Heyer Eskapaden


1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7325-4887-3
Verlag: beHEARTBEAT
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 6, 427 Seiten

Reihe: Liebe, Gerüchte und Skandale - Die unvergesslichen Regency Liebesromane von Georgette

ISBN: 978-3-7325-4887-3
Verlag: beHEARTBEAT
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



London, 1780: Dominic Alastair, der junge Marquis von Vidal, ist ein Lebemann und Trunkenbold. Als er sich nach einer durchzechten Nacht in einem Spielsalon duelliert, ist die Geduld seines Vaters erschöpft: Er schickt den jungen Rabauken nach Paris zu seiner Tante. Damit ihm das Leben im Exil nicht zu langweilig wird, überredet Dominic das jüngste Objekt seiner Begierde, die bildhübsche und sehr naive Sophia Challoner, mit ihm zu kommen.

Doch da hat er die Rechnung ohne Sophias resolute Schwester Mary gemacht. Um den Ruf ihrer Schwester zu schützen, nimmt Mary heimlich Sophias Platz in der Kutsche ein. Aber als Dominic die Maskerade durchschaut, besteht er - entgegen Marys Erwartungen - darauf, dass sie ihn tatsächlich nach Paris begleitet. Und so nehmen die amüsanten Ereignisse ihren Lauf ...

Georgette Heyers 'Eskapaden' (im Original 'Devil's Cub') beschert dem Leser ein Wiedersehen mit den Protagonisten aus 'Der Page und die Herzogin', denn die Eltern des jungen Marquis sind keine geringeren als der Herzog von Avon und die bezaubernde Léonie. Jetzt als eBook bei beHEARTBEAT.

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Kapitel 1


In der Kutsche saß nur ein Fahrgast, bequem und entspannt in die Kissen gelehnt. Er hatte die Beine von sich gestreckt und die Hände in den geräumigen Taschen seines Mantels vergraben. Während die Kutsche über das Kopfsteinpflaster der Stadt holperte, fiel von Zeit zu Zeit der Schein einer Laterne oder Fackel in das Innere des Wagens und ließ eine Diamantnadel oder ein Paar großer Schuhschnallen aufblitzen, aber da der Gentleman seinen goldbordierten Hut tief in die Stirn gezogen hatte, blieb sein Gesicht im Dunkeln.

Die Kutsche fuhr schnell, gefährlich schnell sogar für eine Straße in London, und erreichte schon bald die Stadtgrenze, von wo sie in Richtung Hounslow Heath weiterraste. Schwaches Mondlicht erhellte den Pfad, doch die beiden Männer auf dem Bock konnten ihn nur so undeutlich erkennen, dass der eine – es war der Reitknecht – seiner seit St. James’s aufgespeicherten Nervosität plötzlich mit den Worten Luft machte: »Herrgott, ist das ein Höllentempo! Wenn wir so weiterfahren, werden wir gleich im Graben liegen!«

Die einzige Antwort war ein Achselzucken und ein kurzes, spöttisches Lachen. Die Kutsche schwankte bedenklich über ein besonders holpriges Wegstück, und der Reitknecht sagte ärgerlich, während er sich mit beiden Händen an seinen Sitz klammerte: »Du bist ja verrückt! Glaubst du vielleicht, der Teufel ist dir auf den Fersen? Dass ihm das nichts ausmacht! Oder ist er betrunken?« Der flüchtige Blick, den er dabei über die Schulter warf, verriet, dass sich Letzteres auf ihren Fahrgast bezog.

»Wenn du erst mal eine Woche in seinem Dienst stehst, hast du dich daran gewöhnt«, antwortete der Kutscher. »Vidal liebt ein flottes Tempo, verstanden?«

»Er ist bestimmt sternhagelvoll – und bekommt gar nichts mehr mit!«

»Der? Nie im Leben!«

Doch der Mann in der Kutsche hätte dem Anschein nach ohne Weiteres schlafen können. Sein langer, schlanker Körper folgte entspannt den Bewegungen des Wagens, das Kinn war auf die Falten des Halstuchs gesunken, und nicht einmal beim heftigsten Schlingern griff er nach der Lederschlaufe, die neben ihm hing. Er ließ seine Hände sogar dann noch in den Taschen, als ein Schuss knallte und die Kutsche mit einem Ruck hielt. Aber er war offensichtlich wach, denn er hob gähnend den Kopf und lehnte sich dann wieder, allerdings ein wenig mehr dem rechten Fenster zugewandt, in die Kissen zurück.

Draußen herrschte beträchtliche Aufregung; die barsche Stimme des Kutschers war zu hören, der den Reitknecht verwünschte, weil er nicht rechtzeitig die in seiner Obhut befindliche schwere Hakenbüchse abgefeuert hatte, und die Pferde stiegen und schlugen wiehernd aus.

Ein Reiter hielt vor dem Kutschenschlag und steckte den Lauf einer großen Pistole herein. Wie ein Scherenschnitt zeichnete sich die Silhouette eines Kopfes im Mondlicht ab, als er befahl: »Her mit den Klunkern!«

Es sah so aus, als ob der Mann in der Kutsche sich überhaupt nicht rührte, aber plötzlich zerriss ein blendender Feuerstrahl mit einem scharfen Knall die Dunkelheit: Der Schatten vor dem Fenster verschwand. Gleich darauf hörte man einen dumpfen Aufprall, dann Hufeklappern, einen überraschten Ausruf und das verspätete Donnergrollen der Hakenbüchse.

Der Mann in der Kutsche zog lässig die rechte Hand aus der Tasche. Er warf eine noch rauchende, elegante silberbeschlagene Pistole auf den Sitz neben sich und befingerte mit auffallend langen weißen Fingern das verkohlte Stück seines Mantels.

In diesem Augenblick wurde der Schlag aufgerissen, und der Kutscher sprang auf das hastig heruntergeklappte Trittbrett. Der Lichtkreis seiner Laterne erhellte das Innere des Wagens und fiel auf das Gesicht des Passagiers. Es war ein verblüffend junges Gesicht mit dunklem Teint und vollendet schön geschnittenen, lebhaften Zügen, auf denen ein Ausdruck allergrößter Langeweile lag.

»Nun?«, fragte der Gentleman gelassen.

»Straßenräuber, Mylord. Der Neue ist an solche Vorfälle sozusagen noch nicht gewöhnt, deshalb kam er wohl nicht gleich mit der Büchse zurecht. Es waren drei Kerle – haben sich jetzt davongemacht, das heißt, eigentlich nur zwei.«

»So?«

Der Kutscher schien verwirrt. »Den dritten haben Sie getötet, Mylord.«

»Selbstverständlich«, sagte der Gentleman. »Aber du bist wohl kaum hier, um mir das mitzuteilen.«

»Nein, Mylord – es ist – sollen wir nicht – äh – sein Gehirn liegt nämlich überall auf der Straße, Mylord. Lassen wir ihn einfach – so liegen?«

»Mein lieber Freund, schlägst du vielleicht vor, ich soll die Leiche eines Wegelagerers zu Lady Montacutes Soiree mitnehmen?«

»Gewiss nicht, Mylord«, sagte der Kutscher zögernd. »Dann – dann – soll ich also weiterfahren?«

»Natürlich.« Es klang eine Spur erstaunt.

»Wie Sie wünschen, Mylord«, meinte der Kutscher mit einer Verneigung und schloss den Schlag.

Auf dem Bock hielt der Reitknecht noch immer die schwere Büchse umklammert und starrte wie gebannt auf die reglose Gestalt am Straßenrand. Als der Kutscher neben ihn kletterte und die Zügel ergriff, fragte er: »Du lieber Himmel, willst du denn nicht irgendwas tun?«

»Es gibt nichts, was ich noch für ihn tun kann«, knurrte sein Gefährte grimmig.

»Der halbe Kopf ist weggeschossen«, stellte der andere schaudernd fest.

Die Equipage fuhr an. »Kannst du nicht einmal den Mund halten? Er ist tot, und damit basta.«

Der Reitknecht fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. »Aber Seine Lordschaft – weiß er es denn nicht?«

»Klar weiß er es. Er macht keine halben Sachen – schon gar nicht mit der Pistole.«

Der Reitknecht holte tief Atem. Er dachte noch immer an den Toten, den sie in seinem Blut zurückließen. »Wie alt ist er eigentlich?«, platzte er nach einer Weile heraus.

»Vierundzwanzig in ein oder zwei Monaten.«

»Vierundzwanzig! Und schießt einen Menschen einfach über den Haufen und fährt dann weiter, als wäre nichts geschehen! Mein Gott!«

Damit schwieg er, bis die Kutsche ihr Ziel erreichte, und selbst dann war er noch so in Gedanken versunken, dass der Kutscher ihm einen kräftigen Rippenstoß versetzen musste. Erst jetzt schreckte er auf und sprang vom Bock, um seinem Herrn den Schlag zu öffnen. Während der Gentleman gemächlich ausstieg, beobachtete der Reitknecht verstohlen, ob er dem Herrn ein Zeichen der Erregung anmerken konnte, aber Seine Lordschaft schritt in aller Ruhe und mit undurchdringlicher Miene die Stufen zum Steinportal hinauf und betrat die erleuchtete Halle.

»Mein Gott!«, sagte der Reitknecht noch einmal.

Während zwei Lakaien dem Nachzügler Hut und Mantel abnahmen, schickte sich im Hintergrund gerade ein zweiter Herr an, die breite Treppe zum Salon emporzusteigen. Er sah, wenn auch vielleicht auf eine etwas aufdringliche Art, gut aus; stark geschwungene Brauen wölbten sich über unsteten Vogelaugen. Seine Kleidung verriet eindeutig den Makkaroni – den ausländische Sitten nachahmenden Stutzer –, denn er trug einen kurzen, mit einer Verschnürung verzierten Rock, fein gestreifte Kniehosen mit Quasten an den Seiten und eine Weste, die kaum über die Taille reichte. Die Rüschen seiner Hemdbrust quollen üppig hervor, und statt einer Krawatte schmückte ihn ein voluminös drapiertes Halstuch, das in einer Schleife unter dem Kinn gebunden war. Auf dem Kopf thronte ein auffallend hohes, mit blauem Haarpuder bestäubtes Leitertoupet, und in der Hand hielt er einen langen, mit Troddeln verzierten Spazierstock.

Als Mylord eintrat, wandte der Stutzer sich nach dem späten Gast um und kam ihm dann durch die Halle entgegen. »Du machst meine Hoffnung zunichte, der Letzte zu sein«, meinte er vorwurfsvoll, hob dann sein Monokel und spähte auf das Loch im Mantel Seiner Lordschaft. Einer der Lakaien hatte ihn über den Arm gelegt.

»Mein lieber Vidal!«, sagte er schockiert. »Aber bester Freund, was sehe ich denn da!«

Mylord schüttelte seine Handkrausen aus Dresdener Spitze aus, aber so achtlos, als sei es ihm völlig gleichgültig, so unangenehm aufzufallen. »Nun, Charles, was ist damit?«, fragte er.

Mr. Fox überlief ein Schauder. »Da ist ein verdammtes Loch drin, Vidal«, sagte er, während er vortrat und mit spitzen Fingern eine Falte des Kleidungsstückes hob. »Und es riecht verdammt nach Pulver«, fügte er schnuppernd hinzu. »Du hast jemanden erschossen.«

Seine Lordschaft lehnte sich ans Treppengeländer und öffnete seine Schnupftabakdose. »Ach, bloß irgendeinen kleinen Straßenräuber.«

Mr. Fox verzichtete einen Augenblick auf seine Affektiertheit. »Hast du ihn getötet, Dominic?«

»Natürlich«, antwortete Mylord.

Mr. Fox grinste. »Und was hast du mit der Leiche getan, mein...



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