Haschke | Wissenschaftlicher Gerätebau | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 194 Seiten

Haschke Wissenschaftlicher Gerätebau

Episoden aus zwei Leben
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7534-1582-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Episoden aus zwei Leben

E-Book, Deutsch, 194 Seiten

ISBN: 978-3-7534-1582-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Für viele Ostdeutsche bedeutete die politische Wende einen Bruch ihrer Biographie, der sich vor allem im beruflichen Leben widerspiegelte, aber natürlich auch Auswirkungen auf das persönliche Leben hatte. Anhand von einzelnen Episoden, die sich vorwiegend um die Entwicklung, die Fertigung und den Vertrieb von wissenschaftlichen Geräten drehen, sich aber ähnlich auch in anderen Wirtschaftszweigen abgespielt haben könnten, werden Erfahrungen der Arbeit und des Lebens in zwei unterschiedlichen Wirtschaftsordnungen dargestellt. Dabei werden die meist sehr ähnlichen Arbeitsweisen, aber auch deren Unterschiede in den beiden Wirtschaftssystemen - und das nicht nur im beruflichen, sondern auch im persönlichen Leben - dargestellt.

Michael Haschke beschäftigte sich über 35 Jahre mit der energiedispersiven Röntgenspektroskopie. Dabei konnte er dazu beitragen, einige neue Methoden und Applikationen zu entwickeln und in den Markt einzuführen. Das erforderte Kontakte und Gespräche weltweit und erlaubte den Einblick in verschiedene Kulturen.

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Kontakte mit den Organen der Staatsmacht
Eine Frage, die immer wieder gestellt wurde, ist die nach den Kontakten zu den Organen der Staatsmacht. Diese waren sehr vielfältig, rein fachlich aber durchaus auch administrativ. Kontakte auf Grund der Gerätefertigung Der Staatsratsvorsitzende bzw. der Ministerpräsident der DDR Willi Stoph, die Funktion wurde gelegentlich gewechselt, war ein Hobbygärtner. Als solcher verfügte er über ein Gewächshaus in der Waldsiedlung in Wandlitz, das auch mit einer kleinen Wetterstation ausgestattet war. Eines Tages erhielten wir einen Anruf seines Büros – ob wir in der Lage seien, den Windmesser seiner Wetterstation zu reparieren. Wir äußerten spaßhaft gegenüber seinem Büroleiter in dem Telefonat, dass natürlich der Genosse Staatsratsvorsitzende wissen muss, woher der Wind weht. Die Reaktion am anderen Ende des Telefons war zunächst eisiges Schweigen. Nachdem wir feststellten, dass der Windmesser in unserer Firma produziert wurde, wurde der Auftrag angenommen. Natürlich musste das sehr schnell gehen, sonst waren Wartezeiten von einigen Wochen üblich, hier musste die Reparatur aber sofort erfolgen. Wir boten einen Besuch in Wandlitz an, der wurde aber abgelehnt. Das Gerät wurde mit einem Volvo, dem damaligen Regierungsfahrzeug, zu uns gebracht. Die Begleitmannschaft stand während der gesamten zweitägigen Reparatur neben uns, über Nacht wurde das Gerät wieder mitgenommen. Wir hätten ja anstatt eines neuen Kugellagers auch ein explosives Ersatzteil einbauen können. Eine andere nette Begegnung mit der Marine ergab sich aufgrund der von uns produzierten ozeanologischen Sensoren zur Bestimmung der Schallgeschwindigkeit. Diese waren für die Marine von Interesse, da die Schallgeschwindigkeit in Wasser von dessen Temperatur und Salzgehalt abhängt und sich bei der Schallausbreitung Reflektionen an den verschiedenen Schichtungen ergeben können. Für die Ortung in U-Booten war das wichtig, weil diese Reflektionen tote Winkel erzeugen, in denen sich feindliche Boote verbergen können. Die Wasserschichtung ist natürlich witterungsabhängig, d.h. ändert sich mit der Jahreszeit. Diese Schichtungen sollten untersucht werden. Daher bestellte die Marine eine ganze Serie, bestehend aus dem Sensor sowie einer an der Reling stehenden Winde und der notwendigen Auswerteelektronik, siehe Abb. 6. Abb. 6: Schallgeschwindigkeitsmessgerät für den Einsatz im Meerwasser Diese Geräte wurden vor der endgültigen Bestellung gemeinsam mit der Marine auf See getestet. Dazu waren wir mit dem Forschungsschiff der Akademie ‚Professor Penk‘ und einem Schiff der Marine auf der Ostsee unterwegs. Wir durften an dieser Testung teilnehmen, mein Produktionschef fuhr auf dem Marineboot und ich auf dem Forschungsschiff, was deutlich bequemer und auch interessanter war. Wir testeten die Geräte parallel auf beiden Schiffen an verschiedenen Positionen, zwischendurch wurden auf dem Forschungsschiff aber auch andere Messungen durchgeführt und elektronisch aufbereitet. Aber es war auch ausreichend Zeit vorhanden, die Seereise zu genießen, z.B. Dorsche aus 80 m Tiefe zu fangen und ganz frisch zu räuchern und zu braten. Wir hatten die ganze Zeit gutes Wetter. Nur am letzten Tag in Kap Arcona kam Sturm auf, die Wellen waren bis 8 m hoch. Auf der Brücke sah das noch spannend aus, aber in der Koje konnte ich nur liegen und im Rhythmus des Stampfens atmen, um das Essen an seinem Platz zu belassen. Diese Reise war nur mit einer Reiseerlaubnis für das nichtsozialistische Ausland möglich, da wir uns auch außerhalb des Hoheitsgebiets der DDR aufhielten. Ich verfügte bereits über eine solche Erlaubnis von den Verhandlungen zu dem Staubprobennahmegerät, für den Trip mit dem Marineboot ging es auch ohne Reiseerlaubnis. Eine weitere, eher komische Begegnung mit der Armee ergab sich durch eine spezielle Applikation des Bildauswertesystems Densitron. Dabei wurden im Zentralen Lazarett der NVA in Bad Saarow Schirmbildaufnahmen ausgewertet. Der über den Gradienten der Grauwerte definierte Raum zwischen den Lungenflügeln bestimmt die Lage und Größe des Herzens. Über eine Linearkombination von Abständen in einem Gitter, das in diesen Raum gelegt wurde – ähnlich wie bei modernen Gesichtserkennungsalgorithmen – war eine erstaunlich gute Prognose für das Auftreten von Herzinfarkten möglich. Diese Entwicklung sollte dem stellvertretenden Verteidigungsminister, dem auch das Gesundheitswesen in der Armee unterstand, vorgeführt werden. Bei einer solchen Demo muss natürlich alles klappen. Daher bekam ich einen Anruf von einer Armeestelle und wurde aufgefordert, einen Mitarbeiter abzustellen, der den störungsfreien Betrieb des Densitrons während der Vorführung sichern sollte. Meine Antwort war: „Ich habe keinen Mitarbeiter dafür“. „Warum?“ war die kurze Frage. Ich konnte nur antworten, dass der geeignete Mitarbeiter für diese Aufgabe gerade für den Reservistendienst bei der Marine eingezogen ist. Ich wurde nach der Einheit gefragt und mir wurde erklärt, man werde sich darum kümmern. Drei Tage vor der Vorführung erschien der Mitarbeiter bei uns im Bereich, völlig ahnungslos. Er sagte, er sei für eine Woche abgestellt, um einen Bio-Computer zu entwickeln. Nachdem ich ihm den Zusammenhang erklärt hatte verabredeten wir uns für die Fahrt nach Freiberg zu dieser Vorführung. Er erschien natürlich in seiner schicken dunkelblauen Maats-Uniform, allerdings trug er nicht die dazu vorgeschriebenen dunkelblauen Socken, sondern braune. Dafür wurde er von irgendeinem der anwesenden Oberste prompt runtergeputzt. Die Demonstration der Methode ging störungsfrei und erfolgreich über die Bühne, trotz der falschen Sockenfarbe. Kontakte mit der Stasi Eine häufige Fragestellung war immer wieder die nach der Stasi. Inzwischen glauben alle über deren Aktivitäten genau Bescheid zu wissen. Zweifellos gab es da unterschiedliche Erfahrungen. Ich kann hier nur über meine eigenen berichten. Eigentlich war die Stasi allgegenwärtig. Im Institut gab es einen ‚Sicherheitsbeauftragten‘, der auch Mitglied des Leitungskollektivs war, also bei jeder Leitungssitzung am Tisch des Direktors saß und von dem jeder wusste, dass er ein Stasioffizier war. Er beteiligte sich an den Diskussionen im Leitungskollektiv, es gab durchaus eine Reihe direkter Kontroversen mit ihm. Generell ist festzustellen, dass sich in den letzten 2 – 3 Jahren vor der Wende, in denen die wirtschaftliche Situation in der DDR immer kritischer wurde, eigentlich fast alle persönlichen Gespräche um Perspektiven zur Lösung dieser Problematik drehten. Und der wichtigste Ansatz wurde von den meisten Menschen darin gesehen, die alte Führung abzulösen. Den ‚Alten‘ um Honecker, Stoph, Mittag und Hager traute keiner eine Änderung zu, es mussten neue Kräfte her. Aber dazu gab es im Sozialismus außer der ‚biologischen‘ Lösung keinen vorgegebenen Algorithmus. Aber trotz dieser ständigen Diskussionen, habe ich nie Vorladungen oder Rückkopplungen seitens der Stasi erlebt. Offensichtlich gab es eine Vielzahl IMs, aber über deren Wirksamkeit oder die Effektivität der Auswertung von deren Berichten kann man geteilter Meinung sein. Ich persönlich habe keine Überprüfung wahrgenommen und auch nur einen IM gekannt; der hat sich nach der Wende offenbart. Es war üblich, nach Dienstreisen ins Ausland – sowohl Ost als auch West - einen Bericht anzufertigen, in dem die Ergebnisse von Diskussionen festgehalten wurden. Das war sinnvoll, da damit die Ergebnisse der Reise fixiert und somit kontrollierbar wurden. Bei den wenigen Reisen ins westliche Ausland sollten die Berichte auch einen Teil enthalten, der mögliche politische Diskussion zusammenfasste. Nach dem Besuch besonderer Einrichtungen im westlichen Ausland, gab es zum Dienstreisebericht gelegentlich auch zusätzliche Gespräche mit dem Sicherheitsoffizier. Diese drehten sich dann um Einschätzungen zu den Aufgabenstellungen, zur Ausstattung der besuchten Einrichtungen oder der politischen Meinung einzelner Mitarbeiter. Dieses Verfahren habe ich aber auch später kennengelernt. Da wurde allerdings nicht mit dem Sicherheitsoffizier, sondern mit dem Firmenchef gesprochen. Später, in meinem zweiten Leben, habe ich bei Besuchen größerer Firmen und besonders sensitiver Forschungseinrichtungen, etwa in Los Alamos, in Oak Ridge oder bei Sandia festgestellt, dass dort die Sicherheitsbestimmungen um ein Vielfaches stringenter waren, als ich es dereinst kennengelernt hatte. Zum Beispiel wurde mir von einem Mitarbeiter von Los Alamos erzählt, dass bei seiner Einstellung ausführliche Aussagen zu den bis dahin erfolgten Auslands-Kontakten gefordert wurden. Das betraf alle Auslandsreisen der letzten 10 Jahre mit den jeweiligen Hotelaufenthalten, nebst Zimmerangaben und Kontakten. So detailliert hat die Stasi nicht gefragt! Eine andere oft geäußerte Behauptung die Stasi betreffend ist, dass man sich einer Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit nicht ohne Probleme entziehen konnte. Auch da habe ich eine andere Erfahrung gemacht. In den frühen...



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