Hayder | Ritualmord | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 416 Seiten

Reihe: Die Inspektor-Caffery-Thriller

Hayder Ritualmord

Psychothriller

E-Book, Deutsch, Band 3, 416 Seiten

Reihe: Die Inspektor-Caffery-Thriller

ISBN: 978-3-641-02894-7
Verlag: Goldmann
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Nachtschwarze Spannung: ein teuflischer Thriller
Bei einem Tauchgang im trüben Wasser von Bristols Hafenbecken umschließen die Finger der Polizeitaucherin Flea Marley plötzlich eine menschliche Hand. Dass der dazugehörige Körper fehlt, ist schon mysteriös genug. Doch als am nächsten Tag eine weitere Hand entdeckt wird, vergraben unter der Eingangstür eines Restaurants am Hafen, wird der Fall immer verstörender. Flea Marley und DI Jack Caffery ahnen, dass die seltsamen Funde mit afrikanischer Muti-Zauberei zu tun haben. Tatsächlich führt die Spur in die afrikanische Gemeinde der Stadt, wo die Angst vor dem Tokoloshe - einer Art Dämon - umgeht. Eine Angst, die immer mehr Menschen Hilfe bei schützenden Muti-Ritualen suchen lässt. Und da abgetrennte Hände bei weitem nicht der stärkste Zauber sind, müssen Caffery und Flea den Täter fassen, bevor es zu weiteren Bluttaten kommt ...

Mo Hayder avancierte mit ihrem Debüt, dem Psychothriller »Der Vogelmann«, über Nacht zur international gefeierten Bestsellerautorin. Der Nachfolger »Die Behandlung« wurde von der Times zu einem der zehn spannendsten Thriller aller Zeiten gewählt. 2011 bekam Mo Hayder den »CWA Dagger in the Library« für ihr bisheriges Gesamtwerk, im Jahr darauf wurde »Verderbnis« mit dem renommierten Edgar Award für das beste Buch des Jahres ausgezeichnet. Mo Hayder, die zuletzt im Südwesten Englands lebte, verstarb im Juli 2021.
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1 13. Mai Kurz nach der Mittagspause an einem Dienstag im Mai, drei Meter unter Wasser im Floating Harbour von Bristol, schloss Polizeitaucherin Sergeant »Flea« Marley ihre behandschuhten Finger um eine menschliche Hand. Es traf sie ein wenig unvorbereitet, sie so leicht zu finden, und sie strampelte unwillkürlich und wirbelte Schlick und Maschinenöl vom Boden auf; ihr Körpergewicht verlagerte sich, der Auftrieb nahm zu, und sie begann zu steigen. Sie musste sich nach unten neigen und die linke Hand unter die Pontontanks schieben; dann ließ sie ein bisschen Luft aus dem Anzug, bis sie so weit stabilisiert war, dass sie wieder auf den Grund hinuntersinken und sich ein bisschen Zeit nehmen konnte, um den Gegenstand zu befühlen. Es war stockdunkel da unten, als steckte sie mit dem Gesicht im Schlamm, und unmöglich, irgendetwas zu sehen. Wie fast immer beim Tauchen in Fluss und Hafen musste sie sich ganz auf ihren Tastsinn verlassen, Geduld haben und abwarten, bis dieses Ding durch Abtasten seine Form verriet und ein Bild in ihrem Kopf entstehen ließ. Sie zählte die Finger, um sich zu vergewissern, dass es etwas Menschliches war, und stellte dann fest, welcher Finger welcher war. Zuerst der Ringfinger – er war von ihr weggekrümmt, sodass sie jetzt wusste, wie die Hand lag: mit der Handfläche nach oben. Ihre Gedanken überschlugen sich, als sie sich vorzustellen versuchte, wie der Körper liegen könnte – wahrscheinlich auf der Seite. Probehalber zog sie leicht an der Hand. Statt von einem Gewicht gehalten zu werden, ließ sie sich mühelos lösen und schwebte aus dem Schlick herauf. Wo ein Handgelenk hätte sein müssen, fühlte sie nur freiliegende Knochen und Knorpel. »Sarge?« PC Rich Dundas’ Stimme kam aus ihrem Ohrhörer. In der erdrückenden Dunkelheit klang sie so nah, dass sie erschrak. Er stand oben auf dem Kai und verfolgte ihre Aktion zusammen mit dem Leinenführer, der ihre Sicherungsleine abspulte und die Kommunikationsanzeigen im Auge behielt. »Wie kommen Sie voran? Sie sind genau über dem Hotspot. Sehen Sie was?« Der Zeuge hatte von einer Hand gesprochen, nur von einer Hand, nicht von einer Leiche, und das hatte alle im Team beunruhigt. Keiner von ihnen hatte je erlebt, dass eine Leiche auf dem Rücken trieb; die Verwesung sorgte dafür, dass sie mit dem Gesicht nach unten schwamm und Arme und Beine im Wasser nach unten hingen. Das Letzte, was man sehen würde, wäre eine Hand. Aber jetzt hatte sich das Bild geändert: An der schwächsten Stelle, am Gelenk, war diese Hand abgetrennt worden. Es handelte sich nur um eine Hand, nicht um eine Leiche. Es war also kein Leichnam gewesen, der da gegen alle Gesetze der Physik auf dem Rücken im Wasser trieb. Trotzdem stimmte an dieser Zeugenaussage etwas nicht. Sie drehte die Hand um und verfestigte das geistige Bild von ihrer Lage, ergänzte es durch kleine Details, die sie für ihre eigene Zeugenaussage brauchen würde. Sie war nicht vergraben gewesen. Sie konnte nicht einmal sagen, dass sie im Schlick versunken war. Sie hatte obendrauf gelegen. »Sarge? Hören Sie mich?« »Ja«, sagte sie, »ich höre Sie.« Sie hob die Hand auf, umfasste sie behutsam und ließ sich auf den Schlick im Hafen sinken. »Sarge?« »Ja, Dundas. Ja, ich bin da.« »Haben Sie was?« Sie schluckte, drehte die Hand um, sodass die Finger quer über ihren eigenen lagen. Sie sollte Dundas melden, dass sie etwas gefunden hatte. Aber sie tat es nicht. »Nein«, sagte sie stattdessen. »Nichts. Noch nichts.« »Was ist denn da los?« »Nichts. Ich sehe mich noch ein bisschen um. Ich sage Bescheid, wenn ich was habe.« »Okay.« Sie wühlte einen Arm in den schmutzigen Schlamm auf dem Grund und zwang sich, klar zu denken. Als Erstes zog sie die Führungsleine sanft herunter und tastete nach der nächsten Dreimetermarke. Oben würde es so aussehen, als spulte sie sich ganz natürlich ab; es würde aussehen, als schwämme sie über dem Grund entlang. Als sie die Marke erreicht hatte, klemmte sie die Leine zwischen die Knie, um die Spannung zu halten, und legte sich in den Schlick, wie sie es ihrem Team beibrachte, wenn es darum ging, bei einer CO2-Überdosis zu ruhen: das Gesicht nach unten, damit die Maske sich nicht heben konnte, und die Knie leicht in den Schlamm gebohrt. Die Hand hielt sie dicht an ihre Stirn, als betete sie. Der Sprechfunk in ihrem Helm war still; sie hörte nur ein statisches Rauschen. Jetzt, nachdem sie das Zielobjekt gefunden hatte, konnte sie sich Zeit lassen. Sie stöpselte das Mikro an ihrer Maske ab, schloss für eine Sekunde die Augen und kontrollierte ihre Balance. Sie konzentrierte sich auf einen roten Fleck vor ihrem geistigen Auge, beobachtete ihn und wartete darauf, dass er zu tanzen anfing. Aber er tat es nicht. Blieb starr. Sie hielt sich sehr, sehr ruhig und wartete wie immer darauf, dass etwas zu ihr kam. »Mum?«, flüsterte sie und verabscheute den hoffnungsvollen, zischenden Klang ihrer Stimme im Helm. »Mum?« Sie wartete. Nichts. Wie immer. Sie konzentrierte sich angestrengt und drückte dabei die Knochen der Hand leicht zusammen, bis dieses fremde Stück Fleisch sich halb vertraut anfühlte. »Mum?« Etwas drang in ihre Augen. Es brannte. Sie öffnete sie, aber da war nichts – nur das übliche stickige Schwarz der Maske, das verschwommene bräunliche Licht auf dem Schlick, der vor der Sichtscheibe schwebte, und das alles umhüllende Geräusch ihres eigenen Atems. Sie kämpfte mit den Tränen, und am liebsten hätte sie es laut gesagt: Mum, bitte hilf. Ich habe dich letzte Nacht gesehen. Ich habe dich gesehen. Und ich weiß, du willst mir etwas sagen – ich kann dich nur nicht richtig hören. Bitte sag mir, was es ist. »Mum?«, flüsterte sie und schämte sich: »Mummy?« Ihre eigene Stimme kam zurück, und das Echo hallte in ihrem Kopf, aber jetzt klang es nicht wie Mummy, sondern wie Idiot, du Idiot. Schwer atmend legte sie den Kopf zurück und wehrte sich gegen die aufsteigenden Tränen. Was erwartete sie? Warum kam sie zum Weinen immer hierher, unter Wasser? Es gab keinen schlechteren Ort dafür – zum Weinen unter einer Maske, die sie nicht abnehmen konnte wie ein Sporttaucher. Vielleicht war es naheliegend, dass sie sich Mum an einem solchen Ort näher fühlte, aber da musste mehr dahinterstecken. So weit sie zurückdenken konnte, war das Wasser immer eine Umgebung gewesen, in der sie sich konzentrieren konnte. Wo eine Art Friede heraufschwebte – als könnte sie hier unten Kanäle öffnen, die oben verschlossen blieben. Sie wartete ein paar Minuten, bis die Tränen irgendwohin verschwunden waren, wo sie ihr nichts anhaben konnten, und sie sicher war, dass sie sich nicht lächerlich machen würde, wenn sie wieder auftauchte. Sie seufzte und hob die abgetrennte Hand hoch. Sie musste sie so dicht an die Maske halten, dass sie die Plexiglassichtscheibe fast berührte; sonst konnte man nichts erkennen. Als sie die Hand aus dieser Nähe betrachtete, begriff sie, was ihr außerdem Sorgen machte. Sie stöpselte das Mikrokabel wieder ein. »Dundas? Sind Sie da?« »Was gibt’s?« Sie drehte die Hand weniger als einen Zentimeter vor der Sichtscheibe hin und her und betrachtete die graue Haut und das abgerissene Ende. Ein alter Mann hatte sie gesehen, nur eine Sekunde lang. Er war mit seiner kleinen Enkelin unterwegs gewesen, die ihre neuen pinkfarbenen Gummistiefel im Regen hatte ausprobieren wollen. Sie hatten sich zusammen unter den Schirm geduckt und zugeschaut, wie die Tropfen auf das Wasser prasselten, als er sie entdeckt hatte. Und hier war sie – exakt an der Stelle, die er dem Team genannt hatte, versteckt unter dem Ponton. Ausgeschlossen, dass er sie bei diesen Sichtverhältnissen hier unten hatte erkennen können. Vom Ponton aus war es nicht möglich, zwei Handbreit in die Tiefe zu sehen. »Flea?« »Ja, ich dachte nur gerade... Hat einer von euch da oben jemals was anderes erlebt als null Sichtweite hier unten?« Eine Pause trat ein; Dundas befragte das Team auf dem Kai. Dann meldete er sich wieder. »Negativ, Sarge. Niemand.« »Definitiv null Sichtweite zu jeder Zeit?« »Ich würde sagen, das ist höchstwahrscheinlich so, Sarge. Warum?« Sie legte die Hand wieder auf den Grund des Hafens. Sie würde mit einem Asservatenbeutel zurückkommen – es kam nicht in Frage, dass sie damit an die Oberfläche schwamm und forensisches Beweismaterial verlor -, aber jetzt hielt sie sich an der Führungsleine fest und versuchte nachzudenken, herauszufinden, wie der Zeuge die Hand hatte sehen können. Doch sie konnte keinen richtigen Gedanken fassen. Hatte wahrscheinlich etwas mit dem zu tun, was sie letzte Nacht gemacht hatte. Entweder das, oder sie wurde älter. Nächsten Monat neunundzwanzig. Hey, Mum, was sagst du dazu? Ich bin fast neunundzwanzig. Hättest du nie gedacht, dass ich so weit komme, stimmt’s? »Sarge?« Langsam ließ sie die Leine nach und stemmte sich dabei gegen...


Hayder, Mo
Mo Hayder avancierte mit ihrem Debüt, dem Psychothriller »Der Vogelmann«, über Nacht zur international gefeierten Bestsellerautorin. Der Nachfolger »Die Behandlung« wurde von der Times zu einem der zehn spannendsten Thriller aller Zeiten gewählt. 2011 bekam Mo Hayder den »CWA Dagger in the Library« für ihr bisheriges Gesamtwerk, im Jahr darauf wurde »Verderbnis« mit dem renommierten Edgar Award für das beste Buch des Jahres ausgezeichnet. Mo Hayder, die zuletzt im Südwesten Englands lebte, verstarb im Juli 2021.


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