Hengy | Extrem | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 601 Seiten

Hengy Extrem

Mord ist dicker als Blut
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-946820-24-6
Verlag: Hybrid Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Mord ist dicker als Blut

E-Book, Deutsch, 601 Seiten

ISBN: 978-3-946820-24-6
Verlag: Hybrid Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Eine Studentin, bestialisch im Schlaf ermordet. Grund genug, um das Team rund um die Profilerin Gloria Siegel an diesen Fall zu setzen. Unterstützt von dem mysteriösen Alexander Buschbeck, dem hellseherische Fähigkeiten nachgesagt werden, finden sie in dem Bruder der Toten rasch einen Verdächtigen. Doch so eindeutig scheint der Fall nicht zu sein. Dazu kommt, dass es jemand offenbar auf die Profilerin abgesehen hat. Eine Serie von Anschlägen auf Gloria erschwert nicht nur den Fall, sondern bedroht sogar ihr Leben und das ihrer Mitmenschen.

Die 1965 geborene Dresdnerin wohnt jetzt in Baden-Württemberg wo sie sich, nach Studium und vier Berufsabschlüssen, nunmehr dem Schreiben widmet. Mit Ekstase und Explosion startete sie als Kriminalautorin und wechselte unter ihrem Pseudonym Mo Siegel und mit ihren Romanen Franka und Leuchtende Gräber zu Thrillern. ihr dritter Kriminalroman ist gerade unter dem Titel Kantschu erschienen.
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1.


Im Gegensatz zur Kriminalistik und zur Kriminologie stand die Kriminalpsychologie lange Zeit im Ruf, keine exakte Wissenschaft zu sein. Einige hielten sie für eine Modeerscheinung, die zusammen mit dem Begriff aus den Vereinigten Staaten von Amerika nach Europa geschwappt war, andere schlichtweg für Spinnerei.

Dabei basiert die Verbrechensbekämpfung immer auch auf psychologischen Fakten. Die Kriminalisten bedienen sich ihrer, um aus der Vorgehensweise, wie ein Verbrechen verübt wurde, auf eventuelle Motive zu schließen. Dadurch wurden sie in die Lage versetzt, auch ohne potenzielle Verdächtige einen möglichen Täterkreis zu benennen und so weit wie möglich einzugrenzen.

Die Kriminologen brauchten sie, um wirksame Gegenmaßnahmen zu erarbeiten, durch die ein Verbrechen im besten Falle von vornherein unmöglich gemacht wurde. Obwohl zwei strikt voneinander getrennte Disziplinen, begriffen beide, sowohl die Kriminalistik als auch die Kriminologie, die Kriminalpsychologie als einen Bestandteil ihrer eigenen Wissenschaft. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass die , kurz OFA, die vom Bundeskriminalamt als eine separate Disziplin der Kriminalistik eingeführt wurde, inzwischen auch in allen Landeskriminalämtern eine Einheit gebildet hatte.

Die Vorbehalte hielten sich hartnäckig. Davon konnten besonders die Profiler, zu Fallanalytikern ausgebildete Beamte der Kriminalpolizei, ein Lied singen. Einerseits wurden sie belächelt, weil man ihre Arbeit nicht ernst nahm, andererseits aber auch angefeindet, weil man durch die vermeintliche Abgabe von Kompetenzen seine eigene Position in Gefahr sah. Dabei war ihr Einsatz gar nicht immer erforderlich. Eigentlich nur dann, wenn die Kripo in besonders schweren Straftaten wie etwa Tötungs- und Sexualdelikten, Brandstiftungen und Terroranschlägen ermittelte. Oder wenn es keine heißen Spuren gab.

Oder wenn die heißen Spuren kalt geworden waren.

Fallanalytiker griffen also lediglich dann in die Ermittlungen ein, und auch in diesen Fällen nur unterstützend, wenn herkömmliche Ermittlungsmethoden ins Leere zu laufen drohten. Vorausgesetzt, ein entsprechendes Hilfeersuchen der ermittelnden Behörden wurde eingereicht. Wurde so eine Verbindung, die vielleicht mit einer Zweckehe vergleichbar war, von Erfolg gekrönt, hing der Himmel voller Geigen. Brachten die psychologischen Analysen jedoch keine neuen Erkenntnisse, war eine Scheidung schnell vollzogen und die Vorurteile flammten wieder auf.

Doktor Gloria Siegel, Profilerin beim Landeskriminalamt Sachsen, hatte längst aufgehört, sich darüber zu ärgern. Sie wusste, wie anspruchsvoll und wichtig ihre Arbeit war, aber auch wie kräftezehrend und nervenaufreibend, wenn man sich Stunden, Tage oder Wochen das Hirn über einen bestimmten Aspekt zermarterte, um am Ende festzustellen, dass ein winziges Detail übersehen worden war. Ein klitzekleines Tüpfelchen, das alle bisherigen Ermittlungen ad absurdum führte. Aber wer es wie sie immer wieder schaffte, sich nach einer solchen Niederlage aufzurappeln, um von vorn zu beginnen, der konnte über die ewigen Sticheleien aus Richtung der Ermittler allenfalls müde lächeln. Zumal die herabsetzenden Vorurteile vornehmlich von Kollegen gepflegt wurden, die noch nie mit ihr zusammengearbeitet hatten. Ganz im Gegenteil zu denen, die mit ihr und ihrer Arbeit vertraut waren und selbst in Fällen, in denen normalerweise kein Fallanalytiker hinzugezogen werden musste, ihren Rat einholten. Ob Kleinkriminalität oder Schwerverbrechen, im Grunde folgte die Aufklärung immer gleichen Regeln: Wer in der Lage war, die Zusammenhänge eines Verbrechens in seiner Gänze nachzuvollziehen und die Motive des Täters wenigstens im Ansatz zu verstehen, der war auch in der Lage, Rückschlüsse auf seine Person zu ziehen und ihn zu fassen.

Jede Geschichte beginnt mit einem Anfang. Genau wie jede Tat. Und genau wie bei einer Geschichte, gibt es auch bei der Tat viele verschiedene Möglichkeiten, ihren Hergang zu erzählen. Der Profiler erzählt sie anhand von Hypothesen. Je detaillierter es ihm gelingt, die tatsächliche Ausgangssituation zu rekonstruieren, desto näher werden diese Hypothesen dem tatsächlichen Verlauf der Tat kommen und desto genauer wird das zu erarbeitende Täterprofil den Verbrecher beschreiben.

*

Beim Verlassen des Frischemarktes für Obst und Gemüse zog Profilerin Doktor Gloria Siegel unwillkürlich ihren Hals ein und schaute zum Himmel. Im Verlauf ihres kurzen Einkaufs hatte sich das flatternde Zwielicht der Dämmerung bereits in der völligen Dunkelheit nächtlicher Finsternis verloren.

Dabei hatte der Abend gerade erst begonnen. Aber auch das Klima hatte sich in der Zwischenzeit verändert. Es fühlte sich eisiger an, aggressiver. War es vorhin einfach nur ungemütlich gewesen, sprang ihr die Kälte jetzt mitten ins Gesicht und biss sich fest. Zudem hatte der Wind merklich aufgefrischt, der ihre Kleidung scheinbar mühelos durchdrang. Die vorhin noch trockenen Straßen waren jetzt von riesigen Wasserarmen gesäumt, in denen sich die Lichter der Straßenlaternen und die Scheinwerfer der Autos widerspiegelten, der Gehweg ein Parcours aus Pfützen.

Gloria stöhnte unwillkürlich auf. Vielleicht hätte sie doch das eigene Auto nehmen sollen, anstatt sich von einem Kollegen hierher mitnehmen zu lassen. Obwohl es im Augenblick nicht nach Regen aussah, rechnete sie sich keine guten Chancen aus, trockenen Fußes nach Hause zu kommen. Nicht bei diesen Straßenverhältnissen! Jetzt schon frierend, verspürte sie wenig Lust, auch noch von oben bis unten nassgespritzt zu werden. Auf eine Erkältung konnte sie nämlich gut und gerne verzichten. Im Moment herrschte wenig Verkehr, dennoch zögerte sie.

Die Lichter eines rasch näherkommenden Wagens zogen ihre Aufmerksamkeit auf sich. Abwartend verfolgte sie seine Fahrt durch die Fluten, die er überraschend vorsichtig und nur im Schritttempo durchquerte, von einem dumpf klingenden, gurgelnden Schleifen begleitet. Wasser spritzte seitlich vom Wagen ab, ohne den Gehweg neben der Fahrbahn zu erreichen.

Im Vertrauen darauf, dass auch andere Autofahrer Rücksicht auf Fußgänger nahmen, wollte Gloria sich gerade auf den Weg machen, als ein schwarzer Sportwagen heranschoss und ungebremst durch die Wasserflächen pflügte. Fontänen aus dreckiger Brühe flankierten die Seiten des Wagens wie Flügel, bevor sie in hohem Bogen auf den Gehsteig schwappten und ihn überschwemmten. Selbst die asphaltierte Fläche vor dem Laden bekam einen Schwall von der Brühe ab.

Gloria wich zurück. In einer Hand die Papiertüte mit den Weintrauben und Bananen, in der anderen die Hand den Griff ihrer Aktentasche, schaute sie den Rücklichtern hinterher und schüttelte verärgert ihren Kopf. Die Wohnung ihres Freundes lag nur ein paar Straßenecken weiter, im Dachgeschoss eines aufwendig rekonstruierten Gründerzeithauses. Doch der Weg führte an der Hauptstraße entlang, vorbei an den Pfützen.

schoss es ihr durch den Kopf, weil sie sich plötzlich an eine Abkürzung erinnerte, einen Schleichweg durch die Hinterhöfe, den sie im Sommer einmal zusammen mit Alexander gegangen war, als die Hauptstraße wegen eines Unfalls vollständig gesperrt werden musste. Genau genommen war es ein Pfad durch mehrere unterschiedlich angelegte Areale eines einzigen großen Hinterhofes, an den sieben mehrstöckige Gründerzeithäuser grenzten. Im Moment fuhren keine Autos. Würde sie sofort loslaufen, könnte sie den Zugang wahrscheinlich ohne Zwischenfälle erreichen.

Ohne lange nachzudenken, hängte sich Gloria den Halteriemen ihrer Aktentasche um den Hals, schlüpfte mit dem Arm der nun freien Hand durch die Schlaufe und jagte los. Die Augen starr auf den Gehweg gerichtet, schritten ihre Füße so rasch voran, dass die Sohlen ihrer Schuhe den Belag nur flüchtig berührten. Immer wieder floh ihr Blick ihren Schritten voraus, bis endlich jene Lücke zwischen den Häusern auftauchte, die für Unkundige wie eine Zufahrt zu einem PKW-Stellplatz aussah.

Vollbracht!

Mit sicherem Abstand zum Fahrbahnrand blieb Gloria erst einmal stehen und verschnaufte. Ihre leichten Lederstiefeletten trieften vor Nässe, die Fußspitzen fühlten sich feucht an, kalt. Als ein Auto vorbeifuhr, gefolgt von einem zweiten, dritten, huschte dennoch zufriedenes Lächeln über ihre Lippen.

Doch die Freude währte nicht lange. Von ihrer jetzigen Position aus gesehen, schien dieser Weg nämlich nach weniger als zwanzig Schritten direkt vor einer Mauer mit aufgesetztem Zaun zu enden.

Sollte sie sich so geirrt haben?

Verunsichert setzte sie sich in Bewegung und atmete erleichtert auf, als am rechten Ende der Mauer der Anfang eines Pfades auftauchte. Ein schmaler von kahlen Büschen gesäumter Weg, über den sie, wenn ihre Erinnerung stimmte, nach nur wenigen Metern in den Hinterhof gelangen sollte. Tatsächlich glaubte sie, einen großen Baumstumpf wiederzuerkennen, der im Sommer von einer Schar Gartenzwerge besiedelt und umstellt worden war.

Diese Erinnerung löste eine wahre Kettenreaktion in ihrem Gedächtnis aus und ließ auch andere Eindrücke und Empfindungen wiederaufleben. Zum Beispiel die hellen Stimmen sorglos spielender Kinder, die wie aus der Ferne an ihr Ohr drangen, während der Duft frisch gewaschener Wäsche um ihre Nase wehte, vermischt mit dem appetitanregenden Geruch eines Gartengrills, auf dem köstliche Bratwürste über glühender Holzkohle brutzelten.

Die...



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