Gzella | Aramäisch | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 481 Seiten

Reihe: Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung

Gzella Aramäisch

Weltsprache des Altertums
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-406-79349-3
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Weltsprache des Altertums

E-Book, Deutsch, 481 Seiten

Reihe: Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung

ISBN: 978-3-406-79349-3
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die aramäische Sprache ist ein Wunder: Ganz ohne militärische Eroberungen wurde sie im ersten Jahrtausend v. Chr. zur Verwaltungssprache des persischen Großreichs und damit zur ersten Weltsprache überhaupt. Holger Gzella, weltweit einer der besten Kenner des Aramäischen, erklärt, warum sich Sprache und Schrift eines politisch unbedeutenden Territoriums von Nordafrika bis Indien durchsetzten konnte und wie es zu einem zweiten Wunder kam: In der Weltsprache Aramäisch wurden Schriften mit einer universalen Botschaft verfasst, die aus lokalen Kulten die ersten Weltreligionen machten. Das anschaulich geschriebene Buch lässt auf faszinierende Weise das unsichtbare Gewebe erkennen, das die Kultur des Altertums geprägt hat und die großen Religionen bis heute verbindet.

Das Aramäische war über tausend Jahre lang die Lingua franca zwischen Indus und Nil, ja mehr noch: Durch mächtige Netzwerke von Beamten und Schreibern prägte es Politik, Recht, Literatur und Religion der Alten Welt. Wichtige Teile des Alten Testaments sind auf Aramäisch geschrieben, Jesu Muttersprache war Aramäisch, das rabbinische Judentum war zum großen Teil aramäischsprachig, und die orientalischen Kirchen sind (teils bis heute) ohne das Aramäische als Literatur- und Liturgiesprache nicht zu denken. Im 7. Jahrhundert schließlich wurde das Aramäische vom Arabischen, der Sprache des Korans, als Leitsprache des Orients abgelöst.Die aramäische Sprache ist in Forschung und öffentlicher Wahrnehmung zu Unrecht ins Abseits geraten. Holger Gzellas faszinierende Gesamtdarstellung bringt ein «vergessenes Weltreich» zum Vorschein, das in den Weltreligionen bis heute weiterlebt.

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Vorwort
Das erste Weltreich der Geschichte entstand vor fast dreitausend Jahren in dem fruchtbaren Halbrund, das sich zwischen der östlichen Mittelmeerküste über das nördliche Zweistromland bis zur Küstenregion des Persischen Golfes erstreckt und den Ruf besitzt, die frühesten Hochkulturen der Menschheit hervorgebracht zu haben. Mit der Abfolge der assyrischen, babylonischen und persischen Herrscherdynastien dehnte dieses Reich sich während der folgenden fünf Jahrhunderte geographisch und administrativ immer weiter aus. Nach den Eroberungen Alexanders des Großen zerfiel es dann wieder in zahlreiche regionale Teilstaaten, die um die Zeitenwende ein Vasallenverhältnis mit dem ostwärts expandierenden Rom eingingen, aber ihr lokales Brauchtum weiterhin pflegten. Auf ihrem Boden bildeten sich schließlich die grenzüberschreitenden Offenbarungsreligionen der Spätantike heraus. Deren jüngste, der Islam, prägt das Gesicht des gesamten Raumes bis auf den heutigen Tag. Eine Kontinuität ist in diesem langen Prozess nicht auf den ersten Blick auszumachen. Doch hinter der Transformation von Imperien zu Weltanschauungen waltete ein unsichtbares Reich ohne jede eigene politische Autorität, wirtschaftliche Macht oder kulturelle Vorrangstellung. Es subsistierte in einem Netz schriftkundiger Beamter und Gelehrter, zusammengehalten wurde es durch eine gemeinsame Schreibertradition in einer heute selbst Fachgelehrten kaum noch aus eigener Anschauung bekannten Sprache: dem Aramäischen. Als Medium des Rechts, der Verwaltung und der Literatur nahm das Aramäische während der tausendfünfhundert Jahre zwischen den neuassyrischen Königen und den ersten Kalifen im permanenten Wandel von Hoch- und Umgangssprachen immer neue Gestalten an. Sie alle verbanden sich zu einer stabilen Überlieferung, die Räume, Zeiten und Milieus überstieg. In diesem Buch wird zum ersten Mal der Versuch unternommen, die aramäische Schrifttradition anhand ihrer Träger, Institutionen und Bildungsansprüche möglichst kohärent zu beschreiben. Damit führt das vorliegende Werk nach insgesamt zehnjähriger Arbeit zwei frühere Bücher von mir über die Geschichte des Aramäischen in englischer (2015) und niederländischer Sprache (erste Auflage 2017, zweite Auflage 2019, überarbeitete englische Ausgabe 2021) weiter. Das eine ist als Handbuch auf der Grundlage der linguistischen Fakten konzipiert, das andere als Erzählung des organischen Wandels der Sprache unter Berücksichtigung ihrer sozialen wie kulturellen Voraussetzungen. Das vorliegende Buch legt den Schwerpunkt auf die aramäischsprachigen Schrift- und Schreibertraditionen, ihre weiträumige Vernetzung und die bislang noch nirgends zusammenhängend analysierten historischen Grundlagen des aramäischen Schrifttums bis zum Ausgang der Antike. Verweise in den Anmerkungen auf die beiden anderen Bücher betreffen vornehmlich technische Einzelheiten und wissenschaftliche Standardwerke wie Textausgaben, Wörterbücher und Grammatiken. Die spezialisierte Bibliographie zu den genannten Themen dort ist sorgfältig zusammengestellt und wird deshalb hier nicht wiederholt, sondern nur ergänzt und aktualisiert. Bei allem Ringen um eine differenzierte Darstellung wurden offensichtliche Holzwege und Nebenschauplätze der wissenschaftlichen Diskussion weitgehend ausgeblendet. Meine aramäische Sprachgeschichte von 2017/2021 benennt aber die wichtigsten Desiderate und entwirft Perspektiven für zukünftige Forschungen. Nun ist also ein Langzeitvorhaben abgeschlossen, das mich während meiner Lehr- und Wanderjahre immer begleitet hat, seit ich, 2002 von Rom nach Heidelberg kommend, bei der Suche nach einem zeitlosen und von kurzlebigen Moden möglichst unberührten Habilitationsthema auf diesen unerschöpflichen Gegenstand traf – und in der Person Klaus Beyers (1929–2014) auf den Lehrer meines Lebens. Weil sich das aramäische Schrifttum über etliche Jahrhunderte im steten Wandel langlebiger Einrichtungen wie Schreiberschulen, Verwaltungszentren und gelehrter Tradentenkreise immer wieder verjüngt hat, bildet der Aufbau generell die chronologische Entwicklung ab. Sie beginnt mit dem Auftreten der ersten aramäischen Schriftquellen um die Mitte des neunten vorchristlichen Jahrhunderts. Ein zwar nicht unausweichlicher, aber bei diesem Thema doch naheliegender Ausklang ist die Verwandlung der Spätantike durch die Ausbreitung und Konsolidierung des Arabischen im vormaligen Sprachgebiet des Aramäischen vom achten bis zum zehnten nachchristlichen Jahrhundert. Sie beendete einmal die bis dahin vorherrschende Funktion des Aramäischen als ein globales, in verschiedenen Kulturen und Glaubensgemeinschaften produktives, diese somit verbindendes schriftliches Ausdrucksmittel. Darüber hinaus unterbrach die Verbreitung des Arabischen das weitläufige Netz miteinander verflochtener aramäischer Mundarten. Aus der Chronologie folgt eine thematische Ordnung der Gegenstände, denn das Aramäische hat sich phasenweise aus einer lokalen Repräsentations- und Verwaltungssprache über ein imperiales Verständigungsmittel zu einer literarischen Ausdrucksform entwickelt. Die Einteilung der Kapitel ist dabei nach institutionellen Kontexten gegliedert: von den alten Fürstentümern Syriens über die reaktive Anerkennung als zweites offizielles Medium im assyrischen und babylonischen Reich, die aktiv vorangetriebene Zentralisierung und Normierung durch die achämenidische Staatskanzlei, die Implementierung als nationale Literatursprache Judäas bis zur regionalen Aufspaltung der gemeinsamen Schriftsprache und zur Textgelehrsamkeit in verschiedenen ähnlich strukturierten Religionen. Entsprechend seiner rezeptionsgeschichtlichen Bedeutung wurde dem zentralen Kapitel über das Aramäische in der biblischen Tradition bewusst ein etwas größerer Umfang eingeräumt. Der aramäisch-arabischen Symbiose in Nordarabien ist eine separate Behandlung gewidmet, weil genau diese Verschmelzung am Ende eines langen Prozesses die arabische Schriftsprache hervorgebracht hat. In den Ausführungen zu einzelnen Gebieten wechseln sich Synopse und Detailstudie ab. So sollen Schreiberkultur und schreiberische Traditionen nicht nur als roter Faden sichtbar werden, der alle aramäischen Verwaltungs- und Literatursprachen über Räume und Zeiten miteinander verknüpft, sondern, je nach Quellenlage, auch ihre konkreten Funktionen erläutert werden. Politische und soziale Geschichte sowie materielle Kultur werden hingegen nur behandelt, soweit sie die Voraussetzungen für ein dauerhaftes Schreibertum geschaffen haben. Als Folge der trümmerhaften Dokumentation zumal der älteren Phasen, die noch keine durchlaufende Handschriftenüberlieferung kannten, muss ständig auf die Grenzen dessen hingewiesen werden, was man zuverlässig wissen kann. Anders als die meisten anderen antiken Sprachen wird Aramäisch in Gestalt seiner modernen Dialekte bis auf den heutigen Tag ohne Unterbrechung auf natürlichem Wege von Kindern erlernt und inzwischen überall auf der Welt in verstreuten Migrantengemeinschaften zur alltäglichen Verständigung gebraucht. Vereinzelte Dialekte haben in Anlehnung an die klassischen aramäischen Literaturen wiederum eigene Schrifttraditionen hervorgebracht; doch auch wo das nicht der Fall war, besteht, wie im syrischen Christentum, weiterhin zumindest eine indirekte Partizipation an der hochsprachlichen kulturellen Überlieferung. Deshalb resümiert am Ende ein kurzer Ausblick die neuzeitliche Entwicklung des Aramäischen, denn sie ist unlöslicher Teil ihres dreitausendjährigen Kontinuums, auch wenn sie sich längst unter vollkommen anderen Bedingungen vollzieht als in den vielfältig miteinander verbundenen schreiberischen Institutionen zwischen dem Alten Orient und dem frühen Kalifat. In Zitaten aus den verschiedensten Epochen, Regionen und Kulturen des aramäischen Schrifttums kommen unterschiedliche Träger der Schreiberkultur selbst zu Wort. Sämtliche Übersetzungen wurden vom Autor speziell für diesen Zweck angefertigt und streben eine möglichst genaue Wiedergabe an, ohne dass bei schwierigen Stellen die Entscheidung für ein bestimmtes Verständnis explizit begründet wird. Hinweise auf Editionen und Kommentare bahnen jedoch den Weg zu einem vertieften Studium der Primärquellen. Aus Gründen der Lesbarkeit sind Orts- und Personennamen in vereinfachter Umschrift ohne erklärungsbedürftige diakritische Zeichen wiedergegeben. Lediglich bei den vereinzelten aramäischen Begriffen nähert sich die Transkription wissenschaftlichen Gepflogenheiten an, allerdings aus Mangel an einem einheitlichen und allgemein akzeptierten System ebenfalls in der Form eines Kompromisses. Auf Einzelheiten bei der Rekonstruktion der Aussprache im Original nur konsonantisch geschriebener Wörter wurde nicht eingegangen; wer mehr darüber wissen möchte, kommt in den beiden...


Holger Gzella ist Ordinarius für Alttestamentliche Theologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er gehört weltweit zu den renommiertesten Experten für die aramäische Sprache, hatte von 2005 bis 2019 den Lehrstuhl für Hebräisch und Aramäisch an der Universität Leiden inne und ist Ordentliches Mitglied der Academia Europaea sowie der Königlich-Niederländischen Akademie der Wissenschaften.



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