Hillerman | Geheime Kanäle | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Reihe: Ein Fall für die Navajo-Police

Hillerman Geheime Kanäle

Kriminalroman. Ein Fall für die Navajo-Police (15)
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-293-31173-2
Verlag: Unionsverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kriminalroman. Ein Fall für die Navajo-Police (15)

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Reihe: Ein Fall für die Navajo-Police

ISBN: 978-3-293-31173-2
Verlag: Unionsverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein elegant gekleideter Toter wird in der Jicarilla Apache Reservation gefunden, am Rand eines Gasfelds. Sergeant Jim Chee nimmt die Ermittlungen auf und stößt gegen Mauern: Das FBI unterschlägt wichtige Informationen, und die Identität des Mannes bleibt zweifelhaft. Warum wurde er erschossen? Der pensionierte Joe Leaphorn vermutet hinter den rätselhaften Umständen nicht allein ein Verbrechen an der Navajo-Nation, sondern jenen Milliardenschwindel, der bis in die höchsten Kreise reichte und die amerikanische Justiz jahrzehntelang beschäftigte. Inmitten von Sandpisten, Bohrtürmen und Schmugglerrouten folgen Leaphorn und Chee flüchtigen Spuren - und bald droht Chee das zu verlieren, was ihm am meisten bedeutet.

Tony Hillerman (1925-2008) besuchte acht Jahre lang ein Mädchen-Internat für Native Americans, kämpfte im Zweiten Weltkrieg, studierte danach Journalismus und war anschließend als Journalist und Dozent an der University of New Mexico tätig. Für seine Romane um die Navajo-Cops Joe Leaphorn und Jim Chee wurde er vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Edgar Allan Poe Award, dem Grandmaster Award, dem Grand Prix de Littérature Policière, dem Special Friend of the Diné Award und dem Agatha Award. Hillermans Romane wurden in siebzehn Sprachen übersetzt.
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1


David Slate reichte dem Mann mit dem grauen Bürstenhaarschnitt einen Umschlag über den winzigen Tisch im Bistro Bis.

»Ab heute heißen Sie Carl Mankin«, sagte er, »Sie waren Mitarbeiter der CIA und sind jetzt im Ruhestand. Carl, Sie arbeiten zurzeit als Berater für Seamless Weld. In diesem Umschlag finden Sie eine Reihe Papiere von Seamless Weld, die ziemlich echt aussehen: Visitenkarten, Formulare für die Spesenabrechnung und so weiter. Und natürlich Ihre Kreditkarte. Der Kreditrahmen sollte ausreichen, um alle anfallenden Kosten zu decken.«

»Carl Mankin«, sagte der Grauhaarige, öffnete den Umschlag und sah sich die Kreditkarte prüfend an. »Gut zu merken. Und ab nächsten Dienstag bin ich also der neue Ruheständler der CIA.« Er war schon über sechzig, aber wie er da saß, fit und sonnengebräunt, hätte man ihn für deutlich jünger gehalten. Er begann, die Unterlagen durchzublättern, stutzte und sah Slate lächelnd an. »Ich vermisse einen Vertrag«, sagte er.

Slate lachte. »Ich wette, den haben Sie auch nicht ernsthaft erwartet, oder? Der Senator ist von der alten Schule. Ihm reicht ein Gentlemen’s Agreement als Sicherheit. Sie wissen schon, ›ein Mann, ein Wort‹. Das klingt hier in Washington heutzutage vielleicht ein bisschen merkwürdig, aber ein paar von diesen ergrauten Veteranen tun gerne so, als gäbe es selbst unter Politikern noch so etwas wie einen Ehrenkodex.«

»Dann lassen Sie uns unsere Vereinbarung noch mal kurz durchsprechen«, sagte der Mann, der jetzt Carl Mankin hieß. »Wenn ich mich recht erinnere, bin ich dreißig Tage lang für Sie tätig, oder so lange, bis der Job erledigt ist. Falls das nicht machbar ist, informiere ich Sie. Unabhängig vom Erfolg erhalte ich einen Garantiebetrag von fünfzigtausend Dollar.«

Slate nickte. »Plus Spesen«, sagte er. »Ihre täglichen Ausgaben können Sie alle über die Kreditkarte begleichen, es sei denn, Sie müssen einen Informanten bezahlen, der keine Visa Cards akzeptiert.« Slate lachte in sich hinein.

Carl Mankin schob alles zurück in den Umschlag und legte ihn neben seinen Teller. »Wer kommt eigentlich am Ende für meine Kreditkartenrechnung auf?«, fragte er. »Wie ich gerade gesehen habe, wohnt Carl Mankin in El Paso, Texas.«

Slate nickte. »Ja, dort ist die Zentrale von Seamless Weld. Die Firma, für die Sie arbeiten.«

»Und Seamless Weld gehört dem Senator? Das klingt eher unwahrscheinlich.«

Slate schüttelte den Kopf. »Nein, natürlich nicht. Seamless Weld ist eines von vielen Tochterunternehmen der Searigs Corporation. A. G. H. Industries hält große Anteile an Searigs – und hat die totale Kontrolle darüber.«

»Searigs? Das ist doch der Konzern, der die Bohrinseln vor der Küste von Nigeria gebaut hat«, sagte Carl Mankin. »Richtig?«

»Ja, und einen Teil der Plattformen in der Nordsee«, nickte Slater, »für die Norweger …«, er überlegte, »oder waren es die Schweden?«

»Dann gehört Searigs also tatsächlich dem Senator?«

»Natürlich nicht, Searigs ist wie gesagt Teil der A. G. H. Industries. Aber worauf wollen Sie eigentlich hinaus?«

»Ich versuche zu verstehen, für wen ich arbeite«, antwortete Mankin.

Slate nippte an seinem Orangensaft, grinste Carl Mankin an und sagte: »Sie glauben doch nicht im Ernst, dass man mir das gesagt hat?«

Sein Gesprächspartner musterte ihn. »Nein, aber ich vermute, dass Sie es trotzdem wissen. Sie sind die rechte Hand des Senators. Sie sind derjenige, der die Leute aussucht, die vor den Ausschüssen auftreten, denen er vorsitzt, derjenige, der für ihn den Dreck unter den Teppich kehrt, derjenige, der mit den Lobbyisten Deals aushandelt …« Mankin lachte. »Und – überflüssig zu erwähnen – natürlich auch derjenige, der Leute wie mich auftreibt, wenn der Senator einen Job zu erledigen hat, für den dann wiederum jemand anders im Hintergrund die Kosten trägt.« Er sah Slate fest an. »Also gehe ich fest davon aus, dass Sie wissen, wer dieser Jemand ist. Die Frage ist nur: Würden Sie es mir sagen, wenn Sie es wüssten?«

Slate lächelte. »Wohl eher nicht. Und ich bin mir fast sicher, dass Sie mir sowieso nicht glauben würden.«

»Wenn das so ist, wäre es vielleicht besser, ich bekäme mein Honorar im Voraus.«

Slate nickte. »Das war ohnehin so vorgesehen. Wenn wir unser kleines Arbeitsessen beendet haben und Sie mit Ihrer neuen Visa-Karte die Rechnung beglichen haben, fahren wir gemeinsam zu meiner Bank. Ich werde dort 49 500 Dollar auf das Konto von Carl Mankin einzahlen und Ihnen dann den Einzahlungsbeleg aushändigen.«

»Und was ist mit den restlichen fünfhundert?«

Slate zog seine Brieftasche heraus, entnahm ihr eine Bankquittung und reichte sie Carl Mankin. Sie belegte, dass mit Datum vom Vortag ein Konto auf den Namen Carl Mankin mit 500 Dollar eröffnet worden war. Mankin steckte den Beleg zuerst in seine Hemdtasche, holte ihn dann wieder heraus und legte ihn vor sich auf den Tisch.

»Eine Kontoeröffnung für eine erfundene Person und ohne Unterschrift dieser Person«, bemerkte er. »Bis heute wusste ich nicht, dass so etwas überhaupt geht.«

Slate lachte. »Es geht alles. Da muss nur der richtige Vizepräsident aus der Chefetage runterrufen und die entsprechenden Anweisungen geben.«

Mankin nickte. »Okay. Dann würde ich jetzt gern noch einmal mit Ihnen über meinen Auftrag sprechen, damit auch wirklich alles klar ist. Sie wollen also, dass ich zu diesem riesigen Öl-Areal im Four-Corners-Gebiet in New Mexiko fahre, mich umsehe und versuche, herauszubekommen, ob man das Pipeline-System dort unten manipuliert hat oder noch immer manipuliert, sodass ein Großteil der vertraglich festgesetzten Abgaben auf das geförderte Öl, die von Rechts wegen an den Interior Department’s Trust Fund for the Indians abgeführt werden sollten, stattdessen in den Taschen irgendwelcher Betrüger landet. Ist das so korrekt?«

»Ja, das ist der größte Teil des Auftrags. Das Wichtigste ist, dass Sie die Namen der Leute herausfinden, die hinter diesen Manipulationen stecken und das Geld in die ›richtigen‹ Taschen umleiten. Und dass Sie erfahren, wem diese Taschen gehören.«

Mankin wiegte den Kopf. »Und dem Senator ist bewusst, dass die Chancen, diesen Riesenschwindel in allen Details aufzuklären, eher gering sind?« Er zuckte die Achseln. »Aber ich nehme an, dass mein Einsatz nur einer von vielen ist, um die Hintermänner dieser Betrügereien zu schnappen. Die Washington Post hat ja im vergangenen Monat fast täglich darüber berichtet. Demnach sind dem Tribal Trust Funds durch solche kriminellen Manipulationen zwischen vier und fünf Milliarden Dollar entgangen. Es heißt, dass das Innenministerium, das den Fonds verwaltet, und die Bosse vom Bureau of Indian Affairs ganz schön in der Klemme stecken.«

Slate grinste. »War das als Frage gemeint? Wie sagen Pressesprecher in solchen Situationen immer so schön?« Er setzte eine dienstliche Miene auf und sagte in missbilligendem Ton: »Spekulationen kommentieren wir grundsätzlich nicht.«

»Die Washington Post hat außerdem behauptet, dass diese ›Umleitung‹ der Tribal-Gelder schon seit über fünfzig Jahren praktiziert wird. Angeblich haben sie ihre Informationen von diesen Erbsenzählern von der Regierung. Stimmt’s? Ehrlich gesagt, habe ich wenig Hoffnung, etwas entscheidend Neues zu entdecken.«

»Es geht um viel mehr als bloß um vier Milliarden«, bemerkte Slate. »Die Rechnungsstelle der Regierung schätzt, dass sich die tatsächliche Fehlsumme auf bis zu vierzig Milliarden belaufen könnte. Und die Anwaltskanzlei, von der die Stammesinteressen vertreten werden, macht bei der Regierung Ansprüche auf eine Summe von 137 Milliarden Dollar geltend. Das soll die Summe sein, die dem Fonds rückwirkend seit 1887 entgangen ist. – Ich glaube, der Senator will vor allem wissen, ob diese Betrügereien immer noch weitergehen.«

»Und da macht er fünfzig Riesen aus irgendjemandes Portemonnaie locker, weil er glaubt, dass ausgerechnet ich ihm diese Information liefern könnte.«

»Seine Freunde im State Department haben ihm erzählt, wie geschickt Sie im Irak agiert haben. Dort haben Sie ja herausbekommen, wie die irakischen Ölmagnaten zwischen den Pipelines hin und her gewechselt haben, um die Export-Sanktionen der UNO zu unterlaufen. Der Senator hofft wahrscheinlich einfach, dass Ihnen im Four-Corners-Gebiet noch einmal so ein Kunststück gelingt.«

»Aber im Irak herrschten ganz andere Verhältnisse«, gab Mankin zu bedenken. »Auf den Ölfeldern im Nahen Osten haben Sie’s mit einer überschaubaren Zahl von aalglatten, alten britischen und amerikanischen Experten zu tun, und um die haben sich verschiedene arabische Gruppen versammelt. Die Araber haben zu diesem britisch-amerikanischen Ölklub nie wirklich Zugang gefunden. Ich dagegen schon. In dem kleinen Kreis der Pipeline-Fachleute wusste jeder über die Geschäfte des anderen Bescheid. Nachdem ich zwanzig Jahre lang immer wieder dort aufgetaucht bin, haben sie mich als einen der Ihren betrachtet. Sie waren mir gegenüber offen, haben mich in die Relaisstationen eingeschmuggelt, mir die Druckmesser und die ganze übrige technische Ausrüstung gezeigt. Es war also im...


Hillerman, Tony
Tony Hillerman (1925–2008) besuchte acht Jahre lang ein Mädchen-Internat für Native Americans, kämpfte im Zweiten Weltkrieg, studierte danach Journalismus und war anschließend als Journalist und Dozent an der University of New Mexico tätig. Für seine Romane um die Navajo-Cops Joe Leaphorn und Jim Chee wurde er vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Edgar Allan Poe Award, dem Grandmaster Award, dem Grand Prix de Littérature Policière, dem Special Friend of the Diné Award und dem Agatha Award. Hillermans Romane wurden in siebzehn Sprachen übersetzt.

Eickhoff, Fried
Fried Eickhoff ist Übersetzer aus dem Englischen, er hat u. a. Werke von Tony Hillerman, Paula Gosling und Philip Kerr ins Deutsche übertragen.



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