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Hermann | Der Uhrenhändler | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 560 Seiten

Reihe: Historischer Roman

Hermann Der Uhrenhändler

Historischer Schwarzwaldroman
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-98707-311-3
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Historischer Schwarzwaldroman

E-Book, Deutsch, 560 Seiten

Reihe: Historischer Roman

ISBN: 978-3-98707-311-3
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Wie ein Schwarzwälder in den Orient zog, um ein Imperium aufzubauen. Ein fesselnd erzählter Roman voller historischer Details. Schwarzwald, 18. Jahrhundert. Als Luftikus von der Familie verstoßen, schmiedet Mathis Faller einen kühnen Plan. Er will mächtiger und reicher werden als seine fünf Brüder und die Handelskompanie zusammen. Seine besondere Kostbarkeit: der Nachbau einer Spieluhr, die er von seiner Geliebten Resle bekam. Mit seinen Uhren wagt er die Reise nach Konstantinopel, die bedeutendste Handelsmetropole des Osmanischen Reichs - und schafft es, die Gunst des Sultans zu gewinnen. Doch Mathis muss feststellen, dass der Weg zur Macht gefährlich ist ...

Birgit Hermann lebt mit ihrem Mann in Titisee-Neustadt, ist gebürtige Schwarzwälderin und liebt die blauen Höhen und dunklen Wälder ihrer Heimat. Die Mutter dreier erwachsener Kinder arbeitet als Naturparkführerin und hat bereits mehrere erfolgreiche Romane veröffentlicht.
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2



Mathis lief das Wasser im Mund zusammen, als er von der Werkstatt her in die gute Stube polterte. Es war der Duft der Martinsgans, der ihn davon überzeugt hatte, sein Werkzeug niederzulegen und dem Grimmen in seiner Magengegend nachzugeben. Er übersah dabei großzügig den strafenden Blick seines Vaters, was sein Zuspätkommen betraf, denn dieser hatte bereits die Rolle des Vorbeters am Tisch übernommen. Doch nicht nur deshalb galt ihm dessen vorwurfsvoller Blick; Mathis’ spätes Erscheinen war auch immer sehr geräuschvoll, und sofort flogen die Köpfe der Betenden Richtung Werkstatttür. Für einige Augenblicke war es vorbei mit der gesenkten Haltung des Gesindes, das Demut ausdrücken sollte. Erst ein deutliches Räuspern des Schafhofbauern erinnerte die Angestellten wieder an ihre Andacht. Mathis beeilte sich schleunigst, es den anderen gleichzutun, faltete seine Hände, senkte den Kopf, glitt an seinen Platz und fiel in das Gemurmel mit ein.

Nicht dass er den Beginn des Tischgebets in der Werkstatt drüben nicht vernommen hätte, doch hatte ihn die Erfahrung gelehrt, dass mit dem Beginn des Gebetes noch lange nicht der Beginn der Mahlzeit an sich angezeigt war. Das Herunterleiern des Vaterunsers, sämtlicher Glaubensbekenntnisse und Mariengelöbnisse konnte mitunter eine ganze Weile in Anspruch nehmen. Zeit, die er anders zu nutzen wusste, was ihm aber als Mangel an göttlichem Respekt und Glauben unterstellt wurde. Doch Mathis war Kummer gewohnt, und so hatten sich seine Strafen für diese Verfehlungen im Laufe der Jahre von Ohrfeigen zu vernichtenden Blicken, die er seinerseits übersah, gewandelt.

Er konnte damit leben, von den Alten als gottlos bezeichnet zu werden. Was wussten denn die schon von seinen verzweifelten Zwiesprachen mit seinem Schöpfer und seinem Kampf um Respekt im Leben. Nicht die Anerkennung um den frömmsten Gesichtsausdruck war es, was er von seinen Mitmenschen erwartete, nein, die Würdigung seines Könnens.

Und dass er dazu fähig war, etwas Besonderes zu leisten, das wusste er. Technisches Geschick hatte er sich im Laufe seiner Lehrjahre spielend angeeignet, und auch das Zusammenzählen von Zahlen, die er, ohne sie niederzuschreiben, sehr schnell im Kopf errechnen konnte, erwies sich bei den Handelsreisen, die er mit seinen Brüdern unternahm, als Vorteil. Keinem war es je gelungen, ihn zu überlisten.

Aber Mathis begnügte sich auch damit nicht. Sein Ziel war ein anderes. Seit er vor einem Jahr in Säckingen auf dem Markt eine Wiener Spieluhr gesehen hatte, ließ ihn der Gedanke, solch ein Kunstwerk selbst herzustellen, nicht mehr los. Leider war jenes bezaubernde Stück viel zu teuer für seinen Geldbeutel gewesen, auch hatte ihm der Händler keinen Blick in das Innere dieser begehrten Uhr erlaubt. Doch Mathis hatte nicht lockergelassen und in Paulus Kreuz vom Hohlen Graben einen Verbündeten gefunden, der ihm wiederum auf abenteuerlichen Wegen eine alte Zeichnung über das Innenleben solch eines klingenden Kastens, der auch noch die Zeit anzeigte, beschaffen konnte. Eine seltene Rarität, denn nur wenige Meister verstanden sich auf den Bau von Spieluhren, den sich allenfalls sehr betuchte Kunden leisten konnten. Natürlich kostete ihn das eine ganze Stange Geld. Geld, das er sich im Wirtshaus einsparte und stattdessen den Heimweg antrat, wenn seine Kumpane in Feiertagslaune kamen und ihren mageren Lohn versetzten. Er galt ohnehin als Außenseiter, und so konnte er sich getrost über ihren Spott hinwegsetzen.

Was Mathis allerdings zu schaffen machte: Ein Teil der Zeichnung fehlte, und es kostete mehr als sein Vorstellungsvermögen, diese Wissenslücke zu füllen. Zumal er seine Arbeit in der Werkstatt nicht vernachlässigen durfte. Meister Ambrosius, wie er seinen Vater in der Werkstatt nannte, duldete keine Sonderbehandlung, auch nicht für seinen Sohn, und so blieb Mathis nichts anderes übrig, als seine karge Freizeit in seine Tüfteleien zu stecken. Dazu gehörte auch der Verzicht auf das aufwendige Tischgebet.

»Mathisle! Kommst du wieder nicht von deinem Spielzeug los?«, flüsterte Fidelis leise, als die letzten Verse des »Gegrüßet seiest du, Maria« noch in aller Munde waren, aber auch wiederum laut genug, dass es jeder vernehmen konnte. Denn es reichte Mathis gerade noch zur Bekreuzigung und damit zum Ende des Gebetes.

Er hütete seine Arbeit wie ein großes Geheimnis und versteckte seine Zeichnungen vor den Augen allzu neugieriger Gesichter, als habe er Angst, jemand wolle seine Pläne abpausen. Was natürlich als Misstrauen aufgefasst wurde und zu Sticheleien führte.

»Du wirst dir an meinem Spielzeug noch die Augen aus den Höhlen gaffen«, konterte Mathis, als sie sich endlich setzten, »und die Ohren werden dir abfallen!« Er runzelte die Stirn, ein untrügliches Zeichen dafür, dass er bereit war, den Kampf mit seinem Bruder aufzunehmen. Die Falten verstärkten sich noch und ließen ihn um Jahre älter wirken, als auch die anderen vier Brüder – Josef, Georg, Jakob und Simon – in ein höhnisches Gelächter ausbrachen. Das Gesinde sowie die Lehrbuben Benedikt und Sebastian verkniffen sich einen Kommentar und blickten demütig vor sich hin, ihnen war es nicht erlaubt, sich in die Familienangelegenheiten einzumischen. Doch die Zankereien unter den Brüdern waren sie gewohnt, wer schon lange genug auf dem Hof war, empfand es sogar als normal.

»Schluss jetzt!« Das Gelächter erstarb augenblicklich, und alle schauten in das steinerne Gesicht des Familienoberhauptes, als erwarte sie das Urteil des Jüngsten Gerichtes.

Ambrosius Faller, Vater der sechs Brüder und Agathes, der einzigen Tochter, war ein strenger, aber sehr gerechter Mann. Niemand, und damit waren nicht nur seine Knechte im Stall und in der Werkstatt, seine Mägde in Küche und Feld, sondern auch seine Söhne und die Tochter gemeint, wagte je, ihm zu widersprechen. Alle beugten sich seinem Kommando und zollten ihm Respekt, denn wenn man es genau nahm, war es stets ein gutes Kommando, das er führte, auch wenn man hin und wieder den Sinn seiner Anweisung nicht sofort erkannte. Aber schließlich war es die Gabe eines Anführers oder die seiner Frau, weitsichtig zu handeln.

»Ein für alle Mal: Am Tisch wird nicht gestritten! Und schon gar nicht während des Gebets. Hast du verstanden, Fidelis? Die nächste Mahlzeit nimmst du im Stall ein!«

Fidelis, obwohl schon erwachsen mit seinen siebenundzwanzig Jahren, senkte schuldbewusst das Haupt und nickte.

»Ob du mich verstanden hast?«

»Ja, Vater.«

»Dann sag das auch laut und deutlich, dass es alle hören!« Ambrosius räusperte sich. »Und du, Mathis, solltest nicht deine ganze Zeit mit Spielereien verbringen, darum wirst auch du die nächste Mahlzeit nicht mit uns verbringen, sondern draußen im Brunnengang! Nicht dass ihr euch auch noch im Stall in den Haaren habt!«

Mathis, der in der Familie für seine rebellische Natur bekannt war, wollte etwas entgegnen, aber der strenge Blick seines Vaters zeigte ihm unmissverständlich, dass es besser war, seinen Kommentar für sich zu behalten und den Bogen nicht noch weiter zu überspannen.

»Heute ist Martini, und ich habe andere Pläne mit euch«, begann Ambrosius nun selbstgefällig seine Rede, und damit war das Erziehungsthema erledigt.

»Ich habe Bilanz gezogen«, fuhr er nach einer kurzen Pause fort, »wir haben in den letzten zwei Jahren viel für neues und modernes Werkzeug ausgegeben. Für die alten Waaguhren haben uns noch Zirkel, Schnittmesser und Säge ausgereicht, aber diese Uhren kommen aus der Mode, etwas Neues ist gefragt. Die Technik hat sich verbessert, und somit auch das Werkzeug. Wir haben eine gut ausgestattete Werkstatt, Spindelbohrer, Drehstuhl, Schraubstock, Zahngeschirr, alles gut in Schuss. Seit wir unsere Messingzahnräder aus der Gießerei vom Kreuzen Paulus oben am Hohlen Graben beziehen können, sparen wir eine Menge Zeit und Geld. Die Beschaffung aus Solothurn oder Nürnberg war nicht immer einfach, und die vielen Landesgrenzen haben die Zollgebühren hochgetrieben. Und Paulus’ Qualität kann sich sehen lassen. Auch wir sind besser und schneller geworden. Seit wir die Uhren selbst vertreiben und nicht mehr den Glasträgern mitgeben, haben wir unsere Gewinnspanne fast um das Fünffache erhöhen können. Der Handel lohnt sich mehr und mehr. Wir haben zu den ersten Wagemutigen gehört, die sich hinter ihren Öfen hervorgetraut haben und in die Welt hinausgegangen sind. Und wir haben gutes Geld verdient. Es wird Zeit, in diesen Handel zu investieren, ihn auszuweiten, bevor uns andere zuvorkommen. Überall beginnen die Uhrenhändler, sich zu organisieren und Gesellschaften zu gründen. Der Fürst zu Fürstenberg hat die Zeichen der Zeit ebenfalls erkannt und will den Handel beleben, indem er die Handelssteuer aufhebt. Einen entsprechenden Vertrag mit Frankreich hat er in diesem Jahr schon unterzeichnet. Der Elsasshandel wächst, und ich bin mir sicher, die anderen Gebiete werden seinem Beispiel folgen und entsprechende Gesetze verabschieden, wenn sie erst sehen, wie ertragreich der Aufschwung für sie ist. Ich habe mir so meine Gedanken gemacht. Auch wir müssen uns dem Lauf der Zeit anpassen. Ich werde unseren Betrieb...


Hermann, Birgit
Birgit Hermann lebt mit ihrem Mann in Titisee-Neustadt, ist gebürtige Schwarzwälderin und liebt die blauen Höhen und dunklen Wälder ihrer Heimat. Die Mutter dreier erwachsener Kinder arbeitet als Naturparkführerin und hat bereits mehrere erfolgreiche Romane veröffentlicht.

Birgit Hermann lebt mit ihrem Mann in Titisee-Neustadt, ist gebürtige Schwarzwälderin und liebt die blauen Höhen und dunklen Wälder ihrer Heimat. Die Mutter dreier erwachsener Kinder arbeitet als Naturparkführerin und hat bereits mehrere erfolgreiche Romane veröffentlicht.



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