Gruber | Tiermärchen aus dem Vorderen Orient | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 142 Seiten

Gruber Tiermärchen aus dem Vorderen Orient

Tiermärchen vieler Völker, Band 3
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-86532-554-9
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Tiermärchen vieler Völker, Band 3

E-Book, Deutsch, 142 Seiten

ISBN: 978-3-86532-554-9
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



»Sie flogen fort und gelangten auf eine Insel, mit schönen Bäumen bestanden und von klaren Bächen durchflossen, aus denen sie trinken konnten. Hier bauten sie ihr Nest und lebten in Frieden und ohne Angst. Da kam eines Tages ...« So beginnt das bildstarke und kluge Märchen von den »Tieren und dem Menschen« aus ?1001 Nacht?. Über 20 Märchen und Geschichten aus dem Vorderen Orient mit dem Duft und dem Witz des ?Morgenlands? und seiner über zweitausendjährigen Geschichte versammelt dieser 3. Band der Reihe »Tiermärchen vieler Völker«. Alexander Gruber erzählt sie kraftvoll und neu und hat sie, zur besseren Orientierung, mit erläuternden Anmerkungen versehen.

Alexander Gruber wurde 1937 in Württemberg geboren. Seit 1967 arbeitete er zunächst als Lektor und Dramaturg beim S. Fischer Verlag. Später ging er als Chefdramaturg an die Bühnen der Stadt Bielefeld. Er ist erfolgreicher Theaterautor, unter anderem vieler Kinderstücke, und hat zahlreiche englische und französische Dramen übersetzt und bearbeitet.
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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Katzen mit Kerzen / Ich, Esel/ Fuchs in Zucchini / Der Rabenpascha und seine Geschenke / Der Sohn des Sultans / Eine arabische Maus / König Salomo und die Zikade / Ein gebratener Fisch tut das Maul auf / Schick was, worauf man reiten kann / Der Todesbote / Die Bärin als Amme / Die blutige Bestie / Wie ein toter Fisch wieder lebendig wird / Die Tiere und der Mensch / Der Igel als Ratgeber / Vom Elefanten, der /
Märchen von dem Kamel, das weinte / Der Bär im Nussbaum / Die Straußendame des Sultans / Der fromme Weber und der Krebs / Das Testament des Hundes


Der Rabenpascha und seine Geschenke

Jung war die Frau nicht mehr, hatte aber einen Sohn, einen Glatzkopf schon in jungen Jahren. Jeden Morgen brachte sie ihn in die Schule, er haute aber ab, sobald sie weg war, oder er stritt sich mit den anderen Kindern, oder war frech zum Lehrer. Eines Tages, als ihm unterwegs langweilig war, fing er ein Dutzend Vögel und brachte sie nach Hause. Seine Mutter rupfte und briet sie. Darüber vergaß sie sogar, ihn auszuschimpfen, weil er aus der Schule gelaufen war. Das fand der Glatzkopf gut und fing ab da jeden Tag dreißig Vögel, und seine Mutter war zufrieden.

Eines Tages fing er einen Raben, aber der sagte zu ihm: »Lass mich fliegen, ich mach dich reich!« – »Du?«, sagte der Glatzkopf. »Ein Rabe, der sich selber nicht helfen kann?« – »Stell mich auf die Probe!«, sagte der Rabe. »Du hast von meinem zähen Fleisch eh nicht viel.« – »Da hast du Recht«, sagte der Glatzkopf. »Ich lass dich frei. Aber wer bürgt mir dafür, dass du dein Wort hältst? Wo find ich dich hernach?« – »Siehst du den Berg dort? Dahinter wohn ich. Frag nach mir, und man führt dich zu mir.« – »Gut!«, sagte der Glatzkopf und ließ den Raben frei. Der flog krächzend davon.

Die Mutter schalt den Glatzkopf an diesem Tag, denn er war nicht zur Schule gegangen, hatte aber auch keine Vögel mitgebracht. Stattdessen erzählte er von dem Raben, und die Mutter sagte: »Dann gehst du morgen da hin!«

Also stand der Glatzkopf am andern Morgen auf und wollte sich auf den Weg machen. »Gib mir zwei Groschen!«, sagte er zu seiner Mutter. »He, hör mal! Woher soll ich zwei Groschen nehmen? Wir haben ja kaum noch was zu essen«, sagte sie. – »Leih sie mir! Wenn ich zurückkomme von dem Raben, kriegst du sie wieder – und mehr! Komm ich mit leeren Händen zurück, geh ich arbeiten und verdiene die zwei Groschen und geb sie dir.« Sie gab ihm also das Geld, und er stapfte los.

Am Fuß des Berges traf er auf einen Hirten, der hütete da seine Schafe. Der Glatzkopf sagte: »Schalom!« Und: »Schalom!«, antwortete der Hirte. »Wo ist denn das Haus des Raben?«, fragte der Glatzkopf. – »Geh da übern Berg, und unten in der Ebene wohnt der Rabenpascha. Aber sei bloß vorsichtig! Der hat nämlich zwei bissige Hunde, die keinen in die Nähe lassen. Sogar die Vögel haben Angst vor denen.« – »Verkauf mir doch, bitte, ein Schaf aus deiner Herde!«, sagte der Glatzkopf und kaufte eins für zwei Groschen. Das schnitt er mitten durch, nahm in jede Hand eine Hälfte und ging über den Berg.

Er war schon fast bei dem Haus des Rabenpaschas in der Ebene, da rannten zwei riesengroße Hunde zähnefletschend auf ihn zu, die knurrten, bellten und geiferten schon von weitem. Schnell warf er jedem eine Schafshälfte hin. Da stürzten sie sich drauf, und der Glatzkopf ging zum Haus. »Hallo! Ist das das Haus des Rabenpaschas?« Die Frau des Raben kam heraus. »Ja, das ist es. Komm bitte!« Und sie brachte den Gast herein. »Setz dich!«, sagte sie zu ihm und rief nach dem Raben.

Der kam alsbald und erkannte den Glatzkopf wieder. »Frau!«, rief er. »Bring Polster! Bring Decken! Mach uns ein gutes Essen! Wir haben einen Ehrengast!« Sie aßen und tranken bis in die Nacht, und der Rabe bot dem Glatzkopf ein Nachtlager an, der wohlig darin lag, aber doch nicht schlafen konnte, denn er rätselte, warum der Rabe nichts von seinem Versprechen gesagt hatte, dass er ihn reich machen wolle.

Am andern Morgen verabschiedete der Rabe den Glatzkopf, holte einen Esel aus dem Stall und gab ihm den. »Was denn!«, sagte der Glatzkopf, »du wolltest mich reich machen und gibst mir einen Esel? Was soll ich mit dem?« – »Du bist nicht bloß ein Glatzkopf«, sagte der Rabenpascha. »Du bist auch ein Dummkopf. Das ist kein gewöhnliches Grautier. Der Esel gibt dir Geld soviel du willst.« – »Wie das denn? Ein Esel?!« – »Wieviel Geld willst du?« – »Na, einen Groschen!« – Und der Rabe sagte zu dem Esel: »Gib ihm einen Groschen!« Und der Esel schiss sofort einen Groschen hin. »Ich will fünf Groschen haben!«, schrie der Glatzkopf. Schon waren wahrhaftig fünf Groschen geschissen! Ja, jetzt glaubte der Glatzkopf dem Raben, setzte sich auf den Esel, rief: »Danke!« und ritt über den Berg.

Als er heimkam, und seine Mutter ihn sah, fing sie ein Gezeter an: »Ha! Ist das dein Reichtum?! Eine Rabeneselei?! Was sollen wir denn mit einem Esel?!« – »Sei nur still, Mutter, wirst schon sehen!« Und er führte den Esel in die Stube. – »He!«, schrie seine Mutter. »Bist du jetzt ganz verrückt geworden?!« – »Bring eine Decke! Da hinten hin! Wieviel Geld willst du?« – »Ich? Zwanzig Pfund! Wir müssen endlich was zum Essen kaufen!« – »Esel! Gib zwanzig Pfund!« Und der Esel fing an, Geld zu scheißen, genau zwanzig Pfund. Dann wollte die Mutter fünfzig Pfund. »Ich brauch was zum Anziehn!« Schon schiss der Esel fünfzig Pfund. Und es ging hoch her! Glatzkopf und seine Mutter bauten ein neues Haus und lebten herrlich und in Freuden. Das ganze Städtchen war verblüfft und wunderte sich.

Dann sagte die Mutter eines Tages: »Glatzkopf, nimm den Esel und das Korn da in dem Sack, geh zur Mühle und lass es mahlen!« Das tat der Glatzkopf, ritt zur Mühle, und der Müller mahlte ihm das Korn. – »Kostet?«, fragte der Glatzkopf. »Ein halbes Pfund«, sagte der Müller. »Ein halbes Pfund!«, sagte der Glatzkopf zum Esel, und der schiss ein halbes Pfund. Damit bezahlte der Glatzkopf den Müller, der offenen Maules dastand, nahm das Mehl und ritt nach Hause.

»Wahrhaftiger Gott!«, schrie der Müller und erzählte allen in der Mühle, Weib, Kind, Gesinde, Hund und Katz, was er da gehört und gesehen hatte, und fragte sie, wie man an diesen Esel kommen könnte. Es wurde geratschlagt hin und her und schließlich beschlossen, dass man einen genau gleich aussehenden Esel kaufen wollte.

Als der Glatzkopf das nächste Mal zur Mühle kam, lud er ab, band seinen Esel draußen an und passte drinnen auf, dass er das richtige Mehl bekam. Schon wurde der Esel ausgetauscht. – »Wieviel?«, fragte der Glatzkopf, als das Korn gemahlen war. »Nu, wie immer: ein halbes Pfund!«, sagte der Müller. Doch als der Glatzkopf draußen ein halbes Pfund vom Esel verlangte, verschüttelte der kein Ohr. – »Was denn?!«, schrie der Glatzkopf. »Ihr habt meinen Esel vertauscht! Bagage elendige! Gebt meinen Esel her!« – »Du musst besoffen sein, Glatzkopf, und das am hellichten Tag! Was willst du? Einen Esel, der Geld scheißt? Wo gibt’s denn so was? Hehe!«

Da war nichts zu wollen! Der Glatzkopf kam mit hängenden Ohren nach Haus zurück und musste seiner Mutter sagen, was passiert war. – »Ach, du meine Güte! Du Blödmann! Du Dummkopf! Bestimmt hast du beim ersten Mal vor den Augen des Müllers vom Esel das Geld verlangt, und der hat ihn diesmal vertauscht. Wir können den Müller noch nicht einmal verklagen – welcher Richter glaubt uns, dass wir einen Esel hatten, der Geld scheißt? Du musst noch einmal zum Rabenpascha gehn, ob der dir hilft!«

Am nächsten Morgen schlich der Glatzkopf zum Haus des Rabenpaschas. Dem Hirten kaufte er für einen Groschen ein Schaf ab, teilte es und warf jedem Hund eine Hälfte hin, und als er ins Haus kam, sagte der Rabenpascha zu ihm: »He, man hat dir den Esel gestohlen!« – »Du weißt es schon?« – »Du hast dir bestimmt vor den Leuten Geld vom Esel scheißen lassen. Naja! Bleib erst mal eine Nacht hier.« Sie aßen und tranken und gingen schlafen, aber der Glatzkopf tat kein Auge zu. Warum hatte der Rabe nicht gesagt, dass er ihm helfen würde? Würde er helfen? Oder war es vorbei mit dem Reichtum?

Am andern Morgen gab der Rabe dem Glatzkopf einen Kürbis und wollte ihn verabschieden, aber der sagte: »Ein Kürbis? Und damit soll ich meinen Reichtum wieder gewinnen?« – »Pah, das ist ein besonderer Kürbis, muss ich dir sagen. Er kann den Leib eines Menschen anschwellen lassen.« – »Was? Äh, das verstehe ich nicht!« – »Willst du das am eigenen Leib ausprobieren?« – »Ja, natürlich!« – »Gut!« Der Rabe klopfte dreimal an den Kürbis und sagte: »Schlag zu, Kürbis, schlag zu!« Und da flogen zigtausend Wespen aus dem Kürbis, fielen in einer Wolke über den Glatzkopf her und fingen an ihn zu stechen. – »Hilfe! Aua! Hilfe!«, schrie der Glatzkopf. »Au! Au! Ich glaub es! Ich glaub’s ja! Rette mich! Hilf mir!« – Der Rabe schlug mit seinem Flügel auf den Kürbis und krächzte: »Genug!« Und schon flogen die Wespen zurück in den Kürbis. Der Glatzkopf nahm ihn ganz vorsichtig, bedankte sich und kehrte heim.

Dort erzählte er seiner Mutter, was der Kürbis konnte, aber sie glaubte ihm nicht. – »Aha! Du willst es ausprobieren?«, sagte der Glatzkopf. »Ja, will ich!«, sagte sie, und er klopfte auf den Kürbis, und schon – hast du nicht gesehen! – fielen Tausende von Wespen über seine Mutter her. »Nein! Nein!«, schrie sie. »Ich glaube dir! Ich glaube dir! Tu sie weg! Tu sie weg! Au! Au!« Und der Glatzkopf klopfte wieder auf den Kürbis; die Wespen verschwanden.

Daraufhin ging er zum Müller und sagte: »Gib mir meinen Esel, den Geldscheißer, zurück oder …! Dreimal warn ich dich, dann wird dein Ende bitter sein.« Dem Müller war, was er da hörte, ganz egal. Da ließ der Glatzkopf die Wespen heraus, na, die fielen über den Müller her und stachen ihn erbarmungslos zusammen. – »Halt! Halt!«, schrie der Müller im höchsten Diskant. »Du kriegst deinen Esel! Du kriegst ihn zurück! Hilf mir! Hilf mir!« Und der Glatzkopf klopfte auf den Kürbis, die Wespen verschwanden. Der Müller brachte den Esel, der sich ganz wund geschissen hatte, und der...


Alexander Gruber wurde 1937 in Württemberg geboren. Seit 1967 arbeitete er zunächst als Lektor und Dramaturg beim S. Fischer Verlag. Später ging er als Chefdramaturg an die Bühnen der Stadt Bielefeld. Er ist erfolgreicher Theaterautor, unter anderem vieler Kinderstücke, und hat zahlreiche englische und französische Dramen übersetzt und bearbeitet.



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