Held | Hotel Ca'n Pedrus | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 156 Seiten

Held Hotel Ca'n Pedrus

Geschichten aus dem Süden
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7412-3389-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Geschichten aus dem Süden

E-Book, Deutsch, 156 Seiten

ISBN: 978-3-7412-3389-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



15 Jahre lang auf einer Insel im Mittelmeer leben und ein kleines, romantisches Hotel führen. Wer hat nicht auch schon davon geträumt? Das klingt nach Paradies. Wir haben uns diesen Traum erfüllt und ihn gelebt. Und was wir in diesen 15 Jahren erlebt haben, davon möchte ich in diesem Buch erzählen. Es sind kurze Geschichten, lustige, skurrile, wunderliche und auch nachdenkliche Episoden, die es wirklich wert sind, aufgeschrieben zu werden. Ich habe diese Geschichten auch für mich aufgeschrieben, damit ich es nie vergesse, dass ich einmal dort war, dort im Paradies.

Ich bin 1965 in Basel - Schweiz geboren. Nach Schule und Abitur habe ich eine Ausbildung zum Reisekaufmann absolviert. Die weiteren Stationen meiner beruflichen Tätigkeit waren Reisebüro sowie die Abteilung für Geschäftsreisen bei Swissair. 1992 sind mein Bruder und ich nach Mallorca umgesiedelt, wo wir das Hotel Ca'n Pedrus erworben und während 15 Jahren geführt haben. Heute lebe ich zusammen mit meiner Frau wieder in der Schweiz.
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Autoren/Hrsg.


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KAPITEL 1


DAS HOTEL


Am Anfang war die Wildnis

Es ist ein grauer nasskalter Februartag im Jahre 1992 als wir unser eben erworbenes kleines Hotel Ca’n Pedrus auf Mallorca zum ersten Mal als stolze Besitzer betreten. Es steckt keine aussergewöhnliche Architektur in diesem Bauwerk. Es ist ein schlichtes und eher unauffälliges rechteckiges Gebäude mit den Grundmassen 40 x 10 Meter, mit Parterre und einem Obergeschoss. Die Vorderseite zieren einfache Balkone mit Holzgeländern und die Hinterseite recht hübsche Arkaden hinter denen die Gänge zu den Zimmern liegen. Im unteren Geschoss liegen 10 Gästezimmer sowie der Eingang und im oberen Stock gibt es 12 weitere Zimmer. Das Hotel existiert wie gesagt seit 1969 und man sieht es ihm an. Ausser einer dicken Kalkfarbschicht, die jedes Jahr neu auf die Aussenwände gekleistert wurde, gab es in diesen vergangenen 23 Jahren keine nennenswerten Erneuerungen. Es wurde erst dann repariert und geflickt, wenn es gar nicht mehr anders ging.

Die Zimmer machen dementsprechend einen ziemlich abgewohnten Eindruck und auch die Badezimmer und Flure sehen arg mitgenommen aus. Eine Rezeption im herkömmlichen Sinne gibt es keine. Es existiert lediglich ein Durchgang, der vom Garten zum Korridor und von dort zur Rückseite des Hauses führt. In diesem Durchgang stehen ein antiquiertes und verstaubtes Sofa, sowie ein Bücherregal. Dieser Ort diente bisher als Aufenthaltsraum und Lesezimmer. Alles sehr spartanisch und zweckmässig.

Auch die „Hoteleinfahrt“ ist recht beschwerlich und dürfte eigentlich nicht so genannt werden. Sie führt von einer etwa 200 Meter entfernten Strasse über ein Nachbargrundstück, danach leicht ansteigend quer durch den Hotelgarten am Pool vorbei. Der gesamte Weg ist nur zu Fuss passierbar. Er ist zudem unbefestigt, steinig und vom Regen ausgespült. Für Gäste mit einer Gehbehinderung ist er somit absolut ungeeignet.

Den ersten Eindruck, den wir von dem ca. 6000 m2 grossen Gelände bekommen, ist der eines riesigen, verwilderten Schrebergartens. Hier hat wahrscheinlich seit Jahren kein Gärtner mehr Hand angelegt. Alles liegt in einem dichten grünen Dämmerschlaf. Man könnte fast glauben, dass hinter dem von Buschwerk versteckten Gemäuer Dornröschen in ihrem Bettchen liege und auf den erlösenden Kuss des Prinzen warte. Alles in allem ergibt die Kulisse, zumindest für einen Hotelgarten, ein etwas tristes Bild ab.

In diesem Garten stehen wir nun also an unserem ersten Arbeitstag im Februar 1992 und wissen nicht wo wir anfangen sollen. Also versuchen wir uns erst mal in diesem Wildnis zu orientieren

Sicht von der Strasse auf das Hotel Anfang 1992

.

Die einzige nicht zugewachsene Fläche bildet der 8 x 12 Meter grosse Swimmingpool zwischen Hotelgebäude und Restaurant. Der Pool, der diesen Namen eigentlich nicht mehr verdient hat, ist zu einer dunkelgrünen, von Algenwuchs befallenen Brake verkommen. Er hat sich seiner Umgebung so gut angepasst, als wolle er sich tarnen, als würde er sich schämen, Pool zu sein. Keine einzige blaue Kachel ist in dieser trüben Suppe mehr auszumachen. Kein freier Blick auf den Grund, dafür aber auf Myriaden wild zuckender Mückenlarven.

Ein hilfreicher Nachbar, der wohl eine sommerliche Mückeninvasion auf sein Haus befürchtet, gibt uns einen Tipp, wie man diesen Biestern den Garaus machen kann, bevor sie dem Wasser entfliegen und lästig werden.

„Ihr könnt entweder literweise „Agua Fuerte“ in diese Gülle kippen, oder aber ein paar Goldfische aussetzen, denn Goldfische haben Mückenlarven zum fressen gern“.

Da wir nicht wissen, wie wir die Goldfische nach getaner Arbeit wieder lebend aus dem Pool holen sollen, entscheiden wir uns für die Variante mit „Agua Fuerte“. Denn wir wissen ja ebenso wenig ob, und wie lange die Goldfische in dieser Brühe überhaupt überleben würden.

„Agua Fuerte“ heisst übersetzt „Starkes Wasser“, hat jedoch mit Wasser einzig gemeinsam, dass beides flüssig ist. Es handelt sich dabei um nichts anderes als um hochkonzentrierte Chlorsäure. Ein verschütteter Tropfen auf den Sandstein am Poolrand beweist uns, wie stark seine Wirkung ist. Wir gucken ungläubig zu, wie sich die betroffene Stelle gelbschäumend auflöst und ein tiefes Loch hinterlässt. Nach dieser Lehrstunde in Chemie haben wir die Flasche nur noch mit Sicherheitshandschuhen und grossem Respekt in die Hände genommen. Dieses Gift vernichtet radikal alles, was mit ihm in Berührung kommt.

„Agua Fuerte“ ist in Spanien der Universalreiniger schlechthin und fehlt deshalb in keinem Haushalt. „Agua Fuerte“ gibt es ganz unkompliziert in jedem Supermarkt zu kaufen. Man findet es in handlichen Literflaschen im Regal bei den Putzmitteln, zwischen der WC-Ente und dem Meister Proper.

„Agua Fuerte“ ist wahrlich ein Wundermittel wenn es darum geht, hartnäckigen Schmutz, egal welcher Art zu entfernen. Man kann damit wirklich alles was organisch ist, für immer verschwinden lassen. Beim Anblick dieses Loches im Sandstein denke ich gleich an die Worte unseres Apothekers, der uns versichert hat, dass man damit Problemlos Leichen in der Badewanne verschwinden lassen kann.

Wie auch immer, trotz der literweisen Verwendung des „Starken Wassers“, gelingt es uns nicht, die Zahl der Mückenlarven wesentlich zu dezimieren. Und da wir sowieso nicht wissen, wo wir auf dem riesigen Grundstück mit Saubermachen anfangen sollen, entschliessen wir uns als erstes den Pool zu reinigen. Schon steht uns derselbe hilfreiche Nachbar wieder zur Seite und gibt uns erneut einen gutgemeinten Tipp:

„Macht es doch so, wie es viele Hoteliers und private Poolbesitzer tun. Behandelt das Wasser einfach mit Schock-Chlor.“

Ergänzend fügt er noch hinzu: „Ihr braucht dazu das Wasser nämlich nicht abzulassen und spart somit einen Haufen Zeit und Geld.“

Im Frühjahr vor Eröffnung der Badesaison, so erklärt er uns, werden dem fauligen und schmutzigen Poolwasser vom Vorjahr, diverse Chemikalien, wie Schockchlor, Anti-Algen und ph-Säure beigemischt. Danach muss man nur noch die Poolpumpe laufen lassen und nach zwei bis drei Tagen, wie durch ein Wunder, klärt sich das Wasser und erhält seine ursprüngliche blaue Farbe zurück.

Wir überlegen kurz wie viele Menschen sich im vergangenen Jahr wohl in diesem Pool vergnügt haben mögen und was für organische Rückstände sie dabei hinterlassen haben. Je mehr wir darüber nachdenken, desto unheimlicher wird uns diese dunkle Brühe. Es schüttelt uns und wir sind uns einig, dass wir in Zukunft weitere gut gemeinte Ratschläge des hilfreichen Nachbarn ignorieren werden.

Unseren Vorgängern müssen wir hoch anrechnen, dass sie jedes Jahr im Frühjahr eine Poolreinigungsfirma beauftragt haben, um das Becken gründlich zu reinigen und zu desinfizieren, bevor dann wieder frisches Wasser eingelassen wurde. Wir wollen diese Tradition weiterführen und kontaktieren sogleich diese Firma.

Der Poolprofi erklärt uns jedoch, dass wir zuerst das Wasser vollständig ablassen sollen und danach wieder anrufen könnten, um einen Termin zu vereinbaren. Vor Saisonbeginn hätten sie sehr viel zu tun und sie müssten dann schauen, ob sie uns noch irgendwie unterkriegen könnten. Seine Worte haben etwas beruhigendes, es gibt also noch jede Menge anderer Poolbesitzer, welche der Schock-Chlor Methode ebenfalls ablehnend und kritisch gegenüber stehen.

Frohen Mutes machen wir uns also ans Werk. Eine komplette Poolentleerung dauert etwa vier Tage. Nach zwei Tagen steht die Polizei im Garten und teilt uns mit, dass das ganze Abwasser die Strasse hinunter fliesse und dass sich Anwohner darüber beschwert hätten. Fast gleichzeitig mit der Polizei erscheint auch unser hilfreicher Nachbar, der die Polizei natürlich nicht gerufen hat, sondern beim Spaziergang mit dem Hund rein zufällig hier vorbei gekommen ist. Und wo er grad schon mal hier ist, informiert er uns und die Polizei darüber, dass unser Wasser den gesamten Kies auf seinem Zufahrtsweg weggespült habe und dass wir nach Möglichkeit den Kiesweg wieder so herrichten müssten, wie er vorher war.

Ziemlich verdutzt stehen wir nun da. Noch immer an schweizerische Verhältnisse gewohnt, haben wir geglaubt, dass das Poolwasser seinen natürlichen Weg durch die Kanalisation nehmen würde. Wir hatten keine Ahnung, dass der Ablauf in das undurchdringliche Dickicht an des Nachbars Grenze führt und dann von dort aus seinen weiteren Weg selber suchte. Wir werden darüber aufgeklärt, dass hier überhaupt keine Kanalisation existiert und auch keine Kläranlage. Weder für den Pool, noch für andere Abwässer.

Diese Belehrung konfrontiert uns sogleich mit einem weiteren Problem, mit welchem wir uns bis jetzt noch nicht befasst haben: Wenn es keine Kläranlagen gibt, wohin verschwinden dann eigentlich die gesamten Abwässer aus Hotel und Restaurant? Wir wagen gar nicht erst zu fragen und hoffen, dass sie nicht auch des Nachbars Garten kreuzen. Mehr dazu, zu einem späteren...



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