Ihrén | Tod eines Eisfischers | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Reihe: HarperCollins

Ihrén Tod eines Eisfischers


1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-95967-439-3
Verlag: HarperCollins
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Reihe: HarperCollins

ISBN: 978-3-95967-439-3
Verlag: HarperCollins
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Eine Schiffsexpedition im Nordmeer - an Bord ein skrupelloser Killer
Winter auf der beschaulichen Schäreninsel Smögen. Ein Forschungsschiff läuft in den Hafen der Insel ein. An Bord ist der bekannte Meeresbiologe Kaj Malmberg, der am Abend einen wichtigen Forscherpreis verleihen soll. Doch dazu kommt es nicht: Malmberg wird brutal in seiner Kabine erstochen. Die Besatzung drängt darauf, die geplante Expedition ins Nordmeer fortzusetzen. Also werden die beiden Ermittler Dennis Wilhelmson und Sandra Haraldsson an Bord geschickt, um herauszufinden, warum der berühmte Forscher ermordet wurde. Je länger die beiden auf dem Schiff sind, desto mehr Verdächtige gibt es, bis es in einer eiskalten Nacht vor der Küste Spitzbergens zu einem dramatischen Showdown kommt ...



Anna Ihrén wurde in Stockholm geboren und hat sich bereits als Kind in Schwedens zerklüftete Westküste verliebt. Als sie mit ihren Eltern nach Göteburg umzog, war sie fasziniert von den Abenteuergeschichten der Seefahrer, und ihr Wunsch, selbst Geschichten zu schreiben, nahm Gestalt an. Zu Beginn ihrer Schriftstellerkarriere verkaufte sie ihre Bücher noch selbst bei Fischauktionen, am Kai von Smögen und überall dort, wo Menschen ihren Urlaub verbrachten. Mittlerweile ist sie Bestsellerautorin in Schweden, und ihre Serie um Dennis Wilhelmsson erfreut sich großer Beliebtheit.

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1

Der blaue Rumpf der Idun legte am verschneiten Kai an. Der Lotse hatte sie in der pechschwarzen Nacht mit perfekter Präzision durch die Schären und Inseln vor Sotenäs geleitet. Mit seiner Länge von gut einhunderteinunddreißig Fuß nahm das Forschungsschiff den Großteil des vorhandenen Liegeplatzes im Fischereihafen von Smögen ein. Doch bis auf die M/S Soten, die wie immer während der Wintermonate ein Stück näher am Pier festmachte, war der Hafen verwaist. Der Kapitän, die Matrosen und die Köchin der Idun waren schon auf den Beinen, die restlichen Passagiere schliefen noch. Einer der Matrosen sprang an Land. Ohne sich an den zahlreichen kleinen Eiszapfen zu stören, die in seinem frostweißen Oberlippenbart hingen, zündete er sich eine Zigarette an.

»Verdammt noch mal, Jan! Hier ist es ja so kalt, dass einem der Arsch abfriert!«, rief er, eine große Atemwolke vor dem Mund, einem anderen Matrosen auf Dänisch zu.

»Pack mit an!«, erwiderte sein ebenfalls dänischer Kollege, der auf dem Deck stand und den Festmacher um den Poller warf.

Als sie angelegt und sich beim Lotsen bedankt hatten, gingen sie zum Kapitän auf die Kommandobrücke. Die Schiffsuhr schlug sieben Glasen, halb vier. Vor dem Schichtwechsel gab es noch einiges zu tun, aber vorher wollten sie sich eine wohlverdiente Pause gönnen.

Kapitän Jakob Odinsson schob einige Unterlagen und Seekarten auf dem Navigationstisch beiseite. »Stell das Tablett hier ab«, sagte er zur Schiffsköchin Jimena Vega, die soeben mit einem Tablett erschienen war, auf dem eine Thermoskanne und eine Platte mit Smørrebrød standen. Der Kapitän musterte die Auswahl und nickte zufrieden.

»Die Verpflegung lässt jedenfalls nichts zu wünschen übrig«, bemerkte er, ohne Jimena anzusehen.

Zu Jans und Carstens großer Freude mochte der Kapitän weder Fisch noch Schalentiere. Da könne er genauso gut Skorpione essen, pflegte er immer zu sagen. Sogar die knusprig gebratenen Schollenfilets mit Remoulade, Zitrone und Dill verschmähte er. Jan und Carsten griffen hingegen ungeniert zu und ließen sich auch die üppig belegten Krabbenbrote schmecken. Carsten zwinkerte Jimena zu. Mit der Köchin an Bord auf gutem Fuß zu stehen lohnte sich. Das hatte er schon vor vielen Jahren auf der Jungfernfahrt der Idun gelernt. Dass Jimena überdies eine äußerst verführerische Meeresgöttin war, tat der Sache keinen Abbruch. Jan knuffte ihn in die Seite, und Carsten widmete sich wieder seinem Frühstück. Jimena verschwand genauso lautlos, wie sie gekommen war.

»Wie lange bleiben wir hier?«, fragte Jan.

»Nach der wissenschaftlichen Konferenz hier auf Smögen laufen wir wieder aus«, antwortete Kapitän Odinsson.

»Und wann wird das sein?«, hakte Carsten nach, bemüht, deutlich zu sprechen, damit Odinsson seine dänische Aussprache verstand.

»Vermutlich morgen Nachmittag.«

»Können wir heute Abend eine offene Bar an Bord veranstalten?«, fragte der Matrose. »Jan hatte am Samstag Geburtstag.« Der Kapitän schien guter Laune zu sein, und Carsten wollte die Gunst der Stunde nutzen.

»Ich bin mit den Wissenschaftlern heute Abend zum Bankett eingeladen. Wir werden im Hotel übernachten. Ihr habt das Schiff also für euch und könnt für die Besatzung einen Umtrunk organisieren, aber übertreibt es nicht wieder mit den weiblichen Gästen. Nicht so wie neulich in Kopenhagen.« Kapitän Odinsson wandte seine Aufmerksamkeit stirnrunzelnd von dem Leberpastetenbrot ab, von dem er gerade abgebissen hatte, und musterte Carsten streng, der zurückwich, Haltung annahm und gehorsam nickte.

In Kopenhagen hatten sie gefeiert wie schon seit Jahren nicht mehr, aber ein ähnlich rauschendes Gelage konnte er auf Smögen kaum erwarten. Die Eiseskälte schien sämtliche Lebewesen auf der Insel buchstäblich eingefroren zu haben. Wenn er ein paar Pflegedienstmitarbeiterinnen oder die eine oder andere Lehrerin von der hiesigen Schule auftreiben konnte (falls es hier überhaupt eine gab), konnte er froh sein. Aber vor allem hatte er vor, sich heute Abend mal wieder so richtig die Kante zu geben. Die Idun war fast einen Monat auf dem Polarmeer unterwegs gewesen, und während dieser Zeit hatte er so gut wie jeden Tag die Hundswache schieben müssen. Aber Asbjørn würde ihn in Kürze ablösen, und sobald dieser Siebenschläfer sich aus seiner Koje bequemte, würde er selbst in die Federn kriechen. Wenn er für die Party ein paar Vertreterinnen des schönen Geschlechts auftreiben wollte, brauchte er vorher eine ordentliche Mütze voll Schlaf.

Jimena Vega sah gähnend auf die Uhr. Die Arbeitszeiten einer Schiffsköchin waren unchristlich. Aber im nächsten Sommer, wenn sie ihren Abschluss an der Naturwissenschaftlichen Fakultät in Göteborg in der Tasche hätte, würde sie sich nach der Überholung des Schiffes für einen Forscherplatz auf der Idun bewerben. Solange sie in der Kombüse arbeitete, konnten Kapitän Odinsson und seine einfältige Besatzung sie behandeln, wie sie wollten, doch als Wissenschaftlerin würde sie diese Kerle keines Blickes mehr würdigen. Zugegeben, Carsten war ein attraktiver Typ, der ihr draußen zwischen den Eisbergen die schmale Koje gewärmt hatte, aber jetzt, wo sie im Hafen vor Anker lagen, begann das zivilisierte Leben. Und davon war Carsten kein Teil. Das wusste er, genauso wie sie wusste, dass er – elegant in seine Ausgehuniform gekleidet – bei der erstbesten Gelegenheit Smögens überwinternde Damenwelt an Bord schleppen würde. Wenn sie sich beeilte, konnte sie sich noch eine Stunde aufs Ohr legen, bevor sie für Mannschaft und Passagiere das Frühstück zubereiten musste. Carsten war von ihren belegten Broten regelrecht besessen, und statt wie die anderen Köche ein schwedisches Frühstück mit Müsli und Sauermilch zu servieren, hielt sie sich an die dänische Tradition und setzte Crew und Passagieren alle erdenklichen Smørrebrød-Variationen vor. Und die Männer dankten es ihr. Sie betonten immer wieder, dass bei diesen eisigen Temperaturen ein herzhafter Start in den Tag mit gebratenen Fleischklößchen und Kartoffelsalat genau das Richtige war. Bis auf den Norweger Asbjørn bestand die Besatzung der Idun ausschließlich aus Dänen. Kapitän Odinsson, der aus dem schwedischen Binnenland stammte, konnte mit Meeresfrüchten nichts anfangen, genauso wenig, wie er die ewige Diskussion um ein mögliches Fangverbot der rot gelisteten Garnelen verstand.

Abgesehen von einer Doktorandin, die Felicia hieß und aus Kungshamn kam, war sie die einzige Frau an Bord. Jimena fiel ein, dass sie Kaj Malmberg versprochen hatte, ihm eine Tasse heiße Schokolade in seine Kabine zu bringen. Malmberg war der leitende Forschungsdirektor der Idun. Er verabscheute die Kälte, und vor allem morgens brauchte er etwas Warmes, um in die Gänge zu kommen. Kaj Malmberg würde in Zukunft ihr Mentor sein, und sie hatte vor, ihm jeden Wunsch zu erfüllen. Sie hatte den Eindruck gewonnen, dass er sie mochte, und das wollte sie sich zunutze machen. Malmberg logierte in der Kapitänskajüte, die als einzige Kabine mit einer Doppelkoje ausgestattet war. Kapitän Odinsson musste während der von der Göteborger Universität gecharterten Forschungsfahrten mit der Steuermannkajüte auf der gegenüberliegenden Flurseite vorliebnehmen, was ihm ganz und gar nicht gefiel. Sie klopfte an Malmbergs Tür und wartete darauf, dass er sie hereinrief.

Peter Malmberg deckte den Tisch pedantisch ein. Natürlich hätte er das Hotelpersonal anweisen können, diese Arbeit zu erledigen, aber das wäre ihm niemals in den Sinn gekommen. Ein schön gedeckter Tisch war für ihn das Gleiche wie ein Gemälde für einen Künstler. Ein Maler würde nie auf die Idee kommen, jemand anderen die Farbauswahl treffen zu lassen oder zu entscheiden, an welcher Stelle die Haare des Pinsels über die Leinwand strichen. Dasselbe galt in Peters Augen für Tischarrangements, und vielleicht war dies der Grund, weshalb er inzwischen als Arrangeur der glamourösesten Events herangezogen wurde. Er rückte die Platzteller zurecht, in exakt fünfundvierzig Zentimetern Abstand voneinander und vier Zentimetern von der Tischkante. Die Gläser mussten in schnurgerader Linie vier Zentimeter oberhalb des Tellerrands stehen. Obwohl er im Lauf der Zeit ein untrügliches Auge für Abstände und eine harmonische Gesamtkomposition entwickelt hatte, war der Zollstock sein wichtigstes Arbeitsutensil. Die weißen Leinentücher verunstaltete nicht die kleinste Falte. Er hatte die Wäscherei gebeten, die Tischdecken mehrmals zu überprüfen. Heute war ein besonderer Tag, und näher würde er einem Nobelpreisbankett vielleicht niemals kommen. Für das Menü zeichnete der beste Koch der schwedischen Westküste verantwortlich, und kein Außenstehender kannte bislang die Speisenfolge. Nur er, als Ausrichter des Events, wusste Bescheid. Blumen, Servietten, Porzellan, jedes kleinste Detail hatte er auf das Menü abgestimmt. Und alles wäre perfekt gewesen, wenn nicht der Ehrengast der Abendgesellschaft ausgerechnet sein Bruder gewesen wäre. Der Glückspilz Anders sollte einen Preis entgegennehmen und vor der Crème de la Crème der Wissenschaft eine Rede halten. Ihr Vater würde danebenstehen und vor Stolz platzen, weil er, Kaj Malmberg, einen der besten und vielversprechendsten Ozeanologen der Welt großgezogen hatte. Dass sein anderer Sohn Peter eine erfolgreiche Event-Agentur leitete und die kostspieligsten Feste und Galadinner in ganz Nordeuropa ausrichtete, fiel für ihn überhaupt nicht ins Gewicht. »Stehst du noch immer hinter der Bar?«, pflegte sein Vater zu fragen, wenn sie sich – was selten genug vorkam – im Haus seiner...



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