E-Book, Deutsch, Band 3, 160 Seiten
Reihe: Frei wie der Wind
Hauptmann Frei wie der Wind 3: Frei wie der Wind - Band 3: Kaya scheut kein Risiko
16001. Auflage 2016
ISBN: 978-3-522-65313-8
Verlag: Planet! in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 3, 160 Seiten
Reihe: Frei wie der Wind
ISBN: 978-3-522-65313-8
Verlag: Planet! in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Gaby Hauptmann ist eine Vollblutjournalistin: Nach einem Volontariat bei der Tageszeitung SÜDKURIER (Konstanz) hatte sie ein eigenes Pressebüro in Lindau, war Chefredakteurin der Ersten Stunde von seefunk radio bodensee, wechselte zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk (SWF 1 u. SWF3) und begann gleichzeitig fürs Fernsehen (HR u. SWF, Unterhaltung und Dokumentationen) zu arbeiten. Sie war Regisseurin, Produzentin und Moderatorin, unter anderem moderierte sie 2002/03 mit Lea Rosh die Literatursendung 'Willkommen im Club'. 1995 erschien mit 'Suche impotenten Mann fürs Leben' ihr erster Bestseller, seitdem hat sie über 30 Bücher (darunter das Kinderbuch 'Rocky - der Racker' und die beiden Jugendreiterserien 'Alexa - die Amazone' und 'Kaya') geschrieben, wurde in 35 Ländern verlegt, hat allein in Deutschland knapp über 8 Millionen Bücher verkauft, wovon sechs Bücher bisher verfilmt wurden und viele als Hörbücher zu haben sind.
Autoren/Hrsg.
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1. Kapitel
Der silbergraue Wagen auf der rechten Autobahnspur wurde langsamer, dann wieder schneller, dann bremste er von Neuem ab, sodass Simone Waldmann kurz vor dem Ende des Beschleunigungsstreifens eine Vollbremsung hinlegen musste. Kaya schoss nach vorn in den Sicherheitsgurt.
»So ein Idiot!«, schnaubte Simone.
Es war ein diesig-nebliger Nachmittag Anfang Februar, und außer dem silberfarbenen Wagen war auf der Autobahn weit und breit niemand zu sehen. Simone gab wieder Gas, fuhr auf die Überholspur und sah, als sie auf einer Höhe waren, zu dem silberfarbenen Pkw hinüber.
»Ein alter Herr«, sagte sie zu Kaya, die ebenfalls hinüberschaute. Ein grauhaariger Mann saß dort mit stur geradeaus gerichtetem Blick aufrecht hinter dem Lenkrad. »Tja«, kicherte Simone, »1920 war ein Beschleunigungsstreifen noch ein Fremdwort.« Sie grinste Kaya an. »Egal, er weiß es nicht besser.« Und damit gab sie Gas.
Simone Waldmann hatte Kaya gefragt, ob sie mitkommen wolle. Sie musste ihre Tochter Charlotte und deren Pony Flying Dream von einem Dressur-Lehrgang abholen. Und weil Kaya Dreamy aus alter Verbundenheit sehr gernhatte und auch die Mutter ihres Freundes mochte, hatte sie zugestimmt. Zudem hatte sie an diesem Sonntag nichts anderes vorgehabt. Ihr eigenes Pony, Sir Whitefoot, hatte sie am Morgen schon geritten, und ihr Freund Chris war immer noch nicht von seinem Praktikum in Südafrika zurückgekehrt. Sie war dankbar gewesen, dass sich ihr dieser Ausflug angeboten hatte. So kamen ihre Eltern nicht auf die Idee, ihr im Restaurant irgendeine Aufgabe zuzuweisen. Oder zu Hause im Haushalt, was noch schlimmer gewesen wäre.
Sie reckte sich in ihrem Sitz und sah hinaus. Die graue Landschaft flog geradezu hinter den Fenstern vorbei. Simone Waldmann war eine flotte Autofahrerin. »In ganz Deutschland keine Sonne«, sagte sie gerade. »Und kein Schnee. Das war schon ein trostloser Januar, hoffentlich gibt es nicht auch noch einen trostlosen Februar.«
Kaya sagte nichts dazu. Für sie würde der Februar alles andere als trostlos sein. In zwölf Tagen würde Chris wieder nach Hause kommen, und das allein war schon ein absolutes Highlight, Wetter hin oder her.
Unwillkürlich musste Kaya an die Tage zurückdenken, da sie ihn in Südafrika besucht hatte. An die gemeinsame Arbeit in der Buschschule »Daktari« und ihre gemeinsame Pferdesafari von der Pferderanch »Wait-a-little« aus, die mitten im Busch lag. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihr aus: Sehnsucht und Freude darüber, dass nach der langen Zeit, in der sie beide »nur« befreundet gewesen waren, endlich ein Paar aus ihnen geworden war. Mit dreizehn hatte sie sich in Chris verliebt. Und jetzt endlich, nach drei Jahren, hatte er ihre Liebe erwidert.
»Aha, jetzt ist der Opa aufgewacht!«, sagte Simone.
Kaya warf einen Blick in den Außenspiegel. Tatsächlich, der silberfarbene Wagen folgte ihnen. Sie spähte zum Tacho hinüber. 160 Stundenkilometer. Das hätte sie dem alten Herrn ja gar nicht zugetraut.
»Vielleicht braucht er einfach jemanden, der ihm vorausfährt.« Das kannte sie von ihrem eigenen Vater. Wenn es draußen diesig war oder er bei Dunkelheit fahren musste, hängte der sich auch gern mal an einen anderen Fahrer dran.
»Möglich. Jedenfalls zieht der hier ganz schön ab!«
Simones eigener Geländewagen war in der Inspektion. Weil sie für den Pferdehänger einen Wagen mit Anhängerkupplung brauchte, hatte die Werkstatt ihr diesen Ersatzwagen gestellt.
»Und er scheint nicht mal Sprit zu schlucken!«
Simone tippte auf die Tankanzeige.
»Selbst wenn ich mal so richtig Gas gebe!«
Sie trat das Gaspedal durch, und Kaya wunderte sich. Dass sie sich überhaupt Gedanken über den Spritverbrauch machte? Die Familie hatte so viel Geld, da fiel ein Liter mehr oder weniger doch gar nicht ins Gewicht. Vielleicht ging es ihr ja wirklich eher um den Umweltaspekt.
Simone warf einen Blick in den Rückspiegel. »Jetzt ist der Graue weg.«
»Haben wir es eilig?«, wollte Kaya wissen.
»Na ja, bis wir fertig sind – Hänger angehängt, mit dem Trainer gesprochen, Rechnung bezahlt, Charlotte und das Pony eingesammelt, nach verlegten Halftern, Gerten und Kleidungsstücken gefahndet –, geht noch mal gut Zeit drauf. Besser, wir sind etwas früher da. Außerdem mag ich nicht die Letzte sein …«
Das sah ihr ähnlich, dachte Kaya. In ihrem Beruf als Steueranwältin hatte sie auch immer die Nase vorn. Kaya kannte sie gar nicht anders als stets pünktlich, überaus korrekt, dabei aber auch immer ausgelassen fröhlich. Außerdem wirkte sie mit ihrer sportlichen Figur und den blonden, schulterlangen Haaren jünger, als sie tatsächlich war. Eine wirklich patente Frau, das hatte sogar Kayas kritische Mutter spontan festgestellt.
»Erzähl mir doch ein bisschen was von Südafrika«, schlug Simone vor. »Und vor allem von dieser Pferderanch ›Wait-a-little‹. Sollten wir da auch mal hin, mein Mann und ich?«
Kaya musste lachen. Simone konnte überhaupt nicht reiten, und ihr Mann ebenso wenig. Sie hatten ganz einfach ihren Kindern den Wunsch nach eigenen Pferden erfüllt und förderten Chris und Charlotte, indem sie ihnen das beste Training ermöglichten.
»Da geht es mehr ums Reiten …«, versuchte Kaya, ihr die Idee charmant auszureden.
»Und mit einer Kutsche? Dazu braucht man doch auch Pferde!«
Kaya schüttelte den Kopf, während sie an einem Schild mit Tempolimit 120 vorüberrauschten.
»Mit einer Kutsche durch den Busch? Die Elefanten, Löwen und Nashörner würden sich auf den Rücken werfen und vor Lachen mit allen vieren strampeln!«
Jetzt lachte auch Simone – doch dann rief sie plötzlich: »Oh, Mist!«
Kaya folgte ihrem Blick nach hinten. Der silberfarbene Wagen hatte wieder zu ihnen aufgeschlossen, und inzwischen zuckte eine rote Leuchtschrift über die Windschutzscheibe: »Polizei. Bitte folgen.«
»Polizei?« Simone runzelte die Stirn. »Wieso denn plötzlich Polizei?« Sie nahm den Fuß vom Gas und warf einen Blick auf den Tacho. »Hmm … Da war ich wohl ein bisschen schneller als erlaubt.«
Kaya drehte sich um. Der Fahrer hinter ihnen blinkte bereits nach rechts.
»Die wollen dich da vorne auf den Parkplatz dirigieren …«
Simone seufzte. »Wenn es denn sein muss.« Sie setzte ebenfalls den Blinker.
Auf dem Parkplatz stellte sie den Motor ab. Der silberfarbene Wagen hielt neben ihnen. Simone ließ das Fenster hinunter, und der Beifahrer im Fahrzeug neben ihr setzte die Dienstmütze auf, dann machte er ebenfalls das Fenster auf und grüßte herüber.
Simone musste lachen. »Das darf doch nicht wahr sein!«, prustete sie. »Ein Opel Vectra! Wie sind Sie mir überhaupt hinterhergekommen?«
Der Polizist sah für einen Augenblick verdutzt drein, dann lachte auch er. »Ich hab gerade noch zu meinem Kollegen gesagt: Gib doch mal Gas, das ist doch nur ein Volvo!«
»Stimmt«, gab Simone lachend zurück. »Aber er hat es in sich! Er hat echt was unter der Motorhaube!«
»Das haben wir gemerkt.« Der Polizist nickte anerkennend.
Kaya fand den Mann ungewöhnlich für einen Polizisten: braun gebrannt, Goldkette im offenen Hemdkragen.
Er öffnete die Wagentür und stieg aus. »Leider waren Sie auch um einiges zu schnell.«
»Wie viel denn?« Simone lehnte sich aus dem Fenster.
»Na ja, wir haben Sie mehrmals beinahe aus den Augen verloren«, ergänzte der zweite Polizist, der inzwischen ebenfalls ausgestiegen war. »Vierzig dürften es aber gewesen sein – bei einer Hundertzwanziger-Beschränkung.«
»Mist«, sagte Simone leise. »Da ist der Führerschein weg.« Dann wandte sie sich wieder an die Polizisten: »Vierzig? Sehe ich etwa aus wie vierzig? Doch höchstens wie neununddreißig!«
Der Polizist mit dem Goldkettchen grinste. »Wir haben es auf Video, und so was lässt sich nicht manipulieren …«
»Aber wenn Sie mich doch aus dem Blick verloren haben? Dann können Sie mich doch gar nicht beweiskräftig gefilmt haben.«
Oje, dachte Kaya. Simone ohne Führerschein, das wäre ja eine Katastrophe.
»Zeigen Sie uns mal Ihre Papiere.«
Während Simone in ihrer Handtasche nach ihren Papieren kramte, sprach der Beamte Kaya an: »Wo wollen Sie denn so eilig hin?«
»Wir müssen Frau Waldmanns Tochter abholen. Sie war auf einem Pony-Lehrgang und wartet schon auf uns.«
»Also mit dem Pony wieder zurück?«, wollte er wissen.
Kaya nickte.
»Und wie schnell fahren Sie da?« Diesmal war die Frage wieder an Simone gerichtet.
»Hundertzwanzig«, antwortete sie wie aus der Pistole geschossen.
»Um Gottes willen!« Kopfschüttelnd nahm der Polizist ihre Papiere entgegen. »Fahren Sie achtzig! Nachher haben unsere Kollegen Dienst, hundertzwanzig kämen da nicht gut!«
Simone musste wieder lachen. »Sie haben natürlich recht! Mit meinem Geländewagen darf ich hundert fahren, das hat der TÜV zugelassen. Aber das hier ist nur ein Leihwagen.«
Der Beamte nickte und warf einen flüchtigen Blick auf ihren Führerschein. »Also gut, Frau Waldmann. Schön langsam, sonst müssen Sie zurückreiten …«
Zehn Minuten später waren sie wieder auf der Autobahn, und Simone gab Kaya einen Klaps auf den Oberschenkel. »Na«, sagte sie, »das war doch jetzt ein lustiger Auftakt!«
Kaya grinste. »Und wie! Kleines Verwechslungsspiel …«
»Ja, wer hätte auch gedacht, dass ein alter Mann in einem...