E-Book, Deutsch, 184 Seiten
Himmelrath / Schmengler (geb. Egbers) / Egbers Fake News (E-Book)
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-0355-1086-7
Verlag: hep verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Ein Handbuch für Schule und Unterricht
E-Book, Deutsch, 184 Seiten
ISBN: 978-3-0355-1086-7
Verlag: hep verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Dieses E-Book enthält komplexe Grafiken und Tabellen, welche nur auf E-Readern gut lesbar sind, auf denen sich Bilder vergrössern lassen.
Soziale Netzwerke als grundsätzlich seriöse Nachrichtenquellen? Für viele Jugendliche ist das überhaupt keine Frage. Sie blicken eher skeptisch auf traditionelle journalistische Medien. Umso wichtiger, dass die Jugendlichen lernen, Lügen und Fake News von Wahrheit zu unterscheiden. Die Schule kann das Informationsverhalten von Kindern und Jugendlichen prägen mit Präventionsmassnahmen und dem Fördern von Medienkompetenz. Dieses Buch bietet eine Einführung in die Thematik, ergänzt durch zahlreiche Anregungen und Übungsvorschläge für Unterricht und Schulalltag.
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Einleitung: Fake News
Ein Fallbeispiel aus eigener Erfahrung
Einleitung: Fake News
Ein Fallbeispiel aus eigener Erfahrung Wir geben es zu: Bei der Vorbereitung dieses Buchs sind wir einer Falschmeldung aufgesessen. Ja, wir selbst sind auf Fake News hereingefallen; wir haben geglaubt und glauben wollen, was so schön in unser Konzept von einem Handbuch zu Fake News gepasst hätte: «Mehr als zwei Drittel der Jugendlichen halten Nachrichten, die sie bei Facebook lesen, für grundsätzlich seriös und glaubwürdig – Qualitätsmedien wie die Webseite von ‹Spiegel Online› dagegen schneiden schlechter ab: weniger als 30 Prozent der Teenager vertrauen diesen Plattformen bei ihrer Informationsbeschaffung. Das hat eine Studie von Wissenschaftlern aus Dresden ergeben.» Klingt gut, oder? Das klingt sogar ein bisschen zu gut: Die Studie gibt es tatsächlich, «Mediennutzung und Medienkompetenz jugendlicher Migranten in Sachsen (JuMiS)» heißt sie und wurde unter anderem erstellt von Lutz Hagen, Professor und Geschäftsführender Direktor des Instituts für Kommunikationswissenschaften (IfK) an der TU Dresden.[1] Am 26. September 2016 stellte er diese damals schon zwei Jahre alte Untersuchung zusammen mit aktuellen Forschungsergebnissen beim Kongress des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger in Berlin vor. Was allerdings nicht stimmt, ist die Berichterstattung, dass Jugendliche in Sachsen Facebook für glaubwürdiger halten als «Spiegel Online». Trotzdem machte diese Nachricht schnell die Runde, wurde in Social-Media-Kanälen genauso verbreitet wie bei seriösen Medien. So berichtete etwa Jan Böhmermann in seinem «Neo Magazin Royal» vom 29. 9. 2016[2], Facebook sei für junge Sachsen das glaubwürdigste Medium. Das sei eine glatte «Fehlinterpretation einer Präsentationsfolie»[3], stellte Lutz Hagen kurz darauf per Pressemitteilung richtig. Die von ihm verwendeten Informationen seien «in den sozialen Netzwerken mit falscher Interpretation rasch verbreitet worden». Tatsächlich, betont der Medienwissenschaftler, würden die von ihm befragten über 2 100 Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund im Fall einer widersprüchlichen Berichterstattung – etwa zu einem Unglück, einem Anschlag oder einer Naturkatastrophe – mehrheitlich klassischen Medien Vertrauen schenken. Demgegenüber rangieren Nachrichtenangebote aus Onlinemedien «in puncto Glaubwürdigkeit sogar hinter Rundfunk und Print». Ein Befund also, der genau das Gegenteil aussagt von dem, was zuvor als vermeintliches Forschungsergebnis verbreitet wurde – und worauf auch wir zunächst hereingefallen sind. Doch wie konnte es zu dieser Falschmeldung, zu dieser Fake News kommen? Der Wissenschaftler war in seinem Vortrag vor den Mitgliedern des BDZV der Frage nachgegangen, inwiefern Jugendliche noch über eine Kultur der Nachrichtenkompetenz verfügen – wie gut sie also in der Lage sind, Nachrichtenangebote im Hinblick auf ihre Qualität und Seriosität einzuschätzen. Diese Leitfrage steht auch über seinen Arbeiten im Rahmen des Forschungsprojekts «Vermittlung von Nachrichtenkompetenz durch die Schule», dessen Ergebnisse Lutz Hagen beim BDZV-Kongress präsentierte. Und dabei griff er unter anderem auch auf Ergebnistabellen der 2014 erschienenen JuMiS-Studie zurück. Eine der benutzten Folien wurde zum Ausgangspunkt der Falschmeldung. Beim schnellen Blick auf die Tabelle kann möglicherweise tatsächlich der Eindruck entstehen, dass 83,3 Prozent der befragten Jugendlichen dem sozialen Netzwerk Facebook vertrauen, der ARD aber nur 31 Prozent und «Spiegel Online» sogar nur 21 Prozent. Aber: «Diese Interpretation ist falsch», sagt Lutz Hagen. Den Jugendlichen wurde nämlich die folgende Frage gestellt: «Stell dir einmal vor, auf der Welt ist eine schlimme Naturkatastrophe passiert. Die Berichte in den Medien unterscheiden sich aber, so dass Du nicht weißt, was wirklich passiert ist. Welchem Medium würdest Du dabei am ehesten vertrauen? Du kannst maximal zwei Medien ankreuzen! Bitte notiere auch, an welchen Sender, welche Zeitung oder welche Internetseite Du dabei genau gedacht hast. Du kannst deutsche und fremdsprachige Medien nennen!» Alle Jugendlichen Ohne Migrationshintergrund Mit Migrationshintergrund Fernsehen ARD (Tagesschau, Tagesthemen, Brisant) 31,0 32,5 22,3 RTL (RTL aktuell, Punkt 12, Punkt 6, RTL Exklusiv) 23,5 23,4 23,6 n-tv ?6,7 5,6 12,2 RTL II (RTL II News) ?5,6 ?6,1 ?2,7 ZDF (heute, heute journal, hallo deutschland) ?4,9 ?4,7 ?6,1 BasisTV (n) 963 815 148 Zeitung Sächsische Zeitung 31,7 32,1 28,4 Leipziger Volkszeitung 25,3 25,6 23,0 Bild Zeitung ?8,6 ?8,2 10,8 Dresdner Morgenpost ?8,2 ?8,0 ?9,5 Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) ?5,2 ?5,4 ?4,1 BasisZeitung (n) 597 523 74 Radio Energy Sachsen 23,1 22,5 27,9 MDR Jump 19,1 19,5 16,3 Radio PSR 11,4 11,1 14,0 MDR Info ?7,7 ?7,2 11,6 Hitradio RTL ?7,7 ?8,4 ?2,3 BasisRadio (n) 376 333 43 Onlinenachrichtenseiten Spiegel Online 21,0 23,4 11,9 ARD online/tagesschau.de ?7,7 ?9,6 ?0,0 Sat1.de ?4,3 ?4,2 ?4,8 Rtl.de ?4,3 ?4,8 ?2,4 Rtl2.de ?3,8 ?4,8 ?0,0 BasisOnlinenachrichten (n) 209 167 42 Soziale Netzwerke Facebook 83,3 85,4 78,4 BasisSoziale Netzwerke (n) 181 130 51 Abbildung 1: Vertrauen in die Medien konkret: TOP 5 (Offene Nennungen, in Prozent, Basis: Befragte, die die jeweilige Medienkategorie angekreuzt haben; Quelle: Hagen et. al. 2014, S. 217) Als Antwort standen zur Verfügung: –Gedruckte Tages- und Wochenzeitungen –Online-Nachrichtenseiten –Fernsehen –Weblogs –Soziale Netzwerke –Nachrichtenmeldungen in Deinem Webportal –Radio –Den Medien vertraue ich gar nicht Tatsächlich kreuzten nur 8,8 Prozent der sächsischen Schüler «Online-Nachrichtenseiten» als Antwort an und sogar nur 7,1 Prozent benannten «soziale Netzwerke» als vertrauenswürdigstes Medium. Innerhalb derer allerdings, die sich für diese Kategorie entschieden hatten, «war Facebook mit 83,3 Prozent das mit Abstand am häufigsten genannte Medienangebot, in der Kategorie Online-Nachrichtenseiten war dies mit 21 Prozent «Spiegel Online», sagt Lutz Hagen. Dass sich...