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E-Book

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Hasler Der Berset-Code

Die Resilienz-Strategien von Alain Berset - Ein Dialog
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-03763-849-1
Verlag: Wörterseh Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die Resilienz-Strategien von Alain Berset - Ein Dialog

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

ISBN: 978-3-03763-849-1
Verlag: Wörterseh Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Im Buch »Der Berset-Code« eröffnen sich uns nicht nur die neuesten Erkenntnisse der wissenschaftlichen Forschung zum Thema Resilienz, sondern auch die Strategien eines herausfordernden Krisenmanagements. Im Dialog mit Altbundesrat Alain Berset gibt uns Prof. Dr. med. Gregor Hasler tiefgreifende Einblicke in die Psychologie und Neurobiologie unserer persönlichen Widerstandsfähigkeit. Dabei wird deutlich, was Alain Berset geholfen hat, die Schweiz - im Vergleich mit anderen Ländern - recht schadlos durch die Pandemie zu bringen. Wie er einerseits mit dem enormen Stress bei der Arbeit und andererseits mit dem psychischen Druck umzugehen wusste, als ihm und seiner Familie mit dem Tod gedroht wurde. Die Lektüre bietet Erkenntnisse, die wir aktiv in unser Leben integrieren können, damit wir besser mit extremem Stress umzugehen lernen, in herausfordernden Situationen optimale Entscheidungen treffen und die verborgenen Kräfte unserer eigenen Resilienz entdecken können - für ein erfülltes und widerstandsfähiges Leben.

Prof. Dr. Med.
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Netzwerkorientierung


Netzwerkorientierung bezieht sich auf die Fähigkeit und das Interesse eines Individuums, Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen, zu pflegen und effektiv zu nutzen, um Ressourcen und Informationen auszutauschen. Dies trägt wesentlich dazu bei, sich an veränderte Umstände anzupassen und Herausforderungen zu bewältigen. Soziale Unterstützung durch stabile Netzwerke wie die Familie oder ein wohlwollendes Team ist besonders wichtig für die Resilienz, da sie als »Stresspuffer« wirkt.

Ein Teil unseres Nervensystems wird als »soziales Gehirn« bezeichnet. Es ist unter anderem für unsere Sensibilität gegenüber Mitmenschen und die präzise Speicherung von Personen und ihren Eigenschaften zuständig, was wesentliche Voraussetzungen für die Netzwerkorientierung sind. Dieses soziale Gehirn hilft uns, effektive und unterstützende Netzwerke aufzubauen und zu erhalten, indem es unsere Fähigkeit zur Empathie verbessert wie auch das Bedürfnis, andere zu verstehen.

Soziale Sensibilität


Gregor Hasler     Herr Berset, selbst Ihre vehementesten Gegner räumen ein, dass Sie ein ausgeprägt gutes Gespür für die Bevölkerung besitzen, die man durchaus als eines Ihrer Netzwerke betrachten kann. Dies half Ihnen, während der Pandemie weitreichende Schutzmassnahmen umzusetzen. Diese Fähigkeit, Mitmenschen zu verstehen, ist ein wichtiger Resilienzfaktor, aber auch ein gutes Instrument, seine eigenen Interessen durchzusetzen. Wie haben Sie diese Fähigkeit entwickelt?

Alain Berset     Ich kann das nicht genau sagen, aber vermutlich haben mein Einfühlungsvermögen und meine soziale Sensibilität mit meiner Lebenserfahrung zu tun. Meine Familie engagierte sich sozial in verschiedenen Bereichen, etwa in Chören und Sportvereinen, was mir einen Sinn für die Gemeinschaft vermittelte. Ausserdem war meine Kindheit glücklich und sehr bodenständig. Wir lebten in einem Dorf und verbrachten die Ferien auf dem Campingplatz. Für Skiurlaube haben wir die Region nicht verlassen. Ein weiterer Punkt ist, dass ich immer gern andere Menschen beobachtet und versucht habe, sie zu verstehen. Sich in die Position eines anderen Menschen versetzen zu können, ist eine wichtige Voraussetzung, um politisch erfolgreich zu sein. Gerade wenn man nicht der gleichen Meinung ist, kann man mit dem notwendigen Einfühlungsvermögen verstehen, warum bestimmte Personen oder Gruppen etwas sagen oder wollen. Nur so kann man Kompromisse und Lösungen finden.

Ich lese auch gern Statistiken. Zum Beispiel ist es eine wichtige Tatsache, dass in der Schweiz sechzig Prozent der Bevölkerung Mieter und nicht Wohneigentumsbesitzer sind. Im Kanton Freiburg beispielsweise gibt es viele einfache Wohnhäuser mit fünfzehn Etagen. Wer dort wohnt, hat keinen Garten und auch oft keinen Balkon. Obwohl ich selbst nie so gewohnt habe, hatte ich Schulfreunde, die ich in solchen Häusern besucht habe. Mein soziales Gespür ist also kein Wunder, sondern entspringt meiner Herkunft und meinen Interessen.

GH     Das tönt nun alles sehr altruistisch für einen Politiker.

AB     Ich sehe das viel pragmatischer. Soziale Sensibilität braucht es, um andere Menschen und ihre Bedürfnisse wahrnehmen zu können, und dies ist eine Voraussetzung für Altruismus. In der Exekutivpolitik helfen mir diese Sensibilität und diese Erfahrungen, Lösungen für die Gesellschaft zu finden. Gelingt dies, vergrössert das auch den Einfluss, zu optimieren. Dazu stehe ich auch.

GH     Als Politiker brauchen Sie nicht nur ein starkes Gespür für die Bevölkerung – möglicherweise ist das mit dem Gespür eines Unternehmers für seine Kunden vergleichbar –, sondern auch eine gute soziale Intuition, um loyale Mitarbeitende zu finden und Koalitionen zu bilden. Wie gehen Sie bei Neueinstellungen vor?

AB     Bei Bewerbungen lese ich den Lebenslauf immer sehr genau. Was hat die Person vorher gemacht? Welche Erfahrungen bringt sie mit? Im direkten Gespräch muss eine Verbundenheit oder ein Link entstehen. Mein Ziel war es, immer die Kraftvollsten zu wählen. Ich fragte mich immer: Wer ist die stärkste Person, die ich für diese Position einstellen könnte? Die Gefahr, dass diese neue Mitarbeiterin, dieser neue Mitarbeiter im Umgang durch ihre oder seine starke Persönlichkeit und ihr/sein Fachwissen auch unangenehm werden kann, dass sie mich – ich sage es mal so – »schütteln« könnte, nahm ich bewusst in Kauf. Im Gegenteil, diese mögliche Gefahr war für mich immer ein positives Zeichen. Das Recht, auch unangenehm zu sein, habe ich immer kommuniziert. Ich kann auch ziemlich unangenehm, hart und, ja, sogar ungerecht sein. Ich bin nicht immer cool. Nun, die Wahl der Stärksten hatte immer Priorität.

GH     Es gibt Kritiker, die Ihnen dominantes, autoritäres und teilweise ungerechtes Verhalten vorwerfen. Haben Sie bei der Wahl der Mitarbeitenden auch Fehler gemacht?

AB     Meine Wahl war nicht immer perfekt. Aber nach zwölf Jahren im Bundesrat kann ich sagen, ja, es ist mir fast immer gelungen. Anlässlich meines Amtsendes habe ich alle meine früheren und damals noch aktuellen Teammitglieder zu einem Anlass eingeladen, und es war sehr eindrücklich und besonders, zu sehen, dass sich da eine Gruppe persönlich und beruflich sehr starker Menschen versammelte.

GH     Diese Technik der Anstellung ist schon speziell. Es gibt Bundesräte, die wählen ihre Mitarbeitenden aus ihrem Kanton oder der eigenen Partei aus. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese zufällig immer gerade die Stärksten im Land sind. Die Fähigkeit, sich als Spitzenpolitiker oder auch als CEO einer grossen Firma »schütteln zu lassen«, wie Sie das nennen, ist sicher nicht jedem gegeben. Oft steht der Gedanke im Vordergrund: Das Team darf auf keinen Fall gefährlich werden. Hatten Sie tatsächlich nie Angst vor Konkurrenz aus Ihrem Team oder davor, dass man Ihnen die Show stehlen könnte?

AB     Die Funktion und der Titel des Bundesrates sind so stark, dass man vor seinen Mitarbeitenden keine Angst haben muss.

Arbeiten im Team


GH     Viele Politiker, aber auch Führungspersonen in der Wirtschaft, in Organisationen und in der Verwaltung klagen über Vereinsamung in der Führungsposition. Bei Ihnen fiel mir auf, dass Sie immer eng mit Ihrem Team zusammenarbeiteten.

AB     Vor meiner Zeit als Bundesrat habe ich acht Jahre im Parlament verbracht. Dort fühlte ich mich ab und zu sehr allein. Ich war an keine grosse Organisation wie eine Gewerkschaft oder einen Verein gebunden und hatte keine Führungsaufgaben. Diese Einsamkeit war für mich belastend. Oft arbeitete ich allein zu Hause, und meine beruflichen Kontakte beschränkten sich auf parlamentarische Kommissionen, die Politik und Kunden meiner Mandate. Ich hatte Lust, Exekutivaufgaben zu übernehmen und mit einem Team zu arbeiten. Mit neununddreissig Jahren wurde ich in den Bundesrat gewählt, und damit ging mein Wunsch in Erfüllung, mit Stab und Bundesämtern zu arbeiten. Wichtig war mir eine offene Kultur und ein Team, in dem man sich versteht, aber auch optimal ergänzt und voranbringt. Dafür sind absolute Loyalität, absolutes Vertrauen und auch absolute Offenheit erforderlich.

GH     Den Begriff des Absoluten mögen wir in der Wissenschaft nicht so gerne.

AB     Loyalität und Vertrauen können nicht teilweise vorhanden sein, sie sind entweder vollständig gegeben oder eben nicht. Mir kommt wieder das Bild mit der Kerze in den Sinn, die an beiden Enden brennt. Jeder Einzelne, jede Einzelne muss sich vollständig ins Team einbringen können, das erfordert viel gegenseitige Grosszügigkeit. Man kann nicht jede individuelle Leistung, die man beigetragen hat, akribisch zählen, sondern muss mit vollen Händen geben, weil die Gemeinschaft und das gemeinsame Vorankommen wichtiger sind als die Einzelperson.

GH     Sie legen einen starken Fokus auf die Vertrauenskultur in Ihrem Team und betonen ausdrücklich, dass es erlaubt ist, Fehler zu machen. Diese Offenheit birgt auch Gefahren, insbesondere für einen Krisenmanager, dem die meisten Leute vertrauen, der jedoch auch entschiedene Gegner hat.

AB     Die Motivation für die Vertrauenskultur gründet in meinem Wunsch, offen über alles sprechen zu können, ohne mir Grenzen zu setzen, und – ganz wichtig – Fehler machen zu dürfen. Das führte in der Pandemie dazu, dass das Team gelegentlich in die Rolle psychologischer Begleiter und sozialer Unterstützer kam.

GH     Der ehemalige deutsche Bundeskanzler Willy Brandt arbeitete eng mit Intellektuellen zusammen – dazu zählten Schriftsteller, Filmemacher, Maler und Bildhauer – und eröffnete so den Raum für gemeinsame Überlegungen zu wichtigen Themen. Gab es in Ihrer Tätigkeit ähnliche Reflexionsräume?

AB     Als Bundesrat habe ich stets versucht, leere Zeitblöcke in meiner Agenda einzuplanen, um...



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