haus und Hof verbrannt habt, verbrenn ich Eures auch!« Er ging hinaus, häufte Holz und Reisig am Tempel auf und wollte ihn anzünden. Die Nachbarn sahen es, kamen gelaufen und hinderten ihn. Da schluckte er seine Wut hinunter und ging nach Hause zu den Brandruinen. Seine Eltern, als sie davon hörten, wurden bleich und zitterten, doch in derselben Nacht erschien der Gott den Leuten im Nachbardorf und befahl ihnen, das Haus und Gehöft seines Schwiegersohns wieder aufzubauen, und als es Tag wurde, schleppten sie das Bauholz heran, und alle machten sich an die Arbeit. Die Häuser und Scheunen wurden errichtet, die Teppiche und Vorhänge, die Kisten und Kasten herbeigeschleppt, Geschirr und Vasen hereingetragen, alles wurde neu und schöner wiederhergestellt, und als alles fertig war, kam auch die Prinzessin wieder. Sie...


Alexander Gruber wurde 1937 in Württemberg geboren. Seit 1967 arbeitete er als Lektor und Dramaturg beim S. Fischer Verlag. Später ging er als Chefdramaturg an die Bühnen der Stadt Bielefeld. Er ist erfolgreicher Theaterautor, unter anderem vieler Kinderstücke, die größtenteils auf der Erstfassung der Brüder Grimm gründen, und er hat zahlreiche englische und französische Dramen, darunter viele Opernlibretti, übersetzt und bearbeitet.



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