Hein | Die SS | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2841, 127 Seiten

Reihe: Beck'sche Reihe

Hein Die SS

Geschichte und Verbrechen

E-Book, Deutsch, Band 2841, 127 Seiten

Reihe: Beck'sche Reihe

ISBN: 978-3-406-67514-0
Verlag: C.H.Beck
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die SS – untrennbar ist dieses Kürzel mit der Ermordung der europäischen Juden verbunden, dem wohl größten Menschheitsverbrechen aller Zeiten. Überall auf der Welt stehen die beiden Buchstaben als Synonym für das Böse schlechthin. Doch wie genau wurde der „Schwarze Orden“ zum Vollstrecker des nationalsozialistischen Rassenwahns? Auf dem neuesten Stand der Forschung führt Bastian Hein in die Geschichte des Staatsschutzkorps des Dritten Reiches ein, beschreibt die Entstehung der Organisation, ihren Kult sowie die Auslese des Personals und schildert die von der SS verübten Verbrechen.
Hein Die SS jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1;Cover;1
2;Titel;3
3;Impressum;4
4;Inhalt;5
5;I. Bescheidene Anfänge;7
5.1;1. Vom Stoßtrupp zur Schutzstaffel;7
5.2;2. Straßenkämpfer wie andere auch;11
6;II. Die Ablösung von der SA;15
6.1;1. Ein neuer Reichsführer – Heinrich Himmler als «Vater der SS »;15
6.2;2. «In Treue zum Führer» – auch gegen die eigenen Kameraden;18
6.3;3. Die Idee eines «nordischen Neuadels»;24
7;III. Der «Schwarze Orden»;30
7.1;1. Nur die Besten? – Das Auswahl- und Aufnahmeverfahren der SS;30
7.2;2. Die Erziehung der SS-Männer;38
7.3;3. Ein schwarzer Kult?;47
7.4;4. Ahnenerbe und Lebensborn;52
8;IV. Das Staatsschutzkorps des Dritten Reichs;59
8.1;1. Das System der Konzentrationslager;59
8.2;2. Die Verschmelzung von SS und Polizei;66
8.3;3. Von der Unterdrückung politischer Gegner zum Schutz des «Volkskörpers»;71
9;V. Die Schutzstaffel im Zweiten Weltkrieg;76
9.1;1. Die Waffen-SS;76
9.2;2. Die Vollstrecker des nationalsozialistischen Rassenwahns;86
10;VI. «Alibi einer Nation»;103
10.1;1. Nürnberg und andere spektakuläre Urteile;103
10.2;2. Von Flüchtlingen, alten Seilschaften und neuen Nachbarn;110
10.3;3. Täterbilder;115
11;Organigramm;119
12;Auswahlbibliografie;120
13;Personenregister;123
14;Bildnachweis;127


I. Bescheidene Anfänge
1. Vom Stoßtrupp zur Schutzstaffel
Die SS – untrennbar ist diese Organisation mit der Ermordung der europäischen Juden, dem wohl größten Menschheitsverbrechen aller Zeiten verbunden. Kein Auto in Deutschland darf diese Buchstabenkombination im Nummernschild führen. Ihr altes Zeichen, die vermeintlich germanische doppelte «Sigrune», ist als verfassungsfeindliches Symbol verboten. Für Menschen auf der ganzen Welt ist Heinrich Himmlers «Orden unter dem Totenkopf» (Heinz Höhne) ein Synonym für das Böse schlechthin. In ihren Anfängen jedoch war Hitlers Schutzstaffel zunächst ein eher unscheinbares, beinahe «normales» Kind ihrer Zeit. Denn als der Erste Weltkrieg 1918 mit der Niederlage der Mittelmächte endete, fiel die Aggressivität, die gegen die äußeren Feinde mobilisiert worden war, auf das politische Leben in Deutschland zurück. Auf die bewaffnete, aber alles in allem recht unblutige Novemberrevolution folgten seit Beginn des Jahres 1919 Umsturzversuche der radikalen Linken, als anstelle der von ihnen ersehnten sozialistischen Räterepublik eine liberale, parlamentarische Demokratie entstand. Die politisch vorwiegend rechtsstehenden Freikorps, die der Vorsitzende des Rats der Volksbeauftragten und spätere Reichspräsident, Friedrich Ebert, in dieser Situation zu Hilfe rief, schlugen diese Aufstände mit extremer Gewalt nieder. Die hochgradige Militarisierung der deutschen Nachkriegsgesellschaft nahm zudem aufgrund einer «kompensatorischen Reaktion» (Hans Mommsen) auf die Abrüstungsbestimmungen des Versailler Vertrags weiter zu. Einerseits gab die Reichswehrführung zahlreiche Waffen an zivile Gruppierungen ab, um sie dem Zugriff der alliierten Rüstungskommissionen zu entziehen und sich inoffizielle Reserveeinheiten zu schaffen. Andererseits empfanden nicht wenige Deutsche, insbesondere Angehörige der Kriegsjugendgeneration, Bedauern über den Verlust des Militärdienstes als «Schule der Männlichkeit» bzw. «Schule der Nation». Entsprechend leicht waren sie für paramilitärische Organisationen zu begeistern. Nach der Auflösung der Soldatenräte und dem Verbot der Einwohnerwehren und Freikorps auf Druck der Siegermächte wurde eine Vielzahl von Wehr- und Selbstschutzverbänden jeder politischer Couleur gegründet: vom kommunistischen Rotfrontkämpferbund über das sozialdemokratisch geprägte Reichsbanner und den eher altkonservativen Stahlhelm bis hin zu rechtsextremen Gruppen wie der Organisation Consul oder dem Bund Oberland. Die Tatsache, dass ausgerechnet die Nationalsozialisten nicht nur einen, sondern gleich zwei solcher Kampfbünde, die Sturmabteilung (SA) und die Schutzstaffel (SS), hervorbrachten, lag an mehreren Faktoren. Erstens war gerade in München, dem Geburtsort der NS-Bewegung, die post-revolutionäre Gewalt besonders ausgeprägt. Am 21. Februar 1919 ermordete der junge Graf Anton von Arco-Valley den Revolutionsführer Kurt Eisner. Am 7. April riefen daraufhin radikale Sozialisten um Ernst Toller und Erich Mühsam eine Räterepublik aus und stellten eine Rote Armee auf. Als diese Ende April, Anfang Mai von Freikorpstruppen unter der Führung Franz von Epps in die Enge gedrängt wurde, brachten die Revolutionäre einige bürgerliche Geiseln um. Die siegreichen Freikorps antworteten mit einer völlig unverhältnismäßigen Welle «weißen Terrors», der mehr als 300 Zivilisten zum Opfer fielen. In den folgenden Jahren gaben in München rechte Politiker wie Gustav von Kahr den Ton an und bemühten sich, Bayern zu einer «Ordnungszelle» gegen das aus ihrer Sicht allzu linke Berlin zu machen. Sie duldeten es, dass Epp und sein Stabschef Ernst Röhm aus der Reichswehr heraus gezielt das rechte paramilitärische Milieu aufrüsteten, was Röhm den Spitznamen des «Maschinengewehrkönigs» von Bayern einbrachte. Zweitens war Adolf Hitler, der gescheiterte Kunstmaler und österreichische Emigrant, der seit 1919 als «Trommler» und seit 1920 als Vorsitzender der NSDAP agierte, ausgesprochen gewaltfixiert. Das lag zum einen an der für ihn prägenden vierjährigen Kriegserfahrung mit mehreren, teils schweren Verletzungen, zum anderen an seinem sozialdarwinistischen Weltbild. Für Hitler bedeutete Politik einen gnadenlosen Kampf auf Leben und Tod gegen den westlichen Liberalismus, den östlichen Bolschewismus, die von ihm befürchtete «rassische» Überfremdung Deutschlands, den vermeintlichen «Dolchstoß» der «Novemberverbrecher», den «Schandfrieden» von Versailles und letztlich gegen das Judentum, dem er all diese Übel zuschrieb. Drittens war die seit 1920/21 bestehende Sturmabteilung als älterer und bei weitem größerer der beiden NS-Kampfbünde aus Hitlers Sicht latent unzuverlässig. Viele ihrer 1923 gut 4000 Mitglieder gehörten nicht nur ihr, sondern zugleich anderen rechten Wehrverbänden an. Zudem waren die Führungsfiguren der frühen SA – Röhm ebenso wie Hermann Göring – durchaus eigenwillig, ehrgeizig und nicht gewillt, sich dem militärisch viel rangniedrigeren Hitler so einfach unterzuordnen. Schließlich war die SA zur Vorbereitung eines von München ausgehenden «Marschs auf Berlin» in Dachverbände wie die Arbeitsgemeinschaft der vaterländischen Kampfverbände und den Deutschen Kampfbund eingebunden und somit dem direkten Zugriff Hitlers zumindest teilweise entzogen. Um dieses Manko auszugleichen und wenigstens eine kleine Schlägertruppe zu seiner unmittelbaren Verfügung zu haben, gründete Hitler im März 1923 eine Stabswache, der er im Mai den martialischer klingenden Namen Stoßtrupp Hitler gab. Das Personal stammte aus der persönlichen Clique des Parteiführers der NSDAP. Figuren wie der Uhrmacher Emil Maurice, der Pferdeknecht Christian Weber, der städtische Angestellte Karl Fiehler und der beschäftigungslose Arbeiter Alois Rosenwink wurden angeführt von dem Schauspieler Julius Schreck bzw. dem Tabak- und Schreibwarenhändler Joseph Berchtold. Was sie einte, waren ihre stramm rechte Gesinnung, ihre Gewaltbereitschaft und ihre Gewalterfahrung. Maurice zum Beispiel hatte zuvor im Freikorps Oberland gedient, seine vier Brüder waren allesamt bei der SA. Schreck und Berchtold kamen aus der Brigade Ehrhardt, Berchtold hatte zudem als Leutnant schon im Ersten Weltkrieg Kommandoerfahrung gesammelt. Wie viele Männer genau zum Stoßtrupp gehörten, ist mangels Quellen nicht zu eruieren. Dagegen steht fest, dass der Stoßtrupp nach der Teilnahme am kläglich gescheiterten Hitler-Putsch vom 9. November 1923 verboten wurde. Insgesamt 38 seiner Mitglieder wurden wie Hitler vor Gericht gestellt und wegen Hochverrats bzw. Landfriedensbruchs verurteilt. Ihr Anführer Berchtold entzog sich seiner Strafe durch Flucht ins benachbarte Tirol. Als Hitler, der schon im Dezember 1924 wieder aus der Haft entlassen worden war, im Februar 1925 seine Bewegung neu gründete, richtete er diese nach außen hin auf einen Legalitätskurs, also die Erringung der Macht mit gesetzeskonformen Mitteln aus. Auf das Instrument des politischen Kampfbunds wollte er dennoch nicht verzichten. Allerdings gestaltete sich die zugleich mit der Neugründung der NSDAP proklamierte Neuaufstellung der SA schwierig. Erstens war die Sturmabteilung noch immer in mehreren deutschen Ländern verboten. Zweitens war Röhm, der die «alten Kämpfer» der SA in Abwesenheit Hitlers unter der Tarnbezeichnung «Frontbann» gesammelt hatte, nicht bereit, sich Hitler und der Legalitätstaktik zu verschreiben, und trat am 1. Mai 1925 von allen politischen Ämtern zurück. Drittens waren die regionalen SA- und Parteigrößen wie Curt von Ulrich, Karl Dincklage, Viktor Lutze, Joseph Goebbels oder Gregor Straßer, die sich nun daran machten, die SA von unten neu aufzubauen, ebenso wenig gewillt, diese allein auf München und den «Führer» einzuschwören. Wie schon 1923 griff Hitler erneut zu der Hilfskonstruktion, zunächst eine kleine, ihm ganz ergebene Gruppe aufzustellen, diesmal unter dem neuen, betont defensiv klingenden Namen «Schutzstaffel». Den Auftrag dazu erteilte er Julius Schreck. Dieser reaktivierte zunächst alte Stoßtruppler. Anschließend forderte er mit Rundschreiben vom 21. September 1925 alle Gau- und Ortsgruppenleiter der NSDAP dazu auf, Zehnerstaffeln zu bilden und diese der Münchner «Oberleitung» der SS zu unterstellen. Dieser Expansionsversuch scheiterte jedoch weitgehend, da beispielsweise der SA-Führer des Ruhrgebiets, Viktor Lutze, den Appell schlicht und einfach ignorierte. Selbst in München konnte sich die «Oberleitung» Schrecks nie durchsetzen und musste etwa die Gründung «wilder» Schutzstaffeln in den Ortsteilen Neuhausen und Schwabing hinnehmen. Im April 1926 übertrug Hitler daraufhin das SS-Projekt wieder an Berchtold, der nach der sogenannten Hindenburg-Amnestie nach München zurückgekehrt war und als erster den Titel Reichsführer-SS trug. Diesem gelang es, bis zum Reichsparteitag der NSDAP in Weimar im Juli 1926 immerhin circa 75 Staffeln mit insgesamt rund 1000 Mitgliedern zu rekrutieren. Dort wurde die SS von...


Bastian Hein ist Privatdozent für Zeitgeschichte und hat über die Geschichte der SS habilitiert. Derzeit ist er Referent im Bundeskanzleramt.


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.