E-Book, Deutsch, 152 Seiten
Grün Mimikresonanz für Coaches
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7495-0081-9
Verlag: Junfermannsche Verlagsbuchhandlung
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 152 Seiten
ISBN: 978-3-7495-0081-9
Verlag: Junfermannsche Verlagsbuchhandlung
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Nicole Grün arbeitet als Coach mit Praxis in Reutlingen und ist spezialisiert auf die Weiterbildung von Coaches in den Bereichen Emotionserkennung und Emotionscoaching. Als Mimikresonanz-Trainerin navigiert sie sicher durch die Welt der Emotionen und weiß, dass Coaching wirkt. www.nicolegrün.de
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Psychologie Allgemeine Psychologie Kognitionspsychologie Emotion, Motivation, Handlung
- Wirtschaftswissenschaften Wirtschaftswissenschaften Wirtschaft: Sachbuch, Ratgeber
- Sozialwissenschaften Psychologie Psychologie / Allgemeines & Theorie Psychologie: Allgemeines
- Sozialwissenschaften Psychologie Allgemeine Psychologie Sozialpsychologie
Weitere Infos & Material
2. Coaching – Hilfe zur Selbsthilfe
Ein Coach ermöglicht die Hilfe zur Selbsthilfe und steuert den Prozess, der zum Ziel führt. Er selbst ist kein Lösungsanbieter. Akzeptanz, Vertrauen und Diskretion sind wichtige Grundpfeiler in der Zusammenarbeit zwischen Klienten und Coach.
Es geht für den Coach nicht darum, schnelles Geld mit menschlichen Befindlichkeiten zu erwirtschaften, sondern so gezielt und effektiv wie möglich und auftragsgebunden auf den verschiedenen Ebenen des Verhaltens, der Fähigkeiten, der Talente, des Wissens, des Glaubens, der Wertvorstellungen, der Persönlichkeit, der soziologischen Rollen und Systemzugehörigkeiten, der Sinnfindung mit der anvertrauten Person zu arbeiten.
Wir Coaches sollten daher über eine solide Ausbildung als Grundlage für unser Arbeiten verfügen, denn das sind wir den Klienten schuldig. Auch wenn das Coaching wie in meinem in der Einleitung geschilderten Beispiel trotz allem immer wieder zu unerwarteten Ergebnissen führen kann.
Sich nach einem Prozess, der einen unzufrieden zurücklässt, auf die Suche nach den Ursachen zu begeben bringt Experten oft in Kontakt mit eigenen Mustern und fordert dazu heraus, die eigene Medizin zu kosten: Fragen zu stellen und zu beantworten, Denkmuster zu durchbrechen, Motive zu ergründen, Zielsetzungen neu zu definieren und sich vielleicht sogar selbst coachen zu lassen.
Diese Suche kann deutlich machen, dass in der Zusammenarbeit mit Menschen unterschiedliche Blickwinkel auf die Welt, das Problem und den Prozess einerseits nötig sind und andererseits aber auch die Dynamik des Ablaufs beeinflussen.
Coaching ist wie eine Art Tanz: ein Contemporary, bei dem die Schrittfolge im Bewegungsablauf entsteht und auf dem Vertrauen basiert, dass derjenige, der führt, weiß, was er tut. Es geht um das Hineinspüren und das Gefühl für den Rhythmus. Wenn sich beide Protagonisten darauf einlassen, entsteht Resonanz. Aber das Ganze funktioniert nur dann, wenn der Führende weiß, was er tut, und der Folgende darauf vertrauen kann.
2.1 Erstkontakt – die tragfähige Grundlage
Alles beginnt mit dem Kennenlernen, denn hier wird der Grundstein für die Zusammenarbeit gelegt. Nicht nur fachliche Kompetenz und der Bezug zum Klientenumfeld, also die Erfahrung, die der Coach mitbringt, um mit dem Klienten an dessen Problem zu arbeiten, sondern auch Sympathie spielt eine erhebliche Rolle. Sympathie bedeutet hier nicht, dass man sich gleich vorstellt, beste Freunde werden zu können, sondern sie ist vielmehr das Fundament des Vertrauens. Kann man sich „riechen“? Auch das ist metaphorisch zu sehen, denn nicht immer besteht die Möglichkeit, ein Erstgespräch wirklich von Angesicht zu Angesicht durchzuführen. Manchmal lernt man sich während eines Telefonats kennen oder während einer Videokonferenz. In meinem Erfahrungsumfeld ist das Kennenlerngespräch immer kostenfrei, denn es ist sowohl für den Coach als auch für den Coachee ein wichtiger Gradmesser: Beide müssen miteinander „können“!
Es geht also bei diesem Gespräch nicht nur um die Auftragsklärung, sondern auch um eine erste Klärung auf der Beziehungsebene. Beide beteiligte Parteien haben dann die Möglichkeit zu entscheiden, ob sie miteinander arbeiten wollen und können. Wenn es für eine Seite nicht passt, sollte die gemeinsame Arbeit gar nicht erst begonnen werden. Ich habe beides erfahren – also sowohl, dass sich ein Coachee einen anderen Coach aussuchen möchte, als auch, dass ich als Coach nicht mit dem Coachee arbeiten möchte.
Wenn man eine solche Entscheidung bereits gleich nach dem ersten kurzen Kennenlernen treffen muss, kann sie sich natürlich auch als Fehler herausstellen, doch zumeist war ja subjektiv irgendeine Art von „Störung“ vorhanden, die das Miteinander erschwert hat oder hätte.
Zum wichtigsten Handwerkszeug eines Coaches gehört es, Fragen stellen zu können, und am besten sind es gute Fragen! Fragen, die das Problem einkreisen und die Motivation des Gegenübers herausfiltern.
Tipps für gute Fragen gibt es im Anhang.
2.2 Rahmenbedingungen – das Drum und Dran
Ebenso können beim Erstgespräch die Rahmenbedingungen geklärt werden:
- Wie soll gearbeitet werden (online oder offline)?
- In welchen Abständen wird gearbeitet?
- Wer hat welche Aufgaben (eventuelle Hausaufgaben für den Klienten etc.)?
- Wie lange dauert eine Sitzung? (Hier führen viele Wege nach Rom: In einer Therapie dauern Sitzungen meist 50 Minuten, im Coaching meist eine Stunde. Es können aber auch 90 Minuten oder mehr sein. Das vereinbaren Coach und Coachee miteinander. Wichtig ist nur die Transparenz.)
- Gibt es Add-ons (Videomitschnitte, wenn man online arbeitet, Protokolle oder Ähnliches)?
Auch Methodentransparenz kann wichtig sein. Wurde man wegen einer bestimmten Methode oder Art des Coachings konsultiert oder rein wegen des Fachgebiets? Hier sollte unbedingt Einigkeit zwischen den beiden Parteien bestehen, damit die Zusammenarbeit gelingen kann.
Ich bevorzuge Kennenlerngespräche, bei denen ich mein Gegenüber sehen kann, also per Videokonferenz (das ist heutzutage unproblematisch möglich über Anbieter wie Skype, Zoom oder auch Apple mit Facetime) oder am liebsten persönlich. Das hat für mich vor allem den Vorteil, die Person schon gleich kalibrieren zu können: Also zu sehen, wie sich der Körper verhält, welche Sprachmuster es gibt und wie intoniert wird. Welche Wörter benutzt das Gegenüber und wie werden diese durch Körpersprache begleitet? So erhalte ich schon eine ganze Menge Informationen, bevor es überhaupt um Inhalte des Coachings geht, und kann bereits zu diesem frühen Zeitpunkt in Resonanz gehen.
2.3 Mimikresonanz – die Methode
Schon beim ersten Gespräch bietet sich die Möglichkeit, Kenntnisse der Emotionserkennung über die Mimik einzusetzen. Kann man bei den Aspekten, die der zukünftige Klient berichtet, schon etwas im Gesicht entdecken? Wir benötigen einen emotional aufgeladenen Moment, um eine rasche muskuläre Bewegung in Form einer Mikroexpression sehen zu können. Wenn der Klient seine Motivation für ein Coaching erläutert, kann genau das bereits hier auftreten und Sie als Coach erhalten eine Idee von Ihrem Gegenüber und dem Problemzustand – ein hilfreicher Wissensvorsprung, der nicht nur dazu führen kann, dass sich der Gesprächspartner schon von Beginn an verstanden fühlt, sondern der letztlich auch zur tatsächlichen Auftragsvergabe beitragen kann.
Resonanz ist ein sehr wichtiger Part in der Mimikresonanz-Methode, die aus drei Schritten und dem damit verbundenen Fachwissen besteht:
Mimikscouting: Die Fähigkeit, die Zeichen der mimischen Muskulatur wahrzunehmen.
Mimikcode: Das Wissen, welche mimisch-muskuläre Bewegung zu welcher Emotion gehört.
Resonanztraining: Wahrnehmung und Wissen mit den passenden Worten in den Kommunikationsprozess einzufügen.
Mimikscouting bedeutet, sich auf die Spuren der Mimik zu begeben und damit eben auch genau hinzuschauen: dem Gesprächspartner ins Gesicht zu schauen und das so locker wie möglich, ohne durch starres Anstarren gleich einen psychopathischen Eindruck zu hinterlassen .
Gesellschaftlich und über Erziehung haben wir diese Form der Beobachtungsgabe häufig wirklich auf ein Minimum reduziert, nämlich auf das Minimum, das evolutionsbedingt vorhanden ist, um Gefahren zu identifizieren. Selbst ich ertappe mich im Alltag dabei, diese naturgegebene Fähigkeit nicht einzusetzen: Ich gehe etwa mit meinen kleinen Enkeln durch die Stadt – wer Kinder kennt, der weiß: „Kindermund tut Wahrheit kund“ – und meine Enkeltochter schildert lauthals eine genaue Beobachtung, die sich in etwa so anhört: „Omi, warum hat die Frau da so ein runterhängendes Auge?“ Und ich antworte spontan und ungefiltert: „Elisabeth, schau da nicht so hin!“
Das macht deutlich, dass genaues Beobachten wohl eher nicht erwünscht ist. Also schauen wir nicht mehr so genau hin, und damit entgehen uns oftmals wichtige Signale. Also gilt es, sich das wieder anzutrainieren, und zwar in einer gesellschaftlich verträglichen Art, denn stellen Sie sich vor, Sie wollten ab jetzt nichts mehr verpassen, gewöhnten sich das Blinzeln ab und starrten Ihr Gegenüber blinzellos an, um nur ja nichts Wichtiges zu verpassen – das wirkt sicher eher verstörend als beziehungsfördernd …
Es gibt einige Übungen die das lockere Beobachten trainieren, denn grundsätzlich verfügen wir über einen peripheren Blick und können dadurch in einem Winkel von bis zu 210° wahrnehmen, damit wir nicht durch die Pampa traben und denken: „Ach, was für ein spannender Kiesel“, sondern lieber in weiser Voraussicht einen beherzten Sprung zur Seite vornehmen, weil von dem unbekannten, glatten, schwarzen Ding Gefahr für Leib und Leben drohen könnte. Und siehe da, der zusammengefaltete Riesenskorpion wäre auch tatsächlich mit einem Stich tödlich gewesen und der Sprung zur Seite war somit lebensrettend!
Übungen hierzu finden Sie im Anhang.
Wenn wir nun also das genaue Hinschauen trainiert haben und damit in der Lage sind, auch feinste muskuläre Bewegungen beim Gegenüber wahrzunehmen, dann ist es natürlich auch wichtig, dass Sie einordnen können, was das denn gerade war. Hier kommt also der Mimikcode ins Spiel. Es gilt, die muskulären Bewegungen zuordnen zu können und zu wissen, was es bedeutet (oder auch nicht bedeutet), wenn sich ein bestimmter...