E-Book, Deutsch, 96 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 140 mm
Hummel / Wedewardt / Finger Haltung zeigen für demokratische Werte in Kita, Ganztag und Schule
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-96046-426-6
Verlag: Klett Kita GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 96 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 140 mm
ISBN: 978-3-96046-426-6
Verlag: Klett Kita GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Inke Hummel ist Pädagogin und Germanistin M.A. Sie arbeitet als Familienbegleiterin für Eltern, pädagogischer Coach für Fachkräfte und als Autorin für Ratgeber- und Kinderbücher sowie Fachtexte. Ihre Schwerpunkte sind Beziehungsorientierung und verschiedene Wesensarten von Kindern. Fea Finger ist Kindheitspädagogin B.A und war selbst viele Jahre als Fachkraft, stellvertretende Leitung und Leitung in Kindertageseinrichtungen tätig. Ihre Themen in Fortbildung, Büchern, Artikeln und Podcasts sind die bedürfnisorientierte Pädagogik, Adultismus und Partizipation. Kathrin Hohmann ist Kindheitspädagogin (M.A.), Mitgründerin der Bo-Akademie für bedürfnisorientierte Pädagogik, Podcasterin sowie Autorin von Fachbüchern, pädagogischen Fachtexten für Zeitschriften und ihren eigenen Blog. Momentan promoviert sie im Bereich der pädagogischen Psychologie. Ramona Noll ist Dipl. Pädagogin und Systemische Familientherapeutin. Sie ist als Referentin in der Aus- und Weiterbildung von pädagogischen Fachkräften tätig, berät Familien und ist Autorin zahlreicher Fachartikel. Anja Cantzler ist Diplom-Sozialpädagogin und begleitet als freiberufliche Referentin, Mastercoach (DGfC) und Supervisorin (DGSv) Fach- und Leitungskräfte aus Krippe, Kita uns Kindertagespflege. Als Autorin hat sie bereits viele pädagogische Fachpublikation veröffentlicht. Außerdem stellt Sie monatlich Beiträge in ihrem Podcast KitaTalks und in ihrem Blog zur Verfügung. Sebastian Lisowski bewegt sich seit über 15 Jahren im Bereich Kita, ist Kindheitspädagoge B.A., Autor, Dozent, Mentor, Speaker und pädagogischer Fachberater. Sarah Bauer unterstützt nach jahrelanger Erfahrung als Erzieherin und umfangreicher Weiterbildung in systemischer Beratung pädagogische Fachkräfte und Leitungsteams dabei, herausfordernde Situationen im Kita-Alltag wertschätzend und bedürfnisorientiert zu meistern und neue Wege zu finden. Nadine Köster ist Psychologin (M.Sc.). Als Beziehungsberaterin fördert sie Selbstmitgefühl und Selbstfürsorge als essenzielle Grundlagen für Toleranz und empathische Kommunikation und unterstützt damit u.a. pädagogische Fachkräfte in ihrer Arbeit und mentalen Gesundheit. Sandra Richter ist Frühpädagogin, Bildungsreferentin, Autorin, Multiplikatorin für den Ansatz der Vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung und langjährige Mitarbeiterin der Fachstelle Kinderwelten in Berlin. Katharina Spangler ist Autorin und Lektorin. Gemeinsam mit Michèle Liussi hostet sie den Mamafürsorge-Podcast, der alle Seiten der Mutterschaft in den Blick nimmt. Lea Wedewardt ist Kindheitspädagogin (M.A.), Mitgründerin der Bo-Akademie für bedürfnisorientierte Pädagogik, Fachbuchautorin, Podcasterin vom 'Der Kita Podcast', Fort- und Weiterbildnerin sowie Evaluatorin für Beziehungsqualität in Kitas und Krippen. Anna Evers ist selbstständige psychologische Beraterin mit Spezialisierung auf Paar- und Familienberatung. Mit einem systemischen Ansatz unterstützt sie Menschen, Orientierung und Stärke in ihren Beziehungen zu finden.
Zielgruppe
Pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen, Ganztag und Schule
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Inke
Hummel
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PÄDAGOGIK
IST
POLITISCH
Jedes Kind ist einzigartig. Pädagog:innen dürfen exkludierende und diskriminierende Handlungen und Prozesse nicht ignorieren, sie dürfen nicht neutral sein, müssen Haltung zeigen. Und damit ist Pädagogik automatisch politisch.
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Individuell stark und füreinander da
Als Mensch zu leben, bedeutet immer, eine Balance zu finden zwischen dem individuellen Wohlgefühl und dem Allgemeinwohl. Und das ist genau das, was pädagogische Institutionen als wichtigsten Bildungsauftrag mitbekommen. Pädagog:innen haben Macht, wenn sie mit Kindern arbeiten. Sie dürfen ihre Position nicht ausnutzen. Das ist ein Wert, der nicht diskutiert werden kann. Ihre Macht muss in Verantwortung ,umgeformt werden. Solch ein verantwortliches Handeln ist konstruktiv, umsichtig und fürsorglich, differenziert, respektvoll, offen für sinnvolle Veränderungen. Es hat Bedeutung für unser soziales Miteinander und ist damit durch und durch politisch (vgl. Renz-Polster 2020). Das ist pädagogische Haltung. Wir brauchen Pädagog:innen, die Haltung zeigen – wir brauchen euch!
Kinder müssen ...
• … zum einen lernen, ihre eigenen Bedürfnisse und Leidenschaften zu erkennen und einzufordern, um psychisch gesund zu bleiben,
• … zum anderen lernen, die Bedürfnisse anderer Menschen zu beachten, um in der Gesellschaft eingebunden zu sein.
Wir müssen individuell
stark und füreinander
da sein.
Das macht auch pädagogische Haltung aus. Für die Persönlichkeitsentwicklung ist es wichtig, dass wir im alltäglichen Miteinander darauf achten, alle Kinder einzubeziehen – auch die neurodivergenten, diejenigen aus anderen Kulturkreisen, aus verschiedenen Altersgruppen, mit unterschiedlichen Bedürfnissen usw. Und gleichzeitig müssen auch diejenigen Kinder mitgedacht werden, die vielleicht weniger herausfordernde Ansprüche haben und schneller mehr leisten könnten. Und damit sind wir mittendrin in der Politik, denn diese wissenschaftlich belegbaren Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte darüber, was für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung wichtig ist, müssten grundlegend Konsens sein.
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Sie sind es aber nicht, und das ist eine Gefahr. Niemand sagt, dass es einfach ist, alle Kinder mitzudenken. Das braucht gute Konzepte. Aber es ist nicht diskutabel (vgl. Oller 2018; Erzieherin-Ausbildung o. J.; Rauschke 2020)!
Demokratie
Demokratie heißt wörtlich „Herrschaft des Volkes“. Über die eigene Regierung mitbestimmen, frei die eigene Meinung äußern (vgl. Schubert und Klein 2020a).Die Grundlagen der Demokratie sind Freiheit, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Volkssouveränität. Die Bundesrepublik Deutschland ist eine Demokratie (Art. 20 GG).
Alle Kinder heißt alle Kinder
Jeder und jede
braucht eine Stimme
Alle Kinder müssen in einem förderlichen, partizipativen Umfeld lernen und reifen dürfen. Jeder und jede braucht eine Stimme: mal, um sich zu äußern, mal, um mitzubestimmen, und mal, um allein zu bestimmen. In der Demokratie zählt der Mehrheitswille, ja, aber in einer sozialen Demokratie wird er fürsorglich, mitdenkend und inkludierend umgesetzt. Kinder müssen befähigt werden, ihre Bedürfnisse zu erspüren und zu äußern. Sie müssen Raum bekommen, jederzeit ein Nein-Gefühl auszusprechen und darüber diskutieren zu dürfen, ob sie ihm nachgehen können. Sie haben Rechte, z. B. auf Förderung, Schutz und auch auf Beteiligung! Wir müssen mit ihnen üben, einander zuzuhören, und immer wieder mehrere Kinder gemeinsam an einen Tisch holen, damit sie ein
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ander kennenlernen und einander mitdenken. Unsere Pädagogik sollte sie stärkend und zugewandt begleiten, immer unter Berücksichtigung ihres Reifegrades und der Lerngelegenheiten, die sie zum Wachsen benötigen. Persönlichkeitsentwicklung und Sozialisierung! Wir brauchen eine offene, inkludierende und differenzierte Kommunikation. Das fängt an, wenn wir Farbtöne benennen und nicht über „die Hautfarbe“ bei den Stiften sprechen. Und es geht weiter, wenn wir auf „Das macht man so!“ oder „Das war schon immer so!“ verzichten und stattdessen verantwortlich hinschauen, ob alte Wege immer noch gute Wege sind. Was sagt die Wissenschaft dazu? Was sagen verlässliche, nicht ideologisch gefärbte Studien dazu?
Hier gibt es weitere Informationen, Wissen, Mitmachaktionen und Impulse
• Amnesty International (https://www.amnesty.de)
• Antidiskriminierungsstelle (https://www.antidiskriminierungsstelle.de/)
• Bildungsinstitut für Inklusive Vielfalt (https://bildungsinstitut-inklusive-vielfalt.de/)
• Bundeszentrale für politische Bildung (https://www.bpb.de)
• Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (https://www.lpb-bw.de/)
• Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage (https://www.schule-ohne-rassismus.org/)
• UNICEF (https://www.unicef.de/)
Kinder können in eurer Einrichtung gestärkt werden, wenn ihr Projekte zum Thema „Wahrnehmung“, „Mitbestimmung“ oder „Nein sagen dürfen“ macht. Hierzu gibt es hilfreiche Kartensets oder Bücher (siehe hierzu den Kasten auf S. 49).
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Haltung zeigen
Wir brauchen in der Pädagogik einen sozialen Konsens in Bezug auf die Haltung. Das ist unabdingbar für eine lebendige, funktionstüchtige Demokratie in unserer Gesellschaft (vgl. Schubarth 2002). Wir können froh sein, dass wir sie in Deutschland haben, und wir müssen dafür kämpfen, dass das so bleibt.
Das bedeutet, wir müssen alle Menschen abholen, Kompromisse finden, unbedingt Diskussionen führen. Aber nicht über Unmenschlichkeit, nicht über Intoleranz, nicht über Destruktives.
Es ist selbstverständlich und wichtig, dass wir im theoretischen pädagogischen Diskurs neue Gedanken infrage stellen, Begrifflichkeiten untersuchen und differenziert vorgehen, auch wenn dem/der einen die Kritikpunkte des/der anderen gegen den Strich gehen. Es sollten dabei aber keine unseriösen Begriffe verwendet werden, die andere Meinungen rundweg abtun, denn das ist populistisch (vgl. Wunsch und Monecke 2024). Und gleichzeitig darf es in dieser Debattenkultur keinen Raum für Intolerantes geben, in dem Betroffene stimmlos und ihre Bedürfnisse ungesehen bleiben.
In einer Debattenkultur ist kein
Raum für Intolerantes.
In jüngerer Zeit ist wieder vermehrt festzustellen, dass Pädagogik mit exkludierender Politik vermischt wird, die Individualisierung und Diversität infrage stellt. Scheinbar einfache Lösungen bergen aber die Gefahr, Menschen auszuschließen. Sei es, weil sie beispielsweise unsere Sprache nicht sprechen, nicht sehen können, neurodivergent sind oder durch ein patriarchales Familienbild geprägt sind. Alle Kinder mitzudenken, ist fordernd, solange es kein Konzept dafür gibt. Deshalb müssen wir daran arbeiten, dass es eines gibt.
Jedes Kind ist anders. Die pädagogische Haltung kann und darf daher nicht neutral, nicht tolerant fürs Intolerante sein.
Neutralitätspflicht
Lehrer:innen können sich ebenso wie Schüler:innen auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen. Der Grundrechtsgebrauch wird allerdings durch das Amtsrecht und das Schulrecht eingeschränkt: Beamtenrechtlich sind Lehrpersonen verpflichtet, ihre Aufgaben unparteiisch zu erfüllen, sich durch ihr ganzes Verhalten zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für den Erhalt dieser Grundordnung einzutreten. Das Schulrecht verpflichtet Lehrer:innen, ihre Schüler:innen im Geiste der Verfassung zu bilden und zu erziehen. Insoweit wird die Meinungsfreiheit der Lehrer:innen sowie Schüler:innen eingeschränkt. (vgl. Wieland 2019)
Pädagog:innen müssen
unbedingt widersprechen,
wenn Macht ausgenutzt wird.
Sie muss berücksichtigend und teilhabend, schützend und stärkend, gleichwürdig und auch laut werdend sein. Pädagog:innen müssen unbedingt widersprechen, wenn Erwachsene ihre Macht ausnutzen, also adultistisch handeln, Kindern keinen Raum zur Mitbestimmung und zur Begegnung mit Vielfalt bieten oder sich diskriminierend äußern. Sie dürfen exkludierende und diskriminierende Handlungen und Prozesse nicht ignorieren. Pädagog:innen müssen Haltung zeigen – und damit handeln sie automatisch politisch. Das ist gelebte pädagogische Haltung: ideologiefrei, aber alles andere als neutral. Das schulden wir unseren Kindern und ihrer Zukunft!
Reflexionsfragen
? In welchen Bereichen – innerhalb und außerhalb der Einrichtung – erleben Kinder und Familien Diskriminierung aufgrund ihrer Religion, nationalen Herkunft, Hautfarbe, ihres Geschlechts oder anderer Lebensumstände? Wie können wir dem entgegenwirken?
? Haben wir Kontakt zu anderen Akteur:innen aus der kommunalen...