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E-Book, Deutsch, 360 Seiten
Hecht / Weber Cost Engineering und Value Management
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-17-041132-6
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 360 Seiten
ISBN: 978-3-17-041132-6
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Prof. Dr. Dirk Hecht lehrt technisches Beschaffungsmanagement an der TH Ingolstadt. Prof. Dr. Dirk A. Weber lehrt im Schwerpunkt Cost Engineering an der HS München.
Autoren/Hrsg.
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1.1Grundlagen des Cost & Value Engineerings
Prof. Dr. Dirk Hecht, Prof. Dr. Dirk A. Weber
Das moderne Cost Engineering (CE) und die damit verwandte Disziplin des Value Engineerings (VE) haben sich als unabdingbare Instrumente erfolgreicher Unternehmen aller Branchen etabliert. Sie beschreiben einen ganzheitlichen Managementansatz der Produktkosten im Verlauf des Produktlebenszyklus und zielen im Wesentlichen auf eine Optimierung der Kosten und Nutzenwerte ab. Die über diese große Spannweite anfallenden Aufgaben betreffen die Bereiche Kostenprognose, Kostenanalyse, Kostenkontrolle, Kostenoptimierung und Wertgestaltung. Das Cost Engineering vereint unter anderem Kompetenzen aus dem Controlling, der Produktentwicklung sowie dem Projekt- und Risikomanagement.
Die Methoden des Cost Engineerings und Value Engineerings ermöglichen das Bewerten von Konzepten, Produkten, Prozessen, Änderungsbedarfen und Optimierungen und bringen die Kundenfunktion als zentrale Steuerungsgröße in den Fokus. Somit fungieren sie auch als Schnittstelle zu diverseren Unternehmens-funktionen (z.B. Qualität, Supply Chain Management, Entwicklung und Fertigung).
Besonders in Zeiten des Global Sourcings und der Notwendigkeit, innovative Produkte kostenoptimal zu beschaffen, sind die Methoden unabdingbare Garanten für den Unternehmenserfolg. Nur wer die Kosten des gesamten globalen Supply-Chain-Netzwerks nachhaltig transparent darstellen und aktiv gestalten kann, wird dauerhaft die Ressourcen haben, Innovationen zu entwickeln und zu beschaffen.
Für eine erfolgreiche Umsetzung sind bestimmte Grundvoraussetzungen zu erfüllen. Neben der geeigneten organisatorischen Heimat und den erforderlichen Ressourcen benötigt man ein digitales Ökosystem, Know-how, technologisches Wissen und Training. Ferner sind geeignete Methoden, eine enge Kollaboration mit Schnittstellenpartnern, die hierfür erforderliche Prozessintegration sowie geeignete Zielsetzungen und Managementanbindung erforderlich. Darüber hinaus ist eine Ausrichtung an den Gesamtkosten, dem Lebenszyklus und dem Markt sowie der Integration von internen und externen Funktionen einzuhalten.
1.1.1Definitionen und Methodenübersicht
Der Begriff des Cost Engineerings (CE) wird oft mit Kostenanalyse, Value Engineering (VE), Wertanalyse oder Value Management (VM) gleichgesetzt. Obwohl sich viele Elemente der Kostenanalyse in anderen Methoden als Ausgangsbasis wiederfinden, gibt es dennoch deutliche Unterschiede, die sich am besten über die zeitliche Zuordnung des Produktentwicklungsprozesses und die Funktionsorientierung abgrenzen lassen.
Im Nachgang werden die wesentlichen Fachbegriffe verdeutlicht. Grundsätzlich gehören alle in diesem Band skizzierten Methoden zum Kostenmanagement. Der Schwerpunkt in diesem Buch liegt jedoch nicht auf der Sichtweise des Unternehmenscontrollings, sondern auf dem Blickwinkel des Beschaffungsmanagements und der Entwicklung. Eine generische Definition zum Kostenmanagement findet sich bei Becker:2
»Kostenmanagement ist als Teil der Unternehmenspolitik darauf gerichtet, mit Hilfe von systematisch-methodischen Verfahren eine ganzheitlich geprägte Beeinflussung der unternehmerischen Kostensituation eines Betriebs zu erreichen […]«
Der Aspekt der Ganzheitlichkeit kann durch folgende Aufgaben des Kostenmanagements verstanden werden:
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Beeinflussung des Kostenniveaus
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Beeinflussung von Kostenstrukturen
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Beeinflussung des Kostenverhaltens
Ziel der Beeinflussung des Kostenniveaus ist es, die Kostenhöhe zu reduzieren. Die Betrachtung der Kostenstrukturen beabsichtigt eine zielgerichtete Veränderung der Zusammensetzung der Kosten (Kostenblöcke, -kategorien und -arten). Besonders die Gestaltung von variablen zu fixen Kosten sowie Einzel- und Gemeinkosten wird betont. Die Beeinflussung des Kostenverhaltens analysiert den Zeitpunkt des Kostenanfalls, z.B. im Verlauf des Produktlebenszyklus. Die wesentlichen Instrumente des Kostenmanagements werden nachfolgend vorgestellt.
1.1.2Kostenanalyse, Cost-Benchmarking und Zero-Base-Budeting
Die klassische Kostenanalyse untersucht die Kostenstruktur eines bestehenden Prozesses oder Produkts und das Verhalten der Kosten bei Beschäftigungsschwankungen, Produktänderungen, Produktionsverlagerung oder Veränderung von Ressourcen. Sie ermöglicht somit eine kostenbasierte Preisfindung, die über den Mechanismus von Angebot und Nachfrage hinausgeht. Sie dient der Kontrolle der Betriebsleistung, Feststellung der Wirtschaftlichkeit, Verbesserung der Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung und Vorbereitung der Kostenplanung durch Erforschung der Kostenzusammenhänge und Abhängigkeiten. Die differenzierte Zuschlagskalkulation hat sich – trotz zahlreicher systemimmanenter Schwächen – als die am besten geeignete Methode der Kostenermittlung bei mehrstufigen komplexen Herstellungsverfahren bestätigt. Vereinfacht ausgedrückt lässt sich jedes komplexe Produkt durch die »3 M« – Mensch, Maschine und Material – analysieren. Allerdings ist eine Menge Erfahrung und technische Kompetenz erforderlich, um eine belastbare Kalkulation aufzustellen. Die Kostenanalyse unterstützt somit bei der Feststellung einzelner Kostenarten und ihres Anteils an den Gesamtkosten, den Kostenstellenkosten und Stückkosten. Es werden die Faktoren analysiert, welche die Kosten verursachen und deren Verhalten gegenüber Änderungen der Ausgangssituation.
Die Kostenanalyse wird u.a. in der Beschaffung, Entwicklung und Produktion verwendet, um komplexe Strukturen zu analysieren und Verschwendung zu vermeiden. Es lassen sich die sogenannte Brown- und Greenfield-Kalkulation bzw. Best-Practice-Bewertung und Should Costing differenzieren. Während die sog. Brownfield Kalkulation ein bereits bestehendes Werk (daher der Name) mit zugehöriger Auf- und Ablauforganisation sowie der etablierten Supply Chain vor Ort bewertet, kalkuliert der sog. Greenfield eine Fertigung ohne direkte Validierung am Standort. Should Costing bzw. der sog. Best-Practice-Ansatz bewertet ein neues Werk unter idealen Bedingungen mit optimalen Produktionsprozessen.
Erweitern lässt sich die Kostenanalyse um das so genannte Cost-Benchmarking. Diese Methode soll die eigene Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zur Kostensituation der Branchenbesten erhöhen. Sie fällt in die Beeinflussung des Kostenniveaus und der Kostenstruktur.
Das Zero-Base-Budgeting ist ein typisches Verfahren des Unternehmenscontrollings, findet aber in Grundzügen auch im Lieferantenmanagement Anwendung. Hierbei beginnt die Planung bei null und kostenverursachende Bereiche und Prozesse werden grundsätzlich hinterfragt.
1.1.3Prozessoptimierung, Prozessgestaltung und Erfahrungskurvenkonzept
Diese Methode setzt idealerweise vor dem Produktionsstart (Start of Production, SOP) an und analysiert gemeinsam mit dem Lieferanten ein auf Komplexität und Volumen abgestimmtes optimales Produktionskonzept. Die Elemente der Kostenanalyse finden Anwendung, um die verschiedenen Konzepte monetär bewerten und geeignete Hebel zur Optimierung finden zu können. Die gegebenen Abläufe müssen zuerst einmal im Rahmen der Prozessanalyse zum Beispiel mittels Prozessmodellierung erfasst werden. Im Zeitalter der Digitalisierung werden im Rahmen eines integrierten E-Business-Konzeptes die gesamten betrieblichen Abläufe sowie die menschlichen wie materiellen Ressourcen einer derartigen Evaluation und Einordnung unterzogen. Bekannte Managementkonzepte seit Mitte der 1990er Jahre in diesem Zusammenhang sind Business Process Reengineering (BPR), Six Sigma (Anfang der 90er), Kaizen oder Balanced Scorecard. In den Bereich der Prozessgestaltung gehört auch das Erfahrungskurvenkonzept, das im Wesentlichen auf dem Lernkurveneffekt beruht. Dieser besagt, dass mit jeder Verdopplung der im Zeitablauf kumulierten Ausbringungsmenge ein Potential zur Stückkostenreduzierung von etwa 5 Prozent (bei Standardtechnologien) bis 30 Prozent (z.B. bei Halbleitern) existiert. Er basiert auf der Annahme der Effizienzsteigerung aufgrund reduzierten Ausschusses und Personalbedarfs sowie geringen Taktzeiten.
Mathematisch lässt sich die Lernkurve wie folgt beschreiben:3
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kt=k0·(QtQ0)ß
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Mit kt: Stückkosten in der Periode t
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k0: Stückkosten zu Produktionsbeginn
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Qt: Kumulierte Produktionsmenge
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Q0: Startmenge
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ß: Lernelastizität (ß<0; sowie a= 1–2ß. a ist die Lernrate in Prozent, um welche die realen Stückkosten bei einer Verdopplung der Stückzahl sinken)
Die Begriffe Cost Engineering (Anmerkung: der Begriff »Kostenengineering« findet sich zwar in der Literatur, wird aber zunehmend durch den rein englischen Begriff »Cost Engineering« ersetzt), Konzept- und Produktgestaltung haben ein wesentliches Element gemeinsam: Sie gestalten Kostenstrukturen in einer frühen Phase des Produktentstehungsprozesses. Das Cost Engineering kann als Klammer um die Konzept- und Produktgestaltung sowie die Prozessgestaltung verstanden werden. Während die Produktgestaltung auf die Beeinflussung eines Produktes zielt und mit analytischen Ansätzen Produktideen bewertet und Optimierungen ableitet, ermöglicht die Konzeptgestaltung darüber hinaus eine strategische, komplexere Weichenstellung. Bereits vor Konzeptentscheid sollen verschiedene potenzielle Konzepte mit möglichst genauen Kostenaussagen und...