Hauptmann / Hoffmann | Gabriel Schillings Flucht | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 100 Seiten

Hauptmann / Hoffmann Gabriel Schillings Flucht

Drama
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7364-2924-6
Verlag: Andhof
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Drama

E-Book, Deutsch, 100 Seiten

ISBN: 978-3-7364-2924-6
Verlag: Andhof
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Gabriel Schillings Flucht, ein faszinierendes und fesseldes Drama von Gerhart Hauptmann, entführt den Leser in die isolierte Küstenlandschaft der Insel Fischmeisters Oye. Geschrieben im frühen 20. Jahrhundert, entfaltet sich das Stück um den Maler Gabriel Schilling, der zwischen seinen persönlichen Wünschen und gesellschaftlichen Erwartungen hin- und hergerissen ist. Hauptmann beleuchtet Themen wie Liebe, künstlerisches Ringen und die Konflikte, die aus komplexen emotionalen Beziehungen entstehen. Gabriel, der Protagonist, kämpft mit seinen inneren Dämonen und den Herausforderungen seines Lebens. Besonders prägend sind seine Beziehungen zu seiner Frau Eveline und seiner ehemaligen Geliebten Hanna Elias. Diese Verbindungen stellen seine künstlerische Identität und zugleich seine Existenz als Mensch infrage. Zu Beginn des Stückes, am malerischen Strand der Insel, treffen verschiedene Charaktere ein, darunter Lucie Heil und Professor Mäurer. Ihre unbeschwerten Gespräche über die Schönheit der Insel und die bevorstehende Ankunft Gabriels schaffen eine lebendige Szenerie. Doch bald darauf treten tiefere Probleme ans Licht, insbesondere Gabriels innere Konflikte und seine komplizierte Vergangenheit mit Hanna. Die Dialoge offenbaren die Dynamiken zwischen diesen Figuren und bereiten die Bühne für Gabriels Krise als Künstler vor, die durch die Beziehungen zu den Frauen in seinem Leben verschärft wird. Diese Einführung erzeugt eine Atmosphäre, die sowohl friedlich als auch spannungsgeladen ist und die Leser dazu einlädt, in die bevorstehenden Konflikte und emotionalen Turbulenzen des Dramas einzutauchen.

In den malerischen Schlesischen Hügeln, zwischen den sanften Wellen des Naturtheaters, wurde am 15. November 1862 ein literarisches Genie geboren - Gerhart Hauptmann. Seine Worte sollten den Lauf der deutschen Literatur verändern, die kulturelle Landschaft Europas nachhaltig prägen. Tauchen wir ein in das faszinierende Leben dieses Ausnahmekünstlers und erkunden seine unvergleichlichen Gesammelten Werke. Gerhart Hauptmanns Kindheit in Ober Salzbrunn war geprägt von einer Welt voller Mythen, Legenden und dem mystischen Flüstern der schlesischen Wälder. Diese frühen Eindrücke sollten den Grundstein für seine spätere Werke legen, in denen er die untrennbare Verbindung zwischen Mensch und Natur zelebrierte. Der junge Hauptmann zog nach Breslau, um Philosophie und Kunstgeschichte zu studieren, doch die Pfade der Literatur lockten ihn mehr. Inspiriert von Emile Zola und dem aufkommenden Naturalismus, begann er, das Leben der einfachen Menschen aufzugreifen. Seine Werke werden noch heute als Gipfel des naturalistischen Schaffens betrachtet. Hauptmann war jedoch mehr als nur ein Anhänger des Naturalismus. Sein Schreibstil war eine sinfonische Melodie aus verschiedenen Einflüssen. Er integrierte Elemente des Symbolismus, Expressionismus und Realismus, schuf so eine einzigartige Harmonie aus Worten, die die Grenzen der literarischen Konventionen sprengte. In einem Höhepunkt seiner Karriere wurde er 1912 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Seine Werke wurden als zeitlos und universell anerkannt, ein Spiegel der menschlichen Existenz und der sozialen Konflikte. Dieser Preis war persönliche Auszeichnung und Bestätigung für die Bedeutung seines Beitrags zur Weltliteratur zugleich. Der Erste Weltkrieg hinterließ tiefe Narben in seiner Seele. Die traumatischen Ereignisse spiegelten sich in seinen Werken wider, in denen er die Auswirkungen des Krieges auf die menschliche Psyche und die Gesellschaft erforschte. Hauptmanns Gesammelte Werke sind ein reicher Schatz literarischer Schöpfungen. Vom epischen Drama bis zur intimen Poesie, von realistischen Erzählungen bis zu allegorischen Meisterwerken - sein Universum ist so facettenreich wie das Leben selbst. Der Chronist äußerer Ereignisse war auch ein Psychologe der menschlichen Seele. In Werken wie »Die Ratten« dringt er tief in die Abgründe der menschlichen Psyche ein, enthüllt Ängste, Träume und die moralischen Konflikte, die uns alle verbinden. Die Liebe, in all ihren Facetten, durchzieht Hauptmanns Werke wie ein roter Faden. Von tragischer Romantik bis zu leidenschaftlichen Affären, von familiären Bindungen bis zu gesellschaftlichen Konventionen - Hauptmann malte das Bild der Liebe in all ihren Farben. Gerhart Hauptmann verstarb am 6. Juni 1946, aber sein Erbe lebt weiter. Seine Werke sind lebendige Quellen der Inspiration für Generationen von Schriftstellern, Denkern und Künstlern weltweit. Treten Sie ein in die fesselnde Welt von Gerhart Hauptmanns Gesammelten Werken. Lassen Sie sich von seinen Worten verzaubern, von seinen Geschichten berühren und von seiner Einzigartigkeit inspirieren. Denn in den Werken dieses literarischen Giganten finden wir die Essenz des Menschseins selbst. Willkommen zu einer Reise durch die Tiefen der menschlichen Seele ...
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Erster Akt


Strand. Im Hintergrund das Meer im Spätnachmittagslichte eines klaren Tages Ende August. Rechts der Schuppen einer Rettungsstation, an dessen Mauer die Gallionfigur eines gestrandeten Schiffes angebracht ist. Sie ist aus bemaltem Holz und stellt eine Frau mit bauschigen Röcken dar, deren Kopf zurückgeworfen ist, so daß ihr bleiches Gesicht mit nachtwandlerischem Ausdruck dem Himmel sich darzubieten scheint. Ihr langes schwarzes Haar fließt offen über die Schulter. — Am Strande, im Trockenen, steht ein Fischerboot. Links vorn auf der Düne, dem Schuppen gegenüber, ein Signalmast mit Strickleitern usw. Ein junges Mädchen, weiß und sommerlich gekleidet, liegt mit einem Buch zwischen Schuppen und Signalmast auf der niedrigen Düne: Lucie Heil. Von rechts vorn kommt der etwa 45jährige Tischlermeister Kühn, gefolgt von einem Lehrling. Sie tragen blaue Schürzen, keiner von beiden eine Mütze. Der Meister grüßt Lucie, der Lehrling grinst sie an. An der Rückwand des Rettungsschuppens liegt ein Stapel fichtener Bretter. Zwei davon lädt Kühn dem Lehrling auf, und dieser trägt sie davon.

Kühn:

Na, sind Sie auch wieder da, Freilein?

Lucie:

Das gehört sich doch, Meister!

Kühn:

Sie kommen immer, wenn die Zugvögel abreisen! Wenn die vielen Zugvögel bei uns Station machen, kommen Sie auch.

Lucie:

Das stimmt.

Kühn:

Wir warten immer drauf, daß der Herr Professor Ottfried Mäurer sich am Ende doch noch anbaut auf der Insel.

Lucie:

Im vorigen Herbst war es nahe daran; aber der Windmüller ging mit seinem Preis plötzlich zu hoch hinauf.

Kühn:

Die Leute sind dumm! Sie wissen nicht, was sie von der Hand weisen. Wenn so'n Mann, wie Professor Mäurer, sich hier auf der Insel ein Tuskulum hinsetzt, das würde doch für jeden hier von größtem Vorteil sein.

Lucie:

Es wäre gar nicht gut, wenn die Insel bekannt würde; denn käme erst mal das ganze Großstadtgewimmel darüber hereingebrochen, dann wär's mit ihrer Schönheit wohl aus.

Kühn:

Ist der Herr Professor Ihr Onkel, Freilein?

Lucie

(lacht):

Nein, ich bin seine Großmutter, Meister Kühn.

Ottfried Mäurer erscheint vom Strande her über die Dünen. Er ist ein mittelgroßer, etwa 36jähriger blonder Mann mit rötlich blondem Spitzbart. Sein Kopfhaar ist kugelrund geschoren; die Stirne breit. Ein Ausdruck schmunzelnder Schalkhaftigkeit belebt zuweilen den scharfblickenden Ernst seines Gesichts hinter der goldnen Brille und dem Kneifer. Er ist unauffällig gekleidet, hat einen Mantel um, einen weichen Filzhut auf dem Kopf, einen gewöhnlichen Stock an den Arm gehakt, und ein Buch, Quart, mit weißem Schweinslederdeckel in der Hand.

Mäurer:

Guten Tag, Meister Kühn.

Kühn:

Schön'n Dank, Herr Professor! — Glücklich wieder auf Fischmeisters Oye angelangt?

Mäurer:

Gott sei Dank, Meister. — Aber ich hatte es diesmal verdammt nötig.

Kühn:

Na, ja, wir haben's ja in der Zeitung gelesen.

Mäurer

(schmunzelnd):

Was haben Sie denn in der Zeitung gelesen?

Kühn:

Von die schöne Bildsäule, die in Bremen errichtet worden ist.

Mäurer:

Die hat mir verflucht Arbeit gemacht, können Sie mir glauben, die schöne Bildsäule. Ich bin froh, daß sie mir aus dem Gehege ist.

Kühn:

Nu gehn Sie aber doch gleich schon wieder nach Griechenland?

Mäurer:

Hat das etwa auch schon wieder in der Zeitung gestanden?

Kühn:

Jawohl! Es gibt ja wohl Marmorbrüche dort, und da wollen Sie ja wohl Steine für neue Standbilder aussuchen.

Mäurer:

Na, Gott sei Dank bin ich mal erst vorläufig hier! — Ich habe schon manchmal ganz gemütlich in Berlin in einer Weinkneipe gesessen und in der Zeitung gelesen, ich befände mich augenblicklich in Konstantinopel und modellierte die Tochter des Sultans. — Übrigens, wem gehört denn die Gallionfigur?

Kühn:

Die hat der große Nordweststurm vor zwei Jahren an Land gebracht.

Mäurer:

Sie gefällt mir; ich würde sie gerne kaufen.

Kühn:

»Ilsebilse, niemand will se, kam der Koch und nahm se doch.« — Schuckert, glaub' ich, hat sie gefunden.

Mäurer:

Ist das der junge Schuckert?

Kühn:

Jawohl. Bei Schuckerten finden Se immer so was. Der Alte hat mal einen dicken goldnen Armring aus'm Wasser rausgebracht. Soll ich vielleicht mal mit ihm reden?

Mäurer:

Ja, bitte, Meister; tun Sie das!

Kühn:

Übrigens hat's mit dem Dinge, wie mir einfällt, ne kuriose Bewandtnis. Die dänische Brigg, von der's wahrscheinlich stammt und die hier draußen gesunken ist, hat der junge Schuckert zwei oder drei Tage vorher, jenau mit die Figur, bei schönstem Wetter wafeln gesehn.

Mäurer:

Weißt du, was wafeln ist, Lucie?

Lucie:

Nein.

Mäurer:

In Schottland nennt man es second-sight.

Lucie:

Ach so, etwas mit dem zweiten Gesicht sehen.

Mäurer:

Ja, zum Beispiel sein eignes Begräbnis.

Kühn:

Gott sei Dank, ich leide nicht dran, trotzdem ich alle Augenblick mal mit Sargbretter zu tun habe.

Mäurer:

Ist jemand gestorben?

Kühn:

Nee, vorläufig nich; aber Vorrat muß sein.

(Er legt sich zwei Bretter auf die Schulter und geht.)

Adje, Herr Professor!

Mäurer:

Wiedersehn, Meister Kühn. — — —

(Lucie und Mäurer allein.)

Mäurer:

Na, Schusterchen, ich bin ja im höchsten Grade überrascht, dich hier zu sehen.

Lucie:

Ich erst recht. Ich dachte, du bist auf die Südspitze zugegangen: deshalb habe ich mich hier in den Norden geschlängelt; es war wirklich nicht meine Absicht, dir aufzulauern.

Mäurer

(schmunzelnd, klug, stoßweise):

So! So! Wirklich? Na na! Ein Musterkind! — Übrigens hast du gewafelt bei mir; denn ich wollte eben mal über unser grünes Kuhländchen nach dir Auslug halten. — Was liest du denn da?

Lucie:

Rate! —

Mäurer:

Dann ist es nicht schwer zu raten: die Droste. — Wie lange liegst du schon hier, mein Kindchen?

Lucie:

Schon lange Zeit. — Mit wem hat diese Figur dort eine gewisse Ähnlichkeit?

Mäurer

(faßt die Gallionfigur ins Auge):

Ich weiß es nicht! Etwa mit deiner Mutter?

Lucie:

Mit Mutter, gewiß.

Mäurer:

Das finde ich nicht.

Lucie:

Ich würde vielleicht auch nicht darauf gekommen sein; aber ich habe von Mutter geträumt. Ich ging mit ihr unten am Strand spazieren, nachts, und da hatte sie ihre Hand mit dem bloßen Unterarm auch so an der Halskette und auch einen Kranz auf, wie diese Figur ihn hat. Ich hatte wohl also Mutters Bild und dies hier unwillkürlich verschmolzen. — Ich träume hier überhaupt furchtbar lebhaft und schleppe, merkwürdigerweise sogar mitten im hellen Sonnenschein, einen heißen Kopf und den Spuk der Nacht mit mir herum.

Mäurer

(lächelnd, gehoben):

Aber sonst ist es wieder göttlich hier. Ich habe jetzt wieder Stunden erlebt, die unvergleichlich sind. Diese Klarheit! Dieses stumme und mächtige Strömen des Lichtes! Dazu die Freiheit im Wandern über die pfadlose Grastafel. Dazu der Salzgeschmack auf den Lippen. Das geradezu bis zu Tränen erschütternde Brausen der See, — siehst du, hier hinter der Brille ist noch ein Tropfen! — Dieses satte, strahlende Maestoso, womit sie ihre Brandungen ausrollen läßt. Köstlich!

Lucie:

Da hast du gewiß wieder interessante Ideen gehabt. (Sie nimmt sein Skizzenbuch.)

Mäurer:

Nichts. Auf Ehrenwort, keine Linie. Schreibtafel her, ich muß mir's niederschreiben: Ich werde zwar diese unmoderne Gewohnheit nicht los, — aber vor so etwas heißt es einpacken. — Sag' mal, den Brief von Schilling hattest du doch?

Lucie:

Ich hatte ihn dir heut morgen wiedergegeben.

Mäurer

(sucht in den Taschen und findet den Brief):

Richtig, freilich, da ist ja das Schriftstück. — Es hat sich mit meiner Depesche gekreuzt. — Ich würde mich mächtig freuen, wenn Schilling sich endlich mal aus seiner Misere mit einiger Energie herauslöste. — Hältst du's für möglich, nach diesem Brief? Du bist doch in solchen Sachen sehr schlau, Schusterchen.

Lucie

(zuckt mit den Achseln):

Nach diesem Brief, Ottfried, allerdings. Freilich, sicher kann man es, wie die Sachen mit Schilling liegen, nicht voraussagen. Er scheint ja in einer Krisis zu sein, aber sag' mal selbst, sein Verhältnis zu Hanna Elias ist schon manchmal in einer Krisis gewesen; und doch renkte sich alles immer wieder zu unsrem beiderseitigen Mißfallen ein. — Du weißt ja, was sie für Mittel hat! Wenn sie es absolut will, daß er bei ihr bleibt, na, so geht sie zu Bett und kriegt vier Wochen lang Nasenbluten. —

Mäurer:

Äh, ich mag sie nicht! Ich bin in keiner Beziehung, nicht wahr, ein Weiberfeind; sie brauchen auch, weiß Gott, um mir zu gefallen, nicht alle deutsche Gänse zu sein. Aber diese Hanna macht mich ganz wild. Wenn ich sie ansehe, fast leichenhaft wächsern, wie sie ist, dann begreife ich nicht, wie sie leben kann, und hoffe, sie muß jeden Augenblick abschieben. Keine Ahnung! Sie lebt; sie denkt nicht daran und wird uns alle womöglich noch...



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