Hildermeier | Geschichte Russlands | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 1503 Seiten

Reihe: Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung

Hildermeier Geschichte Russlands

Vom Mittelalter bis zur Oktoberrevolution

E-Book, Deutsch, 1503 Seiten

Reihe: Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung

ISBN: 978-3-406-64552-5
Verlag: C.H.Beck
Format: PDF
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Von den dunklen Anfängen in der Kiever und der mongolischen Epoche führt dieses Buch uns in das Zeitalter Iwans des Schrecklichen, das Jahrhundert Peters des Großen und durch das 18. und 19. Jahrhundert bis zum Untergang des Zarenreiches. Souverän die internationale Forschung beherrschend, gekonnt in der Darstellung, differenziert in seinen Interpretationen bietet Manfred Hildermeier eine Gesamtgeschichte Russlands, die sich einreiht in den Kreis der großen Gesamtdarstellungen der letzten Jahrzehnte.
Nach seiner großen Geschichte der Sowjetunion, die 1998 erschien und als Standardwerk gilt, legt der renommierte Historiker Manfred Hildermeier nun eine Gesamtdarstellung der Russischen Geschichte vor, die im Mittelalter einsetzt und dort endet, wo der vorangegangene Band beginnt. Politik und Herrschaftsordnung, soziale Verfassung, Wirtschaft, Industrie und Handel sowie die materielle und geistige Kultur bilden dabei die zentralen Achsen. Der rote Faden des Werkes ist das Verhältnis zu Europa, aus dem sich auch die klare These ergibt: Vor Ausbruch des Weltkriegs gehörte Russland so eng zu Europa wie nie zuvor. Erst die Sowjetunion hat dies geändert – und ihr Zusammenbruch die alte Schicksalsfrage Russlands wieder auf die Tagesordnung gesetzt.
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Weitere Infos & Material


1;Cover;1
2;Vorspann;2
3;Titel;3
4;Widmung;4
5;Impressum;4
6;Motto;5
7;Inhalt;7
8;Vorwort;21
9;Einleitung;23
10;Erster Teil: Die Kiever Rus’ (9.Jh. bis 1240);31
10.1;I. Grundlagen und Prägungen;33
10.2;II. Staatsbildung: Kriegerkaufleute und Fürsten (9.Jh.–979);39
10.3;III. «Taufe Russlands» und Blüte des Reiches (980–1054);48
10.4;IV. Prekäre Einheit: Seniorat und patrimonia (1054–1125);59
10.5;V. Zerfall, Verlagerung und Untergang (1125–1240);64
10.6;VI. Wirtschaftliche Grundlagen und soziale Verfassung;77
10.6.1;1. Wirtschaft;77
10.6.1.1;Handel;77
10.6.1.2;Handwerk;80
10.6.1.3;Landwirtschaft;81
10.6.2;2. Gesellschaft: Gefolgschaftsadel, Städter, Bauern;83
10.6.2.1;Demographische Grundlagen;83
10.6.2.2;Gefolgschaftsadel und Bojaren;84
10.6.2.3;Bauern und Sklaven;88
10.6.2.4;Städte und «Bürger»;92
10.7;VII. Materielle und geistige Kultur;96
10.7.1;1. Materielle Kultur, Lebensweise und Alltagsglaube;96
10.7.1.1;Häuser;96
10.7.1.2;Kleidung;100
10.7.1.3;Ernährung;101
10.7.1.4;Familie und Gemeinschaft;103
10.7.1.5;Alltagsglaube;105
10.7.2;2. Geistige Kultur;108
10.7.2.1;Schriftlichkeit;108
10.7.2.2;Gelehrsamkeit und Literatur;109
10.7.2.3;Gesetzbücher und Rechtsordnung;114
10.7.2.4;Schule und Bildung;116
10.7.2.5;Architektur;118
10.8;Kennzeichen des Kiever Staates;121
11;Zweiter Teil: Mongolische Oberherrschaft und Aufstieg Moskaus (1240–1533);125
11.1;VIII. Rus’ Mongolica (1240–1304);129
11.2;IX. Der «Aufstieg Moskaus» (1304–1462);132
11.2.1;Moskau und Tver’;132
11.2.2;Mögliche Gründe des Sieges;135
11.2.3;Erster Triumph und Konsolidierung;138
11.2.4;Bruderzwist und Durchsetzung der Primogenitur;148
11.3;X. Die Entstehung der Autokratie (1462–1533);153
11.3.1;Territoriale Expansion;153
11.3.2;Ende der mongolischen Oberherrschaft;158
11.3.3;Zurückdrängung Litauens;161
11.3.4;Festigung der inneren Herrschaft;163
11.3.5;Anfänge einer zentralen Verwaltung und erste Dienstgüter;168
11.3.6;Vasilij III.: Pskov und Smolensk;172
11.3.7;Innere Politik;175
11.4;XI. Wirtschaft zwischen Erholung und Rückschlägen;178
11.4.1;Kolonisation und Landwirtschaft;178
11.4.2;Handel, Handwerk und Städte;181
11.5;XII. Gesellschaft zwischen Unabhängigkeit und Bindung;184
11.5.1;Fürsten, Bojaren und Adel;184
11.5.2;Bauern und Dorfgemeinde;191
11.5.3;Unfreie;193
11.5.4;Stadtbewohner;194
11.6;XIII. Materielle und geistige Kultur: Alltag, Kirche, Kunst;198
11.6.1;1. Alltag;198
11.6.2;2. Kirche und Frömmigkeit;200
11.6.2.1;Kirche und weltliche Macht;201
11.6.2.2;Aufstieg der Klöster;203
11.6.2.3;Die Debatte um klösterlichen Landbesitz;205
11.6.2.4;Faktische Unabhängigkeit und politisch-religiöse Ideologien;210
11.6.2.5;Volksfrömmigkeit;214
11.6.3;3. Ästhetische Künste;216
11.7;XIV. Langsame Rückkehr in den Horizont europäischer Politik;222
11.8;Prägungen: Mongolisches Erbe, Feudalismus und Moskauer Reich;225
12;Dritter Teil: Das Moskauer Reich (1533–1689);234
12.1;XV. Reform und Terror: Ivan der Schreckliche (1533/47–1584);238
12.1.1;Bojarenfehden und Ivans Jugend (1533–1547);238
12.1.2;Krönung und gute Jahre (1547–1560);239
12.1.3;Wahn, opricnina und Terror (1560–1581);246
12.1.4;Ivans Thronverzicht und letzte Herrschaftsjahre;266
12.1.5;Triumph und Scheitern: Die Eroberung von Kazan’ und der Livlandkrieg;268
12.1.6;Ivans Tod und Hinterlassenschaft;277
12.2;XVI. Herrschaftskrise, Adelsfehde und Bürgerkrieg (1584–1613);280
12.2.1;Bestrittene Legitimität: Godunov und der erste Pseudo-Dmitrij (1584/1598–1606);282
12.2.2;Aufstand der Peripherie und nationaler Widerstand (1606–1613);291
12.3;XVII. Restauration und klassische Jahre des Moskauer Reichs (1613–1689);302
12.3.1;1. Neubeginn durch Wiederanknüpfung (1613–1645);302
12.3.2;2. Die Moskauer Autokratie im Zenit (1645–1676);308
12.3.2.1;Städtische Unruhen und Uloženie;308
12.3.2.2;Der Aufstand Razins;313
12.3.2.3;Festigung der Autokratie und administrativer Ausbau;314
12.3.2.4;Anschluss der Ukraine und russisch-polnische Kriege (1654–1667);317
12.3.3;3. Vorläufer des Neuen: Fedor und Sof’ja (1676–1689);325
12.3.3.1;Herrschaft und Reformen Fedors;326
12.3.3.2;Strelitzenaufstand und Regentschaft Sof’jas;330
12.3.3.3;Kriegführung und Sturz;334
12.4;XVIII. Autokratische Gesellschaft (1533–1689);337
12.4.1;Vereinheitlichung des Adels;338
12.4.2;Bäuerliche Leibeigenschaft;346
12.4.3;Städtische Lastenverbände;357
12.5;XIX. Naturalwirtschaft, erste manufakturielle Rohstoffgewinnung und ausländische Unternehmer (16./17.Jh.);363
12.5.1;Landwirtschaft;363
12.5.2;Grundbesitz und Gutswirtschaft;365
12.5.3;Bäuerliche Gewerbe und frühe Rohstoffindustrie;367
12.5.4;Handel;371
12.6;XX. Materielle und geistige Kultur: Alltag, Kirche und erste Blicke nach Europa;376
12.6.1;Alltag;377
12.6.2;Verhaltensweisen und Normen;379
12.6.3;Staatskirche und Schisma;382
12.6.4;Kunst, Bildung und westliche Einflüsse;393
12.7;Die Epoche im Rückblick;400
13;Vierter Teil: Absolutismus, aufgeklärte Reformen und imperiale Machtentfaltung (1689–1796);404
13.1;XXI. Europa als Modell: Peter der Große – Krieg und Reformen (1689–1725);409
13.1.1;1. Jugend und Große Gesandtschaft;410
13.1.2;2. Der Große Nordische Krieg (1700–1721);414
13.1.3;3. Innere Reformen;430
13.1.3.1;Die neue Armee;433
13.1.3.2;Verwaltungs- und Regierungsreformen;436
13.1.4;4. Das Drama um Aleksej und Reform als Gewalt;451
13.2;XXII. Dynastische Verwirrung und Palastrevolten (1725–1762);458
13.2.1;Katharina I;459
13.2.2;Peter II;462
13.2.3;Sukzessionskrise und das Scheitern oligarchischer Mitregierung (1730);463
13.2.4;Die Herrschaft Anna Ivanovnas;468
13.2.5;Zwischenspiel: Ivan VI;472
13.2.6;Elizaveta Petrovna;474
13.2.7;Peter III. und erneuter Umsturz;483
13.3;XXIII. Reformabsolutismus: Katharina die Große (1762–1796);489
13.3.1;1. «Panin-Plan» und erste Reformen;490
13.3.2;2. «Große Instruktion» und Gesetzbuchkommission;495
13.3.3;3. Krisen: Pestepidemie und Pugacevšcina;505
13.3.4;4. Die großen Reformen;514
13.3.4.1;Gouvernementsreform;514
13.3.4.2;Adels- und Stadturkunde;521
13.3.5;5. Imperiale Großmacht I: 1762–1774;526
13.3.5.1;Intervention in Polen;528
13.3.5.2;Russisch-türkischer Krieg und erste Teilung Polens;530
13.3.6;6. Imperiale Großmacht II: 1774–1791;535
13.3.6.1;Eroberung der Krim und Bündnis mit Österreich;535
13.3.6.2;Neuer russisch-türkischer Krieg;540
13.3.6.3;Zweite und dritte Teilung Polens;544
13.4;XXIV. Expansion und Vielvölkerreich im 17. und 18.Jahrhundert;548
13.5;XXV. Absolutistische Gesellschaft: Korporationen zwischen staatlichem Zwang und selbstreguliertem Dienst (1689–1796);561
13.5.1;1. Bevölkerungswachstum und ständisch-soziale Struktur;562
13.5.2;2. Der Adel – von der Dienstklasse zum privilegierten Stand;566
13.5.2.1;Rangtabelle;569
13.5.2.2;Aufhebung der Dienstpflicht;572
13.5.2.3;Adelsprivileg;578
13.5.2.4;Soziale Struktur;580
13.5.3;3. Bauern: staatliche Ansprüche und grundherrliche Verfügungsgewalt;584
13.5.3.1;Bauernkategorien und ihre rechtlich-fiskalischen Pflichten;585
13.5.3.2;Kopfsteuer und Umteilungsgemeinde;593
13.5.3.3;Daten zur Entwicklung und Struktur;598
13.5.4;4. Die Stadt: von der Beisassengemeinde zum bürgerlichen Stand;601
13.5.4.1;Demographischer Anteil, Struktur und Dienste;601
13.5.4.2;Gildenreform und Stadtordnung;607
13.6;XXVI. Wirtschaft: Zenit der Leibeigenschaft und industrieller Aufschwung (1689–1796);614
13.6.1;Landwirtschaft;615
13.6.2;Neue Industrie;619
13.6.3;Außenhandel und Zollpolitik;626
13.6.4;Binnenhandel;629
13.6.5;Finanzwesen;630
13.7;XXVII. Kultur und Lebensweise: Zwangseuropäisierung und sektorale Assimilation (1689–1796);632
13.7.1;1. Bildung und Wissenschaft;633
13.7.1.1;Peters Schulreformen;633
13.7.1.2;Akademiegründung und nachpetrinisches Bildungswesen;636
13.7.1.3;Beckojs Erziehungsplan und Smol’nyj-Institut;639
13.7.1.4;Grundlegung eines allgemeinen staatlichen Schulwesens;642
13.7.1.5;Neue Fürsorge für die Akademie;645
13.7.2;2. Buchdruck und publizistische Öffentlichkeit;647
13.7.2.1;Säkulare Presse und Schrift;647
13.7.2.2;Moralische Wochenschriften und privates Verlagswesen;649
13.7.3;3. Katharinas Aufklärung und die Entstehung radikaler Kritik;651
13.7.4;4. Architektur und Kunst;655
13.7.5;5. Alltagsleben und materielle Kultur;661
13.7.5.1;Traditionales Dorf;661
13.7.5.2;Langsamer Wandel der Städte;665
13.7.5.3;Europäischer Adel;668
13.7.6;6. Kirche und Religion;672
13.7.6.1;Abschaffung des Patriarchats und Kirchenreform;673
13.7.6.2;Peters «Saufsynode»;676
13.7.6.3;Klosterreform und erfolglose nachpetrinische Kritik;677
13.7.6.4;Katharinas Toleranzpolitik;679
13.7.6.5;Arrangement mit dem Alten Glauben;681
13.7.6.6;Ständische Abschließung des Klerus;683
13.8;Das 18.Jahrhundert im Rückblick;689
14;Fünfter Teil: Halbherzige Reformen und verpasster Anschluss – vom Sieger zum Besiegten (1796–1855);694
14.1;XXVIII. Kasernenabsolutismus: Paul I. (1796–1801);698
14.2;XXIX. Autokratischer Idealist: Alexander I. (1801–1825);705
14.2.1;1. Reformüberschwang und -wirklichkeit (1801–1812);706
14.2.1.1;Senatsreform, Ministerialverfassung und zaghafte Leibeigenschaftsregulierung;707
14.2.1.2;Der Plan einer Reichsreform;712
14.2.1.3;Speranskijs Sturz;717
14.2.2;2. Außenpolitik: Niederlage und Triumph (1801–1815);719
14.2.2.1;Dritte Koalition und Austerlitz;720
14.2.2.2;Der Friede von Tilsit und seine Erosion;723
14.2.2.3;Napoleons Desaster in Russland;728
14.2.2.4;Der Zar in Paris und Wien;735
14.2.3;3. Reformernüchterung und antiliberale Politik (1815–1825);739
14.2.3.1;Neues Verfassungsprojekt und Plan zur Aufhebung der Leibeigenschaft;739
14.2.3.2;Die Militärkolonien;743
14.2.3.3;Repressive Politik und Herrschaftsende;745
14.2.4;4. Außenpolitik: nationale Erhebungen und die Umwandlung der Heiligen Allianz (1815–1825);747
14.3;XXX. Programmatische Autokratie und minimale Reformen: Nikolaus I. (1825–1855);749
14.3.1;1. Die Dekabristen und ihr Aufstand;750
14.3.1.1;Frühgeschichte;751
14.3.1.2;Nord- und Südbund;754
14.3.1.3;Dilettantischer Aufstand und Strafgericht;759
14.3.2;2. Autokratie als System: Herrschaft und innere Politik unter Nikolaus I;762
14.3.2.1;Höchsteigene Kanzlei und «Dritte Abteilung»;762
14.3.2.2;Geheime Reformpläne;767
14.3.2.3;Die Armee;772
14.3.2.4;Doppelte Bilanz;773
14.3.3;3. Außenpolitischer Absturz (1826–1856);776
14.3.3.1;Neuer Türkenkrieg und Friede von Adrianopel;777
14.3.3.2;‹Pazifizierung› Polens, osmanische Krise und Arrangement mit Großbritannien;780
14.3.3.3;Intervention in Ungarn 1849, Isolation und Krimkrieg;783
14.4;XXXI. Gesellschaft und Wirtschaft in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts;793
14.4.1;1. Gesellschaft;794
14.4.1.1;Adel;794
14.4.1.2;Bauern;801
14.4.1.3;Die Stadt und ihre Bewohner;803
14.4.1.4;«Leute verschiedener Ränge»;811
14.4.2;2. Wirtschaft;812
14.4.2.1;Kustargewerbe und ‹Proto-Industrialisierung›;812
14.4.2.2;Rolle des Alten Glaubens und ausländischer Einflüsse;816
14.4.2.3;Wanderarbeit;819
14.4.2.4;Industrielle Entwicklung wider Willen;820
14.5;XXXII. Kultur zwischen Kontinuität, konservativer Reform und den Anfängen radikaler Opposition;827
14.5.1;1. Materielle Kultur;829
14.5.1.1;Landgüter;829
14.5.1.2;Städtisches Leben;833
14.5.1.3;Bäuerliche Welt;835
14.5.2;2. Schulen und Universitäten;837
14.5.2.1;Schulreform und neue Universitäten;838
14.5.2.2;Uvarovs Balance zwischen staatlicher Kuratel und universitärer Autonomie;843
14.5.3;3. Selbstfindung: russische Identität zwischen West und Ost;849
14.5.3.1;Karamzin und der neue Konservativismus;851
14.5.3.2;«Offizielle Nationalität» unter Nikolaus I;853
14.5.3.3;Grundpositionen slavophiler Geschichtstheorie;854
14.5.3.4;«Westlertum» und frühe ‹Liberale›;857
14.5.3.5;Herzens «russischer Sozialismus»;863
14.5.3.6;Erste Revolutionäre;866
14.5.4;4. Kirche und Religion;867
14.5.4.1;Aufwertung der Orthodoxie;867
14.5.4.2;Altgläubige Konkurrenz;869
14.5.4.3;Erfolglose Reformen;872
14.6;Die Jahrhunderthälfte im Rückblick;875
15;Sechster Teil: Reformen und Revolutionen: Wiederaufstieg, Verwestlichung und Untergang des Zarenreichs (1855–1917);878
15.1;XXXIII. Innere Politik zwischen Neuerung und Tradition: Reformen, revolutionäre Bewegung und konservative Wende (1855–1894);883
15.1.1;1. Die Aufhebung der Leibeigenschaft;883
15.1.1.1;Memoranden und Vorbereitungskomitees;883
15.1.1.2;Das Befreiungsstatut;890
15.1.1.3;Die Praxis der Bestimmungen;894
15.1.2;2. Die Zemstvo-Reform;898
15.1.2.1;Beweggründe und Interessen;899
15.1.2.2;Das Errichtungsgesetz;905
15.1.2.3;Praktische Umsetzung und erste Konflikte;908
15.1.3;3. Justizreform;913
15.1.3.1;Bestehende Mängel und Motive;913
15.1.3.2;Liberale Neuordnung und ihre Probleme;916
15.1.4;4. Stadtreform;922
15.1.4.1;St. Petersburger und Moskauer Vorläufer;923
15.1.4.2;Städtische Selbstverwaltung;926
15.1.4.3;Die Praxis der ersten Jahrzehnte;928
15.1.5;5. Armeereform;933
15.1.6;6. Die Anfänge der revolutionären Bewegung;940
15.1.6.1;Cernyševskij und die erste Zemlja i Volja;941
15.1.6.2;Terroristischjakobinische Strömungen;942
15.1.6.3;Narodnixestvo und zweite Zemlja i Volja;944
15.1.6.4;Narodnaja Volja und Zarenmord;950
15.1.7;7. «Krise der Selbstherrschaft»?;951
15.1.8;8. «Gegenreformen»?;953
15.1.8.1;Die Einführung der «Landeshauptleute»;953
15.1.8.2;Neues Zemstvo-Statut;956
15.1.8.3;Reform der Stadtverwaltung;958
15.2;XXXIV. Autokratie in der Defensive: Liberal-sozialer Aufstand, Konstitutionalismus und Februarrevolution (1894–1917);961
15.2.1;1. Liberale Sammlung;965
15.2.2;2. Revolutionäre Differenzierung und Parteibildung;973
15.2.2.1;Sozialdemokraten;974
15.2.2.2;Sozialrevolutionäre;986
15.2.3;3. Autokratischer Starrsinn;994
15.2.4;4. Revolutionäre Erschütterung und konstitutionelle Reform (1905–1907);996
15.2.4.1;Massenmobilisierung;997
15.2.4.2;Liberale Reaktion und ‹Sortierung›;1000
15.2.4.3;Bulygin-Duma und Spaltung der Liberalen;1005
15.2.4.4;Gewerkschaftsbewegung und revolutionäre Parteien;1008
15.2.4.5;Generalstreik;1010
15.2.4.6;Oktobermanifest und Kabinettsbildung;1014
15.2.4.7;Der Petersburger Arbeiterrat und sein Ende;1015
15.2.4.8;Peripetie: der Moskauer Aufstand;1017
15.2.4.9;Gewalt der Straße und Rechtsextremismus;1019
15.2.4.10;Bauernaufstand;1021
15.2.4.11;Neue Ordnung, Wahlgesetz und Verfassung;1029
15.2.4.12;Die Erste Duma und ihre Auflösung;1035
15.2.4.13;Strafgericht und Stolypinsche Agrarreform;1041
15.2.4.14;Die Zweite Duma;1045
15.2.4.15;Erneute Auflösung und Wahlrechtsänderung;1048
15.2.5;5. Konstitutionelle Autokratie (1907–1914);1049
15.2.5.1;Kooperation mit Hindernissen;1050
15.2.5.2;Autokratischer Pyrrhussieg und enttäuschte Parteien;1055
15.2.6;6. Überlast und Untergang (1914–1917);1058
15.2.6.1;Zemgor, Progressiver Block und intransigente Monarchie;1060
15.2.6.2;Versorgungskrise und Februarrevolution;1066
15.2.7;7. Doppelte Polarisierung und die Ursachen von Untergang und Revolution;1075
15.3;XXXV. Außenpolitik: Rückkehr als Großmacht – zweiten Ranges (1856–1917);1083
15.3.1;1. Begrenzter Wiederaufstieg (1856–1890);1084
15.3.1.1;Deutsch-russisches Arrangement und Aufweichung der Pontusklausel;1085
15.3.1.2;Neuer Türkenkrieg, Berliner Kongress und wachsende Irritationen;1087
15.3.2;2. Umworbener Partner: zwischen Deutschland und seinen Gegnern (1890–1914);1096
15.3.2.1;Wendung nach Frankreich und Handelsvertrag mit Deutschland;1098
15.3.2.2;Ergebnislose Monarchenbegegnungen;1101
15.3.2.3;Bosnienkrise und definitive Konfrontation;1103
15.3.2.4;Imperialismus als Kompensation: Russland in Asien;1111
15.3.3;3. Europäischer Krieg: 1914–1917;1117
15.3.3.1;Der falsche Krieg;1118
15.3.3.2;Unnatürliche Allianz;1122
15.3.3.3;Krieg und Revolution;1124
15.4;XXXVI. Wirtschaft: Aufbruch in die Moderne (1861–1917);1127
15.4.1;1. Landwirtschaft;1129
15.4.1.1;Die liberale Deutung und ihre Korrektur;1129
15.4.1.2;Zähe Male der Rückständigkeit;1132
15.4.2;2. Industrie;1137
15.4.2.1;Entwicklungsstrategie und Rolle des Bahnbaus;1138
15.4.2.2;Ausländisches Engagement;1143
15.4.2.3;Wachstumsraten und Struktur;1145
15.4.2.4;Was bleibt vom Rückständigkeitsmodell?;1152
15.5;XXXVII. Gesellschaft im Umbruch (1860–1917);1155
15.5.1;1. Adel: Niedergang oder erfolgreiche Anpassung?;1156
15.5.1.1;Landverkauf und adelige Unternehmer;1157
15.5.1.2;Militär- und Staatsdienst;1161
15.5.2;2. Bauern: demographisches Wachstum und Mobilität;1169
15.5.2.1;Demographisches Wachstum;1170
15.5.2.2;Klassenbildung oder zyklische Mobilität?;1175
15.5.2.3;Mentaler Wandel;1179
15.5.3;3. Otchod und die Entstehung einer Arbeiterschaft;1181
15.5.3.1;«Erbliche» Saisonarbeit;1182
15.5.3.2;Struktur und Charakter der Arbeiterschaft;1187
15.5.3.3;Urbanisierung, Elendsviertel und Lohndifferenzierung;1191
15.5.3.4;Fabrikgesetze und Arbeiterschutz;1195
15.5.3.5;Grenzen des Paternalismus;1200
15.5.4;4. Stadtgesellschaft: Dekorporierung und die Entstehung einer Unternehmerschaft;1205
15.5.5;5. Intelligenz: transständische Elite zwischen Profession und Staat;1216
15.5.5.1;Daten zur Entstehung;1218
15.5.5.2;Soziale Herkunft im Wandel;1222
15.5.6;6. Die jüdische Frage: misslungene Integration und Diskriminierung;1225
15.5.6.1;Rückblick: versuchte Gleichstellung und Zwangsassimilation;1225
15.5.6.2;Liberalisierung im Geist der «Großen Reformen»;1232
15.5.6.3;Die Wende von 1881: Pogrome und antijüdische Diskriminierung;1234
15.6;XXXVIII. Kultur: Öffnung zur modernen Welt (1860–1917);1241
15.6.1;1. Bildungswesen: Öffnung und Breitenqualifikation;1242
15.6.1.1;Liberalisierung und beginnende Umkehr;1243
15.6.1.2;Autoritäre Wende und ständische Abschließung;1245
15.6.1.3;Studentenunruhen, Hochschulrevolution und Pazifizierung;1248
15.6.1.4;Stille Entwicklung der Gymnasien;1252
15.6.1.5;Elementarbildung;1253
15.6.1.6;Daten zur Alphabetisierung;1257
15.6.2;2. Öffentlichkeit: vom Salon zur Massenpresse;1259
15.6.2.1;Zunehmende Wirklungslosigkeit der Zensur;1261
15.6.2.2;Revolution und Meinungspluralismus;1263
15.6.2.3;Sytin – Verleger und Pressezar;1266
15.6.3;3. Kirche und Religion;1267
15.6.3.1;Standes- und Bildungsreform;1269
15.6.3.2;Die Krise von 1905: oppositionelle Popen und staatskritischer hoher Klerus;1274
15.6.3.3;Ungebrochene Religiosität der Bevölkerung;1277
15.6.4;4. Materielle Lebenswelt: Sog der Städte und westlicher Komfort;1280
15.6.4.1;«Adelsnester» – ein «langer Abschied»;1281
15.6.4.2;Bauern: «Weggang» und Wandel;1285
15.6.4.3;Städtische Modernisierung und Bürgerkultur;1291
15.6.5;5. Am Ende der Einbahnstraße? ‹Naturalisierte› Ideologien und ästhetischer Export;1306
16;Schluss: Rückständigkeit neu gesehen: zwischen Transfer und Verflechtung;1311
16.1;1. ‹Meister›-Interpretationen;1313
16.1.1;Der ‹unzivilisierte› Norden;1313
16.1.2;Relative Rückständigkeit und ihr Privileg;1316
16.1.3;Modernisierungskritische Einwände;1318
16.2;2. Versuch einer Neudeutung;1321
16.2.1;Chronologischer ‹Katalog›;1322
16.2.2;Systematischer ‹Katalog›;1338
17;Anhang;1347
17.1;Stammtafeln;1347
17.2;Abkürzungen;1349
17.3;Anmerkungen;1351
17.4;Glossar;1415
17.5;Zitierte Literatur;1419
17.6;Ortsregister;1463
17.7;Personenregister;1471
17.8;Sach- und Begriffsregister;1488
18;Verzeichnis der Tabellen:;564
18.1;Tabelle 1: Männliche Bevölkerung in Russland in den Grenzen der 1. Revision 1719–1857 (Revisionsdaten);564
18.2;Tabelle 2: Bevölkerungswachstum im Russischen Reich, 17.Jh. bis Anfang 20.Jh. (tatsächliche Bevölkerung);564
18.3;Tabelle 3: Soziale Struktur der Bevölkerung im Europäischen Russland ohne Polen und Finnland, 17.Jh. bis Anfang 20.Jh.;565
18.4;Tabelle 4: Soziale Struktur der Bevölkerung im Europäischen Russland ohne Polen und Finnland, 17.Jh. bis Anfang 20.Jh.;565
18.5;Tabelle 5: Schichtung der Gutsherren nach der Anzahl ihrer Leibeigenen im Europäischen Russland ohne Polen und Finnland in den Jahren 1678, 1727, 1777, 1833 und 1857;582
18.6;Tabelle 6: Anzahl der Gutsbesitzer nach Schichten auf dem Territorium des Europäischen Russland in den Grenzen von 1719;582
18.7;Tabelle 7: Die bäuerliche Bevölkerung Russlands, 1600–1917;599
18.8;Tabelle 8: Bauern nach Kategorien ihrer Zugehörigkeit, 1719–1857;600
18.9;Tabelle 9: Schichtung der Bauernschaft im Europäischen Russland, 1495–1860;600
18.10;Tabelle 10: Soziale Struktur der russischen Beisassengemeinde 1764;603
18.11;Tabelle 11: Freie Lohnarbeiter in privaten Manufakturen des 18.Jahrhunderts;625
18.12;Tabelle 12: Soziale Herkunft der Textilunternehmer, 1700–1799;626
18.13;Tabelle 13: Schichtung des Adels nach Leibeigenenbesitz im Europäischen Russland 1858;795
18.14;Tabelle 14: Anteil der Leibeigenen an der Gesamtbevölkerung Russlands;803
18.15;Tabelle 15: Prozentanteil der städtischen Bevölkerung im Europäischen Russland;804
18.16;Tabelle 16: Sozialstruktur der städtischen Bevölkerung im Europäischen Russland 1782, 1808, 1811, 1858 und 1897;806
18.17;Tabelle 17: Veränderung der bäuerlichen Landzuteilung und Zinslast bei Überführung in den Status «temporär Verpflichteter»;896
18.18;Tabelle 18: Auslandskapital in Industrie und Bankwesen Russlands, 1880–1915;1145
18.19;Tabelle 19: Struktur und Wachstum des russischen Nationaleinkommens, 1883–1913;1147
18.20;Tabelle 20: Mechanische Antriebskraft in der russischen Industrie, 1887–1908;1148
18.21;Tabelle 21: Landwirtschaftsfläche nach ständischer Zugehörigkeit der Erwerber, 1863–1909;1159
18.22;Tabelle 22: Abnahme der Landwirtschaftsfläche in Adelsbesitz, 1862–1914;1159
18.23;Tabelle 23: Erbliche Adelige im Offi zierskorps des Russischen Reichs, 1864 und 1897;1162
18.24;Tabelle 24: Erbliche Adelige im Zivildienst, 1755–1897;1165
18.25;Tabelle 25: Landbesitz der Inhaber der obersten vier Ränge, 1858–1902;1166
18.26;Tabelle 26: Landbesitz der höchsten Ranginhaber nach ihren Funktionen im Staatsapparat, 1902;1167
18.27;Tabelle 27: Bevölkerungszuwachs 1678–1897;1171
18.28;Tabelle 28: Bevölkerungswachstum im Europäischen Russland (50 Gouvernements) 1861–1913;1171
18.29;Tabelle 29: Quantitative Entwicklung der russischen Arbeiterschaft 1860–1913;1187
18.30;Tabelle 30: Lohnarbeiter im Zarenreich 1860 und 1913 nach Branchen;1188
18.31;Tabelle 31: Arbeiter in Russland 1913 nach Sektoren;1188
18.32;Tabelle 32: Städtische und ländliche Bevölkerung im Europäischen Russland (ohne Polen und Finnland), 1869–1914;1192
18.33;Tabelle 33: Ständische Herkunft der Studenten des Russischen Reichs, 1880, 1906 und 1914;1223
18.34;Tabelle 34: Entwicklung der Elementarschulbildung: einige Wachstumsindikatoren in Stadt und Land 1856–1911;1255
18.35;Tabelle 35: Zahl der dörflichen Elementarschulen, 1879–1914;1255
18.36;Tabelle 36: Russischsprachige Periodika im Zarenreich, 1871–1913;1266
18.37;Diagramm: Durchschnittliche Zuwächse des Eisenbahnnetzes 1859–1913;1140
19;Verzeichnis der Karten;40
19.1;Karte 1: Die Kiever Rus’, 1054–1237;40
19.2;Karte 2: Der Aufstieg des Großfürstentums Moskau, 1300–1462;134
19.3;Karte 3: Die Expansion des Moskauer Staates, 1462 bis Ende des 16.Jahrhunderts;154
19.4;Karte 4: Vom Moskauer Reich zum Imperium, 1618–1725;304
19.5;Karte 5: Die russische Expansion in Europa, 1722–1796;527
19.6;Karte 6: Die Eroberung Sibiriens im 17.Jh.;550
19.7;Karte 7: Die Eroberung der Länder der Goldenen Horde (16.–18.Jh.);552
19.8;Karte 8: Die Balkanländer 1815–1878;778
19.9;Karte 9: Regionen und Gouvernements im Europäischen Russland um 1850;821
19.10;Karte 10: Die Balkanländer 1878–1915;1089
19.11;Karte 11: Russland 1801–1914;114
20;Zum Buch;1503
21;Über den Autor;1503


Einleitung

Jedes Buch sollte sagen, was es will. Gesamtdarstellungen mit begrenztem Umfang sind um so eher dazu angehalten. Sie können in der Sache selten Neues bringen, ihr ‹Mehrwert› muss primär in der Interpretation und im Zugriff, in der Auswahl aus der Überfülle des Stoffes und in seiner Präsentation liegen. Dieser Genrecharakter öffnet das Tor, durch das der vielzitierte Zeitgeist mit den Errungenschaften oder auch nur Vorlieben einer Generation und einer bestimmten politisch-kulturellen Situation eintreten kann. Nicht nur neue Funde und Erkenntnisse geben periodisch – eigentlich jeder Generation – Anlass, historische Darstellungen neu zu schreiben, sondern auch ihre methodisch-erkenntnistheoretische Eigenart. Anders als in den Naturwissenschaften vollzieht sich geisteswissenschaftlicher Fortschritt nicht primär linear. Vielmehr bewegt er sich spiralförmig, kommt häufig auf alte Gegenstände und Untersuchungsfelder zurück, betrachtet sie aber jedesmal aus einer anderen Perspektive und von einer anderen Höhe aus. In neokantianischen Kategorien gesagt, verbirgt sich dahinter die komplizierte Beziehung zwischen «Wirklichkeit» und «Wertideen». Selten ist sie plastischer und treffender formuliert worden als in jenem bekannten Bild vom Licht der «Wertideen», das «jeweils auf einen stets wechselnden endlichen Teil des ungeheuren chaotischen Stromes von Geschehnissen» fällt, «der sich durch die Zeit wälzt».[1]
Die letzte deutschsprachige Gesamtdarstellung, die mehrere Generationen von Fachleuten und sonstigen Interessenten geprägt hat, datiert aus einer Zeit, als die wissenschaftliche historische Osteuropaforschung noch kaum begonnen hatte und die Teildisziplin der Osteuropäischen Geschichte an den Universitäten gerade erst Gestalt annahm.[2] Dies hat zu dem verbreiteten Eindruck beigetragen, dass ein neuer Versuch überfällig sei. In jüngster Zeit sind mehrere, nach Anspruch und methodisch-inhaltlicher Akzentsetzung unterschiedliche (überwiegend auch die Sowjetzeit einschließende) unternommen worden.[3] Das vorliegende Buch gehört ebenfalls dazu.
Was es leisten soll, ergibt sich aus dieser Sachlage von selbst. Es soll die russische Geschichte von ihren Anfängen bis zur Oktoberrevolution in gedrängter Form darstellen und dabei weder die Lesbarkeit noch den Informationsstand des interessierten Laien als exemplarischen Adressaten aus den Augen verlieren. Es soll die spezifischen Entwicklungen und Gestalten der russischen Geschichte hervorheben und dabei die Forschungsinteressen und -methoden der letzten Jahrzehnte insofern aufnehmen, als es deren Untersuchungsfelder und Ergebnisse gebührend berücksichtigt. In jeder dieser Hinsichten soll es eine Synthese anstreben, die ihre Aufgabe nicht als Meinungslosigkeit missversteht und sich nicht auf bloße Fakten zurückzieht. Vielmehr sieht es sein Ziel darin, balanciert Stellung zu beziehen und dabei Grundprobleme aufzugreifen, die kaum zufällig nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion neue Aktualität gewonnen haben.
Dazu zählt allen voran die Gretchenfrage der russischen Geschichte insgesamt: die nach ihrem Verhältnis zu Europa, das spätestens seit Beginn des 18. Jahrhunderts als eines der Rückständigkeit verstanden wurde. Was immer man von diesem Begriff und der Betrachtungsweise hält, die sich damit verbindet – die Einsicht, dass seine bloße Zurückweisung und Ignorierung nicht weiterhilft, sollte ein Gemeinplatz sein. Sie gehört daher zu den Prämissen und Antrieben der vorliegenden Darstellung. Rückständigkeit ist nicht nur eine historiographische Interpretationsfigur, sondern wurde auch zu einer Kategorie der Selbstwahrnehmung der russischen Eliten und zur Leitidee vieler Reformen. So gesehen avancierte sie nicht nur zu einem Quellen-, sondern sogar zu einem «Grundbegriff» der «geschichtlichen Bewegung» selber.[4] Zwar war «Russland und der Westen» der Sache nach primär ein Problem der späten Neuzeit; aber die Geschichtsphilosophie des 19. Jahrhunderts, die seine Klärung zum Inhalt russischer Selbstfindung machte, gab ihm zu Recht eine weiter zurückreichende Dimension. Wer die Asymmetrie begreifen will, in der sich das Zarenreich spätestens seit Peter dem Großen sah, muss ihre Voraussetzung zu verstehen suchen und wird nicht umhin können, ihrem vielfachen Gestaltwandel in den nachfolgenden beiden Jahrhunderten besondere Aufmerksamkeit zu schenken. In diesem Sinn fühlt sich die vorliegende Darstellung dem zitierten Motto verpflichtet: dass sich die Geschichte Russlands ganz überwiegend «in Europa» vollzog und das Zarenreich in der Tat mehr und mehr trotz bleibender Besonderheiten zu einer «europäischen Macht» wurde.[5]
Bei alledem zeigt schon ein Blick auf die Landkarte, dass Russland früh auch ein Teil Asiens wurde und eine asiatische Geschichte hatte. Damit hängt zusammen, dass der Staat auf seinem Boden ethnisch alles andere als homogen war. Vielmehr gehörte er bis zu seinem Untergang – und in Gestalt der Sowjetunion letztlich bis zu deren Zusammenbruch – zu den großen Vielvölkerreichen Europas und der Welt. Das wirft die Frage auf, in welchem Maße dieser Tatbestand in einer Darstellung Berücksichtigung finden sollte. Die Antwort hängt, wie immer, von deren Art und Absicht ab. Natürlich gibt es gute Gründe, den imperialen und multinationalen Charakter des Zarenreichs wieder stärker in den Blick zu nehmen, wie das in jüngerer Zeit unter dem Einfluss der Globalgeschichte und transnationaler Forschungsperspektiven geschieht. Nur muss sich jede Darstellung entscheiden; angesichts des begrenzten Raums, der ihr in aller Regel nur zur Verfügung steht, und weil sie bestimmten Leitperspektiven folgen sollte, kann sie nicht beides tun. Die hier verfolgte Absicht, die Grundlinien und -elemente der russischen Geschichte deutlich zu machen, lässt dabei nur eine Sehweise zu, die vom Zentrum ausgeht. Die Sentenz ist klassisch, dass man das Wesen eines Tausendfüßlers nicht von den Füßen her erfassen kann, so wichtig und kennzeichnend sie auch sein mögen. Das Russische der folgenden russischen Geschichte soll daher zwar nicht eng gesehen werden, sich aber doch auf das ostslavische Siedlungs- und Herrschaftsgebiet beschränken. Dieses war im Wesentlichen identisch mit den Nachfolgestaaten der Kiever Rus’ und den früh im Zuge der Entstehung des Moskauer Reiches vereinnahmten Regionen westlich des Ural sowie nördlich des Schwarzen und des Kaspischen Meeres. Auch hier lebten (und leben bis in die Gegenwart) nichtslavische und nichtchristliche Minderheiten, aber nur in kleinen Enklaven und ohne nennenswerten Einfluss auf die Gesamtstruktur und die zentralen Weichenstellungen der politischen, sozioökonomischen und kulturellen Entwicklung. Man sollte in einer solchen Vorentscheidung keine vorgängige, gleichsam methodische Legitimation großrussischer Hegemonie sehen, sondern im Gegenteil eine angemessene Bescheidung. Wissenschaftlich solide und kompetente Darstellungen der Geschichte der riesigen russischen (und sowjetischen) Peripherie sind allemal überfällig; aber sie passen nicht in den engen Rahmen einer einbändigen Gesamtübersicht der historischen Entwicklung des Zarenreichs und seiner Vorläufer.
Zweck und Umfang müssen auch darüber entscheiden, wie ein solches Werk zu gliedern sei. Epochal haben sich bestimmte Konventionen herausgebildet, die einiges für sich haben. So gibt es keinen wirklich überzeugenden Grund, das Kiever Reich trotz der Verlagerung seines Machtzentrums nach Zentralrussland (Vladimir) – als Indiz auch der Migration der Bevölkerung – nicht als eigenen chronologischen wie sachlich-inhaltlichen Abschnitt in der Herausbildung russischer Staatlichkeit und Kultur zu betrachten. Auch die tradierten Anfangs- und Enddaten vermögen einzuleuchten. Die Kiever Rus’ (I) nahm um die Mitte des 10. Jahrhunderts staatliche Gestalt an und ging definitiv unter, als die mongolischen Eroberer nach den aufstrebenden Städten an der oberen Wolga auch die alte Hauptstadt am Dnepr dem Erdboden gleichmachten (1240). Desgleichen spricht alles für das übliche Verfahren, die Oberherrschaft der «Goldenen Horde» samt deren Zerfall und dem endgültigen Aufstieg des einst unbedeutenden Fürstentums Moskau zum Oberherren über das «ganze russische Land» ebenso als ungefähre Einheit (II) zu betrachten wie die nachfolgende «Moskauer Periode» (III). Allerdings stellt sich bei Letzterer das Problem, wann man das Ende ansetzen soll. Die Krönung Ivans IV. zum ersten russischen Zaren (1547) als äußere Manifestation der Entstehung eines unabhängigen Gesamtstaates auf russischem Boden markiert sicher einen plausiblen Beginn. Aber wohin die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts gehört, ist im Licht der Befunde der letzten Jahrzehnte fraglich geworden. Der Einbruch westlicher Ideen unter Peter dem Großen war offenbar weniger präzedenzlos und abrupt, als man lange Zeit gemeint hat. Umgekehrt bewahrte das petrinische Reich bei allem Aufbruch viele altrussische Eigenarten. Es gibt also gute Gründe, das 17. Jahrhundert nicht nur als Zenit «Moscowiens», sondern seine letzten Jahrzehnte auch bereits als Periode des Übergangs und beginnender...


Manfred Hildermeier ist Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Göttingen.


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