E-Book, Deutsch, Band 6, 136 Seiten
Reihe: Mission Genesis
Humberg Die zweite Erde - Folge 6
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7325-5974-9
Verlag: beBEYOND
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Hoffnung
E-Book, Deutsch, Band 6, 136 Seiten
Reihe: Mission Genesis
ISBN: 978-3-7325-5974-9
Verlag: beBEYOND
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Lange kann Camp Eden den Angriffen nicht mehr standhalten. Die Situation ist ausweglos. Da entdecken die Siedler das Geheimnis von LL-Theta-339 - die Rettung oder nur ein vergeblicher Hoffnungsschimmer? Der Priester Schiller hält derweil die wichtigste und ungewöhnlichste Predigt seines Lebens. Doch kann er damit den Konflikt beenden, bevor alles zu spät ist?
ÜBER DIE SERIE:
Eine verzweifelte Mission - eine Handvoll Überlebender - ein geheimnisvoller Planet!
Kriege, Umweltzerstörung und Seuchen - die Erde des 22. Jahrhunderts steht vor dem Kollaps. Das Ende der Menschheit droht! Daher soll die Terraforming-Mission Genesis einen weit entfernten, erdähnlichen Planeten urbar machen.
Doch es kommt zur Katastrophe, und die Genesis stürzt auf einem unwirtlichen Gesteinsbrocken ab. Wie konnte das passieren? Was erwartet die wenigen Überlebenden auf diesem unbekannten Planeten? Und werden sie die Erde je wiedersehen?
Die zweite Erde: Die neue Science-Fiction-Serie von Christian Humberg (u.a. Star Trek, Perry Rhodan) über die wichtigste - und womöglich letzte - Weltraum-Mission der Menschheit!
eBooks von beBEYOND - fremde Welten und fantastische Reisen.
Christian Humberg verfasst Romane, Comics, Theaterstücke und Sachbücher für Kinder und Erwachsene. Er schrieb unter anderem bereits für Star Trek und Perry Rhodan Neo, und seine Werke wurden in mehr als ein halbes Dutzend Sprachen übersetzt und vielfach für die Bühne adaptiert. Seine Kolumnen und Artikel erscheinen bundesweit in der Presse, u.a. in GEEK! und SpaceView.
Christian Humberg ist häufig auf Conventions zu finden, u.a. als Moderator auf Europas größter SF-Veranstaltung FedCon. Noch häufiger zu finden ist er vor seinem PC-Monitor, der ihm die Sicht auf den Mainzer Dom versperrt. Anlässlich der Frankfurter Buchmesse erhielt er 2015 den Deutschen Phantastik-Preis.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Kapitel 1
3. Dezember 2120
Siedlercamp Eden, LL-Theta-339
Die Nacht brannte. Hell loderten die energetischen Strahlen durch das Dunkel zwischen den Dünen, hell funkelte das Mündungsfeuer. Rings um das Wrack des Raumschiffs Genesis herum sowie auf den Barrikaden und zwischen den provisorischen Habitaten des Camps wütete der ungleiche Kampf. Die Nacht brannte.
»Curdin!«, schrie Devon Ayers. Angst loderte in ihm wie ein alles verzehrendes Feuer. »Passen Sie auf!«
Doch es war zu spät. Das Monster, das direkt hinter dem Franzosen aus dem Erdreich emporgeschossen war, schlug ihn mit einem harten Hieb zu Boden.
Caleb Montgomery, der keine drei Meter von Matteo Curdin entfernt stand, hatte die Pistole bereits in der zitternden Hand. Er schrie panisch, als er abdrückte. Laut knallte seine Salve durch das Dunkel. Die Kugeln durchlöcherten den Leib des Ungeheuers, und ölige Flüssigkeit spritzte aus den frisch geschlagenen Wunden.
Spritzte … und traf!
»Aaaah!« Montgomerys angstblasse Miene verzerrte sich vor Schmerz. Er ließ die Waffe fallen wie eine heiße Kartoffel. Fassungslos starrte er auf seine Hand, die zu qualmen begonnen hatte. »Aaaah!«
Säure! Ayers keuchte. Nur wenige Tropfen des Alienbluts konnten Montgomery getroffen haben. Doch der Schaden, den sie verursachten, war gewaltig. Die Haut des Endvierzigers aus Kanada schlug Blasen, verfärbte sich, platzte auf. Das rohe Fleisch darunter schmolz wie Eiscreme auf einer heißen Herdplatte. Grundgütiger, dieser Horror wird immer schlimmer. Wir haben nicht die geringste Chance gegen diese Kreaturen!
Überall lauerten die Fremden. Sie waren kurz vor Mitternacht gekommen, und obwohl die Siedler den Angriff bereits befürchtet hatten, waren sie nun hoffnungslos überfordert. Denn die Teufel aus der Tiefe attackierten sie nicht nur mit Krallen und Fäusten, sondern auch direkt in ihren Gedanken!
Ayers war kein ängstlicher Mensch. Er hatte mehr brenzlige Situationen überstanden als viele seiner Kollegen aus der Armee, und er hatte stets einen kühlen Kopf bewahrt.
Doch jetzt gelang ihm das nicht mehr! Seit die Fremden da waren, fühlte er sich immer wieder zurück in die Höhlen und Tunnel seiner Albträume versetzt. Er spürte die Henkersaxt im Nacken und das rauschende Blut in seinen Ohren. Das war nur Einbildung, das wusste er. Dennoch fühlte es sich absolut real an – und es schwächte ihn. Es lenkte ihn ab, während die Monster immer näher kamen.
Den anderen Männern und Frauen auf den Barrikaden schien es ähnlich zu gehen. Wo Ayers auch hinsah, erblickte er Menschen, die in einen Kampf ums nackte Überleben verwickelt waren. Er sah panische Mienen, Blut und pure Verzweiflung. Salven aus unterschiedlichen Schusswaffen zogen durch die Nacht, Schreie hallten über die Ebene, und immer wieder schossen neue Ungeheuer aus dem Wüstensand empor wie Kistenteufel. Für jedes Monster, das Ayers’ Rekruten zu Boden schickten, wuchsen zwei weitere nach. Nichts und niemand konnte sich ihrer Übermacht erwehren. Das Siedlercamp Eden wurde zum Schlachtfeld.
»Sir!«
Ayers zuckte zusammen, als Curdin ihn am Arm berührte. Der Lieutenant war so ins Gefecht vertieft gewesen – hatte immer wieder neu gezielt, geschossen und war voller Furcht verzweifelt –, dass er gar nicht bemerkt hatte, wie Curdin zu ihm getreten war.
»Sir«, wiederholte der Franzose. Angst loderte in seinem Blick, doch es lag auch fatalistische Klarheit darin. »Wir können die Stellung nicht halten. Verstehen Sie? Wir müssen hier weg, bevor …«
Wieder hallte ein lauter Schrei durch das Camp. Ayers sah zur Seite und entdeckte Varun Gupta. Der ehemalige Grubenarbeiter war hier auf diesem Höllenplaneten zu Ayers’ rechter Hand und engstem Vertrauten geworden. Nun ging er schreiend zu Boden. Blut quoll aus seinem offenen Brustkorb, und seine Schultern qualmten beinahe so sehr, als stünden sie in Flammen.
Ayers keuchte. »Varun!«
Im Nu waren Curdin und er bei dem Gefallenen. Das Monstrum, das Gupta hinterrücks angegriffen und mit zwei schnellen Hieben zu Fall gebracht hatte, zog sich gerade wieder zurück. Die Strahlenwaffe des Inders hatte ihm ebenfalls Wunden geschlagen, aus denen ölige schwarze Flüssigkeit trat.
Ayers zögerte nicht. Gleich fünffach betätigte er den Abzug seiner Waffe und durchlöcherte den Leib des unheimlichen Wesens, das gerade wieder ins Erdreich abtauchen wollte. Es starb sofort, und die Säure, die seine Wunden vergossen, sickerte nutzlos in den Wüstensand. Sie würde niemandem mehr schaden.
Dann sah der Lieutenant nach Gupta. »Varun …«
Der Inder lächelte schwach. Blut klebte auf seinen bebenden Lippen, und sein glasig gewordener Blick ging bereits ins Leere. »Haben … wir ihn erwischt?«, fragte er röchelnd.
»Das haben wir.« Ayers schluckte trocken. Auch er hatte Schwierigkeiten, zu Atem zu kommen. »Der tut niemandem mehr weh.«
Gupta seufzte zufrieden. Dann zuckte er zusammen, als erneut Blut aus seinen Hiebwunden quoll. Ölige Säure verätzte das rote Fleisch seiner Schultern, und Ayers konnte bereits den weißen Knochen zwischen all dem wegschmelzenden Rot aufblitzen sehen.
»Varun … Halten Sie durch. Wir …«
Er wollte gerade die Hand nach dem Kameraden ausstrecken, da hielt Curdin ihn auf.
»Nicht, Sir«, sagte der Franzose. »Es ist zu spät.«
Gupta hatte die Augen geschlossen. Sein Leib zuckte nicht länger. Es war zu spät.
Ächzend sank Ayers in den Sand. Tränen stiegen ihm in die Augen. Einen kurzen Moment lang registrierte er kaum noch, dass rings um ihn herum noch immer verbissen gekämpft, aber auch geschrien und gestorben wurde. Er fühlte sich leer und geschlagen. Verloren.
»Sir!« Curdin rüttelte an ihm. »Sir! Wir müssen hier weg!«
Als der Franzose ihn an der Hand packte und auf die Beine zog, ließ Ayers es einfach geschehen. So widerstandslos, als wäre ohnehin alles egal geworden.
Denn wahrscheinlich war es das.
Zoe Chu stand auf der Brücke des havarierten Schiffs. Das Glühen der roten Notbeleuchtung fiel auf die letzten verbliebenen Konsolen, auf unverkleidete Wände und auf einen Fußboden, der einem Schweizer Käse glich. Kabel baumelten von der Decke. Über Chu prangten zwei Holo-Schirme in der Luft, und sie hämmerte mit der Faust wieder und wieder auf eine der Konsolen ein.
»Du elendes Miststück!«
Tränen standen in Chus Augen. Fassungslos vor Entsetzen beobachtete sie auf dem rechten Schirm, wie die Siedler draußen auf den Barrikaden starben wie die Fliegen. Eine über dem Camp kreisende Kameradrohne aus dem Gepäck der seit Tagen vermissten Hannah Dell lieferte ihr die Aufnahmen.
In enger Absprache mit Lieutenant Ayers hatte Chu nur ausgebildete Soldaten und sportliche Zivilisten zur Nachtwache rund um die Genesis eingeteilt. Die übrigen Siedler kauerten im Inneren des Schiffs, zusammengepfercht in einem der Frachthangars. Dr. Benji Kutcher war bei ihnen und behielt die verängstigte Schar für Chu im Auge – sie und die Waffen, die Chu an die komplette Besatzung ausgegeben hatte! Tagelang hatte sich die unfreiwillige Anführerin geweigert, Zivilisten zu bewaffnen. Doch nun wusste sie, dass die Umstände ihr keine andere Wahl ließen. Und selbst so hatten die wenigen Dutzend Überlebenden der Mission Genesis vermutlich keine Chance.
Auch seinetwegen.
»Steve!« Abermals schrie Chu den Namen der künstlichen Intelligenz in die Stille der Brücke hinein. »Steve!«
Seit mehreren Minuten versuchte sie nun schon wieder, die KI zu erreichen. Steves Mithilfe hätte einiges vereinfacht – und vor allem beschleunigt. Doch was Chu und einem kleinen Team aus Technikern bereits seit zwei Wochen versagt geblieben war, scheiterte auch in dieser Nacht: Die KI reagierte nicht.
Chu sah zum zweiten Holo-Schirm. Darauf prangte ein dreidimensionales Modell des meterhohen Wracks. Besonders hell leuchteten die Energiespeicher im Maschinenraum am hinteren Schiffsende in der grafischen Darstellung. Eine Anzeige rechts neben dem Modell verriet, wie viel Energie diese Speicher aktuell noch zu bieten hatten: achtzehn Prozent. Nicht mehr lange, und in Eden würden die Lichter ausgehen – ein für alle Mal.
Dann eben anders, dachte Chu grimmig. In Windeseile gab sie den Plan auf und kehrte zu dem zurück, was sie zuvor versucht hatte: Sie rief die Bordsysteme auf dem Display der Konsole vor sich auf und begann, die Energie aus den Speichern manuell umzuleiten. Es geht auch ohne Steve.
Ihr Ziel war schnell umrissen und vollkommener Wahnsinn: Sie wollte die energetischen Kraftfelder, die bis vor wenigen Tagen die Lecks in der Außenhülle des Schiffs gestopft hatten, reaktivieren und so stark ausweiten, wie es nur ging – im Idealfall einmal rings um das komplette Schiff. Als zweiten Schritt würde sie die Felder dann polarisieren, elektrisch aufladen und zu tödlichen Fallen für jeden machen, der sie berührte!
Chu biss die Zähne zusammen und arbeitete weiter. Oh, sie würde diesen Wüstenteufeln einen spektakulären Empfang bereiten. Sobald die Kreaturen die Genesis selbst attackierten, würden sie ihr blaues – und ihr letztes – Wunder erleben!
Die New Yorkerin hasste sich dafür, dass sie zu diesem Mittel griff. Doch es war alles, was sie in dieser...




