Hagedorn | Jugendkulturen als Fluchtlinien | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 172 Seiten, Web PDF

Reihe: Erlebniswelten

Hagedorn Jugendkulturen als Fluchtlinien

Zwischen Gestaltung von Welt und der Sorge um das gegenwärtige Selbst
1. Auflage 2008
ISBN: 978-3-531-91027-7
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

Zwischen Gestaltung von Welt und der Sorge um das gegenwärtige Selbst

E-Book, Deutsch, 172 Seiten, Web PDF

Reihe: Erlebniswelten

ISBN: 978-3-531-91027-7
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark



Im rekonstruktiv-hermeneutischen Vorgehen und exemplarisch am Beispiel des jugendkulturellen Phänomens Techno lädt diese Studie dazu ein, die Frage nach der Funktion von Jugendkulturen und die nach ihrem Stellenwert im gesellschaftlichen Gewebe neu zu stellen.
Jugendkulturen können immer weniger - so ein zentrales Ergebnis der Studie - als höchst offizielle Widerstands- und Protestkulturen gehandelt werden; nomadischen Ursprungs bewegen sie sich untergründig als Fluchtlinien in stoßartigen Gebärden weg von alten Codes und Territorien und bilden jeweils eigene Grammatiken, die im Rahmen dieser Studie detailliert aus dem Inneren der Sache selbst erschlossen werden.
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Theoretische Ortsbestimmungen und Stand der Forschung.- Empirischer und methodischer Bezugsrahmen.- Die Methode der Objektiven Hermeneutik.- Darstellung der Rekonstruktionsergebnisse.- Theoretisierung der Rekonstruktionsergebnisse.- Schlusswort.- Literatur.


(S. 95-96)

Es sei an dieser Stelle drauf verwiesen, dass in diesem Buch auf die ausführliche Darstellung der Rekonstruktionsverläufe im Interesse des Leseflusses und im Sinne der erkenntnistheoretischen Weiterführung der Rekonstruktionsergebnisse verzichtet wurde. Diese hier sehr kompakt wiedergegebenen Rekonstruktionsergebnisse, die in der ungekürzten Fassung auf fast einhundert Seiten Rekonstruktion fußen, sind in aller Ausführlichkeit auf einer Internetseite abgelegt und können dort jederzeit eingesehen werden. Mir war es in diesem Zusammenhang wichtiger, mit den konkreten Ergebnissen erkenntnisgenerierend weiter zu arbeiten. Die Interpretationsarbeit ist an dieser Stelle, und mit der Darstellung der Rekonstruktionsergebnisse im Folgenden, nicht abgeschlossen, sondern wird in den Kapiteln 6 und 7 in diesem Buch Struktur generalisierend und erkenntnisorientiert weitergeführt.

5.1 Rekonstruktion A

In dem Versuch, sich selbst als ein konsistentes Selbst gegenüber den gesellschaftlichen Erwartungshaltungen, die an die Reproduktion tradierter gesellschaftlicher Ordnungslogiken gebunden sind, zu individuieren, wird die gescheiterte Normalbiographie, die stellvertretend als die negative Vorbildgeneration entworfen wird, zu einem sinnstiftenden Moment insofern, als sich das selbsterhaltende Subjekt der Sorge um das eigene Selbst hinwendet.

Die Hinwendung zur Sorge um das eigene Selbst im Hier und Jetzt der gegenwärtigen Weltstunde erscheint als das Andere vom Altbewährten, dem in der Folge allgemeingültiger und somit kollektiv verbürgter Sinn zugeschrieben werden soll. In diesem Versuch der Sinnzuschreibung, die sich am eigenen Selbst und am vergänglichen Dasein orientiert, bricht die Zerrissenheit des Falls zwischen der Sinnkonstruktion in der Logik etablierter Ordnung einerseits (tradierte Lebensentwürfe und -konzepte) und einer sich selbst entbergenden Ordnung des eigenen Selbst andererseits auf (eigene Daseinsentwürfe).

Auf der Seite gesellschaftlicher Konventionen und Tradierungen steht das Scheitern altbewährter Formen der Lebensplanung, die sich der Reproduktion dominanter gesellschaftlicher Ordnungslogiken verschrieben haben. Diese sind in der Tendenz zu sinnleeren Lebensgestaltungsprinzipien geworden, da sie die Sorge um das eigene Selbst vernachlässigt haben. Auf der anderen Seite steht das potenzielle Gelingen je eigener Daseinsaspirationen, die die Sorge um das eigene Selbst in den Vordergrund rücken. Beide Seiten fallen in der Fallstruktur ineinander und deuten damit auf die Fallstruktur eines zerrissenen Subjekts.

Diese Zerrissenheit wird fallspezifisch in dem Versuch ‚gelöst’, den konspirativen Anderen, die systemloyalen und den gesellschaftlichen Reproduktionsverpflichtungen zugewandten Akteure, vor allem wohl aber sich selbst von der Notwendigkeit eines Umdenkens in der Suche nach einem neuen Modus des Denkens und Wissens zu überzeugen. Damit wird ein Eigenwert des Lebens markiert, der sich nunmehr nicht an einer krisenhaften Zukunft orientiert und diese Risiken und Gefahren im richtigen Lebenskonzept gestalterisch, planerisch und sinnstiftend bearbeitet und zu lösen versucht.

Vielmehr wird Zukunft entworfen als ein Geschehen und Passieren, das eher von der Hoffnung getragen ist, dass sich die Dinge in der Zukunft positiver einstellen, als es der krisenhafte und offene Zukunftshorizont vermuten lässt. Der Eigenwert des Lebens wird somit im Hier und Jetzt der menschlichen Existenz ausgemacht, der sich „vielleicht", vielleicht aber auch nicht in der Zukunft bezahlt machen wird. An Stellung gewinnen gerade nicht die übergeordneten Ziele und Utopien, die der Planbarkeit und Machbarkeit von Welt nachhängen, sondern es ist die Sorge um das eigene Selbst, die ihre Wirkung in einer „vielleicht besseren Zukunft" entfalten wird – oder eben auch nicht.


Dr. Jörg Hagedorn ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Pädagogik der Kindheit und Jugend der Universität Augsburg.



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