E-Book, Deutsch, 261 Seiten
Immermann Merlin
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8496-2854-3
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 261 Seiten
ISBN: 978-3-8496-2854-3
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Drama in drei Akten um die Person des mythischen Magiers. Karl Leberecht Immermann (* 24. April 1796 in Magdeburg; ? 25. August 1840 in Düsseldorf) war ein deutscher Schriftsteller, Lyriker und Dramatiker.
Autoren/Hrsg.
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Vorspiel
Hohe Klippen und Landschaft. In der ferne Gehöfte.
Satan und Luzifer auf den Klippen.
LUZIFER.
Warum, du Fürst im finstern Land,
Hast du dich einsamlich verbannt
Von unsrem wilden, bunten Fest,
In dieses kahle Felsennest?
Du hängst, gleich einer dunkeln Wolke
Von Klippen in das platte Land;
Komm, Herr, zurück zu deinem Volke,
Das bittend mich zu dir gesandt!
SATAN.
Bin ich der Fürst, hab' ich zu sorgen
Für unsres Reiches Dau'rbarkeit;
Das Volk denkt nur an heut' und morgen,
Der Herrscher denkt der ganzen Zeit.
LUZIFER.
Wir sahn's, dich faßt' ein grimmig Leid,
Als bei des Sternes Helligkeit
Die Könige vom frühen Osten
Gekniet an jener Krippe Pfosten.
Der Stern, der Hüttendampf, die Lichter,
Gekrönte Stirnen, Schäfergesichter,
Die schöne Mutter, blau und rot,
Das Gold, das Stroh, der Glanz, die Not!
Es gab ein wunderlich Gemeng',
Die Farbe kam fast ins Gedräng',
Man merkt', hier war etwas geschehn,
Was alle Tage nicht zu sehn.
Wir Kleinen schauten lachend zu,
Die Brust zerschlugest, Großer, du,
Und stießest einen Seufzer aus,
Der unsren Scherz verkehrt' in Graus.
Seitdem nun wandelst du durch Wüsten,
Hockst unterm Samum beim Getier,
Wenn wir dich, deine Knechte, grüßten,
Tritt in das Aug' die Träne dir,
Vor der wir, gleich verzagten Zwergen,
Uns in den Eulenflügeln bergen.
SATAN.
Wenn Satan weint, so hat er Grund.
LUZIFER.
Tu' auf, o König, deinen Mund!
Dein Feuer ist es, was uns nährt,
Wir sind schon bleich und halbverzehrt.
Auf! Bleibe nicht in dir verschlossen,
Hast du nicht tausend Streitgenossen?
SATAN.
Es bringen Millionen Milben
Nicht einen Kieselstein vom Ort;
Und aller Sprachen alle Silben
Sind noch kein einzig zeugend Wort. –
Was ein Tyrann in Güte sagt,
Das widerruft er, wenn es behagt;
Trotz dem Tyrannen, der nicht hält,
Was er in seinem Zorn gesprochen!
Er übergab mir diese Welt,
Sie steht; er hat den Eid gebrochen.
LUZIFER.
Bracht' eine Jungfrau in die Wochen.
Seltsame Reise eines Gotts!
Wir hielten's wert nur unsres Spotts,
Für eines Greisen Grillenspiel.
Was ist darum zu sorgen viel?
Was kümmert uns der Torenschwank?
Kirchengesang in der Ferne.
SATAN.
Die Antwort gibt dir dieser Sang.
Schließt, Felsen, euer steinern Tor,
Schnee, spreite dich als Decke vor,
Ihr Donner, brüllet rauhen Chor!
Schnee, Felsen, Donner, schützt mein Ohr!
O Erde, Tochter meiner Flammen,
Mußt du in Stöhnen rinnen zusammen?
Mein froh Metall, meine lichten Stein',
Soll euch der Pfaff am Rock entweihn?
O wilde Lust und Jugendbrunst,
O nackte Leiber, freche Kunst,
O Heldenzorn und Heldenstimm',
O todesherrlicher Königsgrimm:
Verjammert alles in stumpfes Ach,
In heil'ges, dumpfes Ungemach!
Weißt du es nun? Hast du's gewittert,
Warum dein Herrscher zürnt und zittert?
Der droben stand der Welt zu weit,
Er könnt' sie mit dem Arm nicht langen,
Die unergründ'te Schlauigkeit
Ist aber jetzt ins Fleisch gegangen.
Die Menschen führt der Mensch zum Streit,
Den Teufel hält der Gott gefangen!
LUZIFER.
Solang in meinem Amt es glückt,
Ist der Triumph ihm noch zerstückt.
Solang mein Sturm die Saaten knickt,
Solang meine Flamm' um Scheuren zückt,
Solang meine Flut den Deich erdrückt,
Solang meine Pest in Krampf und Beulen brütet,
Sind vor des Paradieses Rückkehr wir behütet.
SATAN.
Und was hast du mit Sturm, Flamm', Flut und Pest geschafft,
Bleibt aufrecht stehn des Menschen geist'ge Kraft?
Ich sage dir: Es fällt ein Schimmer
In unsre Schöpfung und beleuchtet Trümmer!
Kannst du sie nicht mit unsren Mitteln treiben,
Was wird uns bleiben?
Was schafft'st du heut'?
LUZIFER.
Ich traf Tiberias
Mit Hunger, Kummer, Dürre, Mausefraß.
SATAN.
Und hörst, sie singen Lob- und Dankeslieder:
»Der Herr hat es gegeben, nahm es wieder«.
Und siehst, sie wall'n im Tal zu jenes Preis,
Dem nicht die Hölle war zu schwarz und heiß,
Der bis zum Ungeheu'r-gegürteten Kreise drang,
Und über Even selbst die Fahne schwang.
Nun, Phosphoros, du schweigst?
LUZIFER.
Was soll ich sagen?
Den Titan hast du selbst in mir erschlagen. –
Denn es ist wahr, es geht ein Fächeln
Auflösend übers Erdenrund,
Mit süßem, frischem, mildem Lächeln
Beschwören sie den neuen Bund.
Die alten Jubelklänge dehnen
Sich aus in feierliche Weisen,
Die Steine selbst ergreift ein Sehnen,
Zum Himmel leicht empor zu reisen.
Die Pforte reckt sich auf als Bogengang,
Um droben zu vernehmen hold Gerüchte;
Die kurze Säule wächst zum Pfeiler, schlank,
Und trägt, ein Baum, granitne Blumen, Früchte!
SATAN.
Da mein Vasalle singt und schwärmt,
Wer wird's den Menschen noch verdenken!
LUZIFER.
O Herr, ich weiß, ich bin zu lenken
Zu leicht vom Pfad, bin rasch erwärmt.
Du bist der ewig Fest' und Stäte,
Ich spiel' als Luft und Feu'r um alles,
Und seit dem großen Tag des Falles
Ich nur mit irrem Fuß auftrete.
Doch nahm ich auch den Eindruck an
Gedankenlos in meiner Bahn,
Ein Wort von dir in mir doch trifft
Des Innern urlebend'ge Schrift.
Sieh mich beschämt und reuevoll,
Sprich, was ich muß, sag', was ich soll?
Ist, großer Meister, unsre Zeit zu Ende,
So gib es tapfer kund,
Und glaub', daß keiner sich der Deinen wende
Vom alten Bund!
Laß unsre Arm' uns ineinander schlingen!
Was wandelbar, mag er bezwingen,
Am Lichte funkle seines Lichtes Pracht,
Doch wir verschmähn's und murren in der Nacht!
SATAN.
Wenn unsre Sache schon verloren wäre,
So wisse du; ich hätte stolz geschwiegen,
Und war' mit meiner Ehre stumm gestiegen
Ins Letzte, Tiefste, in die große Leere;
Und da die Welt nur ruht auf meiner Schwere,
So wäre sie mir wohl gefolgt die Stiegen,
Und seine Posse hätte dann, die hehre,
Gehaltlos in den Lüften können fliegen! –
Ich hab' gezürnt, hab's offenbart,
Das Wort bei mir zur Tat stets ward,
Lang war es schon in mir gestaltet,
Und dies Gespräch hat es entfaltet.
Erst schwankt die Gerte, dann wird sie...




