Himmelrath / Schmengler (geb. Egbers) / Egbers | Das Schuljahr nach Corona (E-Book) | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Himmelrath / Schmengler (geb. Egbers) / Egbers Das Schuljahr nach Corona (E-Book)

Was sich nun ändern muss
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-0355-1866-5
Verlag: hep verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

Was sich nun ändern muss

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

ISBN: 978-3-0355-1866-5
Verlag: hep verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Dieses E-Book enthält komplexe Grafiken und Tabellen, welche nur auf E-Readern gut lesbar sind, auf denen sich Bilder vergrössern lassen.

«Endlich wieder richtig Schule haben», sagen die einen. «Regelbetrieb nach der Stundentafel, soweit es das Infektionsgeschehen zulässt», die anderen. Allen aber ist der Wunsch nach einer Perspektive, nach Alltag und Gewohnheit gemein und danach, Schule wieder als berechenbar und verlässlich zu erleben.
Wie weit sind wir davon entfernt? Was haben wir aus der Krise gelernt? Wie weiter in der «neuen Normalität»? Eltern, Expert*innen, Lehrkräfte und Betroffene schildern, was sie während der Krise erlebt haben, und leiten daraus Forderungen für eine gestärkte Schule nach Corona ab.

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Sozialisation in Krisenzeiten - der Lockdown offenbart die Defizite des deutschen Schulsystems Ullrich Bauer und Klaus Hurrelmann Bildungsprozesse von Kindern und Jugendlichen verändern sich durch die Corona-Pandemie. Für die Mehrzahl von ihnen verschlechtern sich hierdurch die Bedingungen. Die Sozialisation in der Familie hat an Zeit und an Bedeutung gewonnen, diejenige in der Schule deutlich verloren. Die Kooperation zwischen diesen beiden wichtigen Erziehungsinstanzen erweist sich zugleich als gestört. Sowohl die Eltern als auch die Lehrerinnen und Lehrer sind auf die neuen Herausforderungen schlecht vorbereitet. Kinder und Jugendliche sind die eigentlichen Leidtragenden dieser Entwicklung. Wie alle vorherigen legt auch die Corona-Krise Konflikte und Defizite frei, die in normalen Zeiten verborgen bleiben. Wir gehen in diesem Beitrag von der These aus, dass das auch im Bereich von Bildung und Sozialisation gilt. Wir greifen drei besonders gravierende Probleme heraus: die unsensible politische Steuerung des Bildungssystems, die mangelnde Entfaltung der digitalen Komponente des Lernens und die unzureichende Förderung von benachteiligten Schülerinnen und Schülern. Zugleich zeigen wir, wie sich aus dem Offenbarwerden dieser Probleme die Chance ergibt, überfällige Reformen anzustoßen. 1Gravierende Defizite des deutschen Schulsystems kommen ans Tageslicht Noch gibt es sehr wenige Forschungserkenntnisse zu den Auswirkungen der mit der Corona-Pandemie einhergehenden Beeinträchtigungen des traditionellen schulischen Betriebs. Das «Deutsche Schulbarometer Spezial» (Robert Bosch Stiftung 2020), das «Schulbarometer» der Pädagogischen Hochschule Zug (Huber 2020) und die Analysen des «Forschungsverbundes Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit» (2020a und 2020b) erfassen erste Einschätzungen zu Fernunterricht und zur Wahrnehmung durch die Lehrkräfte und analysieren die Auswirkungen auf die Interaktion von Elternhaus und Schule. Alle Studien weisen auf eine große Belastung der Eltern, vor allem der Mütter hin, die durch die Schulschließungen, teilweise Neuöffnungen und die improvisierte Umstellung auf Fernunterricht entstanden sind. Für eine sozialisationstheoretische Perspektive (Hurrelmann/Bauer 2019) sind diese Erkenntnisse zentral. Sie verweisen auf die direkte Sozialisationsrelevanz der pandemischen Bedingungen der vergangenen Monate. Sie fokussieren auf die Verarbeitungsfähigkeit junger Menschen, ihre Verwundbarkeit und die Rolle verfügbarer Ressourcen. Der sozialisationstheoretische Ansatz betrachtet zudem die Rolle der medialen Krisendarstellung, der Betroffenheit unmittelbarer Nahsysteme wie der Familie und natürlich der Erziehungs- und Bildungseinrichtungen als Sozialisationsagenturen. Die Schule ist in dieser Hinsicht intermediär. Sie stellt einen Nahraum der sozialisatorischen Interaktion dar, ist aber gleichzeitig abhängig von der Einbettung in ein Institutionengefüge der rechtlichen Regelungen, unterschiedlicher Handlungskulturen und politischer Steuerung. In Deutschland ist das Bildungssystem im Vergleich zu anderen Ländern unterfinanziert. Auf den Spuren eines konservativen wohlfahrtsstaatlichen Modells wird der Familie eine größere Bedeutung für die Erziehung und Bildung der Kinder und Jugendlichen zugeschrieben als den öffentlichen Bildungseinrichtungen. In den zurückliegenden 20 Jahren hatte sich die Politik nur zögernd von diesen Denkgewohnheiten getrennt und unter dem Eindruck des schlechten Abschneidens bei den international vergleichenden Leistungsstudien (Baumert et al. 2002) und dem Druck der Anforderungen vieler Berufs- und Erwerbszweige die Rolle des Bildungssystems gestärkt. In der Pandemiezeit kommt es nun zu einem Rückfall in alte Zeiten, es wird gewissermaßen ein vertrautes Muster re-aktiviert, denn es kommt zu einer Rückverlagerung von Bildungsverantwortlichkeit in die Familien. Auf diese Weise kommen viele der ungelösten Probleme ans Tageslicht. ” Es offenbart sich, wie wenig nachhaltig die Strukturreformen der Organisation des Schulsystems waren, wie sehr die digitale Modernisierung des Unterrichts verschleppt wurde und wie wenig institutionell verankert die familienunterstützende Förderung benachteiligter Kinder und Jugendlicher bis heute ist. 1.1Die politische Steuerung des Schulsystems ist nicht bedarfsorientiert Es ist ein wesentliches Defizit in der Debatte über Verantwortung und Steuerung, dass Akteure im Bildungsbereich keine Instrumente entwickelt haben, um Basiswissen zu der Krisensituation in den Schulen zu sammeln. Einzelbefunde auf Schulebene werden nirgendwo zusammengeführt, von der Sammlung von Ideen und dem Austausch auf Bezirks-, Schul- oder kollegialer Ebene ist kaum zu sprechen. Leuchttürme und gut funktionierende Infrastrukturen an wenigen Schulen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Mehrheit orientierungslos ist. Wenn Schulleitungen nicht beherzt zugreifen und nicht schon vor der Corona-Krise darin erprobt waren, solitär und kreativ Lösungen zu finden, direkte Wege zu Bezirks- und Landesregierungen oder nach innen gut organisiert Schulentwicklung zu betreiben, dann erwies sich der Lockdown durch die gesellschaftsweiten Kontaktbeschränkungen als ein Knockout für die Schulen. Es existieren nicht wenige Berichte über Schulen, die jetzt noch in einem Lähmungszustand sind: Es sind Schulen, die nicht in der Lage sind, ihre Kollegien an den Schulen zu koordinieren, verlässliche Kommunikationsstrukturen aufzubauen, Eltern einzubinden, Unterrichtsformate zu erproben, zu entwickeln und darüber Austausch zu initiieren. Es sind Schulen, die noch immer keine E-Mail-Adressen ihrer Schülerinnen und Schüler haben und nicht einmal über einen Verteiler ihres eigenen Kollegiums verfügen. Die Missstände sind eklatant: Einige Lehrkräfte melden sich nie bei ihren Schülerinnen und Schülern, viele selten; Rückmeldungen zu Aufgaben werden nicht gegeben; Kommunikationsstrukturen sind intransparent; die Eltern wissen nicht, womit sie von Woche zu Wochen rechnen können. Es gibt Schulen, an denen weniger als fünf Prozent der Lehrkräfte digitalen Unterricht durchführen. Trotz der jahrelangen Bemühungen um eine Erweiterung der Autonomie der Einzelschule, die in allen Bundesländern zu beobachten waren, trotz der Flexibilisierung der Verantwortungs- und Steuerungsstrukturen der Schulaufsicht ist es nicht ausreichend gelungen, eine sensible Orientierung an den Bedarfen und Bedürfnissen der Schüler und Ihrer Eltern einzuleiten. Im Gegenteil fühlt sich die Mehrzahl der Schulen überlastet und tut sich schwer, funktionsfähige Handlungsstrukturen zu etablieren, die auf die neuen Herausforderungen regieren. Es ist zu befürchten, dass die Krisenerfahrungen mit einer unberechenbaren Schulsituation unter noch mehr Eltern als bisher die Attraktivität privater Schulen erhöhen. Diesen attestieren immer mehr Familien mit Schulkindern, sie könnten flexibler auf Herausforderungen reagieren und angemessen und sensibel auf ihre Bedürfnisse eingehen. 1.2Ansätze des digitalen Lernens wurden sträflich vernachlässigt Deutschland ist in digitaler Hinsicht konservativ. Der Bildungs- und Beschäftigungsbereich ist in hohem Maße von Anwesenheit abhängig. Der seit rund zwei Jahrzehnten erhobenen Forderung nach Digitalisierung und Modernisierung wurde in viel zu kleinen Schritten entsprochen. Für dieses eklatante Defizit werden nun die Kosten erhoben. Der Ad-hoc-Stopp hat die Schulen hart getroffen. Die Regelungen zur Kompensation des ausfallenden Unterrichts sind, wenn überhaupt, gut gemeint. Den Schulen fällt auf die Füße, dass digitale Lernformate allenfalls als Fassaden existieren. Geteilte Standards, gemeinsame Hardwarevoraussetzungen oder die Sicherheit der Erreichbarkeit sind nicht gewährleistet. Ganz zu schweigen davon, dass das Bildungssystem kaum Übung im digitalen Lehren und Lernen hat. Das Tempo der Digitalisierung im Schulbereich ist noch nicht angezogen worden. Vor Ausbruch der Pandemie ist von den fünf Milliarden Euro des «Digitalpaktes» des Bundes und der Länder nur ein Bruchteil abgerufen worden. Schulen und Schulträger, die sich jetzt noch nicht auf den Weg gemacht haben, sind zumeist immer noch nicht aufgewacht. Das Matthäus-Prinzip könnte die bereits einsetzende Schieflage noch verstärken. 1.3Die Förderung der benachteiligten Schülerinnen und Schüler ist völlig unzureichend Die Situation von Schülerinnen und Schülern, deren Familien die Ressourcen für den Unterricht zu Hause nicht aufbringen können, ist prekär. Sozial schlechter gestellte Gruppen drohen jetzt noch weiter abgehängt zu werden. Es ist ein Dauerdefizit im deutschen Schulsystem, dass die soziale Herkunft einen derart großen Einfluss auf den Schulerfolg hat. Es blieb auch in den 20 Jahren nach dem PISA-Schock ungelöst und wird jetzt virulent. Auszeiten und Ferien stellen für bildungsferne Gruppen kritische Zeiträume dar, weil sich der Abstand zu den bildungsnahen Gruppen erhöht. Die Sommerferien dürften in diesem Fall zu einer Potenzierung führen, weil die Monate davor bereits sehr unterschiedlich genutzt wurden: Die...


Himmelrath, Armin
Armin Himmelrath ist freier Bildungs- und Wissenschaftsjournalist und Moderator. Nach seinem Lehramtsstudium (Deutsch und Sozialwissenschaften) arbeitet er heute u. a. für Spiegel/SpiegelOnline, Deutschlandradio sowie für den WDR. Himmelrath hat bereits mehrere Bücher zu Bildungsthemen veröffentlicht.

Schmengler (geb. Egbers), Julia
Julia Egbers, Jahrgang 1984, arbeitet als medienpädagogische Beraterin für den Landkreis Cuxhaven und ist als Lehrerin tätig. Gemeinsam mit Armin Himmelrath hat sie das Buch «Fake News. Ein Handbuch für Schule und Unterricht» im hep Verlag veröffentlicht. Neben Lehraufträgen an der Universität Oldenburg hält sie Vorträge und gibt Workshops zu medienpädagogischen und -ethischen Themen.

Armin Himmelrath ist freier Bildungs- und Wissenschaftsjournalist und Moderator. Nach seinem Lehramtsstudium (Deutsch und Sozialwissenschaften) arbeitet er heute u. a. für Spiegel/SpiegelOnline, Deutschlandradio sowie für den WDR. Himmelrath hat bereits mehrere Bücher zu Bildungsthemen veröffentlicht.Julia Egbers, Jahrgang 1984, arbeitet als medienpädagogische Beraterin für den Landkreis Cuxhaven und ist als Lehrerin tätig. Gemeinsam mit Armin Himmelrath hat sie das Buch «Fake News. Ein Handbuch für Schule und Unterricht» im hep Verlag veröffentlicht. Neben Lehraufträgen an der Universität Oldenburg hält sie Vorträge und gibt Workshops zu medienpädagogischen und -ethischen Themen.



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