E-Book, Deutsch, 416 Seiten
Hitschold / Reiners Der Staat
überarbeitete Auflage
ISBN: 978-3-415-07364-7
Verlag: Richard Boorberg Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Grundlagen politischer Bildung
E-Book, Deutsch, 416 Seiten
ISBN: 978-3-415-07364-7
Verlag: Richard Boorberg Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die 'Zeitenwende' und ihre Auswirkungen
Aufgrund des zeitnahen vollständigen Verkaufs der Vorauflage haben sich Autor und Verlag auch mit Blick auf die dramatischen weltpolitischen Entwicklungen für eine Neuauflage dieses Klassikers entschieden.
Übersichtlicher Lehrbuchklassiker
Anhand vieler Schaubilder und Übersichten verdeutlicht das Buch die Funktionsweise staatlicher Ordnung und zeigt auf, wie politische und gesellschaftliche Kräfte in einem Gemeinwesen wirken.
Von den Grundlagen bis zu den Einzelheiten
Der Verfasser erläutert die Allgemeine Staatslehre und beschreibt die staats- und verfassungsrechtliche Nachkriegsentwicklung beider deutscher Staaten bis hin zur Einheit. Er stellt sowohl die Verfassungsgrundsätze als auch die einzelnen Grundrechte dar.
Im Anschluss daran vermittelt das Werk das notwendige Wissen über:
Funktion und Stellung der obersten Bundesorgane,
die Gesetzgebung des Bundes,
die kommunale Selbstverwaltung,
die Wirtschaftsordnung und
die Rolle der politischen Parteien, der Verbände und der Massenmedien.
Die neue Rolle der NATO
Die Aktualisierung im Rahmen der 16. Auflage des Studienbuches umfasst schwerpunktmäßig den Themenbereich Staatengemeinschaften, hier wiederum hauptsächlich die Ausführungen zur NATO.
Für wen ist das Lehrbuch gemacht?
Studierende und Auszubildende an den Hochschulen und sonstigen Fortbildungseinrichtungen der Polizei sowie den übrigen Hochschulen des Bundes und der Länder nutzen das Lehrbuch unterrichtsbegleitend und zur Vorbereitung auf Prüfungen und Klausuren. Die Zusammenstellung eignet sich auch für Schülerinnen und Schüler an Fach- und Berufsschulen, ebenso wie für Rechtspraktikerinnen und -praktiker und interessierte Bürgerinnen und Bürger.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politikwissenschaft Allgemein Politische Theorie, Politische Philosophie
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politikwissenschaft Allgemein Politische Studien zu einzelnen Ländern und Gebieten
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politische Systeme Politische Parteien
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politische Systeme Staats- und Regierungsformen, Staatslehre
Weitere Infos & Material
2.Klassifizierung des Staates
2.1.Elemente des Staates
Der Begriff »Staat«, wie man ihn heute versteht, ist von dem lat. Begriff »status« (= Zustand) abgeleitet (engl. state, frz. État).
Um von einem Staat im rechtlichen Sinne sprechen zu können, müssen bestimmte Elemente oder Merkmale vorhanden sein. So versteht man heute unter einem Staat einen bestimmten, von seinen Grenzen umschlossenen Teil der Erdoberfläche (Gebiet), der von einer Gemeinschaft von Menschen bewohnt wird (Volk), die unter einer einheitlichen und unabhängigen Herrschaft stehen (Gewalt).
2.2.Staatsgebiet
Das Staatsgebiet ist ein in seinen Grenzen exakt bestimmbarer Teil der Erdoberfläche. Es ist das Territorium, auf dem die eigene Staatsgewalt Hoheitsbefugnisse ausüben darf, dies grundsätzlich über alle Personen und Sachen.
Zum Staatsgebiet zählen überdies:
- –
- das Erdinnere darunter,
- –
- der Luftraum darüber (nicht das All),[3]
- –
- das Hoheitsgewässer von zwölf Seemeilen,[4]
- –
- Schiffe auf hoher See, Kriegsschiffe auch in fremden Häfen,
- –
- Flugzeuge im freien Luftraum.
2.2.1.Änderung eines Staatsgebietes
Die Geschichte birgt genügend Beispiele, dass sich Staatsgebiete verändern können. So dehnten sich die einen zu großen Flächenstaaten aus, wogegen andere von den großen kompensiert wurden und folglich aufhörten als Staaten zu existieren. Zu einem späteren Zeitpunkt sind sie wiedergegründet worden (z. B. Polen nach dem Ersten Weltkrieg) oder es sind völlig neue Staaten entstanden (z. B. die vormalige Tschechoslowakei vor der Teilung in Tschechien und die Slowakei 1919 oder Israel 1948). Auch das Staatsgebiet des Deutschen Reiches hat sich nach 1945 wesentlich verändert (vgl. 5.3).
Die Änderung eines Staatsgebietes kann erfolgen durch
- –
- Abtretung, wobei durch Vereinbarung (Abkommen, Vertrag oder Friedensvertrag) ein Staat Teile seines Staatsgebietes an einen anderen Staat abtritt.
- –
- Annexion, also eine Aneignung, vielfach gewaltsame Besitzergreifung mit militärischer Unterstützung, eines fremden Staatsgebietes, so z.B. Teile der Ukraine durch Russland.
- –
- Okkupation, was die militärische Besetzung eines fremden Staatsgebietes durch eine andere Macht, so z. B. die Besitzergreifung von Böhmen und Mähren durch Hitler 1939 (vgl. 4.1) oder von Kuwait durch den Irak 1990, darstellt.
- –
- Beitritt zu einem anderen Staat, d. h. der beitretende Staat hebt seine staatliche Existenz auf, so die DDR durch den Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990.
2.3.Staatsvolk
Das Staatsvolk ist die Gemeinschaft der Menschen, die dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen. Ausländer und Staatenlose sind demzufolge nicht Angehörige des Staatsvolkes, auch wenn sie – wie z. B. Geflüchtete – in Deutschland leben.
2.3.1.Staatsangehörigkeit
Die Staatsangehörigkeit ist das ausschlaggebende Kriterium für die Zugehörigkeit zum Staatsvolk. Sie begründet ein besonderes Verhältnis des Staatsangehörigen zu seinem Staat. Dieses Verhältnis wirkt auf zweierlei Art:
unterscheidet sie den Staatsangehörigen vom Ausländer und Staatenlosen. | bedeutet sie die Zugehörigkeit zum Schutzverband des eigenen Staates. |
Es bestimmt, dass sich die Staatsangehörigkeit des Kindes nach der Staatsangehörigkeit der Eltern richtet (gilt z. B. in Deutschland und in Russland). | Es bestimmt, dass sich die Staatsangehörigkeit des Kindes nach dem Staatsgebiet seines Geburtsortes richtet (gilt z. B. in Großbritannien). |
2.3.2.Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit
Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit beruht grundsätzlich auf dem Abstammungsprinzip und bestimmt sich im Einzelnen nach dem mehrfach geänderten Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.[5]
2.3.2.1.Erwerb durch Geburt (§§ 3 und 4 Staatsangehörigkeitsgesetz)
Durch Geburt erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.
2.3.2.2.Neu ab 1.1.2000
Durch Geburt in Deutschland erwirbt ein Kind ausländischer Eltern gemäß dem Staatsangehörigkeitsgesetz die deutsche Staatsangehörigkeit zusätzlich zu der ausländischen der Eltern, wenn ein Elternteil
- 1.
- seit acht Jahren rechtmäßig seinen Aufenthalt in Deutschland hat und
- 2.
- eine Aufenthaltsberechtigung oder seit drei Jahren eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis besitzt.
Damit ist das in Deutschland nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 geltende Abstammungsprinzip zugunsten des Territorialprinzips in diesen Fällen – Kinder ausländischer Eltern – durchbrochen.
2.3.2.3.Erwerb durch Adoption (§ 6 Staatsangehörigkeitsgesetz)
Mit der gesetzlich wirksamen Annahme als Kind (Adoption) durch einen Deutschen erwirbt das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit.[6]
2.3.2.4.Erwerb durch Einbürgerung (§§ 8 bis 11 StAG)[7]
Ein Ausländer, der seit 8 Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, ist auf seinen Antrag einzubürgern, wenn er
- 1.
- sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekennt (Verfassungstreue),
- 2.
- eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis besitzt,
- 3.
- den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen bestreiten kann,
- 4.
- nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist und
- 5.
- seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt (Ausnahme: Härtefälle stehen dem entgegen, z. B. der ausländische Staat sieht das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vor).
Eine erleichterte Einbürgerung ist vorgesehen für junge Ausländer und den ausländischen Ehegatten eines deutschen Staatsangehörigen.
Ein Einbürgerungsanspruch besteht nicht, wenn der Ausländer nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt, Bestrebungen verfolgt oder unterstützt, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder wegen einer Straftat verurteilt worden ist.
Dagegen besitzen einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung:
Art. 116
Abs. 2 GG
- –
- die früheren deutschen Staatsangehörigen, denen in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis 8. Mai 1945 (NS-Regime) die deutsche Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden war. Das Gleiche gilt für ihre Abkömmlinge.
§ 7 StAG
- –
- Deutsche nach Art. 116 Abs. 1 GG, die die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitzen (Flüchtlinge oder Vertriebene deutscher Volkszugehörigkeit).
- –
- Deutsche Volkszugehörige, die nicht Deutsche i. S. des Grundgesetzes sind, aber ihren dauernden Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.
2.3.3.Rechtsstellung des Staatsangehörigen
Art. 116
Abs. 1 GG
Deutscher i. S. des Grundgesetzes ist, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.
2.3.4.Rechte des Staatsangehörigen
Der Staatsangehörige genießt zunächst die jedermann zustehenden Menschenrechte (vgl. 9.4.1) sowie sonstige Gewährungen und Teilnahmerechte. Darüber hinaus stehen dem Staatsangehörigen – und hier unterscheidet er sich wesentlich vom Ausländer – die Bürgerrechte (vgl. 9.4.2), insbesondere die politischen Grundrechte zu. Sie dokumentieren seine Zugehörigkeit zum Staatsverband und gewährleisten ihm Mitwirkungsbefugnisse im Gemeinwesen.
Besonders herauszustellen sind:
- –
- das Wahlrecht (Art. 20 Abs. 2 und 38 GG),
- –
- die Versammlungsfreiheit[8] (Art. 8 GG),
- –
- die Vereinsfreiheit7 (Art. 9 GG),
- –
- das Widerstandsrecht (Art. 20 Abs. 4 GG),
- –
- das Recht auf Zugang zu öffentlichen Ämtern (Art. 33 GG),
- –
- das Ausbürgerungs- und Auslieferungsverbot (Art. 16 GG). Ferner genießt der Staatsangehörige den Schutz des eigenen Staatsverbandes. So hat er während eines Auslandsaufenthalts das Recht, sich an die deutsche Vertretung (Botschaft, Konsulat) zu wenden, wenn er z. B. in eine Notlage geraten ist.