E-Book, Deutsch, 184 Seiten
Günther / Roeper Heute selbstständig, morgen reich!
2. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7526-3558-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Erinnerungen und Tipps eines Vollblutunternehmers
E-Book, Deutsch, 184 Seiten
            ISBN: 978-3-7526-3558-4 
            Verlag: BoD - Books on Demand
            
 Format: EPUB
    Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Als Frank Günther 1994 seine Firma Elektrotechnik Frank Günther gründete, war er plötzlich alles in einer Person: Geschäftsführer, Einkäufer, Verkäufer, Monteur, Marketingleiter und Sekretärin. "Viel Erfolg mit deiner Selbstständigkeit", klopfte sein Bruder ihm noch auf die Schulter, und Günthers Selbstständigkeit nahm Fahrt auf.  Mit Beginn des Jahres 2020 übergab der Unternehmer seine Firma mit mehr als hundert Beschäftigten an seinen ersten Gesellen und seinen ersten Azubi und machte sich als Unternehmensberater ein zweites Mal selbstständig.
Unternehmensgründer Frank Günther, Jahrgang 1964, leitete mehr als 25 Jahre seine Firma EFG und führte sie zum Erfolg. Heute teilt er als Unternehmensberater sein Wissen und seinen Erfahrungsschatz mit dem Nachwuchs.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
       Erster Teil
Geschichten aus meinem Leben
- was mich prägte und beflügelte
Die beste Firma der Welt
Rockstar würde ich werden. Das war beschlossene Sache. Also wuchtete ich als Fünfzehnjähriger meinen Gitarrenverstärker auf unseren Bollerwagen und kutschierte das Ding mit stolzgeschwellter Brust quer durch Schwarzenbek zum Proberaum. Verstärker ein, Lautstärke rauf, die erste Rückkopplung – sicher würde unsere Band gleich in den Rock-Olymp abheben. Wir Jungs waren begeistert, auch wenn die Karriere dann doch nicht so gut anrollte wie der Bollerwagen. Heute brauche ich so ein Gefährt nicht mehr. Ist unser Proberaum doch gleich dort unten, nur wenige Schritte von meinem Büro im Gebäude der „EFG Elektrotechnik Frank Günther GmbH & Co. KG“ entfernt, jener Firma, die ich vor fünfundzwanzig Jahren gegründet und deren Zukunft zum Jahresbeginn 2020 in die Hände meiner beiden Geschäftspartner, Volker Bethien und Stefan Zimmermann, gelegt habe. „Papa, ich werde mich selbstständig machen.“ Kurz vor dessen Tod hatte ich meinem schwerkranken Vater damals noch von dem Vorhaben berichten können. Er schenkte mir ein Lächeln. Wohl gefiel ihm, was ich umzusetzen gedachte. Ich glaube, eine Selbstständigkeit war einst auch sein Traum gewesen. Hatte mein am 2. Dezember 1932 als einer von elf Geschwistern geborener Vater Reinhardt Günther doch beruflich einen ehrgeizigen und erfolgreichen Weg genommen. Einst Anstreicher von Schiffsrümpfen im Hamburger Hafen und auf einer Art Schaukel stundenlang bei Wind und Wetter mit Pinsel und Farbeimer über Bord hängend, zwang eine Bleikrankheit ihn zum Berufswechsel. Als Fräser fing mein Vater in einer Schlosserei an und fand Gefallen an der Arbeit und bereitete sich an den Feierabenden ehrgeizig auf eine Gesellenprüfung vor. Kurzerhand bestand er sie, wollte höher hinaus als alle Schiffsrümpfe ihn jemals getragen hätten, besuchte die Abendschule, war nun Maschinenbautechniker und krönte seinen Werdegang mit der Meisterprüfung. Wie bedauerlich ist es, dass den meisten Hauptschülern derartige Wege in ihrem Berufsleben heute verwehrt sind. Oft zu komplex und anspruchsvoll, warten etliche Ausbildungen im Handwerk mit Einstiegshürden auf, die von den meisten Hauptschülern nicht überwunden werden können. Womöglich wäre vielen von ihnen ein ebenso erfreulicher Werdegang – wie jener meines Vaters – vergönnt. Wie ein Magnet zog das gewaltige Industrieunternehmen Fette zur Fertigung von Tablettenpressen in den 1960er Jahren Arbeitnehmer aus der gesamten Region nach Schwarzenbek. Mein Vater war einer von ihnen, wir zogen 1964 in die dortige Allensteiner Straße 5 ein. Wenige Monate nach meiner Geburt am 30. April 1964 betrat er selbst als Fräser die beeindruckenden Fertigungshallen der Firma Fette. Für uns drei Jungs, so sollte sich herausstellen, hatte unser Vater die beste Firma der Welt als Arbeitgeber gewählt. Die riesigen Werkshallen, eine betriebseigene Malerei, eine Schlosserei und die mit ihren Holzarbeiten mich überaus beeindruckende Tischlerei waren großartig. Noch mehr begeisterte meine Brüder und mich allerdings, was sich an die Hallen anschloss und das Firmengelände nach Feierabend und an den Wochenenden zu einem familiären Ausflugsziel erster Güte werden ließ. Der von betriebseigenen Mannschaften zum Leben erweckte Sportplatz war für uns drei Fußballer nicht weniger als ein Paradies. Daneben erstreckte sich eine Weitsprunganlage und in zahlreichen, über das Gelände verteilten Picknicknischen lockten die auf Decken ausgebreiteten Köstlichkeiten. Weiter hinten auf dem Gelände und im Sommer vollkommen unschlagbar: Ein Schwimmbecken. Außerdem war – wenn auch von mir nicht besucht – ein betriebseigener Kindergarten Teil einer unglaublichen, vom Unternehmen nicht nur propagierten, sondern wahrlich zum Leben erweckten Work-Life-Balance, von der nach Jahren des Outsourcings und Abbaus familiärer Strukturen Betriebe heute wieder zu träumen wagen. Verbrachten doch nahezu alle Familien der Belegschaft ihre wertvolle Freizeit dort, wo es offenbar am schönsten war – im Betrieb. Auch unsere Familie war Teil dieser unglaublichen Unternehmenswelt und verbrachte nicht nur die Feierabende, sondern besonders während der Sommermonate zahllose Wochenenden auf dem Sportplatz und im Schwimmbad. Umschichtig übernahmen die Beschäftigten den Bademeisterdienst und noch heute sehe ich in Schwarzenbek manchmal jenen ehemaligen Lohnbuchhalter der Firma, einen Herrn Bohl, der mir zum Lebensretter wurde. „Du, Mama, Frank ist schon im Wasser“, zappelte mein Bruder Bernd damals aufgeregt neben unserer, soeben die Badedecke ausbreitenden Mutter Elsa herum. „Ja, aber das ist er doch immer“, antwortete sie in fröhlicher Sommerstimmung, bis mein Bruder ihr den Ernst der Lage nahezubringen verstand. „Ja, das stimmt, Mama. Heute hat Frank aber keine Schwimmflügel an.“ Meine Mutter stürzte zum Schwimmbad und Herr Bohl sich im selben Moment kopfüber ins Becken, um mich aus jener Situation zu retten, die mir noch heute als auf und nieder schwappendes Wasser vor Augen steht. Rauf und runter ging es vor meinem Gesicht, und noch etwas höher, während ich hilflos mit den Beinen strampelte und weiter in die Tiefe gezogen wurde. Plötzlich packten mich zwei Hände: Der Lohnbuchhalter. Mein Lebensretter hob mich aus dem Wasser und geradewegs in die Arme meiner Mutter. Verleiden tat mein beinahes Ertrinken mir das Firmenschwimmbad keineswegs. Wie oft sollte ich während der folgenden Jahre mit meinen Freunden vor dem Firmentor auf das Läuten der Werksirene warten. Der Feierabend stand bevor. Eine gute Nachricht. Noch viel besser jedoch war, dass mit selbigem Läuten auch die Tür zum Schwimmbad aufgesperrt wurde. Schon schallte es über den Hof, und unter wehenden Handtüchern waren wir Jungs nicht mehr zu bremsen. Der Weihnachtsmann weiß alles
Verließen wir nach einem der Ausflüge das Firmengelände und schlugen als Familie den Weg zur unserer nur wenige Kilometer entfernten Wohnung im Hochparterre des Hauses an der Allensteiner Straße ein, begegneten wir denselben Menschen wie zuvor im Betrieb. Nahezu jeder unserer Nachbarn und Bewohner der anliegenden Straßen und Viertel gehörte zur Belegschaft. Schloss der Betrieb im Sommer für drei Wochen seine Tore, war Schwarzenbek kaum mehr als eine Totenstadt. Auch wir drei Jungs saßen dann auf dem Rücksitz unseres Opel Sprint und Vater chauffierte unsere glückliche Familie nach Dänemark. Endlich Ferien! Und kein Chef konnte einem mit E-Mails oder penetranten Kurzmitteilungen noch während des Urlaubs in den Burnout treiben. Erstens existierten diese Techniken noch nicht. Außerdem waren sämtliche Führungskräfte zur selben Zeit mit ihren Familien in den Betriebsferien. Weit über die Arbeitszeiten von 7 Uhr bis 16 Uhr hinaus wurden in diesem, mir im weiteren Leben zunehmend als vorbildlich erscheinenden Betrieb das Wohlergehen der Belegschaft, deren Sorgen und Nöte ernst genommen und geholfen, wo immer dies möglich war. Brauchte jemand eine neue Wohnung. Der Chef besorgte sie einem schon. Beinahe wie der Weihnachtsmann. Dabei gab es den natürlich auch. Und er wusste „alles“, wie ich als Junge bald feststellen sollte. „Na, Frank“, brummte mir aus dem Bart des korpulenten Weihnachtsmannes, auf dessen Schoß ich saß, eine Bassstimme entgegen. „Und du holst immer fleißig die Brötchen und bringst deinem Papa die Zeitung mit?“ Eifrig nickte ich und löste meinen Blick verwirrt von den großen Weihnachtsmannaugen. Es stimmte tatsächlich, was er da sagte. Ich holte am Wochenende die Brötchen und brachte meinem Vater auch die Zeitung mit. Woher aber wusste der Weihnachtsmann das? Unruhig ließ ich meinen Blick von der Bühne durch den riesigen Saal der Firma Fette schweifen. Bis auf den letzten Platz waren die Bankreihen mit von der Weihnachtsfeier beglückten Kindern besetzt. Allesamt schauten sie zur Bühne, wo der Weihnachtsmann mich soeben mit den Brötchen verwirrt hatte. Gleich würden die Geschenke hereingebracht werden. Das spürten wir alle. Was hatten wir Kinder in der Vorweihnachtszeit darauf hingefiebert, dass unsere Väter aus dem Betrieb heimkommen und uns die ersehnte Geschenkeliste überreichen würden. Sofort fiel mir auf, wie großartig sie war. Spielzeugautos, Action-Figuren, Bücher, Plastikschwerter und allerlei Schätze mehr waren aufgelistet. Daneben ließ sich jeweils ein Kreuz setzen. Und schon fand ich die richtige Stelle, sah die vier Buchstaben vor mir, die mich während so vieler Jahre meiner Kindheit glücklich machten, und machte mein Kreuz hinter dem Wort „Lego“. Etwas Besseres gab es nicht, da konnte ich die Liste noch so oft durchgehen. Alljährlich wünschte ich mir Lego, verbrachte endlose Stunden zwischen den bunten Steinen. Lag mit unserem Vater und meinen Brüdern im Kinderzimmer,... 




