Heinrichs | Die Moderne | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 510 Seiten

Heinrichs Die Moderne

Bilanz einer Epoche
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7398-0335-7
Verlag: UVK
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Bilanz einer Epoche

E-Book, Deutsch, 510 Seiten

ISBN: 978-3-7398-0335-7
Verlag: UVK
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Epoche der Moderne wurde inzwischen durch das digitale Zeitalter abgelöst. Nun ist es an der Zeit Bilanz zu ziehen: Wie kann die Moderne in ihrer Gesamtheit dargelegt werden? Welche Errungenschaften hat sie hervorgebracht? Sind die Werte, Ziele und Normen der Moderne im digitalen Zeitalter nun obsolet? Werner Heinrichs liefert die Antworten. Er beleuchtet alle kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und naturwissenschaftlichen Aspekte der Epoche auf spannende Weise. Damit unterscheidet sich der Ansatz dieses Buches deutlich von einschlägigen Kulturgeschichten des 20. Jahrhunderts, die die Moderne nur als eine Zeit der Entwicklung der Künste und gesellschaftspolitischer Veränderungen wahrnehmen. Dieses Buch im Großformat richtet sich an Studierende wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Studiengänge und eignet sich ebenfalls hervorragend als Nachschlagewerk für Leser mit kulturellem und geschichtlichem Interesse.

Prof. Dr. Werner Heinrichs studierte Philosophie, Germanistik und Skandinavistik an den Universitäten in Freiburg im Breisgau und in Uppsala in Schweden. Von 1990 bis 2002 war er Professor für Kulturwissenschaft und Kulturmanagement an der Pädagogischen Hochschule in Ludwigsburg. Und von 2002 bis 2012 leitete er als Rektor die Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Im Jahr 2014 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande.
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… wovon die Rede sein soll


Selten warf die kultur- und zivilisationsgeschichtliche Zuordnung der Gegenwart so viele Fragen auf wie heute. Wir gehen davon aus, dass weiterhin die Normen und Werte der Moderne gelten, und doch bestimmen Kommunikations- und Informationstechnologien unseren Alltag, die aus einer neuen Epoche zu stammen scheinen. Befinden wir uns noch in der Phase der späten Moderne oder leben wir bereits in jener neuen zeitgeschichtlichen Epoche, die vielfach als das digitale Zeitalter bezeichnet wird? Aber gesetzt den Fall, wir lebten in einer neuen Epoche: Haben wir deshalb die Moderne völlig verworfen oder stützen wir uns auch im digitalen Zeitalter weiterhin auf die Errungenschaften der Moderne? Was wiederum die Frage aufwirft: Was waren denn diese Errungenschaften? Oder noch allgemeiner: Was war denn die Moderne?

Um diesen Fragen nachzugehen, wird man sich zunächst daran erinnern müssen, was die Moderne ausmacht. Allzu leicht wird die eigene Zeit als selbstverständlich erachtet, ohne sich dessen bewusst zu sein, welche Errungenschaften wir dieser Epoche zu verdanken haben und wie schwierig der Weg war, um zu den Werten, Maßstäben und Normen zu gelangen, die wir der Moderne verdanken. Deshalb erscheint ein ausführlicher Rückblick auf die Geschichte der Moderne unverzichtbar zu sein, um am Ende nicht nur beurteilen zu können, wie sich das digitale Zeitalter von der Moderne unterscheidet, sondern auch um sich Gewissheit darüber zu verschaffen, ob und was wir gegebenenfalls in die neue Epoche hinüberretten sollten.

Um dies mit der notwendigen Sorgfalt leisten zu können, wird die These vorangestellt, dass die häufig anzutreffende Verkürzung der Moderne auf künstlerische Ausdrucksformen bei weitem zu kurz greift. Noch in der online-Brockhaus-Ausgabe von 2008 heißt es, dass die Moderne eine Bezeichnung sei für „die Literatur- und Kunstströmungen am Ende des 19. Jahrhunderts, die durch den Bruch mit allen überkommenen ästhetischen Normen einem kritischen Dekadenzbewusstsein Ausdruck verlieh“. Diese Verkürzung wird der Moderne in ihrer grundsätzlichen und umfassenden Dimension nicht gerecht. Vielmehr – so lautet die These – stützt sich die Moderne in mindestens ebensolchem Maße auf Impulse der Naturwissenschaften, der Ökonomielehre, der Philosophie, der Psychologie und Soziologie sowie – nicht zuletzt – auf die politische und gesellschaftliche Entwicklung. Als Folge dieser These erlangt der Rückblick auf die Moderne eine nicht unerhebliche thematische Breite, die hier aber nur in Form von Beispielen und Mustern wiedergegeben werden kann, in deren Auswahl – dies sei eingestanden – sich die thematischen Schwerpunkte und Vorlieben des Verfassers niederschlagen.

Doch selbst eine solchermaßen ausgerichtete Beschreibung der Moderne steht vor dem Problem einer zeitlichen Zuordnung und Abgrenzung. Hier wird die Lesart bevorzugt, das 20. Jahrhundert als das Jahrhundert der Moderne zu definieren und die vorausgegangenen Jahrzehnte – bis zurück zur Aufklärung – als den Weg zur Moderne zu begreifen. Folglich wird im ersten Teil berichtet von den philosophischen Wegbereitern aus der Zeit der Aufklärung bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, aber auch von den politischen Bemühungen um Freiheit und Gleichheit seit der Französischen Revolution. Der obigen These folgend werden auch die Entwicklungen in Naturwissenschaft und Technik skizziert, die Voraussetzungen für die Industrialisierung in Deutschland waren. Bedingt durch die veränderten ökonomischen Verhältnisse leisteten auch neue Wirtschaftstheorien – vom Liberalismus bis zum Marxismus – ihren Beitrag zum Verständnis einer sich wandelnden Welt. Neue soziale Gruppen mit emanzipatorischen Ansprüchen kündigten eine gesellschaftliche Veränderung an. Kunst und Kultur suchten und fanden neue Wege, um dem Wandel der Zeit auch künstlerisch Ausdruck zu verleihen. Trotz bisweilen heftiger Gegenwehr von politisch-konservativer oder kirchlicher Seite konnte sich die Moderne zum Ende des 19. Jahrhunderts als neue kultur- und zivilisationsgeschichtliche Epoche durchsetzen.

Während der Weg zur Moderne in seiner ersten Phase von der Philosophie geprägt worden war, stand der Durchbruch der Moderne zu Beginn des 20. Jahrhunderts ganz im Zeichen der Naturwissenschaften. Vor allem Quantenphysik, Relativitätstheorie und Atomphysik veränderten das Bild von unserer Welt und brachten manche Grundfesten unseres Wissens ins Wanken. Von ähnlicher Bedeutung waren auch neue Theorien in Ökonomie, Soziologie und Psychologie, die zum Teil in enger Verbindung zu den naturwissenschaftlichen Fortschritten standen. All dies schlug sich auch in den Künsten nieder, so dass das erste Quartal des 20. Jahrhunderts zu einer Zeit beispielloser Experimentierfreude und künstlerischer Wagnisse wurde. Doch politische Instabilität und wirtschaftlicher Niedergang gefährdeten schon bald die Errungenschaften der Moderne. Mit der Herrschaft des Nationalsozialismus drohte die Moderne sogar zu einem vorzeitigen Ende zu kommen.

Doch glücklicherweise endete die Hitler-Diktatur nach zwölf Jahren, so dass eine Neubelebung der Moderne erhofft werden durfte. Anders als im Kaiserreich des späten 19. Jahrhunderts und auch anders als in der Weimarer Republik wurde der politische Neuanfang nach 1945 in starkem Maße von den Ideen und Zielen der Moderne geprägt. Dazu gehörte, nicht zuletzt auf Betreiben der Besatzungsmächte, im Westen die Verbindung von Demokratie und Marktwirtschaft. Im Osten dagegen, wiederum auf Betreiben der dortigen Besatzungsmacht, entschied man sich für eine Kombination aus Sozialismus und Planwirtschaft, was zumindest in den Anfangsjahren beider Staaten auch einen Wettbewerb zwischen Ost und West um die bessere Verwirklichung der Moderne zur Folge hatte. Trotz neuer Staatsformen und neuer Wirtschaftskonzepte blieb aber die gesellschaftliche Wirklichkeit in beiden Staaten von konservativen Ideen geprägt. Erst die künstlerischen Anstrengungen der jüngeren Generation, und hier vor allem die der Literatur in der BRD, hielten die Errungenschaften der Moderne auch in einem konservativen gesellschaftlichen Umfeld lebendig. Mit den Studentenprotesten 1968 kam es zu einer spürbaren und nachhaltigen Wiedergeburt der Moderne, die gleichzeitig auch von einer geistigen Erneuerung gestützt wurde. Der Existenzialismus, die Analytische Philosophie, der Strukturalismus und nicht zuletzt die Kritische Theorie der Frankfurter Schule sorgten für eine auch intellektuelle Wiederbelebung der Moderne in der Bundesrepublik.

Zwar erlebte die Moderne in den 1970er und 1980er Jahren – zumindest bezogen auf die Bundesrepublik – in gewisser Hinsicht ihren Höhepunkt, doch sah sie sich auch mit großen Herausforderungen konfrontiert. Vor allem der RAF-Terrorismus war eine Bewährungsprobe, die die Moderne nur mit Mühe meistern konnte. Das Idealbild einer offenen Gesellschaft wurde verdrängt vom Schrecken des Terrors sowie von der polizeilichen Präsenz, die der Staat dieser terroristischen Gewalt entgegensetzen musste. Die Folge war ein Rückzug ins Private, der nicht zuletzt auch künstlerisch zum Ausdruck kam. Erst Mitte der 1980er Jahre war man bereit, sich den Werten, Normen und Zielen der Moderne wieder zuzuwenden. Doch ahnte man wohl schon, dass ein Zenit überschritten war, weshalb man von der Postmoderne sprach.

1990 wurde das zunächst nur für Forschungszwecke reservierte Internet auch für kommerzielle Zwecke geöffnet, was in Verbindung mit Internetdiensten wie World-Wide-Web und E-Mail zu einer völlig neuen Nutzung der bis dahin nur als bessere Schreibmaschine verwendeten Personal Computer führte. Innerhalb weniger Jahre bahnte sich eine der größten informations- und kommunikationstechnischen Veränderung der Menschheitsgeschichte an, weshalb mit großer Berechtigung von einem neuen, dem digitalen Zeitalter gesprochen werden darf. Während andere große technische Innovationen unser Alltagsleben oft nur indirekt und nicht selten nur mit Verzögerung erreichten, schlug sich die digitale Informationsund Kommunikationstechnologie sowohl im Wissenschaftsbetrieb, in Staat und Wirtschaft als auch in unserem Privatleben nieder. Seitdem hat sich unser Leben verändert, und fast täglich verändern sich weitere Dinge um uns herum, die wir als unabänderlich eingeschätzt hatten. Wir genießen die Vorteile der neuen Technologie, die permanente Erreichbarkeit, den leichten Zugriff auf Wissen und Information in aller Welt und reizen die Möglichkeiten sozialer Kontakte aus, die uns die neuen Medien bieten. Doch werden wir uns zunehmend auch bewusst, dass uns der Wechsel von der Moderne zum digitalen Zeitalter nicht nur die Bequemlichkeit eines scheinbar allwissenden Smartphones beschert hat, sondern damit auch Errungenschaften der Moderne in Frage gestellt werden. Es ist deshalb an der Zeit, sich einerseits wieder an die Werte, Normen und Ziele der Moderne zu erinnern und sie nach ihrer bleibenden Bedeutung auch für das digitale Zeitalter zu befragen, aber an anderer Stelle auch Abschied von der Moderne zu nehmen, um sich der neuen Epoche ganz zuwenden zu können.

Der Erörterung genau dieses Spannungsverhältnisses zwischen dem wertvollen Erbe der Moderne und der sich erst in Andeutungen abzeichnenden Veränderungen in einer neuen kultur- und zivilisationsgeschichtlichen Epoche dient die vorliegende Abhandlung. Sie versteht sich ausdrücklich weder als eine Geschichte der Moderne noch als eine Vision von den Maßstäben und Werte, die im digitalen Zeitalter gelten sollten. Vielmehr handelt es sich um eine höchst unvollständige Auswahl von Ereignissen, Entdeckungen und Erfahrungen aus einem Teilbereich der relevanten Wissenschaften und Künste, welche geeignet sein dürften, die hier aufgeworfenen Fragen mit Gewinn zu...


Prof. Dr. Werner Heinrichs studierte Philosophie, Germanistik und Skandinavistik an den Universitäten in Freiburg im Breisgau und in Uppsala in Schweden. Von 1990 bis 2002 war er Professor für Kulturwissenschaft und Kulturmanagement an der Pädagogischen Hochschule in Ludwigsburg. Und von 2002 bis 2012 leitete er als Rektor die Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Im Jahr 2014 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande.



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